TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/3 2005/18/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2005
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §39 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, (geboren 1983), vertreten durch Mag. Christian Fischer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Rainerstraße 16, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Februar 2005, Zl. St 274/04, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 4. Februar 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Aus dem Fremdenakt gehe hervor, dass der Beschwerdeführer am 14. Oktober 1992 nach Österreich eingereist und seitdem hier niedergelassen sei. Zuletzt sei ihm vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz am 24. Juli 2003 ein Niederlassungsnachweis erteilt worden. Mit Schreiben der Erstbehörde vom 15. Jänner 2002 sei der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 22. Oktober 2001 darauf hingewiesen worden, dass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werde, wenn er weiterhin gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen sollte. Der Beschwerdeführer habe gegenüber der Erstbehörde ausgeführt, dass er im Jahr 1992 als Flüchtling aus Bosnien nach Österreich gekommen sei, weil das Elternhaus zerbombt gewesen und der Vater im Krieg umgekommen wäre. Er würde gemeinsam mit seiner Mutter eine Wohnung in Linz bewohnen. In Österreich hätte er die Volks- und Hauptschule besucht und eine Lehre als Fliesenleger abgeschlossen. Zuletzt wäre er als Eisenbieger beschäftigt gewesen.

Der Beschwerdeführer sei am 22. Oktober 2001 vom Landesgericht Linz wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1, 130 erster und vierter Fall und 15 StGB sowie des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG unter Anwendung der §§ 28, 36 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Die über ihn verhängte Freiheitsstrafe sei unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachgesehen worden. Dieser Verurteilung sei folgender Sachverhalt zugrunde gelegen:

Der Beschwerdeführer sei (hinsichtlich der unter I. genannten Taten gemeinsam mit einer anderen Person) für schuldig befunden worden, er habe

"I) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen nachstehenden Personen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch Zueignung dieser Gegenstände unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

1) ... in der Nacht zum 13.09.2001 in Linz dem H T einen Bargeldbetrag von ca. S 1.219,-- und 3 Feuerzeuge in nicht näher bekanntem Wert durch Einbrechen in dessen Frisiersalon;

2) ... in der Nacht zum 13.09.2001 in Linz der C R einen Bargeldbetrag von S 750,-- und 2 Packungen Zigaretten im Wert von ca. S 100,-- sowie einen Schraubendreher in nicht näher bekanntem Wert durch Einbrechen bzw. Einsteigen in das Lokal;

3) ... in der Nacht zum 13.09.2001 in Linz Verfügungsberechtigten der B Gegenstände nicht näher bekannten Wertes durch Einbrechen in die Geschäftsräumlichkeiten, wobei es beim Versuch geblieben ist;

...

II) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar:

1)

...

2)

... in der Zeit von September 2000 bis zu seiner Verhaftung am 13.09.2001 in Linz und an anderen Orten Österreichs Marihuana in nicht näher bekannter Menge;".

Mildernd habe die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, das Geständnis, der teilweise Versuch, die teilweise objektive Schadensgutmachung sowie die Tatsache Berücksichtigung gefunden, dass der Beschwerdeführer bei Begehung der Taten unter 21 Jahre alt gewesen sei. Erschwerend sei hingegen das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen gewertet worden.

Weiters sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Linz mit Urteil vom 28. Februar 2002 wegen §§ 15 und 105 Abs. 1 StGB verurteilt worden, wobei gemäß §§ 31 und 40 StGB keine Zusatzstrafe verhängt worden sei. Dieser Verurteilung liege zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 28. April 2001 in Linz in Gesellschaft mit V.T. den A.S. durch die Äußerung, er würde auf ihn einschlagen, wenn er die Polizei verständigen würde, zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei zu nötigen versucht habe.

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 9. Februar 2004 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 zweiter Fall SMG, des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG, des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 erster Fall StGB und wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 28 StGB nach dem Strafsatz des § 28 Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Gemäß § 43a Abs. 3 StGB sei ein Teil der über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden. Gemäß § 494 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 6 StPO sei vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht betreffend das Urteil vom 22. Oktober 2001 abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert worden.

