TE OGH 1980/6/27 11Os157/79

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Veröffentlicht am 27.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rietdijk als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald A und andere wegen des Vergehens nach dem § 101 Abs. 1 KartG und einer anderen strafbaren Handlung über die von den Angeklagten Harald A, Walter B, Kurt C und Gerhard D gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.Juni 1979, GZ 6 a Vr 7.921/74-77, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung am 25.Juni und am 27.Juni 1980 nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Böck und Dr. Giger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Tschulik zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten Harald A, Walter B, Kurt C und Gerhard D wegen des Vergehens nach dem § 101 Abs. 1 KartG (Punkt A II des Urteilssatzes) und demgemäß auch in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen sowie im Ausspruch über die Haftung der Firmen E und F gemäß dem § 109 Abs. 1 KartG aufgehoben und die Sache zu nochmaliger Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Harald A, Walter B, Kurt C und Gerhard D der Vergehen nach dem § 102 Abs. 1 Z 2 (§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. b, Abs. 2) KartG (Punkt I des Urteilssatzes) und nach dem § 101 Abs. 1 KartG (Punkt II des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Nach dem Inhalt dieser Schuldsprüche haben sie in der Zeit von Anfang 1972 bis zum 24.September 1974 als Bevollmächtigte der Firmen Folienwalzwerk E (Harald A und Walter B) und F, Aluminiumfolien-Walzwerk (Kurt C und Gerhard D) im Weg einer Absprache zwischen diesen beiden (dabei) wirtschaftlich selbständig bleibenden Firmen, durch die im gemeinsamen Interesse eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbs bei den Preisen bewirkt wurde, ohne in dieser Absprache selbst ausdrücklich in unmißberständlicher Weise auf ihre Unverbindlichkeit hinzuweisen, ein Kartell (§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. b KartG) zu I./: bevor es in das Kartellregister eingetragen worden ist, durchgeführt, indem sie auf Grund dieser Absprache Endverbraucherpreislisten für Aluminiumfolien, roh und veredelt, arbeitsteilig erstellten, diese Preislisten bei Anboten ihrer Leistungen zur Anwendung brachten, die bei Abnehmern für die Kartellware erzielten Preise und Konditionen einander mitteilten, die künftigen Preisvorstellungen und -ziele beider Unternehmen austauschten und das Vorgehen beider Unternehmen bei einzelnen Großabnehmern abstimmten;

zu II./: mit dem Vorsatz, die Preise der Kartellwaren zu steigern oder ihr Sinken zu verhindern, in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise durch das zu I beschriebene Verhalten und dadurch benützt, daß sie die im Rahmen der Absprache erzielten Preise auf dem österreichischen Markt der AFCO (Aluminium Foil Conference) als Preismeldestelle bekanntgaben und regelmäßige Versammlungen der Mitglieder dieser internationalen Organisation und ihrer Organe dazu gebrauchten, ausländische Erzeuger von Kartellwaren zur Unterlassung von Preisunterbietungen auf dem österreichischen Markt und zur Abgabe überhöhter Schutzofferte zu veranlassen.

Hingegen wurden die Mitangeklagten Kurt H, Dr. Erich I und Wolfram J von der in Richtung des Vergehens nach dem § 102 Abs. 1 Z 2 KartellG erhobenen Anklage gemäß dem § 259 Z 3 StPO (rechtskräftig) freigesprochen.

Die Angeklagten Harald A, Walter B, Kurt C und Gerhard D bekämpfen ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden aus den Nichtigkeitsgründen des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO, Kurt C und Gerhard D überdies unter Anrufung der Z 8 und allenfalls der Z 10 dieser Gesetzesstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerden sind teilweise begründet.

