TE OGH 1981/5/21 13Os177/80

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Veröffentlicht am 21.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Mai 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Robert A und Liselotte B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 f. StGB. und anderer strafbaren Handlungen über die vom Angeklagten Robert A und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 8.September 1980, GZ. 12 Vr 624/79-136, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Schlick und Dr. Zitta und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Robert A wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird 1. in seinem die Angeklagte Liselotte B vom Vorwurf gemäß den Punkten 2 und 4 der Anklageschrift vom 28.Jänner 1980 freisprechenden Teil und 2. in seinen den Angeklagten Robert A betreffenden Strafaussprüchen nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Gemäß § 38 Abs 1 Z. 2 StGB. wird die weitere Vorhaft des Angeklagten Robert A vom 24.Jänner 1979, 22 Uhr, bis 25.Jänner 1979, 15 Uhr, und vom 2.Februar 1979, 20 Uhr, bis 16.Juli 1979, 12 Uhr, auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Robert A verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Robert A, soweit er die Strafaussprüche nach dem Finanzstrafgesetz anficht, auf diese Entscheidung verwiesen. Der Berufung des Angeklagten Robert A gegen den Ausspruch der Freiheitsstrafe wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Robert A die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.Jänner 1941 geborene österreichische Staatsbürger Robert A wurde des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 2, 128 Abs 2

StGB. und des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG. schuldig erkannt. Inhaltlich des Urteils hat er 1. am 19.Jänner 1979 in Zürich-Kloten (Schweiz) der Firma C, Genf, 16 geschliffene, ungefaßte Brillanten mit einem Gewicht von insgesamt 51,03 Karat im Großhandelswert von 1,186.051 US-Dollar (bzw. 2,016.286 Schweizer Franken), d.s. 16,333.933 S, aus dem Zollfreilager des Flughafens Zürich-Kloten, somit aus Räumlichkeiten einer dem Massenverkehr dienenden Einrichtung, gestohlen;

2. beim Zollamt Walserberg-Autobahn eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen und zwar:

a) am 19.Jänner 1979 die oben angeführten Brillanten, worauf Eingangsabgaben von rund fünf Millionen Schilling entfielen;

b) am 30.Jänner 1979 einen Brillanten in einer Weißgoldfassung und mit einer Weißgoldkette im Gesamtwert von 728.695 S, worauf Eingangsabgaben von 455.385 S entfielen.

Das Schöffengericht verhängte über Robert A gemäß § 128 Abs 2 StGB. eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren und gemäß § 35 Abs 4 FinStrG. eine Geldstrafe von zehn Millionen Schilling, im Uneinbringlichkeitsfall fünf Monate Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 19 Abs 1 FinStrG. einen Wertersatz von 16 Millionen Schilling, im Uneinbringlichkeitsfall acht Monate Ersatzfreiheitsstrafe.

Gemäß § 38 Abs 1 StGB. wurde 'auf die verhängte Freiheitsstrafe' die Vorhaft vom 16.Juli 1979, 14,45 Uhr, bis 8.September 1980, 18,00 Uhr, angerechnet. Entgegen der Auslegung des § 227 FinStrG. durch die Judikatur (EvBl 1971 Nr. 327 u.a.) wurde - sonach rechtsirrig - dem Zollamt Salzburg ein Kostenersatz urteilsmäßig zuerkannt.

Hingegen sprach das Gericht die am 5.August 1937

geborene österreichische Staatsbürgerin Liselotte B von der Anklage des Verbrechens der Beihilfe zum Diebstahl nach §§ 12, 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 2, 128 Abs 2 StGB., der Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG.

und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG. sowie des Vergehens der versuchten Anstiftung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach §§ 15, 12, 288 Abs 1 StGB. gemäß § 259 Z. 3 StPO. frei. Die Staatsanwaltschaft legte ihr zur Last, sie habe 1. vom Dezember 1978 bis 30.Jänner 1979 in Salzburg und anderen Orten zur Ausführung des von Robert A verübten Brillantendiebstahls dadurch vorsätzlich beigetragen, daß sie ihm den Namen und die Kontonummer des Motorenwerks Anton D zum Beweis für seine Bonität bekanntgab, ihm ihren Personenkraftwagen für die Bewerkstelligung des Verbrechens zur Verfügung stellte, ihn nach der Tat zwecks Sicherung der unauffälligen Einreise aus der Bundesrepublik Deutschland nach Österreich im Grenzbereich abholte und mit ihm bei dieser Gelegenheit die Fahrzeuge tauschte sowie ihm schließlich bei der Verwertung des Erläses aus der Diebsbeute durch den Abschluß eines Darlehensscheingeschäfts bei der Salzburger Kreditund Wechselbank behilflich war;