Das erkennende Gericht habe im zuletzt genannten Urteil ausgeführt, der Beschwerdeführer sei schuldig, er habe

"A) den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt und zwar dadurch, dass er

              1)              in der Zeit von Ende April bis Anfang Dezember 2002 in Linz in zahlreichen Teilverkäufen insgesamt 800 - 1.000 Gramm Haschisch, ca. 500 Stück Ecstasy-Tabletten und ca. 200 Gramm Amphetamin Speed, die er von A B erworben hat, an zahlreiche Abnehmer verkauft hat;

              2)              in der Zeit von November 2002 bis Februar 2003 in Linz in mehreren Teilmengen insgesamt ca. 20 Gramm Heroin, die er von A R erworben hat, an zahlreiche unbekannte Personen verkauft hat;

              3)              im November und Dezember 2002 in Linz in mehreren Teilmengen 5 Gramm Heroin, die er von A S erworben hat, an mehrere

namentlich unbekannte Abnehmer verkauft ... , wobei er jedoch bei

Tatbegehung selbst an ein Suchtmittel gewöhnt war und die Tat vorwiegend deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen;

B) in der Zeit von April 2002 bis Februar 2003 in Linz den bestehenden Vorschriften zuwider in zahlreichen Teilmengen Suchtgift, nämlich ca. 5 Gramm Heroin, ca. 5 Gramm Kokain, unbekannte Mengen Amphetamine und Haschisch von A R, A S, V M und

A B erworben und bis zum Konsum besessen;

C) gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem EUR 2.000,--

übersteigenden Wert den nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

              1)              zwischen 03.09 und 04.09.2002 in Linz einen Weißgoldring mit eingesetzter Perle, zwei Armbanduhren und zwei Silberedelstahlringe im Wert von insgesamt EUR 7.580,-- Verfügungsberechtigten der Firma T Ges.m.b.H bzw. der Firma F;

              2)              im September 2002 in Linz einen Laptop im Wert von EUR 3.867,-- Verfügungsberechtigten des Hotels C;

              3)              zwischen 12. und 15.06.2002 in Linz eine Digitalkamera samt Stativ und Kabel im Wert von EUR 150,-- Verfügungsberechtigten der Firma P;

              4)              am 13.06.2002 in Linz eine Digitalkamera im Wert von EUR 1.365,38 Verfügungsberechtigten der Firma K;

              5)              am 07.05.2002 in Linz ein Mobiltelefon im Wert von ca. EUR 200,-- Verfügungsberechtigten der Firma I Ges.m.b.H.;

              6)              am 28.05.2002 in Linz ein Mobiltelefon im Wert von EUR 250,-- Verfügungsberechtigten der Firma S;

              7)              am 25.11.2002 mit dem abgesondert verfolgten G C B in Leonding zwei Kennzeichentafeln in unbekanntem Wert der G;

D) in der Zeit vom 26.12.2002 bis 13.02.2003 eine Sache , die ein Anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, nämlich ein Mobiltelefon der Marke Nokia 6610 im Wert von EUR 560,--, welches N Y bei der Firma T gestohlen hat, gekauft."

Der Beschwerdeführer habe hierdurch

"zu A) die Verbrechen nach § 28 Abs. 2 4. Fall und Abs. 3

              2.              Fall SMG,

zu B) die Vergehen nach § 27 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG zu C) da Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahles

nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 130 1. Fall StGB,

zu D) das Vergehen der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 2 StGB begangen"

und sei hierfür unter Anwendung des § 28 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Mildernd sei seitens des erkennenden Gerichtes das zumindest teilweise Geständnis des Beschwerdeführers, dass der Schaden der Diebstähle zumindest teilweise wieder gutgemacht worden sei und dass die Taten nach Vollendung des 18. jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres verübt worden seien, berücksichtigt worden. Erschwerend habe sich hinsichtlich Suchtmittel und Vermögen die einschlägige Vorstrafe infolge des schon genannten Urteils vom 22. Oktober 2001, der rasche Rückfall sowie das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen ausgewirkt.

Ebenso unbestritten sei geblieben, dass der Beschwerdeführer am 23. Juli 2004 vom Landesgericht Wels wegen des Verbrechens des schweren Raubes teils als Beteiligter nach den §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall, 12, 3. Alternative StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden sei. Dieser Verurteilung habe zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer

              1.              am 30. Dezember 2003 in Marchtrenk dadurch, dass er sich außerhalb einer Tankstelle davon überzeugt habe, dass keine Kunden anwesend gewesen seien und sodann A K ein Zeichen gegeben habe, zur Ausführung der strafbaren Handlung des Genannten beigetragen habe, der am 30. Dezember 2003 durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung einer Waffe einem näher genannten Tankwart einen Bargeldbetrag in Höhe von EUR 790,--, mit dem Vorsatz abgenötigt habe, sich, den Beschwerdeführer und Atah H durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und mit einer Wollhaube bzw. einer Motorradunterziehhaube getarnt den Verkaufsraum betreten habe, eine näher bezeichnete Gaspistole gegen den Tankwart gerichtet und gerufen habe: "Geld her oder schießen, Geld her oder ich schießen, schnell, schnell", und

