TE OGH 1980/7/10 13Os158/79

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Veröffentlicht am 10.07.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Keller, Dr. Müller, Dr. Walenta und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführers in der Strafsache gegen Wilhelm A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Wilhelm A und Helmut B sowie die Berufung des Angeklagten Theodor C gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 11.Mai 1979, GZ. 20 Vr 3116/77-66, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wilhelm A wird teilweise, derjenigen des Angeklagten Helmut B wird zur Gänze Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, auch gemäß § 290 Abs. 1 StPO.

1. in seinem Ausspruch über einen 100.000 S übersteigenden Wert der von den Angeklagten Wilhelm A und Theodor C gestohlenen und vom Angeklagten Helmut B verhehlten Sachen, 2. in dem Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der Hehlerei und der Abgabenhehlerei durch den Angeklagten Helmut B, 3. in der Unterstellung der von den Angeklagten Wilhelm A und Theodor C verübten Diebstähle unter den § 128 Abs. 2 StGB., 4. in der Unterstellung der vom Angeklagten Helmut

B verübten Hehlerei und Abgabenhehlerei unter den § 164 Abs. 3, zweiter Fall, StGB. und den § 38 Abs. 1

lit. a FinStrG., 5. im Schuldspruch des Angeklagten Helmut B wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG., 6. im Schuldspruch der Angeklagten Wilhelm A, Theodor C und Helmut B wegen des Finanzvergehens nach § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG., 7. im Schuldspruch des Angeklagten Theodor C wegen des Finanzvergehens nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG., 8. in den die drei Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen einschließlich der Aussprüche über die Wertersatzstrafen, 9. in den Aussprüchen über die Anrechnung der Vorhaften aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wilhelm A zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden alle drei Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 14.Dezember 1946 geborene Zollwache-Revisor Wilhelm A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 130, zweiter Deliktsfall, StGB., sowie der Finanzvergehen nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und 44 Abs. 1 lit. a FinStrG., der am 23.Februar 1946 geborene Zollwache-Revisor Theodor C des gleichen Verbrechens sowie des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. und der Finanzvergehen nach den §§ 35 Abs. 1, 37 Abs. 1 lit. a, 44

Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. und der am 27.Juni 1940

geborene Kraftfahrer Helmut B des Verbrechens der gewerbsmäßigen Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3, erster und zweiter Deliktsfall, StGB., sowie der Finanzvergehen nach den §§ 35 Abs. 1, 37 Abs. 1 lit. a, 44

Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. unter Bedachtnahme auf § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig erkannt und zu folgenden Freiheitsstrafen verurteilt:

Wilhelm A 'nach dem zweiten Strafsatz des § 130

StGB. unter Bedacht auf § 28 StGB. (§§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG.)' zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, einer Geldstrafe von 380.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einem Jahr Freiheitsstrafe, sowie zu einer Wertersatzstrafe von 322.720 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe; Theodor C 'nach § 130 StGB., zweiter Strafsatz, unter Bedacht auf § 28 StGB. (§§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG.)' zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, einer Geldstrafe von 180.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, und zu einer Wertersatzstrafe von

158.349 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu acht Monaten Freiheitsstrafe;

Helmut B 'nach § 164 Abs. 3 StGB. unter Bedacht auf § 28 StGB. (§§ 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 FinStrG.)' zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, einer Geldstrafe von 230.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu zehn Monaten Freiheitsstrafe, und zu einer Wertersatzstrafe von 79.520 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu vier Monaten Freiheitsstrafe.

Gemäß § 38 StGB. wurden den Angeklagten folgende Vorhaftzeiten angerechnet:

Wilhelm A vom 24.November 1977, 15 Uhr, bis 16.Dezember 1977, 11 Uhr 40;

Theodor C vom 30.November 1977, 15 Uhr 20, bis 23.Dezember 1977, 9 Uhr 45;

Helmut B vom 30.November 1977, 15 Uhr 15, bis 23.Dezember 1977, 9 Uhr 20.

