TE OGH 1980/6/24 9Os81/80

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Veröffentlicht am 24.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schubert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gyorgy A wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 10. April 1980, GZ. 20 h Vr 383/80-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 9. Oktober 1954 geborene Angeklagte Gyorgy A des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 StGB. schuldig erkannt, weil er am 11. Jänner 1980 in Wien versucht hat, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er sich mit einer Gaspistole (Marke Reck, Modell 800, Kaliber 8 mm) sowie einer als Strumpfmaske adaptierten Schimütze in den DM-Drogeriemarkt in Wien 17., Kalvarienberggasse 53, begab und sich dort in einer Toilette in der Absicht einsperrte, nach Geschäftsschluß der Filialleiterin Johanna C oder einer anderen Angestellten die Tageslosung (ca. 20.000 S bis 30.000 S) unter Waffenandrohung wegzunehmen.

Die Geschwornen hatten - jeweils einstimmig - die im Sinne dieses Schuldspruchs anklagekonform gestellte Hauptfrage bejaht und die auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines freiwilligen Rücktrittes vom Raubversuch im Sinne des § 16 Abs. 1 StGB. gerichtete Zusatzfrage (§ 313 StPO.) verneint.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs. 1 Z. 6 und Z. 8 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichende Verletzungen der Vorschriften über die Fragestellung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die Frage, ob die vom Angeklagten versuchte Raubtat 'unter Verwendung einer Waffe' verübt werden sollte, und die Frage der Abgrenzung von Versuch zur (straflosen) Vorbereitungshandlung nicht zum Gegenstand weiterer Zusatzfragen gemacht worden seien sowie daß der nach Meinung des Beschwerdeführers wesentliche Umstand, ob die Waffe (Gaspistole) geladen war, in der Hauptfrage keine Berücksichtigung gefunden habe.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. rügt der Beschwerdeführer, daß auch in der den Geschwornen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung die Frage, ob die Tat versucht wurde oder sich noch im Stadium der Vorbereitungshandlung befunden habe, nicht erörtert werde;

weiters, daß - bezogen auf die Zusatzfrage in Richtung der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 StGB. - in der Rechtsbelehrung ein Hinweis darauf fehle, daß von den Geschwornen auch zu prüfen sein werde, ob die Untätigkeit des Angeklagten bezüglich der weiteren Tatausführung auf dessen Willensänderung zurückzuführen sei, und ob der Raubversuch in Anbetracht der Ausrüstung des Angeklagten konkrete Erfolgsaussichten gehabt habe. Schließlich bemängelt der Beschwerdeführer die Rechtsbelehrung auch noch insoweit, als sie die Voraussetzungen für die Annahme des strafsatzändernden Umstandes einer Raubverübung 'unter Verwendung einer Waffe' im Fall der - nach Meinung des Beschwerdeführers hier nicht auszuschliessenden - Verwendung einer ungeladenen Schußwaffe nicht ausreichend darlege.

Die Beschwerde ist in keiner Richtung begründet:

Wird bei der Verübung eines Raubes eine Waffe verwendet, so beinhaltet dies eine im § 143 StGB. (u.a.) namentlich angeführte, strafsatzerhöhende Deliktsqualifikation.

Derartige strafsatzändernde Umstände können im geschwornengerichtlichen Fragenschema nach Ermessen des Schwurgerichtshofes (§ 317 Abs. 2 StPO.) entweder in die auf das zugehörige Grunddelikt gerichtete Schuldfrage aufgenommen oder aber zum Gegenstand einer (uneigentlichen) Zusatzfrage gemäß § 316 StPO. gemacht werden. Da der hier in Rede stehende Umstand der Raubverübung 'unter Verwendung einer Waffe' den Grundtatbestand des Raubes ein besonderes, erschwerendes Gepräge gibt, war es vorliegend nicht nur zulässig, sondern sogar zweckmäßig, diese qualifizierende Begehungsweise schon in der Hauptfrage (mit-) zuberücksichtigen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr. 5 zu § 316 StPO.). Auf die diesfalls bedeutsame Berechtigung der Geschwornen, Fragen unter Beifügung der Beschränkung nur teilweise zu bejahen (§ 330 Abs. 2 StPO.), waren jene durch den bezüglichen Hinweis in dem ihnen vorgelegten (gedruckten) Fragenschema-Bogen (vgl. die Überschrift der Anwortspalte) aufmerksam gemacht worden (Beilage A/ zu ON. 22).

Des vom Beschwerdeführer vermißten Hinweises auf den Ladezustand der Gaspistole bedurfte es (abgesehen davon, daß die Waffe bereits geladen war: S. 20) - weder bei der Fragenformulierung noch in der Rechtsbelehrung - schon deshalb nicht, weil nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (siehe die E. eines verstärkten Senates vom 11. September 1978, 12 0s 59/78 = RZ. 1978/101 = EvBl. 1978/175 = JBl. 1979, 380) auch die Drohung mit einer ungeladenen Schußwaffe (wozu auch Gaspistolen zählen) bei der Begehung eines Raubes als 'Verwendung einer Waffe' im Sinne des § 143, zweiter Deliktsfall, StGB. zu beurteilen ist.

Über die Kriterien für die Abgrenzung strafbarer Versuchshandlungen (im Sinne des § 15 Abs. 2 StGB.) von (grundsätzlich straflosen) Vorbereitungshandlungen wurden die Geschwornen vorliegend - und zwar insbesondere auch in zeitmäßiger Hinsicht und über den Begriff der Ausführungsnähe überhaupt - in einer auch für Laien verständlichen Form zutreffend (siehe Leukauf-Steininger, a.a.0., RN 15 ff zu § 15 StGB. und die dort zitierte oberstgerichtliche Rechtsprechung) und ausreichend auf den Seiten 5 und 6 der schriftlichen Rechtsbelehrung informiert. Im Rahmen der Fragestellung war hiefür entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kein Raum (vgl. §§ 313, 316 StPO.). Auch insoweit erweist sich mithin sowohl die Fragestellung als auch die Rechtsbelehrung als formell und inhaltlich mängelfrei. Dies gilt schließlich auch für die Darlegungen der Rechtsbelehrung zu den Voraussetzungen eines freiwilligen (strafaufhebenden) Rücktrittes vom (Raub-) Versuch. Zutreffend wird nämlich darauf abgestellt (siehe S. 7 der Rechtsbelehrung), daß der Täter frei von psychischem und physischem Zwang, aus eigenem Antrieb, von der Vollendung der (ihm an sich möglichen) Tat abstehen muß. Damit berücksichtigt die Rechtsbelehrung aber ohnedies auch ausreichend jene Kriterien, die der Angeklagte insoweit in seiner Nichtigkeitsbeschwerde mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs. 1

StPO. releviert.

Auf Besonderheiten des inkriminierten Tatgeschehens in tatsächlicher Hinsicht näher einzugehen, war nicht Aufgabe der schriftlichen Rechtsbelehrung, sondern der nach § 323 Abs. 2 StPO. vorzunehmenden Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschwornen. Der Inhalt der Niederschrift der Erwägungen der Geschwornen (Beilage E/ zu ON. 22) läßt im übrigen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Geschwornen die ihnen (schriftlich und mündlich) erteilten Belehrungen auch in bezug auf die Frage des freiwilligen Rücktritts vom Versuch richtig verstanden haben.

Da mithin keiner der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Nichtigkeitsgründe gegeben ist, war seiner Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen.

Aber auch die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der vom Geschwornengericht gemäß §§ 41, 143 (erster Strafsatz) StGB. über ihn verhängten zweijährigen Freiheitsstrafe anstrebt, ist nicht begründet.

Dadurch, daß der Angeklagte geraume Zeit einen PKW. lenkte, ohne einen Führerschein zu besitzen, wird zwar der vom Erstgericht angenommene Milderungsumstand des ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Z. 2 StGB.) nicht nennenswert beeinträchtigt; auch daß er in der Hauptverhandlung - bei sonstiger Aufrechterhaltung seines Geständnisses -

den Strafaufhebungsgrund des Rücktrittes vom Versuch behauptete, mindert das Gewicht seines Geständnisses nur wenig. Angesichts des anzuwendenden Strafsatzes (von fünf bis fünfzehn Jahren) und der Höhe der angestrebten Beute (von ca. 20.000 bis 30.000 S) erscheint die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren aber dennoch durchaus tat- und tätergerecht, weshalb eine Reduzierung des Strafausmaßes nicht in Betracht kam.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02642

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00081.8.0624.000

Dokumentnummer

JJT_19800624_OGH0002_0090OS00081_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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