              2.              am 30. Jänner 2004 mit A K durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung einer Waffe dem schon genannten Tankwart einen Bargeldbetrag in der Höhe von EUR 280,-- mit dem Vorsatz abgenötigt habe, sich, A K und A H durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er und A K jeweils getarnt mit einer Wollmaske bzw. mit einer Motorradunterziehhaube den Verkaufsraum der Tankstelle betreten hätte und Artan K eine näher bezeichnete Gaspistole gegen den Tankwart gerichtet und gerufen habe: "Überfall, Geld her, schnell", sowie A H gerufen habe: "Zweite Kassa, zweite Kassa".

Das Landesgericht Wels habe aus Anlass dieses Urteils die bedingte Nachsicht der mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 9. Februar 2004 verhängten Freiheitsstrafe widerrufen, von einem Widerruf der bedingten Nachsicht der mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 22. Oktober 2001 verhängten Freiheitsstrafe sei abgesehen worden. Bei der Strafbemessung sei das Geständnis und der untergeordnete Tatbeitrag beim Raubgeschehen vom 30. Dezember 2003 berücksichtigt worden. Erschwerend seien eine einschlägige Verurteilung, die Tatwiederholung und das Zusammentreffen von Verbrechen der gleichen Art herangezogen worden. Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung habe das genannte Landesgericht auch ausgeführt, dass dem Umstand, dass die Tat unter dem Einfluss von Drogen verübt worden sei, keine mildernde Wirkung zukomme, weil der Genuss von Suchtgift an sich schon vorwerfbar im Sinn des § 35 StGB sei. Das Gericht habe es auch für beachtenswert gefunden, dass die abgelegten Geständnisse von keiner besonderen Reue getragen gewesen seien.

Aus den oben angeführten Taten sei nicht nur die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern auch das Aufenthaltsverbot im Licht des § 37 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt. Angesicht der im Rahmen der Verwirklichung der strafrechtlichen Sachverhalte in beeindruckender Weise dargelegte Geringschätzung der österreichischen Rechtsordnung sowie der Rechtsgüter anderer, des Aggressionspotentials des Beschwerdeführers, der bei ihm vorhandenen geringen Hemmschwelle sowie seiner Gewaltbereitschaft sei vorliegend eine für den Beschwerdeführer negative Zukunftsprognose zu treffen. Die Art und Häufigkeit der geradezu regelmäßig begangenen Straftaten ließen ein Charakterbild des Beschwerdeführers erkennen, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, er wäre gegenüber den zum Schutz der körperlichen Integrität anderer Personen erlassenen Vorschriften bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt negativ eingestellt und bilde solcherart eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, eine Drogenentzugskur angestrengt zu haben und im Rahmen seiner Haft zu einem Umdenken bewegt worden zu sein, vermöge an dieser Beurteilung nichts zu ändern, zumal eine Suchtgifttherapie keine Gewähr dafür biete, dass der Beschwerdeführer nicht neuerlich straffällig würde, und er seine "Unbelehrbarkeit" bislang dokumentiert habe. Auch der Versuch des Beschwerdeführers, die von ihm verübten Tathandlungen zu bagatellisieren, indem er darauf hinweise, dass die Deliktsverübungen von seiner Suchtmittelabhängigkeit geprägt gewesen seien und er hinsichtlich der letzten strafrechtlichen Verurteilung eine untergeordnete Rolle in der Tatbegehung gespielt habe, vermöge an der Einschätzung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit nichts zu ändern.

Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers sei schwerwiegender Art, weshalb von der Ermessensbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG habe Gebrauch gemacht werden müssen. Dies vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer (wie dargestellt) trotz Verurteilung abermals einschlägig straffällig geworden sei, gravierende Verbrechenstatbestände verwirklicht und gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt habe.