Vorweg ist festzuhalten, daß Gegenstand der (anklagekonformen) Schuldsprüche ausschließlich kartellgesetzwidrige Handlungen in bezug auf ein - den österreichischen Markt betreffendes und daher nach inländischem Kartellrecht zu beurteilendes (vgl. § 5 Abs. 1 Z 2 KartG) - 'Kartell durch Absprache' im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b KartG zwischen den Firmen Folienwalzwerk E und F, Aluminiumfolien -Walzwerk, war, nicht jedoch die Benützung bzw. Durchführung eines nicht eingetragenen Kartells durch Ausübung wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Drucks (§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. a KartG) oder auf Grund von Absprachen mit anderen österreichischen oder ausländischen Konkurrenten oder im Rahmen der 'Aluminium Foil Conference' (kurz AFCO). Damit steht nicht in Widerspruch, daß sich das Erstgericht bei der Beurteilung der für die rechtliche Annahme eines Kartells entscheidungswesentlichen Frage der Verbindlichkeit oder Unverbindlichkeit der zwischen den beiden beteiligten Firmen getroffenen Preisabsprachen näher mit den Vorgängen in der AFCO befaßte, das Verhalten der Beschwerdeführer auf dem Hintergrund ihrer Tätigkeit im Rahmen dieser Interessengemeinschaft der europäischen Aluminiumfolienerzeuger betrachtete und aus dem Inhalt der Sitzungsprotokolle und aus sonstigen Unterlagen der AFCO entsprechende Schlußfolgerungen zur Verbindlichkeit der Preisabsprachen zog. Überdies stellten die Bekanntgabe der im Rahmen der Absprache zwischen den beiden Firmen auf dem österreichischen Markt erzielten Preise an die AFCO als Preismeldestelle und der Besuch der Sitzungen dieser internationalen Organisation mit dem Ziel, ausländische Erzeuger von Kartellwaren zur Unterlassung von Preisunterbietungen auf dem österreichischen Markt und zur Abgabe von überhöhten Schutzofferten zu veranlassen, eine der im einheitlichen Fortsetzungszusammenhang stehenden Tathandlungen dar, welche den Angeklagten inhaltlich des Schuldspruchs wegen § 101 Abs. 1

KartG als Benützung eines Kartells in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise angelastet wird. Es blieb dem Erstgericht mithin unbenommen, die sich aus der Mitgliedschaft zur AFCO ergebende Tätigkeit der Beschwerdeführer zum Gegenstand von (Tatsachen-)Feststellungen zu machen und (neben anderen Umständen) zur Begründung der Schuldsprüche heranzuziehen (§ 258 Abs. 1 StPO). Das Urteil überschreitet daher weder die Anklage (§ 281 Abs. 1 Z 8 StPO) - wie dies die Beschwerdeführer C und D behaupten - noch haftet ihm in diesem Belang - entgegen dem Vorbringen sämtlicher Beschwerdeführer - ein Rechtsirrtum an.

Der - im Urteil nur am Rand (im Hinblick auf die aus Art. 10 des AFCO-Vertrages abgeleiteten Sanktionen) erörterten - Frage, ob beim Tatbestand nach § 102 Abs. 1 Z 2

(§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. a) KartG ein wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck zur Durchsetzung eines Kartells gegenüber einem Partner der Absprache und nicht bloß gegenüber Dritten, an der Absprache nicht Beteiligten ausgeübt werden muß, kommt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keine Relevanz zu, weil, wie bereits ausgeführt, ein derartiges Tatverhalten weder Gegenstand der Anklage noch der Schuldsprüche ist.

Die beiden Beschwerdeführer C und D regen vorerst an, der Oberste Gerichtshof möge aus Anlaß dieses Falles beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1

B-VG die Aufhebung des Kartellgesetzes, BGBl. Nr. 460/1972, als verfassungswidrig beantragen, und zwar deshalb, weil der Bundesgesetzgeber für dieses Gesetz zu Unrecht den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG in Anspruch nehme; diese Anregung gelte jedoch nur für den Fall, als das Ersturteil nicht bereits an Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO leide, weil der gegenständliche Sachverhalt unter die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 1 Z 1 KartG falle.

Dazu wurde erwogen: Das Kartellgesetz, BGBl. Nr. 460/1972, findet zufolge seines § 5 Abs. 1 Z 1 'auf Kartelle auf Gebieten, die in Gesetzgebung oder Vollziehung in die Zuständigkeit der Länder fallen,' keine Anwendung.

Dies trifft hier, wie schon die Generalprokuratur zu Recht hervorhebt, keinesfalls zu, denn das nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen gebildete Kartell kam ersichtlich auf dem Gebiet privater Industrie- und Gewerbeausübung zustande, also auf einem Gebiet, das - wie aus der Norm des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG folgt - weder in der Gesetzgebung noch in der Vollziehung in die Kompetenz der Länder fällt.