2. beim Zollamt Walserberg-Autobahn eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen, und zwar am 19.Jänner 1979 im bewußten Zusammenwirken mit Robert A die weiter oben angeführten 16 Brillanten im (reduzierten) Wert von 16,333.933 S (verkürzte Eingangsabgaben: rund fünf Millionen Schilling);

3. am 30.Jänner 1979 in Salzburg dadurch, daß sie von Robert A den gleichfalls oberwähnten Brillanten in der Weißgoldfassung und mit Weißgoldkette entgegennahm, vorsätzlich eine geschmuggelte Sache (Verkürzung von Eingangsabgaben per 455.385 S) an sich gebracht;

4. sich im Februar oder März 1979 in Salzburg bemüht, den Bankbeamten Franz E durch die Aufforderung, die Hinterlegung dreier Sparbücher über insgesamt 6,180.000 S bei gerichtlichen Vernehmungen zu verschweigen oder zu behaupten, daß diese von dritter Seite hinterlegt worden seien, dazu zu bestimmen, vor Gericht als Zeuge falsch auszusagen.

Der Angeklagte Robert A bekämpft den Schuldspruch, die Aussprüche betreffend die Geldstrafe und den Wertersatz sowie die Entscheidung über die Vorhaftanrechnung mit einer auf die Z. 3, 4, 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die Strafaussprüche (Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Wertersatzstrafe) außerdem mit Berufung.

Die Staatsanwaltschaft wendet sich in ihrer zunächst zugunsten des Angeklagten Robert A ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde unter den Z. 5 und 11 (der Sache nach nur Z. 11) des § 281 Abs 1 StPO. gegen die Höhe der gemäß § 35 Abs 4 FinStrG. mit zehn Millionen Schilling bestimmten Geldstrafe, sowie - hier teils zugunsten, teils auch zum Nachteil des Angeklagten - gegen die mit 16 Millionen Schilling bemessene Wertersatzstrafe. Aushilfsweise erhebt sie insoweit auch Berufung, mit der sie im übrigen das Unterbleiben der Verhängung einer nach § 35 Abs 4 FinStrG möglichen Freiheitsstrafe rügt. Hinsichtlich der Angeklagten Liselotte B ficht die Staatsanwaltschaft zunächst deren Freispruch sowohl vom Anklagevorwurf ihrer Beihilfe zum Brillantendiebstahl des A vom 19. Jänner 1979 in Zürich-Kloten als auch vom Vergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1

lit a FinStrG. aus der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. an. Begründungsmängel macht die Staatsanwaltschaft auch betreffend den Freispruch B von der Anklage der versuchten Anstiftung des Franz E zur falschen Beweisaussage vor Gericht geltend.

Zur Beschwerde des Angeklagten A betreffend die Schuldsprüche 1, 2 a und 2 b :

Rechtliche Beurteilung

Als unbegründet erweist sich zunächst der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 3 des § 281 Abs 1 StPO. erhobene Beschwerdeeinwand, es sei in der gemäß § 276 a StPO. wegen Zeitablaufs neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 8.September 1980 entgegen § 244 StPO. die Anklageschrift nicht verlesen, sondern lediglich der wesentliche Inhalt des Protokolls der früheren Hauptverhandlung vom 9.Juli 1980 (ON. 106) vorgetragen worden, weil sich aus der zu den Akten genommenen, ungerügt gebliebenen Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 8.September 1980 (III. Bd. ON. 135 S. 173) ergibt, daß 'der Vorsitzende die Anklageschrift verlesen' ließ.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. rügt der Beschwerdeführer die Abweisung mehrerer von ihm in der Hauptverhandlung vom 8.September 1980 (S. 200- 202/III. Bd.) gestellten Beweisanträge, worin er eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte erblickt. Der Verfahrensrüge kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Der im wesentlichen zutreffenden Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses des Schöffensenats (S. 205-207 im III. Bd.) ist lediglich folgendes beizufügen: Der in der Hauptverhandlung vom 8. September 1980

verlesene (S. 204 unten im III. Bd.) Amtsvermerk des Untersuchungsrichters Dr. Heinz F vom 25.Mai 1979

