TE OGH 1981/2/24 9Os18/81

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Veröffentlicht am 24.02.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ludwig A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2

StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ludwig A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. November 1980, GZ. 5 d Vr 828/80-42, den Beschluß gefaßt und zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich gegen Punkt 1 des erstgerichtlichen Urteils richtet, zurückgewiesen.

2.) Der Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich gegen Punkt 2 des erstgerichtlichen Urteils richtet, Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in diesem Punkt des Schuldspruchs und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

3.) Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

4.) Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7. Jänner 1949 geborene Kellner Ludwig A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Personen durch Täuschung über Tatsachen zur Ausfolgung von Schmuck, sohin zu Handlungen verleitete, welche die Getäuschten an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 5.000 S überstieg, und zwar

1. Mitte Dezember 1979 den Lorenz B durch die Vorspiegelung, er werde erpreßt und benötige dringend kurzfristig Bargeld, zur Ausfolgung von Schmuckgegenständen im Gesamtwert von 6.500 S, wobei er vorgab, die Schmuckstücke nach ihrem Verpfänden im Dorotheum in Kürze wieder auszulösen, 2. im November 1979 die Renate C durch die Vorspiegelung, er übernehme ihre Schmuckstücke zur Reinigung und werde sie darnach wieder rückstellen, zur Ausfolgung von Schmuckstücken im Gesamtwert von 5.300 S.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Z 5 und 9 lit. c des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie seine Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur teilweise Berechtigung zu. In seiner gegen Punkt 1 des erstgerichtlichen Schuldspruchs (Faktum B) gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde, die insoweit der Sache nach allein den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht, bringt der Beschwerdeführer vor, das Erstgericht habe sich mit Widersprüchen in den Aussagen des als glaubwürdig erkannten Zeugen B nicht auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang aktenwidrige Feststellungen getroffen.

Dies trifft jedoch nicht zu. Ausdrücklich wurde vom Erstgericht darauf Bezug genommen, daß die Aussagen des Zeugen B in den entscheidungswesentlichen Punkten widerspruchsfrei waren (S 156 d.A) und demnach keineswegs verkannt oder übergangen, daß in entscheidungsunwesentlichen Punkten geringfügige Abweichungen vorkamen. Eine solche unwesentliche Differenz ist die Frage, ob der Angeklagte dem Zeugen die Rückgabe der Schmuckstücke für den nächsten Tag oder noch für den gleichen Tag zusagte; die Behauptung der Zusage einer Rückgabe der Schmuckstücke erst nach einer Woche ist in einer Vernehmung des Zeugen überhaupt nicht enthalten, sondern nur in der Anzeige 'sinngemäß' festgehalten (S 12 d.A). Angesichts der Verantwortung des Angeklagten, wonach ihm die Schmuckstücke von B zur Abdeckung einer alten Forderung gegen B übergeben worden seien - was der Zeuge entschieden verneinte - stellt der vom Angeklagten vorgespiegelte Termin der Rückgabe ein unwesentliches Detail dar, sodaß geringfügige Abweichungen in Bezug auf dieses Detail nicht erörtert werden mußten.

Die erstgerichtliche Feststellung, daß der Angeklagte in der Folge für den Zeugen B unauffindbar gewesen wäre, ist - entgegen der Beschwerdebehauptung - keineswegs aktenwidrig, hatte doch der Zeuge, der in der Hauptverhandlung wohl bekundet hatte, bei einigen vorgeblichen Auslöseversuchen mit dem Angeklagten zusammengetroffen zu sein (S 141 d.A), des weiteren in der Hauptverhandlung auch ausdrücklich angegeben, daß der Angeklagte (darnach) plötzlich verschwand und nichts mehr von sich hören ließ (S 139 d. A); zusätzlich ergibt sich aus den Akten, daß es eines Vorpaßhaltens der beiden Geschädigten und einer polizeilichen Intervention bedurfte, um eine Verbindung mit dem Angeklagten wiederherzustellen (S 16 d.A).

Es stellt auch keinen Widerspruch dar, wenn der Zeuge B im Zuge seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung einerseits bekundete, der Angeklagte habe ihm erklärt, nicht das für den Schmuck bekommen zu haben, was er sich vorgestellt habe (S 140 d.A) und anderseits aussagte, der erste Verpfändungsversuch sei nach der Behauptung des Angeklagten ergebnislos geblieben (S 139 d.A), denn aus dem Gesamtinhalt der Aussage ergibt sich eindeutig, daß diese beiden von der Beschwerde aus ihrem Zusammenhang gelösten Passagen verschiedene Zeitpunkte betreffen.

Soweit die Beschwerde schließlich bezweifelt, daß der 'sehr gute persönliche Eindruck', den der Zeuge B hinterlassen habe, beim 'gesamten Senat' und nicht nur beim Verfasser der schriftlichen Urteilsausfertigung entstanden sei, handelt es sich um eine durch nichts gedeckte Spekulation.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher, soweit sie sich auf den Punkt 1 des erstgerichtlichen Schuldspruches bezieht, sofort bei der nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Gegen den Schuldspruch zu Punkt 2 des erstgerichtlichen Urteils wendet sich die Beschwerde - der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. c des § 281 Abs. 1

StPO geltend machend - mit der Behauptung, das Erstgericht habe sich mit der Frage einer Lebensgemeinschaft zwischen der Zeugin C und dem Angeklagten nicht auseinandergesetzt und hiezu keine Feststellungen getroffen.

Die Beschwerde ist insoweit im Recht.

Der Angeklagte hatte in seiner Verantwortung behauptet, er sei mit der Zeugin C verlobt gewesen, eine Eheschließung sei geplant gewesen, er habe mit ihr gemeinsam Urlaubsreisen unternommen und habe bereits auch bei ihr gewohnt (S 23 und 136/137 d.A). Die Tatsache einer Verlobung, einer in Aussicht genommenen Eheschließung und gemeinsamer Reisen ins Ausland wird auch von der Zeugin C bestätigt (S 11, 13, 142 d.A), wenngleich sie das Zusammentreffen als eher sporadisch (S 13 d.A) bezeichnet und erklärt, der Angeklagte habe nicht bei ihr gewohnt (S 143 d.A); wohl aber spricht sie von wiederholten Nächtigungen des Angeklagten in ihrer Wohnung (S 14 d.A).

Angesichts dieser Bekundungen wäre das Erstgericht gehalten gewesen, im Hinblick auf die Bestimmung des § 166

StGB Feststellungen darüber zu treffen, ob zwischen der Zeugin C und dem Angeklagten zur Tatzeit eine Lebensgemeinschaft in der Bedeutung des § 72 Abs. 2 StGB bestand, d.h. eine auf Dauer ausgerichtete, ihrem Wesen nach der Beziehung miteinander verheirateter Personen gleichkommende Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft (siehe Leukauf-Steininger2, RN 15 zu § 72 StGB), wobei von einer echten Lebensgemeinschaft gewiß dann nicht gesprochen werden könnte, wenn sie von einem Partner dem anderen lediglich zur Erreichung krimineller Ziele vorgetäuscht wird.

Da das Erstgericht zur Frage einer - hier nicht gänzlich außerhalb des Bereiches des möglichen liegenden - Lebensgemeinschaft überhaupt keine Feststellungen traf, war der Oberste Gerichtshof genötigt, der Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Punkt 2 des erstgerichtlichen Schuldspruches richtet, sofort bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben, das erstgerichtliche Urteil in diesem Umfang aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, weil sich zeigte, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285 e StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die - notwendigerweise

auch den Strafausspruch umfassende -

Aufhebung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten

Gesetzesstelle.

Oberster Geichtshof, Wien, am 24. Februar 1981.

Anmerkung

E03011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00018.81.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19810224_OGH0002_0090OS00018_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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