Im übrigen vermag der Oberste Gerichtshof die von den eingangs genannten Beschwerdeführern aus dem Blickwinkel des Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der vorliegend anzuwendenden Bestimmungen des Kartellgesetzes nicht zu teilen, und zwar vor allem aus jenen Erwägungen, die sich dazu in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Kartellgesetzes (aus dem Jahr 1972) finden (473 d. Beil. zu d. sten. Prot.

des NR, XIII GP, S 25 ff.). Dort heißt es im gegebenen Zusammenhang zutreffend, daß die einschlägigen Strafbestimmungen dem Kompetenztatbestand 'Strafrechtswesen' (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) zuzurechnen und Kartelle durch Absprache und abgestimmtes Verhalten im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 und 3 KartG als systematische Fortentwicklung des § 4 des Koalitionsgesetzes, RGBl. Nr. 43/1870, anzusehen sind, einer Bestimmung, die sich auf 'Verabredungen von Gewerbsleuten zum Zwecke, um den Preis einer Ware zum Nachteile des Publikums zu erhöhen', bezog und diesen Verabredungen die rechtliche Wirkung nahm, wobei diese Vorschrift im Versteinerungszeitpunkt des Jahres 1925 unter den Kompetenztatbestand 'Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie' fiel (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG).

Zum Schuldspruchfaktum I:

Auszugehen ist davon, daß als Kartelle im Sinn des - hier allein in Betracht kommenden - § 1 Abs. 1 Z 2

lit. b KartG nicht in vertraglichen Bindungen bestehende Absprachen zwischen wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmern oder zwischen Verbänden von Unternehmern gelten, durch die im gemeinsamen Interesse eine Regelung oder Beschränkung des Wettbewerbes, besonders bei den Preisen, bewirkt wird oder bewirkt werden soll, sofern nicht in der Absprache selbst ausdrücklich in unmißverständlicher Weise auf die Unverbindlichkeit hingewiesen wird. Nach dem § 1 Abs. 2 KartG liegt eine Regelung des Wettbewerbs bei den Preisen besonders dann vor, wenn wirtschaftlich selbständig bleibende Unternehmer einander auf Grund einer Vereinbarung Preise des letzten Jahres oder künftige Preise unmittelbar oder mittelbar mitteilen. Die Durchführung von Preisabsprachen vor Eintragung ins Kartellregister ist mithin nur dann straflos, wenn sich im Zeitpunkt der Durchführung alle daran Beteiligten der (erklärten) Unverbindlichkeit bewußt sind (vgl. SSt. 40/34).

Eben diese Voraussetzung wurde vom Erstgericht mit der Feststellung verneint, daß zwischen den Firmen Folienwalzwerk E und F, Aluminiumfolien-Walzwerk, Preisabsprachen in bezug auf den österreichischen Markt getroffen wurden, die von den beiden Kartellpartnern als verbindlich angesehen wurden.

Demgegenüber suchen die Beschwerdeführer in ihren Mängelrügen den unverbindlichen Charakter ihrer Preisabsprachen nachzuweisen. Ein formeller Begründungsmangel im Sinn der Z 5

des § 281 Abs. 1 StPO haftet dem Urteil jedoch insoweit - wie die Generalprokuratur richtig erkennt - nicht an:

Das Erstgericht legte in den Urteilsgründen ausführlich und in schlüssiger Weise dar, auf Grund welcher Erwägungen es zur Annahme bindender Preisabsprachen gelangte und die gegenteilige Verantwortung der Angeklagten als widerlegt erachtete. Es befaßte sich hiebei vor allem eingehend mit dem - im Urteil auch aktengetreu wiedergegebenen - Inhalt der sichergestellten Urkunden (Firmenkorrespondenz, Berichte und Aktenvermerke, Sitzungsprotokolle der AFCO u.a.), die dem Schöffengericht die Überzeugung verschafften, daß allen Angeklagten der verbindliche Charakter der getroffenen Preisabsprachen bei der Durchführung bewußt war. Soweit die Beschwerdeführer die vom Gericht aus all diesen Verfahrensergebnissen gezogenen Schlußfolgerungen als unzutreffend und mangelhaft begründet bekämpfen und dabei auch behaupten, das Gericht habe wesentliche Umstände mit Stillschweigen übergangen, verkennen sie das Wesen des angerufenen formalen Nichtigkeitsgrundes.

