TE OGH 1981/2/24 9Os104/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1981
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Februar 1981

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ljuba A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 3 sowie 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. Jänner 1980, GZ 1 b Vr 5292/ 79-28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wegrostek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Juni 1935 geborene Taxilenker Ljuba A A/ des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 3 in Verbindung mit § 15 StGB, B/ des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, C/ des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB und D/ des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien zu A/ I/ am 10. März 1979 Dr. Barbara B 1. durch die Äußerung, wenn sie ihn verlasse oder den Abbruch ihrer Schwangerschaft vornehmen lasse, müsse sie und ihre ganze Familie mit der montenegrinischen Blutrache rechnen, sie möge sich auf die Blutrache seiner Brüder vorbereiten, es werde ein zweites Sarajevo, diesmal aber in Wien geben, sie werde ihr ganzes Leben keine Ruhe vor ihm haben und er werde sie gesellschaftlich ruinieren, denn er werde die von ihr angefertigten Aktfotos und Aufzeichnungen aus ihrem in seinem Besitz befindlichen Tagebuch verbreiten und an alle Bekannten verschicken, sohin durch Drohung mit dem Tod und mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung, zur Fortsetzung des Intimverhältnisses mit ihm und zur Unterlassung des Schwangerschaftsabbruches zu nötigen versuchte, 2. durch die Drohung, er werde sie sonst nicht aus der Wohnung lassen und sie werde nicht mehr zu ihren Eltern kommen, zur Niederschrift und Unterfertigung einer Erklärung, wonach sie sich verpflichte, ihm ihr Kind nach der Niederkunft zu übergeben, ohne irgendwelche Forderungen zu stellen, sohin zu einer Handlung nötigte, die besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzte, II/ zwischen 11. und 15. März 1979 Dr. Markus B durch die auf einem automatischen Telefonanrufbeantworter festgehaltene Äußerung, er werde ihn und seine Frau (richtig: Familie) umbringen lassen, sohin durch Drohung mit dem Tod, zur Abstandnahme von der Einwirkung auf seine Tochter Dr. Barbara B, daß sie den Abbruch ihrer Schwangerschaft vornehmen lasse, zu nötigen versuchte, zu B/ am 31. März 1979 Dr. Markus B durch die Äußerung, die in seinem Besitz befindlichen Aktfotos von Dr. Barbara B seien ihm 150.000 S wert, weil die Zeitschrift 'G' ihm dafür diesen Betrag geboten habe, außerdem werde er die Fotos und das Tagebuch der Dr. Barbara B fotokopieren und gerichtlich beglaubigen lassen und innerhalb einer Woche an maßgebliche Persönlichkeiten übergeben, mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, zu C/ am 10. April 1979 Dr. Barbara B durch die Drohung, wenn sie mit ihm nicht einen Geschlechtsverkehr durchführe, werde er die in seinem Besitz befindlichen Aktfotos ihrem früheren Ausbildungsrichter Hofrat Dr. Konrad C zeigen, zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versuchte, und zu D/ ebenfalls am 10. April 1979 Dr. Barbara B durch die Äußerung, sie werde ihm nicht entkommen, gegebenenfalls werde er in den Untergrund gehen, um sie und ihre ganze Familie zu vernichten, gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Dieses Urteil ficht der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit a und b sowie (10 oder) 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafauspsruch mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unberechtigt.

Mit dem erstbezeichneten Nichigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung von Zeugen, nämlich a) des Facharztes für Frauenheilkunde Dr. Otto D darüber, daß Dr. Barbara B im selben Zeitraum (insbesondere im Dezember 1978) sowohl mit dem Angeklagten als auch mit Dr. Rudolf E Geschlechtsverkehr hatte, b) des Dr. Rudolf E zum gleichen Beweisthema, und c) des Angestellten der -

H, Dr. I darüber, daß Dr. Barbara B Anfang März 1979 für ihren Vater eine Million Schilling auf ein überbringersparbuch mit Losungswort einlegte und Wertpapiere in Millionenhöhe erwarb.

Der zu a) genannte Arzt war zwar zur Hauptverhandlung als Zeuge erschienen, es unterblieb jedoch - nachdem Dr. Barbara B erklärt hatte, ihn von seiner ärztlichen Schweigepflicht nicht zu entbinden - seine vom Verteidiger dennoch ausdrücklich begehrte Einvernahme vorerst ohne diesbezügliche Beschlußfassung des Schöffensenates (S 204).

Nach Durchführung des (weiteren) Beweisverfahrens beschloß der Gerichtshof alle (vom Verteidiger noch) gestellten Beweisanträge abzulehnen, weil daraus für das eigentliche Beweisthema, nämlich die (unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten inkriminierten) Drohungen des Angeklagten, nichts zu gewinnen sei (S 260). Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, daß

- wegen des Nichtbestehens eines entsprechenden strafprozessualen Entschlagungsrechtes - die Vernehmung des (Fach-)Arztes Dr. Otto D als Zeuge - auch ohne Entbindung von seiner Verschwiegenheitspflicht seitens seiner Patientin Dr. Barbara B - an sich zulässig gewesen wäre (EvBl 1980/82 = ÖJZ-LSK 1980/47). Dessen ungeachtet war aber die Unterlassung der beantragten Beweisaufnahmen - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht geeignet, Verteidigungsrechte zu beeinträchtigen. Daß den damit unter Beweis gestellten Tatsachen unmittelbar irgendwelche rechtliche Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Straffalles zukomme, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht; er meint vielmehr, durch die angestrebte Widerlegung bestimmter Angaben der Zeugin Dr. Barbara B zu den betreffenden Umständen hätte die Glaubwürdigkeit und Beweiskraft ihrer Aussage schlechthin, somit (auch) in (anderen) entscheidungsrelevanten Punkten erschüttert werden können. Dabei übersieht er aber, daß vorliegend für den Schuldspruch ohne Bedeutung ist, ob der Zeugin Dr. B ganz oder nur teilweise Glauben geschenkt werden könne, weil das Gericht die Unglaubwürdigkeit der Einlassung des Angeklagten schon aus den dieser anhaftenden Widersprüchen und Ungereimtheiten abgeleitet (siehe dazu die Seiten 288-290) und die Angaben der Dr. B bloß illustrativ und nur insoweit berücksichtigt hat, als sie mit den Aussagen der Zeugen Dr. J und Dr. K übereinstimmen (S 291, 292 d. A). Im übrigen gab das Erstgericht durch seinen Hinweis auf eine 'situationsgemäße Aussage' der Zeugin Dr. Barbara B (S 291 d. A) ohnedies zu erkennen, daß es diese Zeugin - ebenso wie ihre Angehörige in Randgebiete betreffenden Fragen nicht unbedingt voll verläßlich halte, womit es auch diesen Umstand, den der Angeklagte durch die von ihm angebotenen Zeugen unter Beweis stellen wollte, in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezog. So gesehen wurden durch die Ablehnung der begehrten Beweisaufnahmen keine Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Strafverfolgung und die Verteidigung (gleicherweise) sichernden Verfahrens geboten ist; der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO ist demnach nicht gegeben (KH 3424 ua).

Der zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5

StPO erhobene Vorwurf mangelhafter Begründung der Urteilsannahmen kann von vornherein nur soweit Berücksichtigung finden, als er sich nicht in einer globalen Polemik allgemeiner Natur oder in einer bloßen Kritik am Begründungsstil erschöpft, sondern bestimmte Aussprüche des Urteils über entscheidende Tatsachen bekämpft und in bezug darauf diejenigen konkreten Umstände bezeichnet werden, durch die einer der in der zitierten Gesetzesstelle angeführten formellen Begründungsmängel nach Meinung des Beschwerdeführers verwirklicht wird.

Davon ausgehend ist zum konkretisierten Beschwerdevorbringen im einzelnen folgendes zu sagen:

Die gerügte Verwendung des Wortes 'zweifellos' im Zusammenhang mit der Annahme des Schöffengerichtes, daß die Initiative zur Führung des (nachmals bei den inkriminierten Nötigungen eine Rolle spielenden) Tagebuches durch Dr. Barbara B über ihre intimen Beziehungen zum Angeklagten auf dessen (und nicht auf ihre) Initiative zurückging, soll nicht etwa die fehlende Angabe von Gründen für diese (im übrigen nur Illustrationscharakter tragende) Annahme ersetzen; vielmehr kommt dadurch im Anschluß an die in den Urteilsgründen zuvor dargelegte Erwägung des Gerichtes bloß dessen (einen Zweifel ausschließenden) überzeugung von der Richtigkeit der betreffenden Annahme zum Ausdruck.

Aktenwidrig ist die Behauptung eines inneren Widerspruchs des Urteils in Ansehung des den Fakten A/I/1 und II/ zugrundeliegenden Nötigungszieles, (ua) den von Dr. Barbara B beabsichtigten Abbruch ihrer Schwangerschaft zu verhindern. In der zur Dartuung eines solchen Widerspruchs herangezogenen Stelle der Urteilsbegründung (S 293) weist das Erstgericht lediglich darauf hin, daß es dem Angeklagten nicht nur um das Unterbleiben eines Schwangerschaftsabbruches zu tun gewesen sein konnte, zumal er auch nach dem Abbruch fortfuhr, Angehörige der Familie B zu bedrohen. Das Fehlen von Erörterungen darüber, daß einerseits der Angeklagte seine für Dr. Markus B bestimmten telefonischen Äußerungen - Urteilsfaktum A/II - anscheinend auf die Gefahr hin machte, daß sie von dem automatischen Anrufbeantworter festgehalten werden, und daß Dr. B andererseits diese als Beweismittel doch bedeutsame Tonaufnahme (nach schriftlicher Aufzeichnung ihres wesentlichen Inhalts) löschte, bedeutet keinen Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 StPO. Denn nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO hat das Gericht die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen und ist nicht verpflichtet, sich bei der Würdigung der Beweisergebnisse mit allen denkbaren - erst in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfenen - Gesichtspunkten von vornherein auseinanderzusetzen, zumal im vorliegenden Fall der Zeuge Dr. Markus B ohnedies erklärte, daß die (automatische) Löschung durch Wiederverwendung des Tonbandes in seinem aus beruflichen Gründen betriebenen Anrufbeantworter erfolgte. Soweit im Ergebnis die Beweiskraft der Aussage des Zeugen Dr. Markus B bezweifelt wird, begibt sich die Beschwerde auf das ihr verwehrte Gebiet der Beweiswürdigung und ist somit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Für seine Behauptung, die vom Schöffengericht zu Punkt B/ des Schuldspruches als erwiesen angenommene Bedrohung des Dr. Markus B mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung (durch entsprechende Verbreitung der Nacktfotos und intimen Tagebuchaufzeichnungen seiner Tochter) sei ohne ein vom Täter damit über das Versetzen des solcherart Bedrohten in Furcht und Unruhe hinaus verfolgtes (erpresserisches) Ziel 'unverständlich', führt der Beschwerdeführer keine Gründe an. Daß die betreffenden Annahmen des Erstgerichtes der inneren Wahrscheinlichkeit entbehren und deshalb unzureichend begründet seien, kann jedenfalls nach Lage des Falles nicht gesagt werden.