Den Angeklagten A und C liegen Diebstähle von eingangsabgabepflichtigen Waren bzw. Monopolwaren (Zigaretten) aus dem Zollager der Fa. D & Co.

in Salzburg (Faktengruppen A und C), dem Angeklagten C überdies und dem Angeklagten B die Verhehlung solcher Waren zur Last (Faktengruppen B und D), wobei hinsichtlich des Letztgenannten Gewerbsmäßigkeit angenommen wurde.

Während ein Teilfreispruch der Angeklagten A und C unangefochten in Rechtskraft erwuchs, fechten die Angeklagten A und B die sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden an, die der Erstgenannten auf § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. und der zweitgenannte Nichtigkeitswerber auf die Z. 5 und 10, der Sache nach auch auf die Z. 9 lit. a leg. cit. stützt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A:

Unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsnichtigkeit nach der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. rügt der Angeklagte A die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung eines informierten Vertreters der Firma D & Co. zum Nachweis dafür, daß die zum Nachteil eines amerikanischen Unternehmens oder einer Einzelperson entzogenen Waren (gemeint: die gestohlenen Zigaretten) für Persien bestimmt waren und (ersichtlich gemeint: für den Geschädigten) nur einen Wert von 20 Groschen (pro Zigarette) repräsentierten (S. 582). Dieser Beweisantrag wurde vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen, daß er bei der Beurteilung des Diebstahls unerheblich sei (S. 583).

Durch dieses Zwischenerkenntnis wurde der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten entscheidend beeinträchtigt:

Das Erstgericht ging bei der Bewertung der Zigaretten von einem bei deren Verkauf im Inland zu erzielenden (durchschnittlichen) Preis (von 1,15 S pro Stück) aus (S. 606 und 609). Hiebei vernachlässigte es den in dem Beweisantrag in Übereinstimmung mit den bisherigen Verfahrensergebnissen (S. 13, ferner die Verantwortung des Beschwerdeführers S. 562 und die Aussage E S. 582) relevierten Umstand, daß diese aus dem Zolleigenlager der Firma D & Co. in Salzburg gestohlenen Zigaretten (verschiedener ausländischer Marken) nur eine (aus dem Ausland kommende, unverzollte und im Inland bloß zwischengelagerte) Transitware darstellten, die nicht für den inländischen Markt, sondern vielmehr für den Iran bestimmt war. Mit Recht verweist daher der Beschwerdeführer darauf, daß unter diesen Voraussetzungen - allerdings nur in bezug auf die Schuldsprüche wegen Diebstahls und Hehlerei, nicht auch hinsichtlich der Finanzvergehen - eine Berechnung des Werts der gestohlenen Zigaretten auf der Basis der inländischen Verkaufspreise verfehlt ist.

Der einem Dieb zuzurechnende Wert der gestohlenen Sache (der von seinem - zumindest bedingten - Vorsatz erfaßt sein muß, ohne daß aber eine ziffernmäßig genaue Kenntnis erforderlich wäre) richtet sich nach dem Schaden des Bestohlenen zur Tatzeit. Maßgebend ist die objektive Verminderung in dessen Vermögen, der Sachwert ist darum so zu berechnen, wie er für jedermann in der Lage des Bestohlenen anzunehmen ist. Da hier Handelsware zu bewerten ist, muß der Wertberechnung jener Verkaufspreis unterlegt werden, der bei redlicher Geschäftsgebarung im Durchschnitt erzielt werden kann, vereinzelt mögliche Überoder Unterschreitungen dieses Durchschnittspreises bleiben unberücksichtigt (LSK. 1978/291). Dieser - dem Dieb zuzurechnende - Verkaufspreis (Marktpreis) einer Handelsware errechnet sich aus deren Anschaffungswert, vermehrt um einen entsprechenden Regieanteil (wozu auch die bis zum Zeitpunkt des Diebstahls aufgelaufenen Transportkosten gehören) und eine angemessene Gewinnspanne.

Da das Beweisthema sinngemäß an die dargelegten Grundsätze anknüpft und bei dem zu beweisenden Stückpreis von 20 Groschen pro Zigarette dem Beschwerdeführer nur ein unter der Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB. liegender Betrag zuzurechnen wäre, liegt die Relevanz der begehrten Beweiserhebung auf der Hand. Insoweit war der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben.