Denn nach § 258 Abs. 2 StPO hat das Gericht die Beweismittel in Ansehung ihrer Glaubwürdigkeit und Beweiskraft nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhalt zu prüfen und über die Frage, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist, letztlich nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Eine offenbar unzureichende Begründung im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO liegt nur dann vor, wenn im Urteil für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen nur solche Gründe angegeben werden, aus denen sich nach den Denkgesetzen und nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt oder die aus den ermittelten Prämissen gezogenen Schlußfolgerungen so weit hergeholt sind, daß das Urteil mit logischen Mängeln behaftet ist. Auf die Behauptung, daß aus (nach den Verfahrensergebnissen) vorliegenden Umständen auch andere, für die Angeklagten günstigere Schlüsse abgeleitet werden könnten und die des Urteils nicht zwingend seien, kann der Nichtigkeitsgrund der Z 5

des § 281 Abs. 1 StPO hingegen nicht gestützt werden. Von einer nur offenbar unzureichenden Urteilsbegründung kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil das Gericht die Erkenntnisquellen für seine im Urteil zum Ausdruck gebrachte Überzeugung angab und den bekämpften Ausspruch denkrichtig und in Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung begründete.

Dem Vorwurf einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung ist entgegenzuhalten, daß das Gericht nach der Vorschrift des Gesetzes (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) die im Urteil als erwiesen angenommenen Tatsachen und die hiefür maßgebenden Erwägungen in gedrängter Form anzugeben hat.

Es ist jedoch nicht verpflichtet, sämtliche Beweisergebnisse im Urteil im Detail zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und sich bei der Würdigung der Beweisergebnisse mit allen (erst im Nichtigkeitsverfahren) vorgebrachten oder auch nur denkbaren Einwänden zu befassen.

So gesehen entsprach das Erstgericht seiner Begründungspflicht auch in diesem Belang, zumal es ohnedies auf viele der in den Mängelrügen relevierten Umstände ausdrücklich, zum Teil sehr ausführlich einging. So befaßte es sich insbesondere mit dem Einwand, die arbeitsteilig erstellten gemeinsamen Preislisten enthielten nicht endgültige Verkaufspreise, sondern nur 'Kalkulationselemente' und seien das Ergebnis der Bearbeitung von Preisanträgen durch die Paritätische Kommission in Fortführung einer jahrzehntealten Liste (vgl. Band II S 459 d.A.). Zum Argument, das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Firmen schließe eine verbindliche Preisabsprache aus, wurde gleichfalls Stellung genommen und ausgeführt, daß sich der eigentliche Konkurrenzkampf nur über Service bzw. bessere persönliche Kontakte abspielen sollte (vgl. Band II, S 459, 474 d. A.). Der Urteilshinweis auf ein Schreiben des Angeklagten A an Herbert K (vgl. Beilagenband 2, S 77 d.A.) gibt im Zusammenhang keinen inneren Widerspruch der Urteilsgründe ab, zumal einerseits das Erstgericht ohnedies die als Absprachekartell gewürdigten Beziehungen zwischen den Firmen F und E als eine Mehrzahl von Preisabsprachen feststellte (s. Bd. II S 456 u. 459 d.A.) und anderseits die Textierung des erwähnten Briefes solcher Annahme nicht entgegensteht.

Nicht unerörtert blieb im Urteil, daß ein Teil der Unterlagen bei der Firma E mit einer Stampiglie 'streng vertraulich, nicht kartellierte Preise' versehen war und auch ein Teil der Fernschreiben des Zeugen L einen entsprechenden Vermerk trug; wenn das Schöffengericht diese Vermerke als nicht ernstgemeinte Deckungshandlungen wertete, die nach seiner Überzeugung gerade zeigen, daß sich die Beteiligten der Rechtswidrigkeit ihrer Handlungen bewußt gewesen seien (vgl. Band II, S 470 f., 473 f. d. A.), so stellt dies einen schlüssigen Akt freier Beweiswürdigung dar. Bei seiner Beweiswürdigung zog das Schöffengericht ferner (mit) in Betracht, daß die getroffenen Preisabsprachen nicht lückenlos eingehalten wurden, verwies jedoch in diesem Zusammenhang auf den Umstand, daß sich die Beteiligten deshalb Vorwürfe machten, was als Indiz für das Vorliegen verbindlicher Preisabsprachen gewertet werden konnte (vgl. Band II, S 474 d.A.). Schließlich trifft nicht zu, daß das Erstgericht das Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft nicht in seine Erwägungen einbezogen hätte; es gelangte jedoch mit Rücksicht darauf, daß es auf Grund der gesamten Verfahrensergebnisse die Verantwortung der Angeklagten als unglaubwürdig ablehnte, zu einem gegenteiligen Ergebnis (vgl. Band II, S 479 d.A.).