Zu Punkt C/ des Schuldspruchs stellte das Schöffengericht eine denkfolgerichtige und kein medizinisches Fachwissen voraussetzende, sondern durchaus auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhende Erwägung an, wenn es die Behauptung des Angeklagten, Dr. Barbara B habe am 10. April 1979, also nicht ganz einen Monat nach dem Abbruch ihrer Schwangerschaft, einen Beischlaf mit ihm gewünscht, vorweg in den Bereich der Unglaubwürdigkeit verwies (S 290). Die dagegen ankämpfenden Beschwerdeausführungen richten sich wieder, ohne daß damit ein formeller Begründungsmangel des Urteils dargetan würde, nur in unzulässiger Weise (nach Art einer Schuldberufung) gegen die freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er beim Obersten Gerichtshof Bedenken im Sinne des § 362 StPO gegen die Richtigkeit der dem angefochtenen Urteil zugrundegelegten Tatsachen zu erwecken sucht, erweist sich im Hinblick auf § 362 Abs 3 StPO als unstatthaft. Der Oberste Gerichtshof fand im übrigen keine - geschweige denn erhebliche - Bedenken an der Beweiswürdigung des Erstgerichtes.

Die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und (10 oder) 11 - der Sache nach Z 10 - des § 281 Abs 1 StPO relevierend, behauptet der Angeklagte das Vorliegen von Feststellungsmängeln hinsichtlich aller ihm angelasteten (Grund-) Tatbestände, zumindest aber (bei den entsprechenden Fakten der /schweren/ Nötigung und gefährlichen Drohung) bezüglich der Annahme strafsatzerhöhender Umstände. Insoweit der Beschwerdeführer dabei, wie seine betreffenden Ausführungen (deutlich) zeigen, nicht den ganzen im Urteil (ausführlich) festgestellten Sachverhalt mit den darauf angewendeten Gesetzen vergleicht und anzugeben unterläßt, welche (im Urteil nicht ohnehin enthaltenen) Konstatierungen seiner Ansicht nach noch erforderlich gewesen wären, bringt er die bezogenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgründe nicht zu gesetzmäßiger Darstellung.

Dies gilt für die unsubstantiierte Behauptung, es seien weder die objektiven noch die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Nötigung bzw gefährlichen Drohung festgestellt, ebenso wie für den (in Wahrheit nur gegen die Beweiswürdigung des Schöffensenates gerichteten und demnach unbeachtlichen) Einwand, es sei angesichts des bestandenen (nach den Urteilsfeststellungen in Wahrheit aber bereits beendet gewesenen) Intimverhältnisses zwischen dem Angeklagten und Dr. Barbara B lebensfremd, eine (vom Angeklagten versuchte) Nötigung der Genannten zum Beischlaf anzunehmen.

Argumentationsbezogener sachlicher Behandlung zugängliche Rechtsrügen aus der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO bringt der Beschwerdeführer gegen die Annahme strafsatzerhöhender Umstände lediglich bei den Urteilsfakten A/I/1

und 2 (§ 106 Abs 1 Z 1 und 3) vor; diese Einwände sind jedoch nicht stichhältig.

Der zum Faktum A/I/1 als erwiesen angenommenen Drohung des Angeklagten mit 'montenegrinischer Blutrache', vergleichbar mit einem 'zweiten Sarajevo', maß das Schöffengericht ersichtlich - damit eine Feststellung tatsächlicher Art treffend (Mayerhofer-Rieder, StPO, § 281 Nr. 47) - den Sinngehalt einer Drohung mit dem Tod bei, die als solche vom Tätervorsatz des Angeklagten umfaßt war. Daß die Drohung objektiv geeignet war, bei Dr. Barbara B gerade in dieser Richtung begründete Besorgnis zu erwecken, unterliegt im Zusammenhang mit den vom Erstgericht festgestellten Begleitumständen keinem Zweifel. Der Qualifikationsgrund des § 106 Abs 1 Z 1 StGB wurde daher beim Nötigungsfaktum A/I/1 wegen der hier gebrauchten Drohung mit dem Tod - abgesehen von der damit einhergegangenen (rechtlich gleichwertigen) Drohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung - zu Recht angenommen.

Als qualifiziertes Nötigungsziel im Sinne des § 106 Abs 1 Z 3 StGB beurteilte das Erstgericht vorliegend nur die Dr. Barbara B abgenötigte schriftliche Erklärung, daß sie sich verpflichte, ihr (ungeborenes) Kind nach der Niederkunft dem Angeklagten zu übergeben, ohne irgendwelche Forderungen an ihn zu stellen (Faktum A/I/2). Gegen die zutreffende Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Genötigte hiedurch zu einer Handlung veranlaßt wurde, die besonders wichtige (familiäre) Interessen ihrer Person verletzte, vermag der Beschwerdeführer kein (überzeugendes) Argument vorzubringen. Mangels entsprechender erstrichterlicher Subsumtion des Versuchs, Dr. Barbara B zur Fortsetzung des Intimverhältnisses und zur Unterlassung des Schwangerschaftsabbruchs zu nötigen, erübrigt sich eine Stellungnahme zu den insoweit ins Leere gehenden weiteren Ausführungen in diesem Teil der Beschwerde. Der Sache nach zu den Urteilsfakten A/I/1 und A/II reklamiert der Beschwerdeführer schließlich - aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO - den in § 105 Abs 2 StGB normierten (besonderen) Rechtfertigungsgrund, weil er eine (nach seiner Vorstellung) illegale Abtreibung der Leibesfrucht durch die in diesem Entschluß seitens ihrer Familienangehörigen bestärkte Dr. Barbara B habe verhindern wollen. Er übersieht bei diesem Einwand, daß der von ihm beanspruchte Rechtfertigungsgrund nicht bloß auf die (positive) Wertung des angestrebten Zweckes, sondern darauf abgestellt ist, ob die Anwendung der (Gewalt oder) Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet. Eine Drohung mit Mord, wie sie hier nach den Urteilsannahmen vorlag, kann aber niemals als sittlich erlaubtes Mittel zur Durchsetzung selbst eines berechtigten Anspruchs gelten (SSt 48/20 = ÖJZ-LSK 1977/159). Gleiches gilt für die Drohung mit der Vernichtung der gesellschaftlichen Stellung durch Verbreitung von Aktphotos und Details aus dem Intimleben einer Frau. Da sich somit die Nichtigkeitsbeschwerde in allen Punkten als verfehlt erweist, war sie zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 106 Abs 1 StGB, unter Anwendung des § 28 Abs 1

StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Bei der Bemessung der Strafe wertete es als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, die Wiederholungen der Drohungen und Nötigungen sowie die besondere Intensität des Vorgehens des Angeklagten, als mildernd hingegen, daß es teilweise beim Versuch blieb, sowie den untadeligen Wandel.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe, die Gewährung bedingter Strafnachsicht, allenfalls die 'Umwandlung' in eine Geldstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht stellte die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig fest. Die in der Berufung ins Treffen geführten Umstände, nämlich die bisherige Unbescholtenheit und die Tatsache, daß die Taten teilweise beim Versuch blieben, wurden im Urteil ohnehin gebührend berücksichtigt. Daß dem Angeklagten im Zusammenhang mit den Nötigungen 'keinerlei finanzielle Interessen nachgewiesen werden konnten', ist kein Milderungsgrund, weil er bei einem solchen Nachweis wegen des

- strenger zu bestrafenden - Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144, 145 Abs 1 Z 1 StGB zu bestrafen gewesen wäre. Daß er versuchte, eine Abtreibung zu verhindern, tritt angesichts der auch nach der Abtreibung wiederholten Nötigung und gefährlichen Drohung in den Hintergrund.

Die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe entspricht dem Verschulden des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt der Taten. Das Gewicht der vom Angeklagten verübten strafbaren Handlungen ist schwer. Mit Rücksicht darauf und den Umstand, daß der Angeklagte bereits Schritte unternahm, die in Aussicht gestellte Vernichtung der gesellschaftlichen Existenz der Dr. Barbara B in die Tat umzusetzen, kommt die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nicht in Betracht. Eine 'Umwandlung' der schuld- und tatangemessenen Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe kommt wegen des gefundenen Strafmaßes nicht in Frage (§ 37 StGB). Der Berufung des Angeklagten war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03053

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00104.8.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19810224_OGH0002_0090OS00104_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten