TE OGH 1980/5/8 12Os41/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.05.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Bernardini, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sperker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edgar A und andere wegen des versuchten Verbrechens wider die Volksgesundheit nach §§ 15 StGB., 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und einer anderen strafbaren Handlung über die von den Angeklagten Edgar A -und Francisco E -gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. November 1979, GZ. 6 b Vr 7020/79-27, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Schottenhamml und Dr. Doczekal sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

                        Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 8. März 1959

geborene Angestellte Edgar A       -und der am 13.Jänner 1957

geborene Kaufmann Francisco E     -       - beide kolumbianische

Staatsangehörige - des versuchten Verbrechens wider die

Volksgesundheit nach §§ 15 StGB., 6 Abs. 1

SuchtgiftG. (Punkt 1. des Urteilssatzes) und des Finanzvergehens des

versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. b

FinStrG. (Punkt 2. des Urteilssatzes) schuldig erkannt, weil sie als

Mitglieder einer Bande am 12. August 1979 in Schwechat versuchten,

zu 1.: vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte

in solchen Mengen nach Österreich einzuführen, auszuführen und in

Verkehr zu setzen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für

das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem

sie sich gemeinsam zum Flughafen Wien-Schwechat begaben, wo Edgar A

-, während Francisco E          -in unmittelbarer Nähe wartete und

Aufpasserdienste leistete, die Ausfolgung der aus Bogota nach

Schwechat übersendeten Luftfrachtsendung, Frachtbriefnummer 220-

9360-8093, begehrte, in welcher 13 kg Cannabiskraut verborgen waren,

zu 2.: die zu Punkt 1. genannte eingangsabgabenpflichtige Ware

vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht

dem Zollverfahren zu entziehen.

Beide Angeklagten bekämpfen ihre Schuldsprüche mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, wobei der Angeklagte Edgar A -die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 3 und 5 StPO. und der Angeklagte Francisco E -jene der Z. 5 und 10 der zitierten Gesetzesstelle geltend macht. Beiden Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z.3 StPO.:

Hiezu bemängelt der Angeklagte A -, da ß die Polizeibeamten Franz B, Kurt C und Johann D in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommen wurden, ohne vorher von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden worden zu sein. Er übersieht jedoch, daß es einer Entbindung von einer amtlichen Verschwiegenheitspflicht dieser Zeugen nicht bedurfte. Diese wurden nämlich ausschließlich über dienstliche Wahrnehmungen vernommen, die sie im Dienste der Strafjustiz gemacht hatten und die sich auf die Erhebungsergebnisse betreffend eine von der Sicherheitsbehörde bereits angezeigte Straftat (§ 84 StPO.) bezogen, sodaß sie durch ihr Zeugnis ein ihnen obliegendes Amtsgeheimnis nicht verletzen konnten (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/84, ÖJZ-LSK. 1979/99, SSt. 41/75 u.a.).

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z.5 StPO.:

Der Angeklagte Francisco E -bezeichnet das Urteil im Ausspruch über entscheidende Tatsachen insoweit als unvollständig und offenbar unzureichend begründet, als angenommen wurde, er habe gewußt, daß sich in der Luftfrachtsendung, die am Flughafen Schwechat behoben werden sollte, Suchtgift befinde und er an einem Suchtgifttransport und -schmuggel mitwirke.

Diese Rüge versagt. Den bezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider befaßte sich das Erstgericht in den Urteilsgründen ausführlich mit der leugnenden Verantwortung der beiden Angeklagten und legte in schlüssiger Weise dar, warum es diese als unglaubwürdig und widerlegt erachtete, wobei insbesondere auf die zahlreichen inneren Widersprüche ihrer Angaben hingewiesen wurde (vgl. S. 199 ff. d. A.). Daß die vom Erstgericht im Sinne des § 258 Abs. 2 StPO. aus der G e s a m t h e i t der Beweisergebnisse gezogenen Schlußfolgerungen nicht zwingend sind und auf Grund der festgestellten Umstände an sich auch andere, für die Angeklagten günstigere Schlüsse denkbar wären, begründet keinen formalen Begründungsmangel im Sinne der Z. 5

