TE OGH 1980/12/16 9Os102/80

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Veröffentlicht am 16.12.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A und andere wegen des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 1 StGB über die vom Angeklagten Herbert B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Mai 1979, GZ. 3 d Vr 9063/78-38, erhobene Nichtigeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Franz A, Herbert B und Edmund C nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Verlesung der Berufung der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Herbert B, Dr. Reinisch sowie des Verteidigers des Angeklagten Franz A, Dr. Zaufal, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert B wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Herbert B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 8. August 1955 geborene Hilfsarbeiter Franz A, der am 20. September 1956 geborene Schlosser Herbert B und der am 23. Juli 1954 geborene Schlosser Edmund C des Vergehens des Raufhandels nach dem § 91 (Abs. 1) StGB schuldig erkannt, weil sie am 21.5.1978 in Wien an einer Schlägerei teilnahmen, durch welche eine schwere Körperverletzung des Ferdinand D, nämlich eine Schädelprellung, eine Gehirnerschütterung und ein Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit, verursacht wurde.

Gegen den Schuldspruch wendet sich allein der Angeklagte Herbert B mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Einzuräumen ist dem Beschwerdeführer, daß sich das Erstgericht in den Entscheidungsgründen mit der Aussage des Zeugen Ferdinand D vor dem Untersuchungsrichter, es hätten nur zwei Männer auf ihn eingeschlagen, unter denen sich der Angeklagte Herbert B nicht befand (ON 10, S 61 a), nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat. Deshalb kann allerdings nicht mit Recht gesagt werden, daß das Gericht diese Angaben mit Stillschweigen übergangen habe. Es wurde nämlich diese in der Hauptverhandlung nicht aufrechterhaltene (S 154 d. A) Aussage des Zeugen D, wie sich aus der Anführung seines Namens im Urteil unter den gewürdigten Beweismitteln zweifelsfrei ergibt, in den Kreis der Erwägungen des Schöffengerichtes miteinbezogen, auf sie dann allerdings - ersichtlich wegen der ihr anhaftenden Unsicherheiten - keinerlei Feststellungen über die Täterschaft des Angeklagten B gestützt, sondern dieser Ausspruch des Gerichtes auf die als glaubwürdig bezeichneten Angaben des Angeklagten Franz A gegründet, der den Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung der Mitwirkung an der Mißhandlung des Ferdinand D bezichtigt hat (S 173 d. A).

Das gleiche trifft dem Sinne nach auch bezüglich der Angabe der Zeugin Gabriele D in der Hauptverhandlung zu, sie könne jetzt nicht mehr sagen, ob B oder Edmund C jener Mann war, den sie damals (gemeint bei der im Rudolfsspital durchgeführten Konfrontierung mit zwei Personen) als (einen der) Täter erkannt habe (S 24, 154, 155 d. A). Diesbezüglich hat nämlich die genannte Zeugin auf ihre Angaben im Vorverfahren verwiesen (S 24, 155 d.A), sodaß insofern ein erörterungsbedürftiger Widerspruch in ihren Angaben überhaupt nicht bestand.

Unzutreffend ist letztlich aber auch die Behauptung des Beschwerdeführers, das Gericht habe keine Gründe dafür angeführt, warum es der ihn belastenden Verantwortung des Angeklagten Franz A in der Hauptverhandlung Glauben schenkte und nicht dessen ihn entlastenden Darstellung im Vorveen; denn es wird dazu in den Entscheidungsgründen ausdrücklich ausgeführt, das Schöffengericht folge den Angaben des Angeklagten A in der Hauptverhandlung, weil diese mit den Depositionen des Edmund C vor der Polizei (richtig:

Gendarmerie; S 71 d.A), der Michaela E vor Gericht (S 157 d.A) und der Tatsache der unmittelbar nach der Tat erfolgten Identifizierung des Angeklagten durch Gabriele D (S 24 d.A) in Einklang stehen (S 173 d.A).

Wohl aber ist das Urteil mit einem vom Beschwerdeführer nicht gerügten Widerspruch in Ansehung der vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen über den Tathergang behaftet, dem für die Beurteilung der Rechtsfrage - den Beschwerdeausführungen zuwider - jedoch keine Relevanz zukommt. Im angefochtenen Urteil wurde nämlich zunächst festgestellt (S 171), daß der Beschwerdeführer (als Zweiter) in die vorerst zwischen dem Angeklagten A und dem Zeugen D entstandene tätliche Auseinandersetzung eingriff, indem er D einen Faustschlag gegen den Kopf versetzte und sodann (als Dritter) der Angeklagte Edmund C dem - zu diesem Zeitpunkt bereits am Boden liegenden - D einen Fußtritt gegen den Kopf gab (so wird das Tatgeschehen auch von der Zeugin E geschildert S 157), in weiterer Folge (S 173) findet sich dann jedoch die dieser Urteilsannahme widersprechende Urteilsaussage, bzw. Feststellung daß das Gericht keine Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Erstangeklagten Franz A habe, nach der der Beschwerdeführer dem Ferdinand D einen Fußtritt gegen den Kopf versetzt hatte, nachdem dieser gestürzt war. Diese Ungereimtheit des Urteils ist, wie sich bei einem Vergleich der erstgerichtlichen Feststellungen auf S 171 (Absätze 1 bis 4) mit jener Verantwortung des Angeklagten A in der Hauptverhandlung, die das Erstgericht ausdrücklich als Grundlage hiefür heranzog (siehe dazu S 146, vorletzter und letzter Absatz sowie S 147, erster Absatz), klar und eindeutig ergibt, auf eine Vertauschung der Namen des Zweitund des Drittangeklagten an dieser Stelle des Urteils zurückzuführen und es wollte das Erstgericht ersichtlich seine Feststellungen in der dann auch auf S 173 vorgenommenen Weise treffen - nämlich in dem Sinne, daß der Beschwerdeführer als letzter eingegriffen und dem am Boden liegenden Ferdinand D noch einen Fußtritt gegen den Kopf versetzt hat, annsonsten hätte es sich ausdrücklich mit der Zeugenaussage E befassen müssen. Diesem Widerspruch (im Feststellungsbereich) kommt jedoch aus später noch zu erörternden Gründen keine Bedeutung zu.

In seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge vermeint der Beschwerdeführer, das Tatbild des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 1 StGB in der Begehungsform der 'Schlägerei' könne nur jemand verwirklichen, der sich an einer bereits zwischen einer Person und zwei Personen im Gange befindlichen Schlägerei (auf Seiten der letzteren, also dort als Dritter) beteiligt. Da er aber schon als Zweiter auf Seite des A eingegriffen habe - hier stützt sich der Beschwerdeführer auf die oben erwähnte irrige Textierung der Urteilsgründe - habe er an keiner Schlägerei im Sinne des § 91 StGB teilgenommen. In diesen Ausführungen wird der normative Begriff der 'Schlägerei' verkannt, welcher (bloß) voraussetzt, daß es zu einer tätlichen Auseinandersetzung von mindestens drei Personen (insgesamt) kommt, wobei von beiden Parteien Tätlichkeiten gesetzt werden (vgl. Leukauf-Steininger2 RN 5 und 6 zu § 91, S 624). Sobald daher eine weitere Person in einen zunächst zwischen zwei Personen entstandenen Raufhandel auf Seite eines der Kontrahenten tätlich eingreift, ist aus dieser Auseinandersetzung eine 'Schlägerei' im Sinne des § 91 StGB geworden, an der jeder der nunmehr Raufenden - wie auch jeder dann außerdem noch hinzukommende Raufer - tätlich 'teilnimmt'. Dies hat aber vorliegend der Beschwerdeführer nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls getan, wobei dem Umstand, ob er sich als Zweiter oder als Dritter dem Angeklagten A bei dessen wechselseitigen Tätlichkeiten mit dem Zeugen D in ebenfalls tätlicher Weise anschloß, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt, und auch nicht maßgeblich ist, welcher Art seine Tätlichkeiten waren (und ob sie die Ursache oder Mitursache für die Herbeiführung der für die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Täter vorausgesetzten schweren Körperverletzung eines anderen darstellen).

Auch die Rechtsrüge vermag keinen dem Erstgericht unterlaufenen Rechtsirrtum aufzuzeigen.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Herbert B war demnach zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 91 StGB unter Anwendung des § 37 StGB zu Geldstrafen, und zwar Franz A zu sechzig Tagessätzen a S 150,-- und Herbert B sowie Edmund C zu je 120 Tagessätzen, deren Höhe es mit S 100,-- bestimmte.

Es nahm bei der Ausmessung dieser Strafen die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und bei A und C das Teilgeständnis hingegen als mildernd an. Bei Herbert B erachtete es keinen Milderungsgrund für gegeben.

In seiner Berufung strebt der Angeklagte B eine Herabsetzung der Anzahl und der Höhe der Tagessätze an;

die Staatsanwaltschaft dagegen begehrt die Verhängung von Freiheitsstrafen, in eventu die Erhöhung der über die Angeklagten A, B und C verhängten Geldstrafen, und zwar sowohl in Ansehung der Anzahl als auch der Höhe der Tagessätze.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe durchaus zutreffend festgestellt und auch richtig gewürdigt. Einer Anwendung des § 37 StGB bedurfte es allerdings mit Rücksicht auf die Strafdrohung des § 91 StGB, der ohnedies auch die Verhängung von Geldstrafen vorsieht, nicht. Die vom Erstgericht ausgesprochenen Geldstrafen entsprechen insbesondere mit Rücksicht darauf, daß seit der Straftat nun doch schon eine längere Zeit verstrichen ist, während der sich die Angeklagten nach dem Inhalt der zum Gerichtstag beigeschafften Strafregisterauskünfte offenbar wohlverhalten haben, gerade noch dem Verschulden und den Einkommensverhältnissen der Täter sowie dem Unrechtsgehalt der Tat, sodaß nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine Änderung der Strafen - sowohl der Art als auch der Anzahl und Höhe der Tagessätze nach - nicht erforderlich war. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02946

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00102.8.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19801216_OGH0002_0090OS00102_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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