Angesicht seines seit zwölf Jahren währenden Aufenthalts im Bundesgebiet, sowie des Umstands, dass die Familie des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig sei, sei ihm eine entsprechende Integration zuzugestehen. Diese von ihm ins Treffen geführte Integration werde jedoch in ihrer sozialen Komponente auf Grund der oben dargelegten Sachverhalte und des daraus ersichtlichen Charakterbildes in ganz erheblichem Ausmaß gemindert. Schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, insbesondere des Suchtgifthandels, sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbots auch bei ansonsten voller sozialer Integration des Fremden dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wiege als das gegenläufige private Interesse des Fremden. Bei Suchtgiftdelikten sei die Wiederholungsgefahr besonders groß. Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, gleich in welcher Form, sei schon deshalb dringend geboten, weil der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen führe. Könnten - wie im Fall des Beschwerdeführers - wiederholte rechtskräftige Bestrafungen und Verurteilungen (die ja letztlich nur als Mahnungen zu einem rechtstreuen Verhalten verstanden werden könnten) einen Fremden nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten, und gingen auch niederschriftliche Ermahnungen ins Leere, so müsse die Behörde von der Möglichkeit eines Aufenthaltsverbots Gebrauch machen, zumal es scheine, dass andere Mittel nicht mehr ausreichten, um den Beschwerdeführer zur Einhaltung der Rechtsordnung seines Gastlandes zu bewegen.

Da unter Abwägung aller angeführten Tatsachen im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots wesentlich schwerer wögen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG.

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer verwirklichten Sachverhalte scheine die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots erforderlich, zumal nicht ersehen werden könne, wann bzw. ob der Beschwerdeführer gewillt sei, die für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beachten und die Rechtsgüter anderer zu respektieren.

              2.              Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

              1.              Der Beschwerdeführer stellt die im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Verurteilungen nicht in Abrede. Von daher besteht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 (sowohl erster als auch zweiter und vierter Fall) FrG erfüllt sei, keinen Einwand.

2.1. Der Beschwerdeführer lässt weiters die maßgeblichen Feststellungen zu seinem den genannten Verurteilungen zugrunde liegenden Fehlverhalten unbestritten. Er vertritt aber die Auffassung, dass die belangte Behörde "eine falsche Einschätzung der Gefährlichkeitsprognose" getroffen habe. Ausgehend vom Schweregrad seiner strafrechtlichen Delikte - "die sich zwar nicht im unteren Bereich der Kriminalität bewegen" - sei eine negative Zukunftsprognose, wie sie die belangte Behörde getroffen habe, keinesfalls gerechtfertigt. Die verübten Delikte wiesen zwar erhebliche kriminelle Energie auf, seien aber größtenteils als "Beschaffungskriminalität" (gemeint: für Suchtgift) zu qualifizieren. Ferner zeige die letzte strafgerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht Wels "die nur untergeordnete Rolle" des Beschwerdeführers auf, die er bei der Verwirklichung der Straftatbestände eingenommen habe. Die nunmehr vollzogene Freiheitsstrafe zeige dem Beschwerdeführer auch das Unrecht seiner Taten tagtäglich auf, sodass schon daraus eine günstige Zukunftsprognose abgeleitet werden könne, weil er nun in sehr eindrucksvoller Weise das Haftübel verspüre.

2.2. Dieses Vorbringen geht fehl. Dem Beschwerdeführer liegen die nach den oben I.1. genannten Urteilen des Landesgerichts Linz vom 22. Oktober 2001 und vom 9. Februar 2004 in qualifizierter Form begangenen Straftaten gegen fremdes Vermögen (Verbrechen des (schweren) gewerbsmäßigen Diebstahls (durch Einbruch)) zur Last. Durch dieses Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gravierend zuwider gehandelt. Durch die Straftaten des schweren Raubes, die der Beschwerdeführer nach dem Urteil des Landesgerichts Wels vom 23. Juli 2004 (teils als Beteiligter) gesetzt hat, wurde gleichfalls das schon genannte öffentliche Interesse, darüber hinaus auch das große öffentliche Interesse an der Verhinderung der Gewaltkriminalität in erheblichem Ausmaß verletzt. Dem zuletzt genannten öffentlichen Interesse hat der Beschwerdeführer ferner durch die versuchte Nötigung, deretwegen er vom Landesgericht Linz im Jahr 2002 verurteilt wurde, zuwider gehandelt. Dazu kommen die weiteren im angefochtenen Bescheid genannten gegen das Suchtmittelgesetz gerichteten Straftaten des Beschwerdeführers, die den besagten Urteilen vom 22. Oktober 2001 und vom 9. Februar 2004 zugrunde liegen. Bei der Suchtgiftkriminalität handelt es sich um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist. Diese Wiederholungsgefahr manifestiert sich im Fall des Beschwerdeführers (wie oben I.1. dargestellt) im wiederholten Verkauf von Suchtgift sowie im wiederholten Erwerb von Suchtgift und dessen Besitz bis zum Konsum. Zudem hat der Beschwerdeführer - wie seine Verurteilung nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 zweiter Fall SMG zeigt - das Inverkehrsetzen von Suchtgift als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen.