des § 281 Abs. 1 StPO.; genug daran, daß die Urteilsannahme, beide Angeklagte seien in voller Kenntnis dessen, daß sich in der von ihren Auftraggebern bezeichneten Luftfrachtsendung Suchtgift in erheblichen Mengen befand, von Bogota nach Wien gereist, um hier die Suchtgiftsendung zu beheben und für die Weiterverbreitung des Suchtgiftes zu sorgen, wobei nach dem Vorsatz der Angeklagten ein größerer Personenkreis in einer Weise erfaßt werden sollte, daß sie die Folgen ihrer Handlungsweise nicht mehr beliebig hätten bestimmen und begrenzen können (vgl. S. 208 f d.A.), auf denkrichtigen und der Lebenserfahrung nicht widersprechenden Überlegungen beruht. Soweit der Angeklagte E -daher die in den Urteilsgründen ins Treffen geführten Umstände für nicht genügend beweiskräftig hält und darzulegen versucht, das Schöffengericht hätte auf Grund der Verfahrensergebnisse bei Berücksichtigung seiner Verantwortung zu einem anderen - gegenteiligen - Ergebnis gelangen müssen, stellt sein Beschwerdevorbringen bloß einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und mithin unbeachtlichen Angriff gegen die freie erstrichterliche Beweiswürdigung dar.

Ebensowenig trifft der Beschwerdeeinwand des Angeklagten A -

zu, der Ausspruch des Gerichtes, er und der Mitangeklagte E -

seien als Mitglieder einer Bande tätig geworden, sei, was seine tatsächlichen Annahmen anlange, im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. nur unzureichend begründet. Wenn das Erstgericht, insoweit der Verantwortung der Angeklagten folgend, zur Überzeugung gelangte, daß die von ihnen bezeichneten Auftraggeber tatsächlich existieren und nicht bloß erfunden wurden, um einen Milderungsgrund dartun zu können, und demgemäß auf Grund schlüssiger Überlegungen als erwiesen annahm, die Angeklagten hätten im Auftrag einer Organisation von Personen gehandelt, die den internationalen Suchtgifthandel und - schmuggel betreibe, so stellt dies gleichfalls einen Akt freier Beweiswürdigung dar, der einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile entzogen ist. Hiebei ließ das Erstgericht keineswegs unbeachtet, daß die in Betracht kommenden - durchwegs in Kolumbien beheimateten - Auftraggeber nicht identifiziert werden konnten und die genaue Zahl der Bandenmitglieder nicht feststellbar war (vgl. S. 196, 198 d. A.). Es kann sohin im gegebenen Zusammenhang auch nicht von einer Unvollständigkeit des Urteils gesprochen werden.

Zum Nichtigkeigsgrund des § 281 Abs.1 Z.10 StPO.:

Als unbegründet erweist sich schließlich die gegen die rechtliche Annahme einer bandenmäßigen Begehung des versuchten Verbrechens nach den §§ 15 StGB., 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels gerichtete, auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge des Angeklagten E -. Richtig ist, daß unter einer Bande - nach der allgemein geltenden Legaldefinition des § 278 StGB. - eine Verbindung mehrerer - mindestens dreier - Personen zur fortgesetzten Begehung einer Mehrzahl gleichartiger, im einzelnen noch unbestimmter Straftaten zu verstehen ist und es für die Annahme bandenmäßiger Begehung der in Rede stehenden Delikte demnach nicht genügen würde, wenn sich die unter Beteiligung der Angeklagten erfolgte Verabredung nur auf die im vorliegenden Fall inkriminierte Tat, also auf ein einmaliges Unternehmen erstreckt hätte. Andererseits sind als Mitglieder einer Bande auch Personen anzusehen, die erst später zur Bande stoßen und nur fallweise in Kenntnis des Umstandes, daß sie damit die Ziele der Bande fördern, in deren Rahmen an einzelnen Straftaten mitwirken (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/368, ÖJZ-LSK. 1979/46, EvBl. 1974/146 u. a.).

Zumindest diese letztgenannten Voraussetzungen liegen bezüglich der beiden Angeklagten vor. Denn nach den Urteilsfeststellungen betrieben die Auftraggeber der Angeklagten einen internationalen Suchtgifthandel und -schmuggel in der Weise, daß sie Suchtgifttransporte nach Europa der hier durchgeführten Art organisierten, welcher Umstand den Angeklagten bekannt war (vgl. S. 196, 211 d.A.). Damit brachte das Erstgericht aber erkennbar zum Ausdruck, daß seiner Überzeugung nach die Angeklagten in das Wesen und die Ziele der durch ihre Auftraggeber in Erscheinung tretenden, aus - von ihnen selbst abgesehen - mindestens drei Personen bestehenden Organisation soweit Einblick hatten, um daraus zu erkennen, daß es sich bei dem von ihnen übernommenen Auftrag nicht um ein einzelnes Unternehmen handelte, sondern noch weitere derartige Suchtgifttransporte geplant waren, und sie mithin mit ihrem deliktischen Tun bewußt die Ziele der Bande in deren Rahmen förderten. Insoweit der Angeklagte E -aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens andere Annahmen abgeleitet wissen will, bringt er die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Unerheblich ist im gegebenen Zusammenhang, ob die Angeklagten an der Organisation und Vorbereitung des Suchtgifttransportes selbst mitwirkten oder nur eine mehr untergeordnete Rolle spielten, weil für die Zurechnung des Tatbestandes nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und des Finanzvergehens des Schmuggels als bandenmäßig begangen jede Form der Beteiligung (§ 12 StGB. bzw. § 11 FinStrG.) an der in Betracht kommenden Straftat genügt. Ein Feststellungsmangel haftet dem Urteil daher auch in diesem Belange nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten waren sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten Edgar A       -und

Francisco E           -nach dem höheren Strafsatz des § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je 2 1/2

(zweieinhalb) Jahren und überdies nach § 38 Abs. 1 FinStrG. in

Verbindung mit § 22 Abs. 1

FinStrG. zu Geldstrafen, und zwar den Angeklagten Edgar A       -zu

einer solchen von 40.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 (vier) Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und den Angeklagten Francisco E -zu einer solchen von 80.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 (vier) Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Weiters wurde gemäß § 6 Abs. 3

SuchtgiftG. auf den Verfall des sichergestellten Suchtgifts erkannt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei beiden

Angeklagten als erschwerend die beträchtliche Quantität des

gegenständlichen Suchtgifts, als mildernd hingegen, daß es beim

Versuch geblieben ist, den bisherigen untadelhaften Wandel in

Österreich und daß beide Angeklagten im Rahmen der gegenständlichen

Bande offenbar nur als untergeordnete Mitglieder tätig geworden

sind, bei A       -

überdies auch dessen Alter unter 21 Jahren.

Während der Angeklagte A       -mit seiner Berufung die Herabsetzung

der über ihn verhängten Freiheitsstrafe (unter Anwendung des § 41

StGB.) sowie der Geldstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe, und

weiters die Gewährung bedingter Strafnachsicht sowohl hinsichtlich

der Freiheitsstrafe als auch hinsichtlich der Geldstrafe begehrt,

strebt der Angeklagte E     -mit seiner Berufung die Herabsetzung

der Freiheitsstrafe, die gemäß § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. über ihn verhängt wurde, an.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe in Ansehung beider

Berufungswerber im wesentlichen richtig und vollständig

festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Die gemäß § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. verhängten Freiheitsstrafen sind - vor allem angesichts

der großen Suchtgiftmenge, die eingeführt und in Verkehr gesetzt

werden sollte, und angesichts des Umstands, daß die Tat im Rahmen

einer offensichtlich international agierenden Bande von

Suchtgifthändlern begangen wurde - schuldangemessen und

tätergerecht. Zu ihrer Reduzierung bestand - auch wenn

berücksichtigt wird, daß die Tat nur beim Versuch geblieben ist -

kein Anlaß. Die Art der strafbaren Handlung und der hohe

Schuldgehalt der Tat verbieten aber auch die Gewährung bedingter

Strafnachsicht, wie dies der Angeklagte A       -

begehrt.

Soweit sich der Angeklagte A       - auch gegen die für das ihm zur

Last fallende (versuchte) Finanzvergehen verhängte Geldstrafe und die hiefür ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe wendet, so entsprechen auch diese Strafen dem Schuldgehalt der diesbezüglichen Tat, wobei das Erstgericht die Einkommensverhältnisse dieses Angeklagten zutreffend berücksichtigt hat und auch das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe keinesfalls überhöht ist. Auch hinsichtlich der Geldstrafe kam bei der gegebenen Sachlage eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht.

Es mußte sohin beiden Berufungen ein Erfolg versagt bleiben, weshalb spruchgemäß zu erkennen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02599

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00041.8.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19800508_OGH0002_0120OS00041_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten