TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/3 2005/18/0104

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2005
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BBetrG 1991 §3 idF 2003/I/101;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der G, geboren 1979, vertreten durch Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwälte KEG, 1030 Wien, Ölzeltgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. November 2004, Zl. SD 622/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. November 2004 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei am 9. Februar 2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und habe am 11. Februar 2002 einen Asylantrag gestellt, der mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. Oktober 2002 abgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen eingebrachten Beschwerde sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. November 2003 abgelehnt worden.

Die Beschwerdeführerin habe sich im Zeitraum vom 26. März 2002 bis zum rechtskräftig negativen Abschluss ihres Asylverfahrens (5. November 2003) im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz befunden. Sie halte sich seither, sohin seit ca. einem Jahr, unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie habe keinen Nachweis erbracht, dass ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthaltes gesichert erscheine. Sie habe nie behauptet, im Besitz eigener Barmittel zu sein. Mit ihrem Vorbringen, Zuwendungen von Verwandten zu erhalten bzw. von karitativen Organisationen finanziell unterstützt zu werden, habe sie ebenfalls weder nachgewiesen noch zumindest glaubhaft gemacht, dass sie tatsächlich von diesen - im Übrigen namentlich nicht genannten Personen - Zuwendungen erhalte. Sie habe nicht dargelegt, in welchem Umfang diese angeblichen Leistungen erfolgt seien, und sie habe keine Angaben über die Einkommens- Vermögens- und Wohnverhältnisse der den Unterhalt leistenden Personen gemacht. Es sei nicht zu erkennen, inwiefern dadurch ihr laufender Unterhalt gesichert sein soll. Da die Beschwerdeführerin ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt. Im Hinblick auf die aus ihrer Mittellosigkeit resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich und insbesondere die Tatsache, dass sie ihrer Ausreiseverpflichtung seit nunmehr über einem Jahr nicht nachgekommen sei und dadurch auch gegen das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens verstoßen habe, gefährde ihr Aufenthalt die öffentliche Ordnung im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG.

Die Beschwerdeführerin sei ledig und für niemanden sorgepflichtig. Ihre Familie lebe in Nigeria. Selbst wenn man auf Grund des über zweieinhalbjährigen - jedoch lediglich im Zeitraum von einem Jahr rechtmäßigen - Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet unter Bedachtnahme darauf, dass ihr Aufenthalt lediglich auf einen sich in der Folge als unbegründet erwiesenen Asylantrag gestützt worden sei, trotz fehlender familiärer Bindungen überhaupt von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in ihr Privatleben ausgehen wollte, wäre die Zulässigkeit der Maßnahme im Grund des § 37 FrG zu bejahen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - dringend geboten. Auf Grund ihres relativ kurzen und seit zuletzt über einem Jahr illegalen Aufenthaltes liege keine nennenswerte Integration vor. Ihren insgesamt nicht besonders gewichtigen privaten Interessen stünden die genannten - hoch zu veranschlagenden - maßgeblichen öffentlichen Interessen gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessen würden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf ihre Lebenssituation nicht schwerer wiegen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Auf Grund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin und in Ermangelung besonders berücksichtigungswürdiger Umstände könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.

Ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes könne nicht vor Verstreichen des für das Aufenthaltsverbot festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach die Beschwerdeführerin ledig sei, keine Sorgepflichten habe, ihre Familienangehörigen in ihrem Heimatland leben würden, zu Österreich weder berufliche noch familiäre Bindungen bestünden, sie weder kranken- noch sozialversichert sei und auch keine eigenen Barmittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Österreich vorweisen könne. Von daher geht die Verfahrensrüge, dass dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sei, auf Grund welcher Beweisergebnisse diese Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden seien, ins Leere.

2.1. Die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde in Bezug auf die Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin nicht festgestellt habe, ob sie in irgendeiner Form zur Mitwirkung aufgefordert worden sei, was genau sie dazu ausgeführt habe bzw. "wessen Datums meine dazu relevante Stellungnahme sei". Mit "etwas mehr Manuduktion" wäre es ihr möglich gewesen zu bescheinigen, dass sie vom Asylzentrum der Caritas in Wien Leistungen im Rahmen der "Grundversorgung" (Krankenversicherung, Verpflegungsgeld von EUR 180,--, Mietgeld von EUR 110,--) monatlich beziehe. Zusätzlich werde sie von einer christlichen Gemeinschaft, genannt "LGM Resurrection Power Chapel", betreut. Der dort ansässige Pastor würde ihr nicht nur seelische, sondern auch materielle Unterstützung gewähren.

2.2. Auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine relevante Verfahrensverletzung aufzuzeigen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0075, und vom 6. November 2001, Zl. 99/18/0310) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen.

Die Beschwerdeführerin hat es trotz behördlicher Aufforderung vom 23. Jänner 2004 unterlassen, ausreichende Mittel für ihren Unterhalt nachzuweisen (OZl. 74 des Verwaltungsaktes). Auch in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat die Beschwerdeführerin lediglich angegeben, dass sie "zur Zeit von Freunden in Österreich finanziell unterstützt" werde. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ihr Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen ist. Daher kommt gemäß § 3 Bundesbetreuungsgesetz idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch eine Aufnahme in die Bundesbetreuung nicht (mehr) in Betracht. Die (bloße) Behauptung des Fremden, dass für seinen Lebensunterhalt von privaten Einrichtungen gesorgt werde, ist als Nachweis der Mittel zu seinem Unterhalt schon deshalb nicht geeignet, weil sich daraus nicht ergibt, dass er einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützungsleistungen habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0181).

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung zum initiativen Nachweis eigener Unterhaltsmittel nicht nachgekommen und der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei, ist daher unbedenklich. Auf Grund der mit der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin verbundenen Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Mit Blick auf § 37 FrG bringt die Beschwerdeführerin vor, dass die Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen müsste. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass sie bereits einen Deutschkurs besuche und auch in einer hier ansässigen christlichen Gemeinde Fuß gefasst habe.

Den in Anbetracht ihres - nur auf einen mittlerweile rechtskräftig abgewiesenen Asylantrag gestützten - Aufenthaltes im Bundesgebiet seit Februar 2002 und der fehlenden familiären Bindungen nur schwach ausgeprägten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die von ihr ausgehende, mit ihrer Mittellosigkeit verbundene Gefährdung des öffentlichen Interesses gegenüber. Eine weitere Beeinträchtigung öffentlicher Interessen liegt darin, dass sie sich nach Abschluss ihres Asylverfahrens seit 5. November 2003 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltesverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und Schutz des wirtschaftlichen Wohls des Landes) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig angesehen werden.

4. Soweit die Beschwerdeführerin der belangten Behörde die gesetzwidrige Ausübung des bei der Anwendung des § 36 Abs. 1 FrG zu handhabenden Ermessens vorwirft, ist sie ebenfalls nicht im Recht. Für die belangte Behörde bestand entgegen der Beschwerde keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zukommenden Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

5. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180104.X00

Im RIS seit

09.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten