TE OGH 1981/2/25 11Os7/81

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Veröffentlicht am 25.02.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Februar 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführers in der Strafsache gegen Hans Günther A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB. über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 1.Dezember 1980, GZ. 8 d Vr 3.902/80-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schrammel und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen das Strafausmaß richtet, nicht Folge gegeben; im übrigen wird ihr dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe gemäß dem § 43 Abs 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.November 1945 geborene Autoverkäufer Hans Günther A des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, erster Fall, StGB. schuldig erkannt, weil er sich im September 1979 in Wien und anderen Orten ein ihm anvertrautes Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich einen ihm von Günther B zwecks Leistung einer Anzahlung beim Ankauf eines PKWs. (für B) übergebenen Inhaberscheck über 7.000 S mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er den Scheck einlöste und den Scheckbetrag vereinbarungswidrig für eigene Zwecke verbrauchte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung. Eine in der Rechtsmittelschrift ausgeführte (unzulässige) 'Berufung wegen Schuld' wurde im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet.

Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs 1

StPO. macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte durch die Abweisung des von der Verteidigung gestellten Antrages (ON. 30 a in Verbindung mit 149 unten d.A.) auf Ladung und Vernehmung der Angestellten der F-Automobile Ges.m.b.H. in Frankfurt am Main, Walter C und Reinhart D durch das Erstgericht geltend (S. 150 d.A.).

Die Verfahrensrüge versagt jedoch. Abgesehen davon, daß dem im Verfahren erster Instanz gestellten Beweisantrag (S. 149 i.V.m. S. 139 a verso d.A.) ein bestimmtes Beweisthema gar nicht zu entnehmen ist, wird in dem den Beweisantrag abweisenden Beschluß des Erstgerichtes (S. 150 d.A.) und im angefochtenen Urteil zutreffend darauf hingewiesen (S. 162/163 d.A.), daß die beantragten Zeugen unter Zugrundelegung der Erklärungen des Angeklagten in der Hauptverhandlung (S. 147/148 d.A.) nur über die (einseitigen) telefonischen Vorschläge des Angeklagten hätten Auskunft geben können, nicht aber über den Inhalt der Stellungnahme und der Erklärungen hiezu seitens seines (Wiener) Gesprächspartners bei der Firma E, sodaß die vom Beschwerdeführer verlangte Beweisaufnahme unter den gegebenen Umständen von vornherein nicht geeignet war, das vom Antragsteller offenbar gewünschte Ergebnis zu erbringen, nämlich die Erweisung der Richtigkeit seiner Verantwortung, daß die von Günther B geleistete Anzahlung bei der Firma E für ein anderes dieser Firma vom Angeklagten zu vermittelndes Auto stehen bleiben sollte (was Herbert und Hildegard E als Zeugen stets bestritten /S. 29, 66, 92; 119/120;

144/145 d.A. /). Das Erstgericht konnte daher den Beweisantrag ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Angeklagten und ohne gegen das Verbot vorgreifender Beweiswürdigung zu verstoßen, abweisen (vgl. ÖJZ-LSK 1979/82).

Unbegründet ist auch die aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. erhobene Mängelrüge:

Die damit - als 'aktenwidrig' - bekämpfte Urteilsannahme (S. 154 d. A.), daß der Angeklagte seit etwa Sommer 1979 keiner geregelten Arbeit nachging, sondern seinen Lebensunterhalt durch Gefälligkeitsarbeiten bestritt, findet nämlich in der eigenen Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei (S. 25 /vgl. auch S. 104 / d.A.) ihre auch durch den Inhalt der vom Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde bezogenen Bestätigung (Beilage 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll ON. 31) nicht in Frage gestellte - aktenkonforme - Deckung, und betrifft im übrigen keinen entscheidenden Umstand. Letzteres gilt auch für die im Urteil nicht näher dargestellten Modalitäten des 'der gegenständlichen Vermittlungstätigkeit des Angeklagten vorgelagerten Geschäftes, welches zur vollsten Zufriedenheit des Günther B, unter Einschaltung der Firma E, verlief' (S. 156 d.A.), weshalb es auch keiner eingehenderen Erörterung (vgl. S. 161 d.A.) der von den Zeugen Herbert und Hildegard E gemachten (zum Teil divergierenden) Angaben, betreffend den Ankauf eines seinerzeit vom Angeklagten vermittelten VW Golf für die Frau des Zeugen B, bedurfte (S. 117, 119; 143 ff.d.A.).