(ON. 68 im II. Bd.) über dessen Wahrnehmungen anläßlich der von ihm an diesem Tag vorgenommenen Besichtigung des Frachthofs Zürich (Kloten) sowie über die ihm dabei seitens der Organe der Schweizer Behörden gegebenen Auskünfte und Erläuterungen zur Frage der (Zutritts-) Möglichkeit und der Gelegenheit zur Verübung des Brillantendiebstahls ist 'für die Sache von Bedeutung'; dieses Schriftstück mußte darum vorgelesen und folglich wie jedes andere Beweismittel gewürdigt werden (§§ 252 Abs 2, 258 StPO.). Entgegen der Beschwerdebehauptung machte Dr. F die in dem Aktenvermerk (ON. 68/II) beurkundeten Wahrnehmungen nicht bei einem von ihm abgehaltenen Ortsaugenschein. Zwingende oder auch nachgiebige Verfahrensvorschriften betreffend den Augenschein (vgl. §§ 116, vorl.

Satz, und 97 Abs 2 StPO.) konnten also vom Untersuchungsrichter gar nicht mißachtet werden, von einer 'geflissentlichen' Ausschaltung des Verteidigers kann nicht die Rede sein. Es genügt, dazu auf den Inhalt des Rechtshilfeersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 10.April 1979 (S. 1 f und verso in ON. 1), auf die Mitteilung der Bezirksanwaltschaft Buelach vom 3.Mai 1979 (S. 325/I) sowie auf die am 25.Mai 1979 beim Erstgericht eingelangte Bewilligung des Schweizerischen Justiz- und Polizeidepartements vom 22. Mai 1979 (ON. 47/I) zu verweisen. Die välkerrechtliche Deckung der Anwesenheit Dris. F bei der Vornahme der Rechtshilfehandlung im ersuchten Staat findet sich in Art. III Abs 1 des am 13.Juni 1972 unterschriebenen und am 14.Dezember 1974 in Kraft getretenen Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung, BGBl. Nr. 716/1974. Vor allem aber vermag der Beschwerdeführer keinen einzigen, in der Strafprozeßordnung ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakt anzuführen, der trotz der Verwahrung des Rechtsmittelwerbers in der Hauptverhandlung vorgelesen worden wäre (siehe § 281 Abs 1 Z. 2 StPO.). Das Beschwerdevorbringen gegen die Amtsführung des Untersuchungsrichters versagt also auch unter dem insoweit speziellen Nichtigkeitsgesichtspunkt.

Der in der Verfahrensrüge mit Bezug auf Dr. F enthaltene Hinweis auf die Beweismittel-Subsidiarität sogenannter 'Zeugen vom Hörensagen' (SSt XLI/7 und jüngst 13 Os 191/80) versagt gleichfalls, weil dieser Zeuge in dem mehrfach erwähnten Amtsvermerk ON. 68/II und bei seiner Zeugenaussage (S. 178 ff/III) in erster Linie seine eigenen Wahrnehmungen anläßlich der Besichtigung des Frachthofs Zürich am 25. Mai 1979 wiedergab (S. 495, 496; 498, 499/II). Im übrigen haben auch die vom Beschwerdeführer ergänzend beantragten Auskunftspersonen (der Flughafenangestellte Mario G und Arthur H von der Kantonspolizei Zürich) über die tatsächlichen Zutrittsmöglichkeiten hausfremder Personen und deren Gelegenheit zur unkontrollierten Wegnahme eines Luftfrachtpakets am 19.Jänner 1979 kein eigenes Wissen, weshalb ihre Bekundungen entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kein 'ursprüngliches Beweismittel' bilden. Arthur H brachte in dem von ihm erstatteten Bericht über das polizeiliche Ermittlungsverfahren (S. 331 ff/I) zum Ausdruck, 'daß man mit einer Portion Selbstvertrauen und entsprechendem Auftreten auch ohne Ausweis die Zutrittskontrolle zum Frachthof passieren könne' (S. 371/I), und daß in der Frachthalle 'effektiv ein Selbstbedienungssystem besteht' (S. 345 oben/I). Mit diesen Bekundungen stimmen die im Urteil als Feststellungsgrundlage bezogenen (S. 221/III) Schilderungen der Zeugen Dr. F und Edwin Lambert I (S. 192/III: 'in diesem Frachthof kann eigentlich jedermann hinein, es sind zwar Beamte dort, diese kontrollieren aber nicht') überein (vgl. auch die Angaben des August J S. 235 ff/II mit S. 224 unten/III).

Bei dieser Sach- und Beweislage konnte das Erstgericht mit Grund davon ausgehen, daß von der Durchführung der seitens der Verteidigung des Angeklagten A in der Hauptverhandlung vom 8. September 1980 beantragten Beweise (Punkt 1 und 2 S. 200, 201/III) eine weitere Sachverhaltsklärung zur Frage der Möglichkeiten und Gelegenheiten der Diebstahlsverübung durch den Angeklagten nicht zu erwarten war (LSK 1979/82). Zu der unter Punkt 3 dieser Anträge (S. 201/202/III) verlangten Einvernahme des Jorge K ist auf dessen (im Urteil bereits verwertete:

S. 225 ff/III) ausführliche Befragung (S. 99 ff/I, 'Dossier II', S. 113 ff/II, insbes. S. 117) und darauf zu verweisen, daß das Ersturteil ohnedies nicht davon ausgeht, der Angeklagte habe die Brillanten in Genf besichtigt, sondern lediglich annimmt (S. 226/III), daß er sich von K eine Kollektion von 16 Brillanten im Gesamtgewicht von rund 51 Karat mit einem Verkaufswert von 2,55 Millionen Schweizer Franken zusammenstellen ließ.

Daß diese Brillanten dann am 19.Jänner 1979 mit dem Kursflug SR 929 von Genf nach Zürich-Kloten transportiert wurden und dort in den Frachthof gelangt sind (S. 263/II, Situationsplan bei ON. 68/II), der vom Untersuchungsrichter Dr. F am 25.Mai 1979 besichtigt wurde und zu dem sowohl die im Urteil erwähnte 'Sortierhalle' als auch der in der Beschwerde bezogene 'Importraum' gehören, war angesichts der im Urteil verwerteten Verfahrensergebnisse einschließlich der Angaben des Jorge K nicht weiter beweisdürftig (siehe S. 119, 121/I = S. 133, 135/II, ferner S. 341, 343/I, 263, 497/II, 180, 181/III). Gleiches gilt bezüglich der vom Beschwerdeführer offensichtlich bezweifelten Identität der am 19.Jänner 1979 von Genf nach Zürich beförderten und dort gestohlenen 16 Brillanten mit den vom Angeklagten zwischen dem 22. und 29.Jänner 1979 in München dem Juwelier Mauricio L verkauften 15 Brillanten sowie dem der Zweitangeklagten geschenkten Brillanten von 4,16 Karat, die alle in der Folge dem Geschädigten zurückgestellt werden konnten (S. 92, 173 unten, 221, 229, 231, 275, 291, 293, 295, 327, 329, 337, 363/I; ON. 84/II mit S. 205/III; S. 421/II und Beilage I zu ON. 135/III). Nicht die Identität der als Kollektion 'bestellten' Brillanten mit den durch Zertifikate spezifizierten 16 Brillanten ist nämlich entscheidend, sondern die Wesensgleichheit der (im Auftrag der Firma C, Genf, nach Zürich übersendeten und dort gestohlenen) Steine mit den in der Folge vom Angeklagten veräußerten bzw. in einem Fall verschenkten Diamanten.

Schließlich wurde auch der unter Punkt 4 gestellte Antrag (S. 202 und 207/III) auf Einvernahme eines angeblich in Cecini bei Pordenone oder aber in Bologna erreichbaren 'Juliano M' - der dem Beschwerdeführer Ende 1978 oder Jänner 1979 in Mailand in sechs bis sieben Millionen ästerr. Schilling umgetauschte 500.000 US-Dollar, die A von einem Japaner als Vermittlungsprovision bekommen haben will, nach Salzburg gebracht haben soll -

als im Hinblick auf das gesamte Prozeßverhalten und den Zeitpunkt des bezüglichen Vorbringens (erstmals in der Hauptverhandlung vom 8. September 1980: S. 176 ff. und Urteil S. 281 unten/III) offenkundiger Verschleppungsversuch durchaus zu Recht abgewiesen (SSt 27/42, 28/4, EvBl 1968/117, 1969/345, RiZ. 1971 S. 155). Das gerügte Unterbleiben der in der Hauptverhandlung vom 8.September 1980 beantragten Beweisaufnahmen führte mithin zu keiner Benachteiligung des Beschwerdeführers (§ 281 Abs 1 Z. 4 und Abs 3 StPO.).

