TE OGH 1980/10/23 13Os148/80

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Veröffentlicht am 23.10.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Oktober 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Horst A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Wels als Schöffengerichts vom 3.Juni 1980, GZ. 14 Vr 14/80-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Merey und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und über den Angeklagten unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB. eine Geldstrafe von 150 (einhundertfünfzig) Tagessätzen verhängt.

Der Tagessatz wird mit 50 (fünfzig) Schilling festgesetzt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 75 (fünfundsiebzig) Tagen bestimmt. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 18.Dezember 1947 geborene Landarbeiter Horst A wurde des Verbrechens nach den §§ 127 Abs. 1, 129

Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 22.Oktober 1979 in Bad Goisern eine Flasche Rum im Wert von 50 S dem Armbrustschützenverein Ramsau durch Einbruch und Einsteigen in die Schießstätte dieses Vereins gestohlen hat. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 5 und 9 lit. a (der Sache nach Z. 10) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer die Feststellung des Erstgerichts, die (in einer Höhe von 90 cm vom Boden beginnenden) hölzernen Schließkappen des Schießstandes - durch deren eine er in das Gebäude einstieg - seien jeweils etwa 60 cm hoch, deshalb als aktenwidrig rügt, weil der Zeuge Karl B diese Höhe mit 1 m angegeben habe (S. 41), verkennt er den Begriff der Aktenwidrigkeit, welche nur dann vorliegt, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird. Dies ist aber vorliegend in bezug auf die zitierte Urteilsfeststellung deshalb nicht der Fall, weil dieselbe in der Anzeige ON. 1 (S. 10), welche in der Hauptverhandlung verlesen (S. 44) und vom Erstgericht ausdrücklich mit als Urteilsgrundlage herangezogen wurde (S. 51), volle Deckung findet. Es stand dem Schöffensenat zu, in diesem Punkte im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung den Angaben in der Anzeige und nicht jenen des Zeugen Karl B zu folgen.

Die weiteren Ausführungen zur Mängelrüge, mit denen der Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit seiner vom Erstgericht abgelehnten Verantwortung darzutun versucht, er habe die Schließklappe schon in geöffnetem Zustand vorgefunden, erschöpfen sich vollends im Versuch, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise die freie Beweiswürdigung des Schöffensenates zu bekämpfen. Der Mängelrüge konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Insoweit der Beschwerdeführer in Ausführung seiner Rechtsrüge die Auffassung vertritt, sein festgestelltes Tatverhalten entspreche nicht dem Begriff des 'Einsteigens', kann ihm nicht beigepflichtet werden. Für das 'Einsteigen' ist allein wesentlich, daß hiezu eine nicht zum ordnungsgemäßen Betreten bestimmte Öffnung benützt wird und das Eindringen eine Veränderung der gewöhnlichen Körperhaltung erfordert. Beides trifft aber zu, wenn der Täter einen Schießstand durch eine - nach den Urteilsfeststellungen nicht zum Eintritt, sondern zum Hindurchschießen bestimmte - 'Schließklappe' betritt, wobei er jedenfalls den 90 cm hohen unteren Rand dieser Klappe übersteigen und sich dabei gleichzeitig - da sich bei einer Klappenhöhe von 60 cm deren obere Begrenzung sohin 1,50 m über dem Boden befindet - bücken muß, was durchaus eine Änderung der 'gewöhnlichen' Körperhaltung erfordert. Nur der Vollständigkeit halber sei im übrigen vermerkt, daß der Frage, ob der Angeklagte vorliegend auch 'eingestiegen' im Sinne des § 129 Z. 1 StGB. ist, deshalb gar keine rechtliche Bedeutung zukommt, weil er diese Qualifikation des Diebstahls jedenfalls in der Form des 'Einbrechens' zu verantworten hat.

Mit seinem weiteren Vorbringen, mit dem er auch bestreitet, daß die Art seines Eindringens in die Schießstätte als 'Einbrechen' in der Bedeutung des § 129 Z. 1

StGB. zu werten ist, bringt der Beschwerdeführer nämlich weder den angezogenen, noch einen anderen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, da er von der urteilsfremden Feststellung ausgeht, daß die Schließklappe bei seinem Eintreffen am Tatort bereits offen stand, nicht aber von den Konstatierungen des Schöffensenates, wonach sie von außen nur durch die Anwendung von Gewalt, nämlich durch ein kräftiges Anreißen, zu öffnen ist und vom Angeklagten auch mit Gewalt aufgerissen wurde, wobei beide der inneren Verriegelung dienenden Haken der Klappe ausgerissen wurden (S. 54, 55).

Daß nach den weiteren Feststellungen das Holz, in dem die Haken befestigt waren, bereits brüchig war, so daß er das Aufreißen ohne größere Schwierigkeiten bewerkstelligen konnte (S. 57), vermag an der richtigen rechtlichen Beurteilung der Tatbegehung durch das Erstgericht als Einbruch entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, zumal dieser zum Öffnen der Klappe nach dem Gesagten jedenfalls nicht ganz unerhebliche körperliche Kraft anwenden mußte, womit die Voraussetzungen des 'Einbrechens' im Sinne des § 129 Z. 1 StGB.

erfüllt sind (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 11 zu § 129).

Auch die Rechtsrüge des Angeklagten versagt sohin.

Seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu

verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die über die Rückfallsqualifikation des § 39 StGB. hinausgehenden einschlägigen Vorstrafen (richtig: alle auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen, weil die fakultative Strafbemessungsvorschrift des § 39 StGB. nicht zur Anwendung kam) als erschwerend, hingegen das Geständnis und die Tatsache, daß die gestohlene Sache nur einen geringen Wert aufwies, als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Mit Rücksicht auf den vor allem durch den nahezu unbedeutenden, nur cirka 50 S betragenden Wert des Diebsgutes indizierten geringen Unrechtsgehalt der Tat, auf den auch das Erstgericht im Rahmen seiner Erwägungen zur Strafbemessung zutreffend hinwies (siehe S. 59), und das Geständnis des Angeklagten bejaht der Oberste Gerichtshof die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 1 StGB. Im vorliegenden Fall ist nämlich der - insbesondere wegen der Vorstrafenbelastung notwendige - spezialpräventive Effekt der Strafe durch Verhängung einer für den in bescheidenen Vermögensverhältnissen lebenden Angeklagten deutlich fühlbaren Geldstrafe zu erzielen, worauf der Berufungswerber übrigens selbst hinweist. Die Verhängung einer entsprechenden Geldstrafe trägt auch den generalpräventiven Belangen Rechnung.

Auf der Basis der dargelegten Strafzumessungsgründe, des erörterten Unrechtsgehalts der Tat und unter Würdigung der (zu Eigentumsdelikten neigenden) Persönlichkeit des Angeklagten hält der Oberste Gerichtshof unter Berücksichtigung der allgemeinen, für die Strafzumessung geltenden Vorschriften des § 32 StGB. eine mit 150 Tagessätzen ausgemessene Geldstrafe für gerecht.

Im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten, der gemeinsam mit seiner berufstätigen Ehefrau für zwei Kinder zu sorgen hat und als Arbeiter im landwirtschaftlichen Betrieb einer Tante monatlich

3.500 bis 4.000 S netto verdient, erscheint ein Tagessatz von 50 S angemessen (§ 19 Abs. 2 StGB.).

Die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe beruht auf der Bestimmung des § 19 Abs. 3 StGB.

Anmerkung

E02844

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00148.8.1023.000

Dokumentnummer

JJT_19801023_OGH0002_0130OS00148_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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