TE OGH 1980/6/17 9Os45/80

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Veröffentlicht am 17.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl Heinz A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 2, 84 Abs. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 8. Jänner 1980, GZ. 22 Vr 1638/78-72, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hawlik, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Jänner 1942 geborene Karl Heinz A des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB. und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 2, 84 Abs. 1

StGB. schuldig erkannt. Darnach hatte er im Jahre 1978 in vier Angriffen Brigitte B, Wilfried C und Rudolf D durch Versetzen von Schlägen, Fußtritten und Stößen leichte Verletzungen zugefügt (Punkt I des Urteilssatzes) und im September 1978 überdies Brigitte B durch Versetzen von Faustschlägen gegen den Körper verletzt, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung, nämlich den Verlust von vier Schneidezähnen im Unterkiefer sowie Blutunterlaufungen im Gesicht und an den Oberarmen zur Folge hatte (Punkt II des Urteilssatzes).

Lediglich den zuletzt angeführten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund wirft er dem Erstgericht vor, in der Urteilsbegründung die Angaben der Zeugin Brigitte B vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter unrichtig wiedergegeben und hinsichtlich der subjektiven Tatseite keine oder nur unzureichende Gründe angegeben zu haben.

Keine dieser Behauptungen hält stand. Die Annahme, Brigitte B habe im September 1978 durch Mißhandlungen des Angeklagten außer dem Verlust von vier Schneidezähnen auch Blutunterlaufungen im Gesicht und an den Oberarmen erlitten, findet in den Bekundungen der Zeugen Erika E und Gottfried F (S. 292 f.) im Zusammenhalt mit den Angaben der Brigitte B vor der Polizei, wonach sie durch die Faustschläge des Angeklagten gegen die Bar stürzte (S. 63), hinreichend Deckung, da der Kausalzusammenhang eines Sturzes mit Blutunterlaufungen durchaus der forensischen Erfahrung entspricht. Die Beschwerdeausführungen sind daher insoweit nicht stichhältig. Soweit darin im übrigen Wahrscheinlichkeitsüberlegungen über das Gewicht der sich in den Bekundungen der Zeugin Brigitte B vor der Polizei, vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung vorfindenden Divergenzen angestellt werden, wird damit kein formaler Begründungsmangel aufgezeigt, sondern in unbeachtlicher Weise lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung bekämpft, zumal das Schöffengericht die Widersprüchlichkeiten in den Angaben dieser Zeugin keineswegs mit Stillschweigen übergangen, sondern einer eingehenden Erörterung unterzogen hat (S. 315 ff.).

Rechtliche Beurteilung

Weder einen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. noch einen Feststellungsmangel im Sinne der Z. 10 dieser Gesetzesstelle vermag der Beschwerdeführer aber auch hinsichtlich der die subjektive Tatseite des angefochtenen Schuldspruchs betreffenden Urteilsausführungen und Urteilsannahmen darzutun. Denn das Erstgericht weist überzeugend darauf hin, daß der Vorsatz des Angeklagten, Brigitte B (zumindest) zu mißhandeln, schon aus dem Tathergang selbst (Versetzen mehrerer Faustschläge) hervorgeht (S. 315 und 320), wogegen es sich dabei, ob der Angeklagte nach seinem als erwiesen angenommenen objektiven Verhalten den eingetretenen schweren Verletzungserfolg im Sinne der §§ 7 Abs. 2, 83 Abs. 2, 84 Abs. 1 StGB. als fahrlässig herbeigeführt zu verantworten hat, um eine Rechtsfrage handelt (siehe Gebert-Pallin-Pfeiffer, E.Nr. 24 zu § 281

StPO.), die im vorliegenden Fall richtig gelöst wurde, weil derjenige, der gegen das Gesicht eines Menschen wuchtige Faustschläge der konstatierten Art führt, nach den Erfahrungen des täglichen Lebens den dadurch eingetretenen, nach den Umständen keineswegs außergewöhnlichen schweren Verletzungserfolg, nämlich den Verlust von (vier) Zähnen, jedenfalls vorherzusehen vermag, wobei sich im übrigen diese Vorhersehbarkeit keineswegs auf alle Einzelheiten des Kausalablaufes und des Erfolgseintrittes erstrecken muß (SSt. 46/67, 47/58 u.a.). Ebenso kommt es entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht darauf an, ob der Angeklagte die mit seiner Handlungsweise verbundene Gefahr eines schweren Erfolgseintrittes tatsächlich erkannt hat. Entscheidend ist vielmehr nur, ob er unter den gegebenen Umständen in der Lage gewesen wäre (auch) einen solchen Verlauf als mögliche Folge seines Verhaltens zu erkennen, woran jedoch nach Lage des Falles nicht gezweifelt werden kann.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Hingegen war die vom Angeklagten angemeldete 'Strafberufung' zurückzuweisen, weil er weder bei der Anmeldung noch später die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt bezeichnet hat (§ 294 Abs. 4 StPO.). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02637

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00045.8.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19800617_OGH0002_0090OS00045_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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