TE OGH 1980/4/15 9Os26/80

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Veröffentlicht am 15.04.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. April 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleitner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach §§ 209, 15 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 2. Oktober 1979, GZ. 15 Vr 384/79-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Villgrattner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. Dezember 1947 geborene Hilfsarbeiter Franz A des teils versuchten, teils vollendeten Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach §§ 209, 15 StGB. schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hatte er in Traisen mit dem am 11. Oktober 1961 geborenen Erich B, sohin mit einer jugendlichen Person, 1. im Jänner 1979 in zwei Fällen durch Betasten dessen Geschlechtsteiles gleichgeschlechtliche Unzucht zu treiben versucht und 2. im Februar 1979 durch Betasten dessen Geschlechtsteils und Vornahme von masturbatorischen Handlungen gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten erhobene, ziffernmäßig auf die Gründe der Z. 3, 5 und '9' des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet. Den erstangeführten Nichtigkeitsgrund hält der Beschwerdeführer deshalb für gegeben, weil der seiner Meinung nach aussageunfähige Erich B entgegen der Bestimmung des § 151 Z. 3 StPO. in der Hauptverhandlung (am 29. Mai 1979) als Zeuge vernommen worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden.

Nach der vorzitierten Gesetzesstelle dürfen Personen, die zur Zeit, in der sie das Zeugnis ablegen sollen, wegen ihrer Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit außerstande sind, die Wahrheit anzugeben, als Zeugen bei sonstiger Nichtigkeit ihrer Aussage nicht vernommen werden. Es kommt somit auf die Aussage- und Wiedergabsfähigkeit des Zeugen im Zeitpunkt seiner Vernehmung an. Im übrigen fallen unter den im § 151 Z. 3 StPO. bezeichneten Personenkreis nur solche Zeugen, bei denen die Fähigkeit zu einer wahrheitsgemäßen Aussage erwiesenermaßen fehlt; hingegen obliegt es in Zweifelsfällen dem Gericht zu beurteilen, ob und inwieweit eine Person als Zeuge vernommen werden kann (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/1, Anm. Nr. 41 und 42 zu § 151 StPO. und die dort zitierten Entscheidungen). Abgesehen davon, daß in dem vom Erstgericht eingeholten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Prim.Dr. Herbert Haberler vom 24. August 1979 Erich B trotz des bei ihm gegebenen höhergradigen Schwachsinns als durchaus aussagefähig bezeichnet wurde (vgl. S.77 d.A.), erwiesen sich dessen frühere Vernehmungen zur Sache durch die Gendarmerie und den Untersuchungsrichter nach der Aktenlage als durchaus zielführend, sodaß das Erstgericht, dem sich in der Hauptverhandlung am 29. Mai 1979 ersichtlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Vernehmung des Erich B als Zeugen hinderlichen Umstandes im Sinne des § 151 Z. 3 StPO. boten, ohne Verletzung der vorerwähnten Gesetzesstelle mit der Einvernahme dieses Zeugen beginnen konnte. Nach dem Inhalt des Protokolls über diese Hauptverhandlung konnte oder wollte dieser Zeuge jedoch damals zu den einzelnen, dem Angeklagten nach dem Anklagevorwurf zur Last liegenden Tathandlungen keine konkreten Angaben machen und behauptete, darüber nichts mehr zu wissen (S. 50 d.A.), sodaß das Erstgericht schließlich von einer weiteren Befragung Abstand nahm, als B laut Hauptverhandlungsprotokoll im Zuge seiner Vernehmung immer unruhiger wurde und die Beantwortung von den eigentlichen Anklagevorwurf berührenden Fragen durch Abschweifen auf ein anderes Thema ersichtlich auswich (vgl. S. 51 d.A.). So gesehen konnte durch die nach Meinung des Beschwerdeführers der Bestimmung des § 151 Z. 3 StPO. zuwider erfolgte Vernehmung des Erich B als Zeuge in der Hauptverhandlung (am 29. Mai 1979) die behauptete Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht bewirkt werden, abgesehen davon, daß das Ersturteil die hier entscheidungswichtigen Feststellungen gar nicht auf die - nach dem Vorgesagten - für die Sachverhaltsfeststellung ungeeigneten und sich - soweit es das eigentliche Tatgeschehen anlangt - in der Behauptung von Erinnerungslücken erschöpfenden Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung, sondern vielmehr auf dessen Sachverhaltsdarstellung bei der Gendarmerie (S. 5 und 6 d.A.) und vor dem Untersuchungsrichter, ON. 10 d.A., stützt (vgl. S. 95 und 96 d.A.), dies namentlich mit der durchaus denkrichtigen und schlüssigen Begründung, daß sich Erich B anläßlich seiner Befragung durch die Gendarmerie am 21. März 1979, bei der er auch nach seiner Darstellung vor dem Untersuchungsrichter die Wahrheit gesagt hatte (S. 33 d.A.), den Tathergang noch in besserer Erinnerung (als in der Hauptverhandlung am 29. Mai 1979) hatte (vgl. S. 95 d.A.). Da im übrigen der Zeuge Erich B in der Hauptverhandlung am 29. Mai 1979 nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht beeidigt wurde, kommt entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung der Nichtigkeitsgrund der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO., den der Beschwerdeführer schon bei einem 'abstrakten' Verstoß gegen die Bestimmung des § 170 (Z. 5) StPO. für gegeben erachtet, diesbezüglich von vornherein nicht in Betracht; denn nach dem Wortlaut und Sinngehalt des § 170 StPO. kann nur eine tatsächlich vorgenommene Beeidigung und nicht - wie der Beschwerdeführer meint - die bloße abstrakte Möglichkeit einer Beeidigung die Nichtigkeit des Eides bewirken.

Die Beschwerde vermag aber auch keinen den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bewirkenden (formellen) Begründungsmangel des Ersturteils aufzuzeigen:

Darin werden mit ausführlicher Begründung die Erwägungen des Schöffengerichtes dargelegt, die es bestimmten, bei der Sachverhaltsfeststellung den - den Beschwerdeführer belastenden - Angaben des Erich B bei der Gendarmerie und vor dem Untersuchungsrichter zu folgen.

Daraus ergibt sich zumindest sinngemäß, daß das Erstgericht den eher entlastenden Angaben dieses Zeugen in der Hauptverhandlung (am 29. Mai 1979), so auch dem Widerruf seiner vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter gegebenen Darstellung, einen der beiden im Jänner 1979 gegen ihn gerichteten unsittlichen Angriffe des Beschwerdeführers durch Zustechen mit einer Eßgabel abgewehrt zu haben (vgl. S. 6 und 34 d.A. in Verbindung mit S. 50 d.A.) keinen Glauben schenkte.

So gesehen bedurfte der vorerwähnte, nunmehr im Rahmen der Mängelrüge relevierte Widerruf im Ersturteil keiner besonderen Erörterung; denn gemäß § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. ist das Gericht keineswegs verhalten, in den Urteilsgründen alle durch das Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände einer Erörterung zu unterziehen und etwa auf alle Einzelheiten einer Verantwortung oder Aussage einzugehen und zu allen Punkten einer solchen Stellung zu nehmen. Es genügt vielmehr, wenn im Urteil - in gedrängter Darstellung - die für die Unterstellung unter ein bestimmtes Strafgesetz entscheidenden Tatsachen bezeichnet werden, die das Gericht als erwiesen annimmt, und die Gründe angeführt werden, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme führten. Dieser Verpflichtung ist das Ersturteil nach dem Vorgesagten aber in zureichendem Maße nachgekommen. Dies gilt auch, soweit der Beschwerdeführe einen Begründungsmangel darin erblickt, daß seine in Widerspruch mit der von Erich B vor der Gendarmerie (S. 5 und 6 d. A.) und dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Herbert Haberler (S. 71 d.A.) gegebenen Darstellung stehende Verantwortung, derzufolge B in seiner Wohnung niemals auf der dort befindlichen Bettbank geschlafen habe (S. 46 d.A.) im Ersturteil unberücksichtigt geblieben sei. Denn die Urteilsfeststellung, daß sich ein Teil der gegen Erich B gerichteten gleichgeschlechtlichen unzüchtigen Angriffe des Beschwerdeführers auf dieser Bettbank zutrugen, konnte das Erstgericht auch insoweit mit mängelfreier Begründung auf die für glaubwürdig erachteten, den Beschwerdeführer belastenden Angaben des Erich B bei der Gendarmerie und vor dem Untersuchungsrichter stützen, sodaß es einer näheren Erörterung von Einzelheiten der die ihm zur Last gelegten unsittlichen Angriffe gegen Erich B zur Gänze leugnenden Verantwortung des Angeklagten, die das Erstgericht für widerlegt hielt, nicht bedurfte. Aber auch die Urteilsfeststellung, wonach der Beschwerdeführer bei dem Vorfall im Februar 1979 (Punkt 2. des Urteilssatzes) am Glied des Erich B masturbatorische Handlungen