Die vom Beschwerdeführer unter § 281 Abs 1 Z. 5

StPO. relevierten Wertdiskrepanzen im Urteil ('zwischen acht Millionen und 20 Millionen Schilling') berühren beim Brillantendiebstahl zufolge § 128 Abs 2 StGB.

keine strafsatzändernde Wertgrenze, weshalb die bekämpften Konstatierungen keiner wirksamen Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde unterliegen (EvBl 1980/57, LSK 1978/208). Im übrigen erklären sich die verschiedenen Bewertungen im Lauf des Verfahrens widerspruchsfrei damit, daß sich im Rahmen der Beurteilung der im Ausland vorgenommenen Sachwegnahme als Diebstahl der Wert der entzogenen Sachen (§ 128 Abs 1 Z. 4 oder Abs 2 StGB.) am ausländischen Verkaufspreis zu orientieren hat, wogegen beim Schmuggel der Diamanten nach Österreich (§ 35 Abs 1 FinStrG.) der Wertersatz und der strafbestimmende Wertbetrag (§§ 19 Abs 3, 35 Abs 4 FinStrG.) auf Grund des Normalpreises und der sich daraus ergebenden Eingangsabgaben bzw. des 'gemeinen Werts' zu ermitteln sind, woraus durchaus ins Gewicht fallende Wertunterschiede resultieren können (LSK 1980/190; Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Anm. 5 und E.Nr. 15 zu § 19).

Daß schließlich das Gericht den Wert der gestohlenen Brillanten mit deren ausländischem Großhandels-Verkaufspreis ('Einstandspreis') von 1,186.051 US-Dollar angenommen und nicht etwa den um etwa 30 % höheren ausländischen Detailhandels-Verkaufspreis (von 1,500.007 US-Dollar) zugrundegelegt hat, konnte sich nur zu Gunsten des Angeklagten auswirken; diesbezüglich fehlt ihm das Beschwerdeinteresse (§ 282 StPO.; siehe auch S. 93, 337 im I. Bd. und SSt XXXIX/32, XLIII/1).

Für die von A aus der Z. 5 des § 281 Abs 1

StPO. bekämpfte Annahme, daß er am 19.Jänner 1979 die in Zürich-Kloten gestohlenen 16 Diamanten zunächst (mit dem Personenkraftwagen der Zweitangeklagten) nach Österreich einführte, ohne sie dem Zoll zu stellen, und sodann, nach ihrer vorübergehenden Verbringung nach Deutschland, davon einen Stein, nunmehr in einer Weißgoldfassung und mit einer Weißgoldkette versehen, am 30.Jänner 1979 nach Österreich zurückbrachte, fehlt es keineswegs, wie der Beschwerdeführer vermeint, 'an jeglichem Beweisergebnis'.

Diese Feststellungen finden vielmehr in der im Urteil mehrmals bezogenen, in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 205/ III) Zeugenaussage des Mauricio L (ON. 84/II) ihre zureichende Deckung. Darnach hat der Angeklagte den L am 22. und am 29.Jänner 1979 in München aufgesucht und ihm jene 16 Brillanten (am 22.Jänner 1979 zehn Stück, am 29.Jänner 1979 dann weitere sechs Stück, Band II, S. 561) ausgefolgt, die sodann als die am 19.Jänner 1979 in Zürich-Kloten gestohlenen Steine identifiziert werden konnten, wobei der Angeklagte allerdings einen tropfenfärmigen hochkarätigen Stein von L fassen ließ und wieder an sich nahm. Damit in Verbindung konnte die Verantwortung der Angeklagten B verwertet werden, derzufolge sie den letzterwähnten gefaßten Brillanten vom Angeklagten als Geschenk angenommen und erst am 16.Februar 1979 der Polizei in Salzburg übergeben hat. Sonach ist das Schöffengericht, ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen, der Verantwortung des A auf Grund einer Reihe von dieselbe widerlegenden Tatsachen und Erwägungen (S. 215-219, 228/229, 232/233/III) im Rahmen unanfechtbarer Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.) nicht gefolgt.

Als berechtigt erweist sich hingegen die Geltendmachung von Feststellungsmängeln betreffend die Bemessung der Geldstrafe und des Wertersatzes für das Finanzvergehen des Schmuggels (§ 281 Abs 1 Z. 11 StPO.). Da aber in diesen Punkten auch die Staatsanwaltschaft - teilweise zu Gunsten des Angeklagten - Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat, wird insoweit auf das beiderseitige Vorbringen bei der Behandlung des Rechtsmittels der Anklagebehörde eingegangen werden.

