TE OGH 1980/3/25 9Os34/80

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Veröffentlicht am 25.03.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. März 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Boltz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heinrich A wegen des Vergehens nach § 2 Abs. 1 lit. b PornoG. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8. November 1979, GZ. 24 Vr 1817/79-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bisanz und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9. Oktober 1943 geborene Kinobesitzer Heinrich A des Vergehens nach § 2 Abs. 1 lit. b PornG. schuldig erkannt.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 (in der Rechtsmittelschrift irrig Abs. 2) StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahme des B C und auf Einvernahme eines jugendpsychologischen Sachverständigen (vgl. S. 37). Er wurde jedoch hiedurch in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Soweit der Zeuge C und der Sachverständige zum Beweis dafür beantragt wurden, daß die vom Angeklagten in einem Kinoschaukasten ausgehängten, vom Schuldspruch umfaßten (fünf) Werbebilder zu dem Spielfilm 'Französische Lust' keinerlei Anstößigkeit aufwiesen und nicht die Eignung zur Gefährdung der sittlichen und gesundheitlichen Entwicklung jugendlicher Personen unter 16 Jahren durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebes besäßen, ist dem Erstgericht (vgl. S. 38 in Verbindung mit S. 46, 47) darin beizupflichten, daß die Beurteilung einer Abbildung als anstößig im Sinne des § 2 PornG.

als Rechtsfrage dem Gericht vorbehalten ist. Nur bei Vorliegen eines - hier nicht gegebenen - Grenzfalles könnte für die Prüfung der dieser Rechtsfrage vorgelagerten Tatfrage, ob die inkriminierte Darstellung überhaupt geeignet ist, im Wege assoziativer Wirkung sexuelle Vorstellungen und Eindrücke bei jugendlichen Personen unter 16 Jahren in einem solchen Ausmaß auszulösen, daß dadurch, unter Berücksichtigung der seelischen Labilität und des Erlebnishungers Jugendlicher, deren sittliche oder gesundheitliche Entwicklung gefährdet wird, unter Umständen die Beiziehung eines jugendpychologischen Sachverständigen angezeigt sein (vgl. EvBl. 1973/210, 10 Os 95/73, 11 Os 170/75 u. a.).

Soweit aber der Zeuge C Angaben über die vom Beschwerdeführer behauptete Filzstiftübermalungen machen sollte, war dessen Einvernahme nicht nur aus dem Grund entbehrlich, weil dem Erstgericht ohnedies Lichtbilder (S. 7-9) zur Verfügung standen, die der Beschwerdeführer selbst als 'richtig fotografiert' bezeichnet hat (vgl. S. 37), sondern sie konnte auch deshalb unterbleiben, weil der erkennende Senat (zutreffend) zu der Auffassung gelangte, daß die in Rede stehenden Standbilder selbst im Falle der behaupteten (nicht als erwiesen angenommenen) Übermalungen der Intimstellen mit schwarzem Filzstift ihren Anstößigkeitscharakter behalten hätten (vgl. S. 48, 49). Denn es handelte sich durchgehend um aufdringliche Darstellungen von nackten Personen, die - auch ohne Sichtbarmachung von Geschlechtsteilen - durch entsprechende Körperhaltungen in grobsinnlicher Weise entweder einen Geschlechtsverkehr andeuteten oder den Eindruck vermittelten, daß ein Geschlechtsverkehr folgen solle, wobei durch Verwendung von Schablonen in Form eines raffinierten 'Schlüssellocheffekts' eine verstärkte sexuelle Reizwirkung erzielt werden sollte; solcherart kann - insbesonders auch im Zusammenhang mit dem Text des Werbeplakats ('Französische Lust') - für einen den rechtlichen Werten verbundenen Durchschnittsmenschen kein Zweifel an deren Eignung bestehen, eine sittliche Gefährdung von an sich normal entwickelten, noch nicht 16 Jahre alten Personen durch Reizung der Lüsternheit zu bewirken und bei diesen in entwicklungsgefährdender Weise eine (der sexuellen Irreleitung gleichzustellende) Überreizung des Geschlechtstriebes hervorzurufen.

Die Verfahrensrüge muß daher versagen.

Es geht aber auch die Rechtsrüge fehl, die unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. die Anwendung der Bestimmung des § 42 StGB. reklamiert.

Nicht strafwürdig ist eine Tat nämlich nur dann, wenn bei ihr die im § 42 StGB. normierten Voraussetzungen kumulativ gegeben sind. Dies trifft im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu, weil die Schuld des Angeklagten (§ 42 Abs. 1 Z. 1 StGB.) nicht als gering beurteilt werden kann. Verlangt doch geringe Schuld ein erhebliches Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (vgl. ÖJZ-LSK 1976/379 u. a.). Ein solches läßt sich hier aber weder aus den persönlichen Eigenschaften des Angeklagten, noch aus der Art der Tatbegehung, noch etwa - wie der Beschwerdeführer meint - daraus ableiten, daß er angenommen habe, das ihm von der Verleihfirma zur Verfügung gestellte Werbematerial würde bereits von dieser geprüft und entspreche daher den gesetzlichen Vorschriften.

Denn der Angeklagte kannte den (anstößigen) Inhalt der von ihm in seinen Kinoschaukästen ausgehängten Bilder und war als Kinobesitzer (zur Aufwendung entsprechender Sorgfalt und) zu eigener Meinungsbildung verpflichtet.

Da die Voraussetzungen des § 42 StGB. schließlich auch deshalb nicht gegeben sind, weil das Unterbleiben einer Bestrafung die weithin beobachtbare Tendenz zur Begehung gleichartiger Delikte durch andere Personen fördern (§ 42 Abs. 1 Z. 3 StGB.) und damit eine verstärkt sittliche Gefährdung jugendlicher Personen bewirken könnte, war die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mithin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 2 Abs. 2 PornGes. zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfalle zu 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Es setzte den Tagessatz mit S 125,- fest (sodaß die Gesamtgeldstrafe sohin S 12.500,- beträgt).

Es nahm bei der Strafzumessung als erschwerend keinen Umstand an. Als mildernd wurden die zur Wahrheitsfindung beitragende Verantwortung und der bisherige ordentliche Lebenswandel gewertet. Mit der Berufung erstrebt der Angeklagte die bedingte Nachsicht der Geldstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe richtig und vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Die von ihm verhängte Geldstrafe entspricht - im Falle ihres Vollzuges - dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat. Sie würde allerdings im Falle einer bedingten Strafnachsicht dem Erfordernis der spezialpräventiven Effektivität nicht gerecht, der vorliegend nur durch die Bezahlung der Strafe erzielt werden kann. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02525

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00034.8.0325.000

Dokumentnummer

JJT_19800325_OGH0002_0090OS00034_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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