vornahm, sodaß es steif wurde (S. 94 d.A.), findet in den belastenden Angaben des Vorgenannten vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter volle Deckung. Damit steht der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider die Bekundung des Erich B gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Herbert Haberler, der Beschwerdeführer habe nie mit seinem (des Erich B) Glied länger gespielt, weil er dies nicht zugelassen habe (S. 71 d.A.), keineswegs in Widerspruch, sodaß im angefochtenen Urteil von einer ausdrücklichen Erörterung dieses von Erich B anläßlich seiner psychiatrischen Untersuchung erwähnten Details ohne Verstoß gegen die dem Gericht gemäß dem § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. obliegende Begründungspflicht Abstand genommen werden konnte.

Als aktenwidrig erweist sich das Vorbringen in der Beschwerde, daß nach den Urteilsfeststellungen sämtliche (vom Schuldspruch erfaßten) Unzuchtshandlungen vom Angeklagten am nackten Geschlechtsteil des Erich B vorgenommen worden seien; denn in Übereinstimmung mit der Darstellung des Letztgenannten bei der Gendarmerie (S. 6 d.A.) und vor dem Untersuchungsrichter (S. 34 d.A.) nahm das Erstgericht ausdrücklich als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer bei einem der beiden Vorfälle im Jänner 1979 das Glied des Erich B über der Unterhose betastet hatte (S. 94 d.A.).

Die Rüge des Angeklagten, daß die nach dem Vorgesagten von ihm aktenwidrig wiedergegebene Urteilsfeststellung in der Darstellung des Erich B keine Deckung finde, geht sohin ins Leere. Das übrige Vorbringen zur Mängelrüge, demzufolge der Beschwerdeführer aus der Aussage der Zeugin Theresia B, die behauptete, ihr Sohn Erich B habe ihr von den verfahrensgegenständlichen unzüchtigen Angriffen durch den Beschwerdeführer nie etwas erzählt, im Gegensatz zum Ersturteil für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will, er die ihn belastenden Angaben des Erich B bei der Gendarmerie damit zu erklären versucht, daß dessen Beeinflussung durch die Stellung von Suggestivfragen 'durchaus wahrscheinlich' sei, und überhaupt bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieser Angaben die Persönlichkeit dieses doch höhergradig schwachsinnigen Belastungszeugen im Ersturteil zu wenig berücksichtigt worden sei, stellt sich nach Inhalt und Zielsetzung als ein unzulässiger und demnach unbeachtlicher Angriff auf die unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Im übrigen wird das laut dem psychiatrischen Sachverständigengutachten durch einen höhergradigen Schwachsinn reduzierte Persönlichkeitsbild des Erich B im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der Glaubwürdigkeit seiner den Beschwerdeführer belastenden Angaben im Ersturteil ohnehin eigehend erörtert, gleichzeitig aber - gestützt auf dieses Gutachten - durchaus denkrichtig hervorgehoben, daß gerade die geistige Beschränktheit dieses Zeugen dagegen spricht, er könnte die dem Angeklagten angelasteten Tathandlungen erfunden haben (vgl. S. 75/76 und 96 d.A.).

Soweit schließlich der Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsrüge einen Begründungsmangel in bezug auf die im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung behauptet, derzufolge er mit den ihm laut Schuldspruch zur Last liegenden unsittlichen Handlungen jeweils die eigene (geschlechtliche) Erregung sowie die seines Opfers bezweckte (S. 94 d.A.), ist ihm entgegenzuhalten, daß es beim Delikt nach § 209

StGB. zum einen ohne Belang ist, ob die Handlung auf Erregung oder Befriedigung der eigenen oder aber der Geschlechtslust des Partners gerichtet ist (Leukauf-Steininger, RN. 6 und 7 zu dieser Gesetzesstelle), zum anderen aber das Erstgericht im vorliegenden Falle die bekämpfte Konstatierung zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Verhalten des Angeklagten abzuleiten vermochte, ohne mit den Denkgesetzen oder der forensischen Erfahrung in Widerspruch zu geraten.Von einem diese Feststellung betreffenden, Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bewirkenden Begründungsmangel kann daher keine Rede sein. Es versagt aber auch die formell auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 (lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge des Beschwerdeführers, mit der er die beiden zu Punkt 1. des Urteilssatzes angeführten, vom Erstgericht rechtlich jeweils als Versuch des Verbrechens der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den §§ 15, 209 StGB. beurteilten Tathandlungen (begangen im Jänner 1979) bloß als - straflose - Vorbereitungshandlungen, die dazu dienen sollten, die Bereitwilligkeit des Jugendlichen (zu dem von ihm angestrebten gleichgeschlechtlichen Kontakt) zu erkunden, und das unter Punkt 2. des Urteilssatzes beschriebene Faktum nur als Versuch des Verbrechens nach dem § 209 StGB. gewertet wissen will. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen hatte der Beschwerdeführer in den beiden zu Punkt 1. des Urteilssatzes angeführten Fällen jeweils den Geschlechtsteil des zur Tatzeit noch jugendlichen Erich B, und zwar in einem Fall über dessen Unterhose, betastet bzw. erfaßt (vgl. S. 94 d. A.). Ob eine (ausführungsnahe) Versuchshandlung vorliegt, ist an Hand der dem jeweiligen Deliktstypus entsprechenden Ausführungshandlung zu prüfen (ÖJZ-LSK. 1975/63 und 1979/324). Unter den Begriff der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen im Sinne des § 209 StGB. fallen alle Handlungen, die mit intensiven unmittelbaren Berührungen von zur Geschlechtssphäre gehörigen Körperteilen des Unzuchtspartners verbunden sind (ÖJZ-LSK. 1978/134; Leukauf-Steininger2, S. 1261). Kommt es - so wie dies im Ersturteil in den beiden zu Punkt 1.

des Urteilssatzes angeführten Fällen ersichtlich angenommen wurde - bloß zu einer flüchtigen Betastung des Geschlechtsteils des Jugendlichen durch den Täter (sei es in einem Fall auch nur über der Bekleidung), weil sich das Opfer - wie vorliegend - gegen einen weiteren (intensiveren) gleichgeschlechtlichen Kontakt zur Wehr setzt, so liegt, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, zumindest der spezifisch tatbildbezogene Beginn einer im § 209 StGB. mit den Worten ' ....... gleichgeschlechtliche Unzucht treibt' umschriebenen Tätigkeit, somit eine bereits begonnene Ausführungshandlung vor, wobei auch in subjektiver Beziehung das Tätervorhaben bereits in ein Stadium getreten ist, das die Annahme rechtfertigt, der Täter habe die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung überwunden. Da somit beim Delikt nach dem § 209 StGB.

eine ausführungsnahe Versuchshandlung auch bei bloß flüchtiger körperlicher Berührung vorliegen kann (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/113), erweist sich die Beurteilung der beiden zu Punkt 1. des Urteilssatzes angeführten Fälle als Verbrechen der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen nach den §§ 15, 209 StGB. frei von Rechtsirrtum. Soweit aber der Beschwerdeführer in bezug auf diese Versuchsfakten mit der in seiner Rechtsrüge vorgebrachten Behauptung, von der weiteren Verfolgung seines Vorhabens sofort und widerspruchslos Abstand genommen zu haben, ersichtlich den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch nach dem § 16 Abs. 1 StGB. für sich reklamiert und damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. releviert, setzt er sich über die bezüglichen Urteilsfeststellungen hinweg, denen zufolge er keineswegs freiwillig, sondern nur weil sich das jugendliche Opfer nicht gefügig zeigte (wobei es sich in einem Fall sogar durch Zustechen mit einer Eßgabel zur Wehr gesetzt hatte), die - weitere - Deliktsausführung aufgegeben hatte, sodaß es an dem für die Annahme dieses Strafaufhebungsgrundes wesentlichen Moment der Freiwilligkeit mangelt. Damit bringt er diesen Teil seiner Rechtsrüge, die zu ihrer prozeßordnungsgemäßen Darstellung stets einen Vergleich des festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.

Da nach den Urteilsfeststellungen zu dem unter Punkt 2. des Urteilssatzes angeführten, vom Erstgericht als Verbrechen der vollendeten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Jugendlichen beurteilten Faktum masturbatorische Handlungen des Beschwerdeführers am (nackten) Glied des Jugendlichen, das dadurch zur Errektion gebracht wurde (vgl. S. 94 d.A.), sohin keineswegs bloß flüchtige, sondern ersichtlich intensive, unmittelbar zum Geschlechtsbereich gehörige körperliche Kontakte mit dem Unzuchtsopfer vorlagen, verbleibt nach dem Vorgesagten zu der vom Beschwerdeführer angestrebten Annahme bloß eines Versuches dieses Delikts nach § 209 StGB. in diesem Faktum kein Raum, sodaß auch insoweit dem Ersturteil kein Rechtsirrtum anhaftet.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 209 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägige Vorverurteilung aus dem Jahre 1974 und den Umstand, daß es sich bei dem Opfer um einen höhergradig schwachsinnigen Jugendlichen handelte, während es als mildernd in Betracht zog, daß es einmal - richtig zweimal - beim Versuch geblieben war.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt, ist nicht begründet.

Davon, daß der Angeklagte sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offen stand, freiwillig enthalten habe, kann nach der Aktenlage keine Rede sein; desgleichen kommt dem Umstand, daß durch das Verhalten des Angeklagten keine Fehlleitung des Erich B in eine homosexuelle Richtung erfolgte, keine strafmildernde Bedeutung zu, weil dies in einem solchen Falle einen gravierenden Erschwerungsgrund darstellen würde. Hingegen hat das Erstgericht zu Unrecht die aus dem Jahre 1969 stammende Vorverurteilung des Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 129 I lit. b StG. - der zahlreiche Unzuchtshandlungen an Jugendlichen und an unmündigen Knaben, also auch nach dem derzeit geltenden Recht strafbare Handlungen, zugrunde lagen -

nicht als erschwerend gewertet und auch unberücksichtigt gelassen, daß der Angeklagte mehrere strafbare Handlungen derselben Art an Erich B begangen hat (§ 33 Z. 1 StGB.).

Angesichts der insoweit vervollständigten Erschwerungsgründe erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als keineswegs überhöht, weshalb der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02572

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00026.8.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19800415_OGH0002_0090OS00026_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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