Aus all diesen Gründen erweist sich der Ausspruch des Schöffengerichtes, wonach die Angeklagten für die von ihnen vertretenen Firmen Preisabsprachen trafen und in der Folge auch durchführten, welche sie als verbindlich betrachteten und deren Rechtswidrigkeit ihnen voll bewußt war (vgl. Band II, S. 460 d.A.), als formell mängelfrei begründet.

Ein näheres Eingehen auf die weiteren - zum Teil weitwendigen - Beschwerdeausführungen unter dem Gesichtspunkt der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erübrigt sich, weil sich diese Beschwerdepartien im wesentlichen in einem unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die - einer Nachprüfung im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof entrückte - Beweiswürdigung des Schöffengerichtes erschöpfen.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO wenden sich die Beschwerdeführer - im wesentlichen übereinstimmend - gegen die rechtliche Annahme eines Kartells durch Absprache mit der Argumentation, es komme nur darauf an, ob die Unverbindlichkeit in der Preisabsprache in unmißverständlicher Weise ausgedrückt werde, was vorliegend aus den in verschiedenen Schriftstücken enthaltenen Unverbindlichkeitshinweisen hervorgehe; unerheblich sei, ob die Preisabsprachen vom Erfüllungswillen der Beteiligten getragen gewesen seien und ob sich die Partner der Absprachen - auf Grund eines 'geheimen Vorbehaltes' - an die Absprachen halten wollten oder nicht, zumal ihnen die Unverbindlichkeit jedenfalls bewußt gewesen sei.

Hiebei lassen die Beschwerdeführer jedoch außer acht, daß das Erstgericht von gegenteiligen (Tatsachen-)Feststellungen ausging und annahm, daß die Preisabsprachen der beiden beteiligten Firmen nach dem übereinstimmenden Willen der Kontrahenten - ungeachtet gelegentlicher Unverbindlichkeitshinweise auf Geschäftsunterlagen, die ja nicht die Absprachen als solche betrafen - nicht unverbindlich waren und auch nicht sein sollten und die Angeklagten bei der Durchführung dieses Kartells (auch subjektiv) im Bewußtsein der Verbindlichkeit dieser Absprachen handelten. Diesem Teil der Rechtsrügen mangelt es daher schon an der gesetzmäßigen Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Soweit die Angeklagten C und D in ihrer (gemeinsam ausgeführten) Beschwerde überdies ins Treffen führen, das Urteil lasse weder den Inhalt einer registrierungsfähigen Kartellabsprache erkennen noch den Umstand, ob das Gericht den Schuldsprüchen eine generelle Absprache oder verschiedene Kartellabsprachen zugrundelegte, vermögen sie keinen Feststellungsmangel im Sinn der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen: Dem Urteil ist genügend deutlich zu entnehmen, daß das Erstgericht Absprachen zwischen den beiden mehrfach genannten Firmen als erwiesen annahm, die für Aluminiumfolien auf eine (zeitlich unbegrenzte) Beschränkung des Wettbewerbs auf dem österreichischen Markt durch einheitliche Preisgestaltung abzielten und somit hinreichend konkretisiert waren. Dabei kommt es - und auch hierin folgt der Oberste Gerichtshof der Rechtsmeinung der Generalprokuratur -

nicht darauf an, ob die Beteiligten eine generelle Absprache oder jeweils mehrere demselben Zweck dienende, im einheitlichen Fortsetzungszusammenhang stehende Absprachen - ohne vertragliche Bindung - trafen.

Im übrigen übersehen diese Beschwerdeausführungen im gegebenen Zusammenhang den Unterschied zwischen der Kartellabsprache und ihrer Durchführung. Die Durchführung eines (auf einer bestimmten Absprache beruhenden) Kartells im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b KartG kann sich in zahlreichen Einzelhandlungen manifestieren, mit denen die Handelnden die (einheitliche) Kartellvereinbarung in die Tat umsetzen; diese Handlungen stellen insoweit ein fortgesetztes Delikt dar (vgl. Schönherr in JBl. 1969, 304 ff.).

Die auf Grund der Absprachen zwischen den Firmen E und F unternommenen (fortgesetzten) Bemühungen, auch die Preise anderer Geschäftspartner und Konkurrenten zum Zweck der Wettbewerbsbeschränkung zu beeinflussen, konnten deshalb - frei von Rechtsirrtum -

als dem Tatbestand des § 102 Abs. 1 Z 2 KartG entsprechende Akte der Kartelldurchführung gewertet werden (vgl. auch RZ 1968, 93 f.).

Auch in dieser Richtung unterlief dem Erstgericht sohin keine

Nichtigkeit.

Zum Schuldspruchfaktum II:

Soweit sich die Beschwerdeführer in Bekämpfung des Schuldspruches wegen des § 101 Abs. 1 KartG abermals gegen die Annahme eines Kartells im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b KartG und der Benützung dieses Kartells durch die im Urteilsspruch näher bezeichneten Tathandlungen wenden, kann auf die vorstehenden, insoweit auch auf diesen Schuldspruch zutreffenden Darlegungen verwiesen werden.

Im übrigen kommt den Beschwerden jedoch in diesem Umfang - im Ergebnis - Berechtigung zu.

Der Sache nach zu Recht machen die Beschwerdeführer geltend, daß das Erstgericht nicht alle für die Beantwortung der (Rechts-) Frage, ob sie das Kartell in volkswirtschaftlich ungerechtfertiger Weise benützten, erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen habe. Das Erstgericht leitete eine Kartellbenützung in volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Weise insgesamt nur daraus ab, daß die Angeklagten sich aus Zollsenkungen und Umsatzsteuerentlastungen ergebende Preisreduktionen nicht weitergaben, sondern bestrebt waren, das Preisniveau - trotz eines angenommenen hohen 'cash-flow' (dessen Bedeutung allerdings nicht klargestellt wurde) - aufzubauen und zu erhalten bzw. Preiserhöhungen durchzusetzen, die nicht eine Folge des natürlichen Marktgeschehens sind. Zur Lösung des Rechtsproblems der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung enthält aber das Gesetz selbst - was das Erstgericht offenbar übersah - entscheidende Hinweise (vgl. § 24 Abs. 2 KartG):

Die volkswirtschaftliche Rechtfertigung ist jedenfalls nicht gegeben, wenn sich ein Kartell mit dem guten Funktionieren der in dieser Bestimmung bezeichneten zwischenstaatlichen Abmachungen nicht vereinbaren läßt. Ferner ist einerseits in besonderer Weise auf die Interessen der Letztverbraucher, anderseits aber auch auf etwaige schwerwiegende betriebliche Nachteile Bedacht zu nehmen, die den Kartellmitgliedern aus der Verweigerung der Eintragung entstehen könnten. (Auf den Sonderfall einer vertikalen Preisbindung braucht hier nicht eingegangen zu werden.) Zwar wird in dieser Frage grundsätzlich davon auszugehen sein, daß fiskalische Maßnahmen - wie Zollsenkungen oder Steuererleichterungen - jeweils in volkswirtschaftlich gerechtfertigter Weise getroffen werden, weswegen die Nichtweitergabe daraus resultierender Kostenentlastungen an den Letztverbraucher im allgemeinen auch dem Wohl der Gesamtwirtschaft widerstreitet. (Einschlägige gesetzliche Vorschriften sehen daher auch eine entsprechende Entlastung bestimmter Preise vor /vgl. § 2 Preisbestimmungsgesetz 1972 /.) Doch können besondere Umstände im Einzelfall, etwa eine (wirtschaftlich unerwünschte) Gefährdung der betrieblichen Existenz, die Erhaltung des bisherigen Preisniveaus - ausnahmsweise - auch aus volkswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. (Ansatzweise hatten sich auch die Angeklagten, insbesondere Harald A - siehe Band II S. 210 f. d.A. - in dieser Richtung verantwortet.) So gesehen zeigt sich, daß die in erster Instanz getroffenen Feststellungen unter den dargelegten gesetzlich bestimmten Aspekten eine verläßliche Prüfung des Tatbestandserfordernisses, ob das hier vorliegende Kartell in volkswirtschaftlich ungerechtfertigter Weise benützt wurde, nicht zulassen.

Demgemäß erweist sich die bekämpfte Entscheidung mit Feststellungsmängeln im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a bzw. 10 StPO behaftet, die eine Aufhebung der Schuldsprüche wegen des § 101 Abs. 1 KartG und eine Verfahrenserneuerung in diesem Umfang unvermeidlich machen, womit es sich erübrigte, auf die weiteren Beschwerdepunkte noch näher einzugehen.

Mit ihren durch die Aufhebung des erstgerichtlichen Strafausspruches gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Rechtsmittelwerber auf diese Entscheidung zu verweisen.

Somit war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Anmerkung

E02714

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00157.79.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19800627_OGH0002_0110OS00157_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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