TE OGH 1980/8/12 10Os97/80

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Veröffentlicht am 12.08.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Bernardini, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mohr als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst A (und einen anderen) wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ernst A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 14. April 1980, GZ. 9 Vr 2542/79-51, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ernst A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung dieses Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten Peter B zu Punkt II/2 im Ausspruch, daß es sich bei den der Maria C gestohlenen Briefmarken, Bundesstempelmarken, KFZ-Stempelmarken, Rauchwaren und Feuerzeuge um eine Menge im Werte von 28.000 bis 29.000 S gehandelt habe, sowie demgemäß auch im Strafausspruch beider Angeklagten (einschließlich des davon abhängigen Ausspruchs gemäß § 38 StGB) aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird dieser Angeklagte auf die obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24. September 1949 geborene (beschäftigungslose) Ernst A und der am 21. August 1948 geborene (ebenfalls beschäftigungslose) Peter B des (in zwei Fällen verübten) Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1

und 2 StGB (Punkt II 1 und 2 des Schuldspruchs) und des Vergehens des Siegelbruchs nach § 272 Abs. 1 StGB (Punkt III), B außerdem (zu Punkt I) noch einer weiteren allein begangenen Straftat (§ 107 Abs. 1 StGB) schuldig erkannt.

Dieser Schuldspruch wird nur vom Angeklagten A und auch von ihm unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO ersichtlich bloß im Punkt II 2 bekämpft. Dort wird ihm ein in Gesellschaft des Peter B als Beteiligtem (teilweise auch durch Aufbrechen von Behältnissen) begangener Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Maria C angelastet, bei welchem nach dem Inhalt des Urteilsspruchs verschiedene Briefmarken, Bundes- und KFZ-Stempelmarken, sowie Rauchwaren und Feuerzeuge im Werte von 28.000 bis 29.000 S erbeutet wurden.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Der Verfahrensrüge, mit welcher der Angeklagte die Abweisung des von seiner Verteidigerin in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrags auf Vernehmung des §BB-Revidenten (am Südbahnhof Wien) Konrad D als Zeugen über 'den Vorgang bei der Ausfolgung der (einen Teil des Diebsguts enthaltenden) Reisetasche' in der Gepäcksaufbewahrung des Wr. Südbahnhofs bekämpft, kann wegen der Unterlassung der Anführung jener konkreten, für die Entscheidung nach Ansicht der Verteidigung bedeutsamen, dem Antrag in der vorliegenden Form jedoch nicht zu entnehmenden Umstände, die durch die Zeugenaussage hätten erwiesen werden sollen, kein Erfolg beschieden sein. Denn das Erstgericht war solcherart überhaupt nicht in der Lage, die Frage nach der Relevanz der begehrten Beweisaufnahme sachdienlich zu beantworten. Allein der ihm vorgelegene Inhalt des Beweisantrages ist aber auch für die Überprüfung des angefochtenen Zwischenerkenntnisses durch den Obersten Gerichtshof beachtlich. Auf die erst in der Nichtigkeitsbeschwerde nachgeholten bezüglichen Erläuterungen kann hingegen nicht Bedacht genommen werden (vgl. auch die bei Mayerhofer/Rieder, StPO, unter Nr. 16 ff zu § 281 Abs. 1 Z 4 StPO zitierten Entscheidungen).

Gegen die Urteilsannahme, die Wiener Polizei habe erstmals durch das vor ihren Beamten seitens des Beschwerdeführers abgelegte Geständnis den Namen seines Komplizen B erfahren, woraufhin die - nach den Urteilsfeststellungen - vom Sachverhalt (zuerst fernmündlich und dann auch noch telegraphisch - gemeint: mittels Fernschreiben (vgl. S 23) - verständigte) Klagenfurter Kriminalpolizei gegen Letzteren Erhebungen durchführte, die zur Ausforschung, Festnahme und einem den Beschwerdeführer belastenden Geständnis des B führten, und gegen die Verwertung des einleitend bezeichneten Umstands als Indiz für die Richtigkeit der (mit der Darstellung des Genannten übereinstimmenden) geständigen polizeilichen Verantwortung des Beschwerdeführers bzw. (dementsprechend umgekehrt) für die Unrichtigkeit des Widerrufs derselben sowie des nunmehrigen Leugnens wendet die Beschwerde, gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO, ein, das erwähnte Fernschreiben enthalte detaillierte Angaben zur Person des B, die ihm gar nicht bekannt gewesen und lediglich durch einen - der Zeugenaussage des Klagenfurter Bezirksinspektors Rudolf E (S 227 f) zuwider - vorher stattgefundenen Kontakt zwischen den Polizeidienststellen der beiden Bundesländer erklärbar seien. Diesen Spekulationen wird jedoch schon durch den vom Beschwerdeführer entweder übersehenen oder aber zumindestens nicht beachteten Bericht auf S 19 der ON 10

der Boden entzogen.

Berechtigt ist die Mängelrüge demgegenüber, wenn sie dem Erstgericht vorwirft, sich nicht damit auseinandergesetzt zu haben, daß die sichergestellten Brief-, Stempel- und KFZ-Stempelmarken mengen- und wertmäßig mit den in der (dem Schuldspruch zugrundeliegenden) Aufstellung der Zeugin Maria C verzeichneten Posten nicht übereinstimmen.

Insoweit mit diesem Vorwurf die Angaben der Zeugin betreffend die Identität der in der erwähnten Tasche (des Beschwerdeführers) vorgefundenen Sachen mit den ihr gestohlenen in Zweifel zu setzen gesucht werden, ist er allerdings nicht zielführend, sondern nur ein unzulässiger Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung, hat doch die Genannte - (S 50) nach ihren Depositionen die bewußte (unter Seite 17/18 erliegende) Aufstellung (über die ihr bei dem fraglichen Diebstahl abhanden gekommenen Waren - im Wert von 29.155,30 S) 'gefühlsmäßig' gemacht, (zumal sie Aufzeichnungen lediglich über den Einkauf der Waren führte, nicht aber auch über deren Verkauf). Wohl aber hätte sich das Schöffengericht (umso mehr und trotz der Bekundungen der Zeugin, bestrebt gewesen zu sein, keine überhöhten Mengen anzuführen) entsprechend dem (wiewohl im Ansatzpunkt durch die bloße Relevierung der 'Schadenshöhe' nicht ganz zutreffenden, so doch) im Ergebnis richtigen weiteren Beschwerdevorbringen mit den tatsächlich bestehenden Diskrepanzen zwischen der betreffenden (auf eine Schätzung hinauslaufenden) Aufstellung (S 17/18) und den tatsächlich sichergestellten Mengen des Diebsgutes (wobei auch diesbezüglich dem Akt unterschiedliche Angaben zu entnehmen sind: im Bericht der Bundespolizeidirektion Klagenfurt S 20 ist davon die Rede, daß bei A nebst mehreren KFZ-Steuermarken und einigen Packungen Zigaretten auch Briefmarken im Werte von 16.825,40 S sichergestellt wurden; das von der Bundespolizeidirektion Wien verfaßte Verzeichnis über die vorläufig beschlagnahmten Gegenstände /S 22, 24 in ON 10/

hinwiederum enthält unter den Positionen 4 bis 46 a nicht nur Briefmarken, sondern auch Stempel- und KFZ-Stempelmarken, deren (Nenn-)Wert zusammen mit 9.227,50 S beziffert wird - siehe hiezu auch ON 28 S 145 und 152; der Angeklagte B schließlich hat hiezu wiederholt (S 38, 219) erklärt, nur Waren im Werte von ca. 18.100 S gestohlen zu haben).

Der vom Beschwerdeführer in diesem Belange gerügten Unvollständigkeit der Urteilsbegründung kommt angesichts dessen entscheidende Bedeutung zu, daß es sich hier bei der Angabe eines bestimmten (Gesamt-)Werts der gestohlenen Brief- und Stempelmarken sowie Rauchwaren und Feuerzeuge nicht um - zu bewertende - bestimmte unvertretbare Gegenstände, sondern um maß- bzw. mengenmäßig bestimmte vertretbare Sachen (Waren) mit festen (Nenn-)Werten bzw. Preisen handelt und der im Urteil angegebene Wert demnach nicht das Ergebnis einer Bewertung im erstbezeichneten Sinn darstellt, sondern vielmehr (im letzteren Sinn) eine - teilbare - Menge der Diebsbeute zum Ausdruck bringt. Das bedeutet, daß den Angeklagten dann, wenn ihnen nur der Diebstahl einer - sei es auch bloß wertmäßig (mit einem geringeren Betrag) ausgedrückten -

minderen Warenmenge (eindeutig) nachgewiesen werden könnte, das Delikt ausschließlich in diesem Ausmaß anzulasten wäre, während in Ansehung der Differenz wegen des Fehlens einer strafbaren Handlung (in dem Umfang) mit einem (formellen Teil-)Freispruch nach § 259 Z 3 StPO vorzugehen und ein dennoch gefällter Schuldspruch mit Nichtigkeit nach der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet wäre (SSt 40/16

u. a., insbesondere die bei Mayerhofer-Rieder zu § 259 StPO unter Nr. 82 und 84 verzeichneten Entscheidungen).

Zusammenfassend war sohin schon bei einer nichtöffentlichen Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A zum Teil (nämlich soweit sie die - mängelfrei beantwortete - Frage seiner Täterschaft - als solche - betrifft) zwar als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO sofort zurückzuweisen, ihr jedoch im übrigen (Frage nach dem Ausmaß des Diebstahls) gemäß § 285 e StPO sogleich Folge zu geben und sowohl in Ansehung des Beschwerdeführers als auch hinsichtlich des Mitangeklagten B, dem dieselben Gründe zustatten kommen, auf denen diese Verfügung zugunsten des Beschwerdeführers beruht, gemäß § 290 Abs. 1

(zweiter Anwendungsfall) StPO spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E02795

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00097.8.0812.000

Dokumentnummer

JJT_19800812_OGH0002_0100OS00097_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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