Als nicht begründet erweist sich hingegen die Verfahrensrüge des Angeklagten A, soweit er die Abweisung seines Antrags auf Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen rügt (s. S. 584). Durch diesen Sachverständigen sollte - wie nunmehr in der Rechtsmittelschrift klargestellt - eine streßbedingte verminderte Zurechnungsfähigkeit AS zur Tatzeit dargetan werden (vgl. hiezu auch Urteil S. 602 bzw. 609). Dieses Beweisthema ist aber unerheblich, berührt es doch keine entscheidungswesentlichen Tatsachen, wozu nur solche zählen, die entweder für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung sind (§ 281 Abs. 3 StPO.). Eine 'verminderte Zurechnungsfähigkeit' des Angeklagten stellt - wie auch der Beschwerdeführer zutreffend einräumt -

lediglich einen allenfalls bei der Strafbemessung bedeutsamen Umstand dar. In diesem Belang war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO.).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B:

Als berechtigt erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B schon insoweit, als darin formell unter der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gerügt wird, daß er laut Punkt C III des Urteilssatzes eine Straftat, nämlich des (insoweit gemeinsam mit dem Mitangeklagten Theodor C begangenen) Finanzvergehens des Schmuggels in Ansehung von 40.000 (= vier Kartons) Zigaretten (im Zollwert von 32.000 S und mit darauf entfallenden Eingangsabgaben von 57.682 S) schuldig erkannt, gleichzeitig aber mit demselben Urteil in diesem Faktum (allerdings eingeschränkt auf die Tatbeurteilung als Diebstahl) gemäß dem § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen wurde (S. 593 und 597 sowie 608). Da nach den Urteilsfeststellungen eine Mittäterschaft des B zu Punkt C III mangels Erweisbarkeit einer Beteiligung dieses Angeklagten an der (nach den weiteren Urteilsannahmen allein von C ausgeführten) Tat verneint wurde (S. 608), liegt hier in Wahrheit kein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO., vielmehr eine materielle Nichtigkeit, und zwar ein Feststellungsmangel vor (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.). Der erstgerichtliche Schuldspruch des Angeklagten B auch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. erging mithin rechtsirrtümlich.

Mit seinem Hinweis (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.), die von ihm verhehlten Zigaretten seien nicht für Österreich, sondern für das Ausland bestimmt gewesen und im Inland bloß unverzollt zwischengelagert gewesen, wendet sich B im Ergebnis gegen die Wertberechnung bei den von ihm verhehlten Zigaretten auf Grund der im Inland geltenden oder erzielbaren Verkaufspreise und damit gegen die Annahme des § 164 Abs. 3, erster Fall, StGB. Damit releviert er der Sache nach zu Recht eine unrichtige Rechtsauffassung des Erstgerichts. Auch hier gelten die bereits in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A dargelegten Grundsätze für die Wertberechnung bei einer Handelsware, sodaß zur Vermeidung von Wiederholungen auf das dort Gesagte verwiesen werden kann. Im Recht ist der Angeklagte B aber auch mit seiner weiteren, auf Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Rechtsrüge, mit der er dem Ersturteil zumindest dem Sinn nach Feststellungsmängel hinsichtlich der ihm angelasteten Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei (§ 164 Abs. 3, zweiter Fall, StGB.), implicite aber auch betreffend die gewerbsmäßige Verübung des ihm in Tateinheit zur Last fallenden Finanzvergehens der Abgabenhehlerei (§ 38 Abs. 1 lit. a FinStrG.) vorwirft. Die Entscheidungsgründe erschöpfen sich diesbezüglich in dem bloßen Hinweis, daß auch B Gewerbsmäßigkeit zu verantworten habe (S. 602). Dem angefochtenen Urteil sind aber nur in bezug auf die Mitangeklagten A und C die für die Gewerbsmäßigkeit erforderlichen Tatsachenfeststellungen mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen (S. 598), hingegen läßt es bezüglich des Angeklagten B jede Feststellung tatsächlicher Natur, insbesondere betreffend die sowohl nach dem § 164 Abs. 3, zweiter Fall, StGB. als auch nach dem § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. essentielle Tendenz des Täters, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme (einen zumindest für längere Zeit wirksamen Mittelzufluß) zu verschaffen, vermissen. Somit ist auch der Ausspruch über die gewerbsmäßige Begehung der Hehlerei sowie der Abgabenhehlerei durch B (B 2 und D II) gemäß der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. nichtig.

Zur Maßnahme gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO.:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden war gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. von Amts wegen wahrzunehmen, daß im Ersturteil mehrfach zum Nachteil aller Angeklagten das Strafgesetz in einer jeweils einen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund bewirkenden Weise unrichtig angewendet wurde, wobei diese Fehler entweder in den Beschwerden der Angeklagten A und B ungerügt blieben oder, soweit darin Nichtigkeitsgründe aufgezeigt werden, diese auch dem Mitangeklagten

C zustatten kommen.

a) Letzteres gilt für die vom Angeklagten B in seiner Nichtigkeitsbeschwerde unter der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO., aber auch in der Beschwerde des Angeklagten A relevierte Berechnung des Werts der (von A und C gestohlenen und von B verhehlten) Zigaretten. Die im Rahmen der Erledigung dieser Beschwerden zur Wertberechnung von Handelsware angeführten Erwägungen treffen auch auf den Mitangeklagten C zu, soweit diesem ein die Grenze des § 128 Abs. 2

StGB. übersteigender Wert der von ihm gestohlenen Zigaretten zugemessen wird. Diese rechtsirrtümliche Wertberechnung bewirkte auch zum Nachteil des Angeklagten C die Annahme der Qualifikation des § 128 Abs. 2 StGB. (§§ 281 Abs. 1 Z. 10, 290 Abs. 1 StPO.).

b) Nach dem Inhalt der Schuldsprüche wurden die Angeklagten A, C und

B u.a. des Finanzvergehens nach dem § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG., der Angeklagte B überdies des Finanzvergehens nach dem § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig erkannt, wobei aber entgegen der (unter Nichtigkeitsanktion stehenden) Bestimmung des § 260 Abs. 1 Z. 1 StPO. im Urteil eine nähere Bezeichnung der die vorerwähnten Finanzvergehen (nach den §§ 44 Abs. 1 und 46 Abs. 1 FinStrG.) bedingenden Tatumstände unterblieb. Allein dieser, den formellen Nichtigkeitsgrund der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO. darstellende, jedoch ungerügt gebliebene Mangel könnte von Amts wegen nicht aufgegriffen werden. Darüber hinaus fehlen aber im Ersturteil jene Tatsachenfeststellungen, die eine Tatbeurteilung als Finanzvergehen der vorsätzlichen Eingriffe in die (hier allein in Betracht kommenden) Rechte des Tabakmonopols nach dem § 44 Abs. 1 lit. b und c FinStrG. zulassen (sämtliche im § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG. angeführten Fälle betreffen Verletzungen des Branntweinmonopols).

Die bisherigen Verfahrensergebnisse weisen darauf hin, daß A und C vorsätzlich zu ihrem (oder eines anderen) Vorteil die in den Vorschriften über das Tabakmonopol enthaltenen Verbote der Veräußerung von Monopolgegenständen (Zigaretten) und des Handels damit verletzten (§ 44 Abs. 1 lit. b FinStrG.) und darüber hinaus die unter das staatliche Tabakmonopol fallenden Zigaretten (Tabakerzeugnisse), somit Monopolgegenstände, einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider in Tateinheit mit dem Diebstahl und Schmuggel dieser Zigaretten auch einführten (§ 44 Abs. 1 lit. c FinStrG.). In diesem Zusammenhang sei noch bemerkt, daß eine - so wie hier bei den Angeklagten A und C aktuelle - Idealkonkurrenz der Finanzvergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. und der vorsätzlichen Eingriffe in die Rechte des Tabakmonopols nach dem § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG. durchaus möglich ist (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Anmerkung 3 zu § 44 FinStrG.).

Was Helmut B anlangt, ist zwar die angenommene echte Idealkonkurrenz der Abgabenhehlerei (§ 37 Abs. 1 FinStrG.) und der Monopolhehlerei (§ 46 Abs. 1 lit. a FinStrG.) rechtsrichtig (LSK. 1978/351), hingegen findet der Schuldspruch wegen des Finanzvergehens nach dem § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG. weder in den Verfahrensergebnissen noch in den Urteilsfeststellungen Deckung. Anders verhält es sich allerdings bei dem Schuldspruch dieses Angeklagten wegen der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. Wenn auch dieser Schuldspruch im Urteilssatz nicht individualisiert wird (siehe D II), lassen sich doch den Entscheidungsgründen jene Feststellungen entnehmen, die den Schuldspruch des B wegen des (tateinheitlich mit § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG.) verwirklichten Finanzvergehens der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs. 1

lit. a FinStrG. tragen können. Danach hat er nämlich (S. 599) als Hauptabnehmer der Mitangeklagten A und C die von diesen aus dem Zolleigenlager der Firma D & Co. in Salzburg gestohlenen und gleichzeitig geschmuggelten - weil von ihnen vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogenen, eingangsabgabepflichtigen - Zigaretten (Monopolgegenstände: § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG.) durch Ankauf an sich gebracht und weiterverhandelt.

Es fehlen im Ersturteil freilich jene, für das Finanzvergehen nach dem § 44 Abs. 1 lit. b und c FinStrG. notwendigen Feststellungen einer auf die Verschaffung eines Vorteils ausgerichteten Einfuhr und Veräußerung der gestohlenen Zigaretten bzw. eines Handels damit, obgleich auf Grund der Verfahrensergebnisse Konstatierungen in dieser Richtung durchaus möglich gewesen wären. Dieser Feststellungsmangel bewirkt, soweit die Angeklagten A und C des Finanzvergehens nach dem § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG. schuldig erkannt wurden, eine gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. aufzugreifende Urteilsnichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.

c) Die gleichen Erwägungen gelten auch für den Schuldspruch des Angeklagten C wegen des Finanzvergehens der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. (S. 594 und 603); hatte doch der Genannte nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen nur zwei (von einem Vortäter geschmuggelte) Damenblusen und einen (gleichfalls geschmuggelten) Haarfön an sich gebracht, weswegen er der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. (B 1) und der (damit in Idealkonkurrenz verwirklichten) Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. (D I) des Urteilssatzes) schuldig gesprochen wurde. Da es sich bei den vorerwähnten, von ihm verhehlten Sachen um keine Monopolgegenstände (§ 17 Abs. 4 FinStrG.) handelt, kommt insoweit das Finanzvergehen der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. nicht in Betracht.

Die teils in den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten A und BS zutreffend aufgezeigten, teils aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerden gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO. wahrzunehmenden Urteilsnichtigkeiten machen, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, eine Aufhebung des Urteils in der den Angeklagten A, C und B angelasteten Wertqualifikation nach § 128 Abs. 2 StGB. bzw. § 164 Abs. 3, erster Fall, StGB., sowie in der dem Angeklagten B zum Vorwurf gemachten gewerbsmäßigen Begehung der Hehlerei und der Abgabenhehlerei nach § 164 Abs. 3, zweiter Fall, StGB. und § 38 Abs. 1

lit. a FinStrG. sowie im Schuldspruch des Angeklagten B wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1

FinStrG. (C III), ferner in den Schuldsprüchen der Angeklagten A, C und B wegen des Finanzvergehens nach § 44 Abs. 1 lit. a FinStrG., des Angeklagten C zudem wegen des Finanzvergehens nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. erforderlich. Diese teilweise Urteilsaufhebung bedingt auch eine Aufhebung aller die Angeklagten betreffenden Strafaussprüche (Freiheitsstrafen und Geldstrafen) einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaftzeiten.

d) Im Zusammenhang mit den Strafaussprüchen im Ersturteil ist der Oberste Gerichtshof gezwungen, folgendes festzuhalten:

Gemäß § 22 Abs. 1 FinStrG. sind für den Fall, daß jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten Finanzvergehen und strafbare Handlungen anderer Art begangen hat und darüber vom Gericht gleichzeitig erkannt wird, die Strafen für die Finanzvergehen nach Maßgabe des § 21 FinStrG. gesondert von den Strafen für die anderen strafbaren Handlungen zu verhängen. Die im Ersturteil angeführten Geldstrafen wurden offenbar wegen der Finanzvergehen ausgesprochen, obwohl dies im Urteil nicht zum Ausdruck gebracht wird. Aber noch mehr: Nach der für die Strafaussprüche gewählten Formulierung, derzufolge bei A und C die Strafe nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB.

'unter Bedacht auf § 28 StGB. (§§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG.)' und bei B nach § 164 Abs. 3 StGB. 'unter Bedacht auf § 28 StGB. (§§ 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 FinStrG.)' bemessen wurde (S. 595 und 596), bleibt unklar, ob die über die drei Angeklagten jeweils verhängte Freiheitsstrafe nur für die strafbaren Handlungen nach allgemeinem Strafrecht ausgesprochen wurde oder ob darin auch eine nach den §§ 35 Abs. 4, 37 Abs. 2, 38 Abs. 1 FinStrG. in Verbindung mit § 15 FinStrG. zulässige Freiheitsstrafe enthalten ist. Im übrigen liegen bei den Angeklagten A und B, die jeweils nur einen Tatbestand nach allgemeinem Strafrecht (Diebstahl, Hehlerei) zu verantworten haben, die Voraussetzungen des § 28 StGB. nicht vor. Beim Zusammentreffen mehrerer Finanzvergehen ist die Regelung des § 21 FinStrG.

maßgebend.

e) Gemäß den hier zu berücksichtigenden Bestimmungen des § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. und des § 23 Abs. 4 FinStrG.

sind Vorhaften auf die Freiheitsstrafe, auf die Geldstrafe und auf den Wertersatz anzurechnen. Das Ersturteil ist daher in seinem Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaften zunächst insoweit gemäß der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO.

nichtig, als die von A, C und B in Verwahrungs- und Untersuchungshaft zugebrachten Zeiten nur 'in die Strafzeit' eingerechnet wurden. Darüber hinaus ergibt sich die vorerwähnte Nichtigkeit auch aus einer unrichtigen, sich zum Nachteil der Angeklagten auswirkenden Anführung ihrer Vorhaftzeiten im Urteil. Nach der Aktenlage wurde nämlich A bereits am 22.November 1977, 23 Uhr (S. 5, 68), festgenommen und am 16.Dezember 1977 erst um 14 Uhr 15 (S. 279) aus der Haft entlassen. C wurde schon am 29. November 1977, 15 Uhr (S. 89), festgenommen und am 23.Dezember 1977 erst um 10 Uhr 15

(S. 289) auf freien Fuß gesetzt. B wurde bereits am 29.November 1977, 8 Uhr (S. 95), in Haft genommen und daraus erst um 10 Uhr des 23. Dezember 1977 wieder entlassen (S. 291).

f) Schließlich geben auch die verhängten Wertersatzstrafen zu einer Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO. Anlaß, weil das Gericht durch den Ausspruch eines unzulässig hohen Wertersatzes zum Nachteil der Angeklagten seine Strafbefugnis überschritt (Urteilsnichtigkeit gemäß der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO.).

Gemäß § 19 Abs. 4 FinStrG. ist der Wertersatz allen Personen, die als Täter, andere an der Tat Beteiligte oder Hehler (§§ 37 Abs. 1 und 46 Abs. 1 FinStrG.) Finanzvergehen hinsichtlich der dem Verfall unterliegenden Gegenstände begangen haben, unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Strafbemessung (§ 23 FinStrG.) anteilsmäßig aufzuerlegen.

Die Höhe des Wertersatzes bestimmt sich nach dem gemeinen Wert, den die dem Verfall unterliegenden Gegenstände im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten (§ 20 Abs. 3 FinStrG.). Dieser wurde für die Zigaretten zutreffend mit dem inländischen Verkaufspreis angenommen. Da der Wertersatz an die Stelle des nicht realisierbaren Verfalls tritt (§ 19 Abs. 1 und 2 FinStrG.), ergeben sich in jenen Fällen, in denen - so wie hier - mehrere Personen wegen der Verübung von Finanzdelikten verurteilt werden, aber nicht jede von ihnen an allen abgeurteilten Handlungen beteiligt war, für die Bemessung des höchstzulässigen Wertersatzes bei sonstiger Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.) zwei Grenzen:

Einmal darf das Höchstmaß des Wertersatzes, der jedem einzelnen Angeklagten auferlegt wird, nicht den Betrag überschreiten, welcher der Summe aller Wertersätze für jene Finanzvergehen entspricht, an denen er beteiligt war. Zum anderen darf die Gesamtsumme des von allen Angeklagten (für die von ihnen als Haupttäter allein oder im Gesellschaftsverhältnis, als Anstifter, als Gehilfen oder als Hehler begangenen Finanzvergehen) zu leistenden Wertersatzes jenen Betrag nicht übersteigen, der dem gemeinen Wert aller der urteilsmäßig dem Verfall unterliegenden Sachen entspricht. Mit diesen Grundsätzen sind die den Angeklagten A, C und B auferlegten Wertersatzstrafen nicht in Einklang zu bringen (§ 281 Abs. 1 Z. 11 StPO.).

So wurde dem Angeklagten C der Wertersatz für 14.800 Zigaretten (im Gesamtwert von 17.020 S) unter Abzug eines in diesem Zusammenhang dem Mitangeklagten B auferlegten Teilbetrags von 7.020 S, sohin ein Betrag von 10.000 S (ersichtlich in Verbindung mit dem nur den Angeklagten B betreffenden Urteilsfaktum D II 1) auferlegt (S. 609). Hiebei übersah das Erstgericht, daß diese 10.000 S bereits in jenen Wertersätzen enthalten sind, die auf Grund der von C geschmuggelten und zum Teil dem B weiterverkauften Zigaretten (A I 1, A III, A IV und A VIII 1

bzw. C I 1, C III, C IV und C VIII 1) errechnet wurden. Da somit C zweimal zur Zahlung desselben Betrags von 10.000 S als Wertersatz verurteilt wurde, übersteigt der ihm insgesamt als Wertersatz auferlegte Betrag die Summe aller Wertersätze aus jenen Finanzvergehen (Schmuggel und Abgabenhehlerei), die er begangen hat. Aber auch im Verhältnis zwischen A und B wurden Wertersätze doppelt angerechnet. Die den Angeklagten A betreffenden Wertersatzbeträge erfassen sämtliche von ihm geschmuggelten Zigaretten (und darüber hinaus 60 kg Kartoffeln: C I 4); eine anteilsmäßige Aufteilung wurde nur hinsichtlich der gemeinsam mit C geschmuggelten 20.000 Zigaretten im Wert von 23.000 S (A I 1 und C I 1) vorgenommen, demnach A und C insoweit ein Betrag von je 11.500 S als Wertersatz auferlegt (S. 605 und 609). Dennoch wurde B, der von den von A geschmuggelten Zigaretten einen Teil, nämlich 150.000 Stück im Gesamtwert von 172.500 S erworben hatte, hiefür zu einem anteiligen Wertersatz von 72.500 S (S. 606) verurteilt, somit zur Zahlung eines Betrags, der bereits in der dem A insgesamt auferlegten Wertersatzstrafe enthalten ist. Der Hinweis in den die Wertersatzstrafe des Angeklagten B betreffenden Urteilsgründen, wonach der übrige Wertersatz für den verbleibenden Rest der von B über A erworbenen Zigaretten dem letztgenannten Angeklagten angelastet worden sei (S. 606), ist daher unrichtig. Der Vollständigkeit halber sei schließlich noch hinzugefügt, daß der urteilsmäßige Zuspruch von 102 S an die Finanzstrafbehörde gänzlich verfehlt war (siehe die zu § 227 FinStrG. reichhaltig vorhandene veröffentlichte Judikatur).

Aus den dargelegten Gründen war im Sinne der Stellungnahme der Generalprokuratur gemäß dem § 285 e StPO. spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E02687

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00158.79.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19800710_OGH0002_0130OS00158_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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