Dieses Gesamtfehlverhalten lässt die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (Z. 1) wie auch unter dem der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer, hinsichtlich des gegen das Suchtmittelgesetz gerichteten Fehlverhaltens auch des Schutzes der Gesundheit, somit zur Erreichung anderer im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannter öffentlicher Interessen (Z. 2), als gerechtfertigt erscheinen. Schon angesichts der besagten Wiederholungsgefahr ist für den Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, dass sich sein deliktisches Verhalten größtenteils als Beschaffungskriminalität darstelle, nichts zu gewinnen. Angesichts der Vielzahl der Straftaten des Beschwerdeführers ist auch sein Hinweis, er habe bei den dem Urteil des Landesgerichts Wels zugrunde liegenden Straftaten lediglich eine untergeordnete Rolle eingenommen, nicht zielführend.

3.1. Im Grund des § 37 FrG wendet der Beschwerdeführer ein, dass er während des größten Teils seines Aufenthalts in Österreich einer regelmäßigen Arbeit nachgegangen und davon auszugehen sei, dass er seit seiner Einwanderung im Jahr 1992 - also seit etwa zwölf Jahren - sozial in das Rechts- und Wertesystem in Österreich integriert sei. Das Aufenthaltsverbot würde zu einer Trennung von seiner in Österreich aufhältigen Mutter führen, in seinem Herkunftsland habe der Beschwerdeführer nicht die geringsten wirtschaftlichen und sozialen Kontakte, weshalb für ihn aus diesem Grund eine Rückkehr unzumutbar sei. Auf Grund seiner bestehenden sozialen Bindungen in Österreich würden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots, weshalb § 37 Abs. 2 FrG der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme entgegen stehe.

3.2. Auch mit diesem Vorbringen ist für die Beschwerde nichts gewonnen. Die belangte Behörde hat angesichts der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Sie hat aber - unter Bedachtnahme auf diese persönlichen Interessen des Beschwerdeführers - ebenso zutreffend die Auffassung vertreten, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme dringend geboten sei, hat doch der Beschwerdeführer durch sein gravierendes Fehlverhalten die im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, der Verhinderung von (weiteren) strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer, am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, sowie am Schutz der Gesundheit erheblich beeinträchtigt. Unter Zugrundelegung dieses öffentlichen Interesses an der Beendigung seines Aufenthaltes erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Die für seinen Verbleib in Österreich sprechenden durchaus beachtlichen persönlichen Interessen vermögen das durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse nicht zu überwiegen. Das Gewicht dieser persönlichen Interessen wird wesentlich dadurch relativiert, dass eine aus seinem langjährigen Aufenthalt ableitbare Integration entscheidend dadurch gemindert erscheint, dass die dafür maßgebliche soziale Komponente durch das dem Beschwerdeführer zur Last liegende, gegen fremdes Vermögen, gegen die körperliche Integrität sowie gegen das Suchtmittelgesetz gerichtete Fehlverhalten erheblich gelitten hat. Dem Vorbringen betreffend seinem Heimatland ist entgegen zu halten, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde, und dass § 37 FrG nicht die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2003/18/0053).

4.1. Die Beschwerde richtet sich auch gegen die Dauer des von der belangten Behörde verhängten Aufenthaltsverbots. Der vorliegende Sachverhalt würde die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots keinesfalls rechtfertigen, bei richtiger Übung des Ermessens wäre die Verhängung eines zehnjährigen Aufenthaltsverbots über den Beschwerdeführer angezeigt gewesen.

4.2. Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis Zl. 2003/18/0053, mwH) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn der Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wenn die belangte Behörde angesichts des gravierenden wiederholten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Auffassung vertreten hat, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umstände, nämlich der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer, nicht vorhergesehen werden könne, so ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Auch die Beschwerde legt keine konkreten Umstände dar, die für die Unrichtigkeit dieser Prognose sprächen.

5. Die belangte Behörde hat in Anbetracht der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren auch zutreffend davon Abstand genommen, von der ihr bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbots im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zukommenden Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/18/0009, und eingehend den dort verwiesenen Beschluss Zl. 96/21/0490).

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180121.X00

Im RIS seit

14.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten