TE OGH 1980/9/17 11Os98/80

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Veröffentlicht am 17.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 1980

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und eines anderen Deliktes über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 19. Dezember 1979, GZ. 3 a Vr 1265/79-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Horak und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Strasser zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem freisprechenden Teil sowie im den Angeklagten Peter A betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) der am 29.1.1963 geborene Lehrling Peter A des Diebstahls eines Mopeds der Marke 'Zündapp 530- 03' mit der Vormerknummer W 24.487 schuldig erkannt, hingegen von der Anklage des Vergehens der versuchten Täuschung nach den §§ 15, 108 StGB, begangen dadurch, daß er an dem gestohlenen Moped nach Entfernen der Vormerknummer die für sein eigenes Moped der Marke 'KTM' ausgestellte Vormerknummer W 51.513 befestigte und mit dem gestohlenen Fahrzeug zwischen dem 21. Juni 1979 und dem 5. Juli 1979 in Wien und Niederösterreich ausgedehnte Fahrten (auf öffentlichen Verkehrsflächen) unternahm, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Lediglich diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde, welche schon insoweit im wesentlichen berechtigt ist, als sie sich ausdrücklich unter Berufung auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO, der Sache nach nur aus dem ersteren, gegen die rechtliche Annahme des Erstgerichtes wendet, das vom Freispruch erfaßte Tatverhalten des Angeklagten stelle einen untauglichen Versuch dar.

Auszugehen ist davon, daß zu den materiellen Voraussetzungen der Zulassung eines Kraftfahrzeuges insbesondere auch der rechtmäßige Fahrzeugbesitz zählt.

Daher verantwortet derjenige, der, wie gegenständlich der Angeklagte A, ein gestohlenes Kraftfahrzeug, auch wenn es zum Verkehr zugelassen (oder zulassungsfähig) ist, mit einem Kennzeichen (Vormerknummer) eines anderen Fahrzeuges versieht, mag ihm dieses Kennzeichen (die Vormerknummer) auch rechtmäßig zugewiesen und die Haftpflichtversicherung bezahlt worden sein und damit öffentliche Verkehrsflächen benützt, objektiv das Vergehen der (versuchten) Täuschung nach dem § 108 StGB, und zwar zusätzlich zu jener Tat, mit welcher er das gestohlene Fahrzeug erlangte (Diebstahl, Hehlerei). Denn durch die derartige Verwendung eines dem bisherigen Besitzer rechtswidrig entzogenen Kraftfahrzeuges wird rechtmäßiger (Zulassungs-) Besitz an dem entfremdeten Kraftfahrzeug vorgetäuscht und dadurch das konkrete staatliche Recht auf Ausschließung nicht die materiellen Zulassungsvoraussetzungen erfüllenden Kraftfahrzeuge vom öffentlichen Straßenverkehr beeinträchtigt (Leukauf-Steininger2 RN 9 zu § 108 StGB).

Wenn das Erstgericht absolute Untauglichkeit des Versuches einer derartigen Täuschung mit der Begründung annimmt, bei der Kontrolle der Fahrzeugpapiere durch Organe der Straßenaufsicht wäre jederzeit zutage gekommen, daß der Zulassungsschein des Angeklagten für ein Moped der Marke 'KTM', nicht aber für ein solches der Marke 'Zündapp' ausgestellt war, so verkennt es den Begriff des sogenannten untauglichen Versuchs an sich.

Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsmittel zutreffend hervorhebt, kommt es bei Prüfung der Frage der Untauglichkeit des Versuchs im Sinne des § 15 Abs. 3

StGB darauf an, ob die Deliktsvollendung unter keinen Umständen möglich, der Versuch also absolut untauglich war. Ein solcher liegt jedoch nur dann vor, wenn die Verwirklichung des Deliktstypus auf die vorgesehene Art auch bei einer generalisierenden Betrachtung, sohin unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles, sei es wegen Untauglichkeit des Subjektes, Objektes oder der Handlung des Täters, geradezu denkunmöglich ist (Leukauf-Steininger2 RN 28 ff zu § 15 StGB).

Eine solche Denkunmöglichkeit der Deliktsvollendung kann jedoch bei einer auf Täuschung ausgerichteten Handlung, wie sie vorliegend zu beurteilen ist, keineswegs angenommen werden. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes setzt (gelungene) Täuschung in Fällen wie dem gegenständlichen weder eine Anhaltung durch Straßenaufsichtsorgane noch eine Kontrolle der Fahrzeugpapiere voraus.

Da der rechtmäßige Fahrzeugbesitz - wie bereits erwähnt - schon durch die Verwendung des nicht zugehörigen Kennzeichens auf dem entfremdeten Fahrzeug allein vorgegeben wird, gelingt die Täuschung eines Straßenaufsichtsorganes jeweils schon dann, wenn es eine solche Fahrzeugbenützung zwar wahrnimmt, jedoch die mangelnde Übereinstimmung zwischen Fahrzeug und Kennzeichen nicht erkennt und deshalb eine Beanstandung unterläßt (vgl. auch ÖJZ-LSK 1978/246). Zufolge rechtsirriger Bejahung der Voraussetzungen des absolut untauglichen Versuches erweist sich das Ersturteil sohin als mit materieller Nichtigkeit nach der Z 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet und erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen, das ziffernmäßig teils unter der Z 5, teils unter jener der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO, sachlich jedoch nur aus dem letzteren Nichtigkeitsgrund, Feststellungsmängel zur Frage des Vorliegens der materiellen Zulassungsvoraussetzung der Verkehrstüchtigkeit des gestohlenen Mopeds releviert.

Rechtliche Beurteilung

Da das Erstgericht - ausgehend von seiner verfehlten Rechtsansicht - Feststellungen zur inneren Tatseite des Vergehens der Täuschung, nämlich zur Frage des Täuschungsvorsatzes (§ 5 Abs. 1 StGB) und der Schädigungsabsicht (§ 5 Abs. 2 StGB) unterließ, war das angefochtene Urteil, das im übrigen als unangefochten unberührt bleibt, in seinem den Angeklagten A freisprechenden Teil sowie demgemäß in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufzuheben und in diesem Umfang die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Anmerkung

E02765

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00098.8.0917.000

Dokumentnummer

JJT_19800917_OGH0002_0110OS00098_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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