Entscheidungswesentlich und damit begründungspflichtig im Sinn des § 270 Abs 2 Z. 5 StPO. war vielmehr bei der vorliegend zu beurteilenden Vorgangsweise des Angeklagten beim Versuch der Beschaffung eines gebrauchten PKWs. der Marke BMW 1602 für Günther B und die damit im Zusammenhang stehenden Zahlungs- und Verrechnungsmodalitäten, ob die Firma E in dieses Vermittlungsgeschäft eingeschaltet war, was das Erstgericht indes, gestützt auf die für glaubwürdig befundenen Zeugenaussagen des Günther B (S. 114 ff. d.A.), des Herbert E (S. 117 ff. d.A.) und der Hildegard E (S. 143 ff. d.A.), unter eingehend begründeter (S. 157 ff.; 164/165 d.A.) Ablehnung der gegenteiligen (zum Teil wechselnden und widersprüchlichen) Verantwortung des Angeklagten ausschloß. Diese Annahme wurde vom Erstgericht mit dem Hinweis auf die erstbezeichneten Beweismittel mängelfrei begründet. Bei seiner ausführlichen Argumentation gibt das Erstgericht die verwerteten Beweise aktengetreu wieder und übergeht keine wesentlichen Verfahrensergebnisse; sie ist in sich folgerichtig und entspricht den Denkgesetzen und, auch unter Berücksichtigung der u. a. durch einschlägige Vorstrafen gekennzeichneten Persönlichkeit und der ungünstigen finanziellen Situation des Angeklagten (S. 9 d. A.;

vgl. auch S. 160/161 d.A.), den allgemeinen Lebenserfahrungen. Das Erstgericht war hiebei nicht verpflichtet, sämtliche Verfahrensergebnisse im Detail zu erörtern und sich mit allen möglichen, zum Teil erst nachträglich vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Gesichtspunkten zu befassen. Der Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. berechtigt auch nicht, vom Schöffengericht denkfolgerichtig gezogene Schlüsse tatsächlicher Art mit dem Beweismaterial in Vergleich zu setzen, wie dies die Beschwerde tut. Insgesamt laufen daher die Ausführungen der Mängelrüge im Ergebnis bloß auf eine unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus. Dem Urteil anhaftende Begründungsmängel im Sinn des bezogenen Nichtigkeitsgrundes vermag sie hingegen nicht aufzuzeigen. Insbesondere versagt auch der in der Mängelrüge abschließend erneut erhobene Vorwurf der 'Aktenwidrigkeit', weil der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, daß im gegebenen Zusammenhang der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde im Urteil unrichtig wiedergegeben wurde. Im übrigen ist die vom Beschwerdeführer hier bezogene Urteilspassage (S. 163 unten d.A.), wonach 'der Angeklagte von B nach Deutschland geschickt worden war, (um) für ihn ein bestimmtes Auto zu besorgen', im gegebenen Zusammenhang und unter Zugrundelegung der eigenen Verantwortung des Angeklagten (S. 105 d. A.) dahin zu verstehen, daß sich der Angeklagte bereit erklärte, für Günther B in Deutschland einen preisgünstigen BMW 1602 aufzutreiben, was er bei seinem anschließenden Aufenthalt in der BRD auch versuchte (S. 154/155 d.A.).

Mit seiner Rechtsrüge sucht der Angeklagte darzutun, daß das Erstgericht ihm zu Unrecht den Vorsatz unterstellt habe, sich durch die Zueignung des Anzahlungsbetrages von 7.000 S unrechtmäßig zu bereichern.

Auch mit den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwänden ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:

Soweit er urteilsfremd davon ausgeht, den Anzahlungsbetrag im Interesse seiner Auftraggeber verwendet zu haben, wobei für ihn Günther B und Herbert E 'gleichsam ident' gewesen seien und er im guten Glauben sowie in der Hoffnung auf ein zukünftiges Geschäft mit E gehandelt habe, entbehrt die Rechtsrüge, die ein Festhalten am Urteilssachverhalt erfordert, einer gesetzmäßigen Ausführung; denn gerade diese vom Beschwerdeführer bei seiner Argumentation vorausgesetzten Umstände wurden vom Erstgericht - mit mängelfreier Begründung - nicht angenommen. Damit versagt aber auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf ihm zustehende allfällige Forderungen aus künftigen Autoverkaufs-Vermittlungsgeschäften, weil ihm nach den Urteilskonstatierungen derartige Forderungen keinesfalls gegenüber Günther B - seinem alleinigen Auftraggeber und Geschäftspartner bei der Verkaufsvermittlung eines BMW 1602 - zustanden, womit es schon am Kompensationserfordernis des gegenseitigen Zusammentreffens von Forderungen mangelt (§ 1438 ABGB.). Von einem vom Beschwerdeführer angestrebten Ausschluß seines Bereicherungsvorsatzes unter dem Gesichtspunkt kompensabler Gegenforderungen (EvBl 1980/182) kann mithin bei dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt keine Rede sein.

Gleichfalls urteilsfremd, und daher im Rahmen der erhobenen Rechtsrüge unbeachtlich, ist auch die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe den Anzahlungsbetrag von 7.000 S kurz nach seiner (am 21.Mai 1980 /S. 43 d.A. / vorgenommenen) Verhaftung zurückbezahlt (vgl. demgegenüber S. 156 oben; 86 und 116 d.A.), wobei im übrigen der - späte - Zeitpunkt dieses ins Treffen geführten Gelderlages Rückschlüsse auf einen dem Angeklagten schon zur Tatzeit (September 1979) zur Verfügung gestandenen 'präsenten Deckungsfonds' entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht zuließe.

Das Vorhandensein eines solchen unter Umständen den Bereicherungsvorsatz (oder das Unrechtsbewußtsein) ausschließenden Deckungsfonds (vgl. Kienapfel, BT. II RN. 86 ff.

zu § 133 StGB.; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 25 zu § 133; vgl. auch erneut EvBl 1980/182) leitet der Beschwerdeführer in (nunmehr im wesentlichen gesetzmäßiger) Ausführung seiner Rechtsrüge daraus ab, daß er zur Tatzeit neben dem für Günther B zu vermittelnden PKW. auch noch für andere Auftraggeber Fahrzeuge zu vermitteln gehabt habe (S. 154 d.A.), welche Auftraggeber dem Angeklagten ihrerseits entsprechende Anzahlungen übergeben hätten, welche (insgesamt beträchtlichen) Geldbeträge ihn ohne weiteres in die Lage versetzt hätten, einen Betrag von (nur) 7.000 S jederzeit zurückzuzahlen.

Diesen Ausführungen ist jedoch entgegenzuhalten, daß Voraussetzung für die Berücksichtigung eines (präsenten) Deckungsfonds als vorsatz- bzw. schuldausschließenden Umstand bei der Tatbeurteilung unter dem Gesichtspunkt einer Veruntreuung nach dem § 133 StGB. u.a. ist, daß der Täter über derartige Ersatzmittel jederzeit und frei (unabhängig vom Willen und der Zustimmung Dritter, legal) verfügen kann - und zur Schadensdeckung auch sogleich verwenden will (SSt 46/14) -, was aber auf die vom Angeklagten bezogenen Anzahlungen, die ihm aus anderweitigen Autovermittlungsgeschäften - ersichtlich gleichfalls zweckgewidmet (vgl. S. 148/149 d.A.) - zugekommen sein mögen, nicht zutrifft (vgl. Kienapfel a.a.O., RN. 90 und 91); ganz abgesehen davon, daß der Erlag der 7.000 S seitens eines Dritten erst Monate später stattfand (S. 116 unten d.A.). Auch die Hoffnung auf allfälligen künftigen Gewinn aus anderen Geschäften bildet keinen präsenten Deckungsfonds.

Der mithin zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, als mildernd die Schadensgutmachung. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht lehnte es unter Hinweis auf den zweiten Satz des § 43 Abs 1 StGB. ab. Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an. Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Milderungsumstände, die nicht bereits vom Erstgericht berücksichtigt worden wären, vermag sie nicht aufzuzeigen.

Sorgepflichten, auf die sie in diesem Zusammenhang verweist, sind bei der Bemessung einer Freiheitsstrafe nicht zu berücksichtigen (ÖJZ-LSK 1975/118 u.a.). Auch die Notwendigkeit zur Rückzahlung von Schulden bildet keinen mildernden Umstand. Die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe erscheint - nicht zuletzt wegen des in einschlägiger Richtung getrübten Vorlebens des Angeklagten - dem Verschulden des Täters angepaßt und steht durchaus noch in Relation zur Tatschuld.

Der Oberste Gerichtshof ist jedoch - entgegen der Auffassung des Erstgerichtes - der Meinung, daß im vorliegenden Fall (noch) mit einer bedingten Strafnachsicht vorgegangen werden kann. Zwar sind die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllt, doch zeigt schon das Ausmaß der bisher verhängten Strafen, daß sich der Angeklagte nur im Bereich kleinerer Kriminalität bewegte. Die Vorverurteilungen wegen Betrugs und wegen Veruntreuung liegen nun doch schon mehrere Jahre zurück, nur der Vollzug der - kurzen - Freiheitsstrafen fand zum Teil erst relativ spät statt. Das Vorleben ist somit noch nicht in solchem Maß belastet, daß eine bedingte Strafnachsicht aus dieser Sicht ausgeschlossen wäre. Vorliegend ist der Unrechtsgehalt der Tat zudem nicht allzu hoch zu veranschlagen, der Schaden wurde zur Gänze gutgemacht und der Angeklagte verbrachte einen spürbaren Zeitraum in Untersuchungshaft. In der Zusammenschau aller dieser Umstände erscheint die (neuerliche) Gewährung bedingter Strafnachsicht gerade noch einmal vertretbar, ohne daß dadurch spezial- oder generalpräventive Belange verletzt würden.

In diesem Umfang war somit der Berufung des Angeklagten Erfolg beschieden.

Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.

Anmerkung

E03070

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00007.81.0225.000

Dokumentnummer

JJT_19810225_OGH0002_0110OS00007_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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