TE OGH 1981/5/5 10Os70/81

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Veröffentlicht am 05.05.1981
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Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2 sowie Abs 2 und Abs 3 (letzter Satz) StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 12.März 1981, GZ. 17 Vr 1703/80-15, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.November 1928 geborene Antiquitätenhändler Josef A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2 sowie Abs 2 und Abs 3 (letzter Deliktsfall) StGB. schuldig erkannt, weil er von Jänner bis Mai 1980 in Salzburg in drei Fällen Gegenstände, die von (fünf) abgesondert verfolgten Personen (darunter Karl B) durch Einbruch gestohlen worden waren, mithin Sachen, die ein anderer durch eine mit 5 Jahre erreichende Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, 'an sich brachte', indem er sie von B 'teils kaufte und teils als Pfand nahm', wobei ihm der diese Strafdrohung begründende Umstand bekannt war. Bei dem verhehlten Diebsgut handelte es sich um mehrere geschnitzte Holzskulpturen aus dem In- und Ausland, darunter vier Heiligenfiguren, eine javanische Marionetten- oder Schattenspielfigur, einen Zinnkrug und eine silberne Armkette mit Anhängern im Gesamtwert von 36.100 S.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte unter Anrufung der Z. 5, 10 und 11 - materiellrechtlich der Sache nach nur Z. 10 - des § 281 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde, welche eine Beurteilung der Handlungsweise des Angeklagten als Fahrlässigkeitsdelikt nach § 165 StPO. anstrebt und dabei Feststellungs-

(Z. 10) sowie Begründungsmängel (Z. 5) in bezug auf die innere Tatseite behauptet, ist berechtigt.

Zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der Hehlerei nach § 164 StGB. ist - zum Unterschied von der als 'Fahrlässiges Ansichbringen, Verheimlichen oder Verhandeln von Sachen' durch § 165 StGB. pönalisierten fahrlässigen Begehung einer der im § 164 Abs 1 Z. 1 und 2 StGB.

mit Strafe bedrohten Handlungen - Vorsatz erforderlich, allerdings genügt bedingter Vorsatz (dolus eventualis).

Dieser ist gemäß § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB. dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild (hier also durch den Angeklagten jenem des § 164 StGB.) entspricht, ernstlich für möglich hält, d.h. sie als naheliegend ansieht, und sich mit ihr abfindet. Selbst die Konstatierung der Inkaufnahme einer solchen Möglichkeit reicht zur Bejahung eines derartigen Vorsatzes nicht hin, weil sie immer noch bloß die Wissenskomponente des dolus betrifft und gleichermaßen Ausgangspunkt für die Annahme (bedingt) vorsätzlichen wie (bewußt) fahrlässigen Handelns sein kann. Diese beiden Schuldformen unterscheiden sich erst in der Fortsetzung des Willensbildungsprozesses dadurch, daß der Täter im einen Fall (bedingter Vorsatz) sich dennoch zur Tat entschließt, weil er einen das Tatbild erfüllenden Ablauf der Ereignisse hinzunehmen gewillt ist, im andern Fall (bewußte Fahrlässigkeit) aber im - wenn auch leichtfertigen - Vertrauen darauf handelt, den verpänten Erfolg nicht herbeizuführen (SSt 46/8; RZ 1978/47, ÖJZ-LSK 1978/18, 1975/105; EvBl. 1975/282 u.v.a.; vgl. auch Leukauf-Steininger2, RN. 12 zu § 164 StGB.).

Gegenständlichenfalls beschränken sich die Urteilsausführungen zur subjektiven Tatseite auf die Hinweise, daß der (aktenwidrig - vgl. ON. 13 b = S. 207 b - als 'einschlägig wegen Hehlerei' vorbestraft bezeichnete -

S. 219) Beschwerdeführer es unterlassen habe, sich von der Herkunft der Ware und von der Person des Anbietenden (B) durch Vorlage eines Ausweises zu überzeugen sowie den Vorgang in ein Einkaufsbuch aufzunehmen, und all' das, obwohl er als Antiquitätenhändler besondere Verpflichtungen beim Ankauf von Gegenständen - auch - antiquarischer Herkunft hatte, ihm insbesondere in dieser Eigenschaft die Häufigkeit der Diebstähle von Heiligenfiguren und anderen Gegenständen sowie die Verwertung durch die (sie anbietenden) Diebe selbst in letzter Zeit 'bekannt sein mußte'. Der trotzdem - unter Vernachlässigung seiner obangeführten Verbindlichkeiten und ungeachtet der Bedenken, die ihm 'gekommen sein mußten' - geschehene Ankauf, so fährt das Erstgericht fort, lasse den Schluß zu, daß er die diebische Herkunft der angekauften bzw. zum Pfand genommenen Gegenstände in Kauf genommen habe, weshalb der Tatbestand (der Hehlerei) auch in subjektiver Hinsicht als verwirklicht anzusehen gewesen sei.

Abgesehen davon, daß der Ausspruch über die Inkaufnahme der Herkunft der in Rede stehenden Sachen, sofern damit zum Ausdruck gebracht werden soll, der Beschwerdeführer habe einen entsprechenden Sachverhalt wirklich ernstlich für möglich gehalten, durch die ihm (als Prämissen) vorangestellten Erwägungen, zumal diese eher in Richtung einer - der Außerachtlassung von Sorgfaltspflichten gemäß § 6 Abs 1 StGB. entsprungenen - unbewußten Fahrlässigkeit zielen, nicht schlüssig begründet wird, spricht das Urteil jedenfalls in keiner Weise über die im Sinne der einleitenden Darlegungen zur Abgrenzung bedingten Vorsatzes und bewußter Fahrlässigkeit entscheidende Willenskomponente ab, sodaß ein bloß fahrlässiges Handeln des Beschwerdeführers durch die Sachverhaltsfeststellungen nicht ausgeschlossen wird.

Schon wegen dieses Feststellungsmangels nach der Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO. ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden und es hat eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten. Sohin war nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 285 e StPO. (in der Fassung BGBl. 1980/28) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort mit der Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung vorzugehen, ohne daß noch auf das sonstige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht nicht nur zur subjektiven Tatseite ausreichende sowie mängelfrei begründete Konstatierungen zu treffen, sondern hiebei weiters zu beachten haben, daß sich diese - sollte es wiederum zur Bejahung eines Vorsatzes gelangen - (nicht nur auf den Grundtatbestand, sondern) auch auf das Bekanntsein der im zweiten Satz des § 164 Abs 3 StGB. umschriebenen strafsatzerhöhenden Umstände erstrecken müßten, damit jene dem Angeklagten angelastet werden könnten (vgl. ÖJZ-LSK 1978/189 und 338 u.a.).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die vorstehende Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03212

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00070.81.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19810505_OGH0002_0100OS00070_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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