TE OGH 1981/3/10 9Os17/81

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Veröffentlicht am 10.03.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 1981

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführers in der Strafsache gegen Heinz A und einen anderen wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 4, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten Peter B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Wr. Neustadt vom 23. September 1980, GZ 12 b Vr 1493/

79-56, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Breuer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß dem Angeklagten Peter B die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wird; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Peter B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 9. August 1961 geborene beschäftigungslose Heinz A und der am 19. April 1960 geborene Hilfsarbeiter Peter B auf Grund des - im übrigen teilweise (bezüglich seines die Anklage wegen Verbrechens des versuchten schweren Raubes betreffenden Teiles) gemäß § 334 StPO ausgesetzten - Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129

Z 1 und 4, 15 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG (Punkt II des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Während das Urteil in Ansehung des Angeklagten Heinz A unangefochten geblieben ist, bekämpft der Angeklagte Peter B es mit einer ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Darin macht der Beschwerdeführer geltend, es sei unter Verletzung der Vorschriften der §§ 312 bis 317 StPO die ihn betreffende Hauptfrage V/ zu 1) b) und c) ebenso wie die den Angeklagten A betreffende korrespondierende Hauptfrage XII/ zu 1) b) und c) darauf abgestellt worden, daß bei Begehung der ihm und A zur Last gelegten Einbruchsdiebstähle zum Nachteil des Fridolin C am 26. März 1980 in Spittal am Semmering und der Monika D am 28. März 1980 in Puchberg am Schneeberg der abgesondert verfolgte Mittäter Kurt E mit seinem und des Heinz A Wissen eine Waffe mit sich geführt habe, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern; dies, obwohl hinsichtlich beider Angeklagten gesonderte Hauptfragen gestellt worden seien und die Beantwortung der auf die Qualifikation des § 129 Z 4 StGB gerichteten Fragen nach den Verfahrensergebnissen für sie verschieden hätte ausfallen können.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeeinwand versagt. Es begründet keineswegs einen Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO verwirklichenden Verstoß gegen die Vorschriften über die Fragestellung, wenn das Erstgericht in den Hauptfragen V und XII jeweils die Formulierung '... wobei der abgesondert verfolgte Kurt E bei den unter b) und c) genannten Straftaten mit Wissen des Peter B und des Heinz A eine Waffe mit sich führte, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern' wählte, in diesen Fragen also jeweils die beiden Angeklagten im Zusammenhang mit der Qualifikation des § 129 Z 4

StGB anführte; denn schon durch die für jeden Angeklagten gesonderte Fragestellung wurden die Geschwornen über ihre Verpflichtung, die Schuldfrage hinsichtlich sämtlicher Tatbestands- und Qualifikationsmerkmale für jeden einzelnen Angeklagten gesondert zu prüfen, nicht im Zweifel gelassen. Dazu kommt, daß die Geschwornen auch über die Vorschrift des § 330 Abs 2 StPO belehrt worden (vgl Band II, S 63 f, 69 d.A) und daher auch in der Lage gewesen sind, gegebenenfalls durch teilweise Bejahung einer Frage und Beifügung einer Beschränkung ihren Willen in einer eindeutigen und unmißverständlichen Weise kundzutun. Die Fragen sind demnach vom Schwurgerichtshof so abgefaßt worden, daß ihr Sinn und Zweck klar erkennbar war und ein der wahren Willensmeinung der Geschwornen entsprechender Wahrspruch herbeigeführt werden konnte, weshalb der Vorwurf einer fehlerhaften Fragestellung unzutreffend ist. Der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 12

des § 345 Abs 1 StPO macht der Beschwerdeführer außerdem geltend, es sei im Wahrspruch nicht festgestellt worden, ob die (mit seinem Wissen) vom abgesondert verfolgten Kurt E mitgeführte Waffe geladen gewesen sei. Hiebei übersieht er jedoch, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe EvBl 1978/175 /verstärkter Senat/ = ÖJZ-LSK 1978/293) Waffe im Sinne des § 129 Z 4 StGB (und des § 143 StGB) auch eine ungeladene Schußwaffe ist. Da mithin für die rechtliche Beurteilung der Qualifikation des § 129 Z 4 StGB nicht entscheidungswesentlich war, ob die von Kurt E bei der Begehung der beiden in Rede stehenden Einbruchsdiebstähle mitgeführte Schußwaffe geladen oder ungeladen war, bedurfte es hierüber auch keiner Feststellung im Wahrspruch der Geschwornen. Soweit der Beschwerdeführer schließlich vermeint, es seien nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens die für die Annahme der Qualifikation des § 129 Z 4 StGB erforderlichen Voraussetzungen auf der inneren Tatseite - sein Wissen (§ 5 Abs 3 StGB) über die Bewaffnung eines Tatbeteiligten und dessen Entschlossenheit, von der Waffe bei Bedarf Gebrauch zu machen - nicht als gegeben zu erachten, setzt er sich über die im Wahrspruch insoweit getroffenen, einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entrückten Tatsachenfeststellungen hinweg, sodaß es der Beschwerde insofern an einer gesetzmäßigen Ausführung mangelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten B gemäß §§ 28, 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres. Dabei wertete es als erschwerend die Begehung zweier strafbarer Handlungen, die Wiederholung der diebischen Angriffe sowie deren mehrfache Eignung zum Verbrechen, während es als mildernd das Geständnis, den bisherigen ordentlichen Wandel, das Alter unter 21 Jahren, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand in Betracht zog, daß es teilweise beim Versuch geblieben war.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist teilweise begründet:

Angesichts des Gewichtes der ihm zur Last fallenden Verfehlungen und des anzuwendenden (bis zu fünf Jahren reichenden) Strafsatzes kam zwar eine Reduzierung der Strafe - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er nach der Aktenlage die Diebstähle und Diebstahlsversuche unter der Einwirkung des abgesondert verfolgten Kurt E begangen hat (§ 34 Z 4 StGB) - nicht in Betracht; hingegen scheinen dem Obersten Gerichtshof die vom Geschwornengericht gegen die Anwendbarkeit des § 43 Abs 1 StGB ins Treffen geführten Bedenken nicht ausreichend, dem (zum Unterschied von Heinz A) unbescholtenen und umfassend geständigen Berufungswerber, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe zu verweigern, weshalb in teilweiser Stattgebung seiner Berufung spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03032

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00017.81.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19810310_OGH0002_0090OS00017_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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