TE OGH 1980/7/1 10Os93/80

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Veröffentlicht am 01.07.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführer im selbständigen Verfahren nach § 42 PresseG.

(§ 1 Abs. 3 PornG.) betreffend den Film 'Lesbische Liebesspiele' über die im Namen des Verfallsbeteiligten Gyula Janos A erhobene Beschwerde gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 13. Mai 1980, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 21. März 1980, Gz. 3 Vr 191/180-10, wurde der Film 'Lesbische Liebesspiele' im selbständigen Verfahren nach § 42 PresseG. (§ 1 Abs. 3 PornG.) für verfallen erklärt. Gyula Janos A, an den die Firma 'Beate B' auf Grund einer von ihm aufgegebenen Bestellung drei (in der Folge vom Zollamt Graz beschlagnahmte) Exemplare dieses Films entgeltlich abgesandt hatte, war zur Hauptverhandlung als Verfallsbeteiligter geladen worden; außerdem hatte ihm das Erstgericht dazu und für das anschließende Rechtsmittelverfahren von Amts wegen einen 'Verteidiger nach § 41 Abs. 3

StPO' beigegeben.

Die vom (im Rahmen der Beigebung bestellten) Verteidiger im Namen des A gegen das eingangs bezeichnete Urteil ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit dem angefochtenen Beschluß (unter

Bezugnahme auf RZ. 1979/83 = EvBl. 1980/73

und 12 Os 6/80 = ÖJZ-LSK. 1980/94) gemäß § 285 a Z. 1 StPO

zurückgewiesen, weil der Besteller eines Druckwerks im selbständigen Verfahren nach § 42 PresseG. - ungeachtet seiner auf jene Annahme gestützten (und deshalb verfehlten) Ladung zur Hauptverhandlung in Wahrheit doch - nicht Verfallsbeteiligter und deshalb zur Erhebung des Rechtsmittels nicht legitimiert sei.

Rechtliche Beurteilung

Die (abermals im Namen des genannten Bestellers eingebrachte) Beschwerde des Verteidigers gegen diesen Beschluß, mit der er eine meritorische Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde anstrebt, ist nicht zielführend.

I. Die Rechte eines Verfallsbeteiligten stehen Gyula Janos A allerdings zu. Darüber wurde erwogen:

1. Ist ein Vergehen nach § 1 Abs. 1 PornG. mit Beziehung auf ein Druckwerk verübt worden, dann sind gemäß § 1 Abs. 3 PornG. (i.d.F. d.Art. VIII Abs. 1 StRAnpG.) die für das (durch den Inhalt des Druckwerks begangene) Vergehen nach § 281 StGB - unbeschadet der Frage, inwieweit dieses (an die Stelle des vormaligen § 516 StG. getretene, mit jener Strafbestimmung aber nicht durchwegs idente) Vergehen tatsächlich als Preßinhaltsdelikt (§ 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 PresseG.) begangen werden kann (vgl. EvBl. 1979/163; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 12 zu § 218, Foregger-Serini, StGB2, Anm. I zu § 218) -

geltenden Bestimmungen des Pressegesetzes (unter anderem) über den Verfall und (über) das (Straf-)Verfahren in Preßsachen überhaupt dem Sinne nach anzuwenden. Nach den für alle Preßinhaltsdelikte und insoweit auch für das Vergehen nach § 218

StGB geltenden Bestimmungen des § 42 PresseG. über den Verfall von Druckwerken (und über das bezügliche Verfahren) ist auf diese Sanktion über Antrag des Anklägers dann in einem selbständigen Verfahren zu erkennen, wenn (unter anderem) die Verfolgung einer bestimmten Person (wegen der durch den Inhalt der betreffenden Druckschrift begangenen strafbaren Handlung) nicht durchführbar ist. Sinngemäße Anwendung des § 42

PresseG. (entsprechend § 1 Abs. 3 PornG.) ergibt, daß dessen Bestimmungen auch für den Verfall von Druckwerken wegen des in jenen Begehungsarten verübten Vergehens nach § 1 Abs. 1

PornG. gelten, die nicht (wie nach lit. d und lit. e) durch den Inhalt, sondern nur (wie nach lit. d und lit. e) mit Beziehung auf dieses Druckwerk verwirklicht werden können. Als Druckwerke sind gemäß § 2 Abs. 1 PresseG. (i.d.F. seit GBlÖ 1939/1291) alle zur Verbreitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften oder bildlichen Darstellungen anzusehen, die durch ein Massenvervielfältigungsverfahren hergestellt wurden; dazu gehören, sofern sie zur Verbreitung (§ 3 PresseG.) bestimmt sind, auch Filme (SSt. 25/20, 10 Os 73/73, EvBl. 1979/163 u. a.).

über den Verfallsantrag, demzufolge Verfügungsberechtigte der Versand-Firma, die als ausländische Täter in Österreich nicht vor Gericht gestellt werden können, dadurch, daß sie die eingangs bezeichneten drei Exemplare des (nach seinem Inhalt) als unzüchtig beurteilten, in Rede stehenden Films in gewinnsüchtiger Absicht einführten und anderen anboten, (objektiv) den Tatbestand des § 1 Abs. 1 lit. b und lit. c PornG.

mit Beziehung auf ein Druckwerk verwirklicht haben, war daher in sinngemäßer Anwendung des § 42 PresseG. zu verfahren und zu erkennen.

2. Gemäß § 42 Abs. 2 PresseG. sind im selbständigen Verfallsverfahren die Bestimungen der Strafprozeßordnung und des § 41 Abs. 3 dieses Gesetzes über die Hauptverhandlung, über das auf Grund einer Hauptverhandlung gefällte Urteil und über dessen Anfechtung entsprechend anzuwenden; nach § 41 Abs. 3 PresseG. finden die Bestimmungen des § 40 PresseG.

- über die verfahrensrechtliche Stellung des Herausgebers und des Eigentümers (Unternehmers) einer periodischen Druckschrift sowie des Inhabers einer Druckerei als Haftungsbeteiligte (für Geldstrafen, Geldbußen und Kosten des Strafverfahrens) -, soweit es sich (unter anderem) um den Verfall handelt, bei anderen Druckwerken als periodischen Druckschriften auf den Verleger Anwendung. Damit werden von den am Druckwerk als solchem berechtigten Personen ausschließlich letzterem die (im § 40 PresseG. umschriebenen) Rechte eines Verfallsbeteiligten eingeräumt (SSt. 38/63, 10 Os 73/73 u.a.). Die solcherart statuierte Beschränkung des Kreises der Verfallsbeteiligten ist nämlich im Zusammenhang damit zu sehen, daß nach der (auch für das selbständige Verfahren geltenden) Anordnung des § 41 Abs. 1 PresseG. - wonach auf den Verfall 'des Druckwerkes' zu erkennen ist, der sich aber nur auf die zur Verbreitung bestimmten 'Stücke des Druckwerkes' erstreckt - als Gegenstand des Verfallserkenntnisses nicht die (von der Druckwerks-Definition nach § 2 Abs. 1 PresseG.

seit GBlÖ 1939/1291 erfaßten) Einzelexemplare eines Werkes in Betracht kommen, sondern vielmehr das (der Definition dieses Begriffs nach der vorher in Geltung gestandenen Fassung, die auf die '... vervielfältigten, zur Verbreitung bestimmten ....-werke' abgestellt hatte, entsprechende) jeweilige 'Werk als abstractum' (Kadecka, Preßrecht, S. 20 ff.), das Druckwerk 'als solches' ('an sich'), der 'Film schlechthin' (SSt. 8/153, EvBl. 1973/72, 10 Os 73/73, EvBl. 1979/163 u.a.). Bloß auf die Wahrnehmung von Rechten an diesem Gegenstand des pressegesetzlichen Verfallserkenntnisses, also am eigentlichen (unmittelbar betroffenen) Objekt des Verfallsverfahrens, bezieht sich folgerichtig die im (§ 41 Abs. 3) Pressegesetz lediglich dem Verleger eingeräumte Berechtigung zur Verfahrensbeteiligung als Verfallsbeteiligter.

Bestimmungen über eine Beteiligung der (nach § 41 Abs. 1 PresseG.) vom Verfall nur mittelbar bedrohten, bloß an einzelnen Stücken des betreffenden Druckwerks Berechtigten am Verfahren dagegen bestanden bis zum 1. Jänner 1975, auch in der StPO, nicht. Dementsprechend konnten solche Personen ihr Recht am jeweiligen Exemplar durchwegs nur beim Vollzug des (gegen jedermann vollstreckbaren - vgl. RGSt 77/5) Verfallserkenntnisses (vgl. EvBl. 1972/238) und ausschließlich gestützt auf den Einwand, dieses Stück sei nicht zur Verbreitung bestimmt, - wenn nötig im Zivilrechtsweg - geltend machen.

Mit dem Inkrafttreten des StPAnpG. jedoch wurden auch insoweit die - in Zusammenfassung der vordem in verschiedenen Gesetzen verstreut gewesenen fragmatarischenRegelungen (vgl. Janowsky in ÖJZ. 1953, 230 ff., 263 ff., 291 ff.) erlassenen - generellen Vorschriften der § 443-446 StPO (über das Verfahren beim Verfall und bei der Einziehung) wirksam, die zufolge § 42 Abs. 2 PresseG. neben § 41 Abs. 3 dieses Gesetzes anzuwenden sind, weil sie zu jener (die Verfahrensbeteiligung nur für den Kreis der am Druckwerk als solchem Berechtigten auf den Verleger beschränkenden) Sonderbestimmung nach deren Wortlaut und Sinn nicht im Widerspruch stehen, sondern sie vielmehr ergänzen. Gemäß § 444 Abs. 1 StPO haben demnach (neben dem Verleger als einzigem Verfallsbeteiligten aus dem Kreis der am Druckwerk als sochem Berechtigten - § 41 Abs. 3 PresseG.) nunmehr in Ansehung des Verfalls auch jene Personen die Rechte eines Beschuldigten, die auf (wegen deren Bestimmung zur Verbreitung - § 41 Abs. 1 PresseG.) vom Verfall bedrohte Einzelexemplare ein Recht haben oder geltend machen (wie etwa Buchhändler, Kinounternehmer o.dgl.); nur Berechtigten an nicht zur weiteren Verbreitung bestimmten Stücken eines Druckwerkes ist daher, weil sie (deshalb) vom Verfall nicht betroffen werden und auch kein Recht am Druckwerk als solchem haben, weiterhin ein Recht auf Beteiligung am Verfallsverfahren nicht eingeräumt (vgl. EvBl. 1979/163; noch weitergehendForegger-Serini, StPO2, Anm. II zu § 443; mit Bezug auf die Judikatur vor der Rechtsänderung a.M. Bertel, StPO 216). Die Auffassung, daß auch nach der Ergänzung der StPO durch das StPAngG. im selbständigen Verfahren nach § 42 PresseG. ausschließlich dem Verleger die Stellung eines Verfallsbeteiligten zukomme (RZ. 1979/83, ÖJZ-LSK. 1980/94), kann daher in diesem Sinn nicht uneingeschränkt aufrechterhalten werden.

Im vorliegenden Fall hat Gyula Janos A mit seinem Vorbringen bei der Polizei, daß ihm die drei beschlagnahmten Exemplare des vom Verfallsantrag betroffenen Films (S. 3, 11, 17) auf Grund seiner Bestellung entgeltlich zugesand worden seien (S. 7), der Sache nach das Eigentumsrecht daran geltend gemacht (vgl. § 1053, 429 ABGB.); im Hinblick darauf, daß es sich um mehrere Kopien desselben Films handelt, besteht ungeachtet seiner Behauptung, dieser hätte nur im kleinen Kreis vorgeführt werden sollen, auch der (im Vollzugsverfahren - vgl. § 408 StPO - zu überprüfende) Verdacht, daß sie (in Wahrheit doch) zur Verbreitung bestimmt waren, sodaß sie von Anfang an (gemäß § 41 Abs. 1 PresseG.) vom Verfall bedroht waren. Dementsprechend wurde der genannte Besteller im gegebenen Fall mit Recht zur Hauptverhandlung als Verfallsbeteiligter (§ 444 StPO) geladen. II. Damit ist aber für die Beschwerde im Ergebnis nichts gewonnen. Denn nach § 50 StPO können Personen, die, ohne selbst beschuldigt oder angeklagt zu sein, vom Verfall einer Sache bedroht sind, ihre Rechte selbst vertreten; der in § 41 Abs. 3

StPO (unter anderem) für die Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht in Ansehung des Angeklagten normierte Verteidigerzwang gilt daher für den Verfallsbeteiligten - ungeachtet dessen, daß ihm die (eingeschränkten) Rechte eines Beschuldigten zukommen (§ 444 Abs. 1 StPO, § 40 PresseG.) und unbeschadet der Frage, inwieweit ihm deshalb ein Anspruch auf Beistellung eines Vertreters im Sinn der § 41 Abs.2, 42 StPO zusteht - nicht. Die Beigebung (gleichwie die darauf beruhende Bestellung) eines Verteidigers gemäß § 41 Abs.3 StPO an den Verfallsbeteiligten war folglich durch die Prozeßordnung nicht gedeckt, sodaß dementsprechend - zumal insoweit auch für den Abschluß eines Bevollmächtigungsvertrages (§ 1002 ABGB.) kein Anhaltspunkt vorliegt - ein wirksames prozessuales Vertretungsverhältnis zwischen ihnen nicht entstehen konnte (vgl. hiezu SSt. 32/66, 10 Os 73/73, 13 Os 124/79).

Die Beschwerde ist sohin - mangels einer Zurechenbarkeit der Rechtshandlungen des (rechtsunwirksam bestellten) Verteidigers an den (scheinbar) Vertretenen - von einer Person ergriffen worden, die dazu nicht berechtigt ist, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Anmerkung

E02726

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00093.8.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19800701_OGH0002_0100OS00093_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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