Unter der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. wendet der Erstangeklagte eine unzulässige 'Doppelanlastung' des Schmuggels des 4,16 karätigen Brillanten nach Österreich am 19.Jänner 1979 (innert 2 a des Urteilssatzes) und am 30.Jänner 1979 (2 b) ein, indes zu Unrecht. Nicht die Verkürzung von Eingangsabgaben war für den Tatbestand des § 35 Abs 1 FinStrG. wesentlich, sondern ausschließlich, daß die eingangsabgabepflichtigen Waren unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen wurden: Schmuggel ist nicht gleichbedeutend mit Zoll- oder sonstiger Abgabenhinterziehung (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Pkt. 1

und 5 bei § 35 FinStrG.). Dem 'Entziehen' entsprachen, den Urteilskonstatierungen zufolge, sowohl die Verbringung des ungefaßten Brillanten von 4,16 Karat Gewicht (zusammen mit 15 weiteren Diamanten) am 19.Jänner 1979

aus der Schweiz über die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich als auch die abermalige Einfuhr dieses (zwischenweilig in München vom Juwelier L mit einer Weißgoldfassung versehenen) Steins nach Österreich am 30.Jänner 1979. Werden nämlich Waren nach vollendetem Einfuhrschmuggel wieder aus dem Zollgebiet ausgeführt, werden sie dadurch von neuem zu ausländischen Waren und sind bei ihrer zweiten Einfuhr in das Zollgebiet neuerlich zu verzollen; werden diese Waren wiederum dem Zollamt nicht gestellt oder dem Zollverfahren mittels einer falschen Warenerklärung entzogen, so sind sie zweimal geschmuggelt worden (E.Nr. 34 und Pkt. 4 zu § 35 FinStrG. in Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch).

Die gleichartige Realkonkurrenz bei diesen beiden Schmuggelfällen

wurde mithin ohne Rechtsirrtum angenommen.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten A:

Soweit die beiden Rechtsmittelwerber, der Sache nach die Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO. relevierend, die Bemessung der dem Angeklagten A wegen des Vergehens nach § 35 Abs 1 FinStrG. auferlegten Geld- und Wertersatzstrafe, A außerdem die Vorhaftanrechnung, anfechten, war folgendes zu erwägen:

1. Den Urteilsannahmen zufolge belief sich der Wert der am 19.Jänner 1979 nach Österreich geschmuggelten 16 Brillanten, wie beim Diebstahl zugrundegelegt, auf 16,333.933 S, worauf Eingangsabgaben 'von rund fünf Millionen Schilling entfallen'; der am 30.Jänner 1979 neuerlich dem Zollverfahren entzogene Brillant mit seiner Weißgoldfassung und Weißgoldkette war 728.695 S wert, darauf entfallen Eingangsabgaben von 455.385 S. Auf Grund dieser Annahmen bemaß das Gericht sodann gemäß § 35 Abs 4

FinStrG. die Geldstrafe und gemäß § 19 Abs 1 FinStrG. die Wertersatzstrafe. Darüber hinaus wird aber der 'Verkaufswert der 16 Diamanten' im Urteil einmal mit 'über 20,6 Millionen Schilling' (S. 226/III) und in anderem Zusammenhang (S. 235/III) mit 16 bis 20 Millionen Schilling beziffert.

Die Übernahme der Grundlagen für die Wertermittlung beim Diebstahl auch für den Schmuggel war rechtlich verfehlt (LSK 1980/190) und kommt im Zusammenhalt mit den soeben aufgezeigten Widersprüchen einer gesetzwidrigen Bemessung der nach dem Finanzstrafgesetz zu verhängenden Geld- und Wertersatzstrafe gleich (§ 281 Abs 1 Z. 11 StPO.). Für die Ermittlung des nach § 35 Abs 4 FinStrG. beim Schmuggel strafbestimmenden, auf die Ware entfallenden Abgabenbetrags sind hier noch die §§ 1 Abs 2 und 2 Wertzollgesetz 1955 betreffend den Zollwert (Normalpreis) heranzuziehen. Die Höhe des Wertersatzes entspricht gemäß § 19 Abs 3 FinStrG. dem gemeinen Wert der Brillanten im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Anm. 5, 8 und 9 sowie E.Nr. 15 ff und 24 zu § 19 FinStrG.). Zu all dem fehlen im Urteil überprüfbare Feststellungen.

Dazu kommt folgendes: Einerseits hat das Erstgericht die Wertermittlungen und Abgabenberechnungen des Zollamts Salzburg, die von den Wertannahmen des Urteils ganz erheblich differieren, übergangen (siehe die Anzeigen des Zollamts ON. 99/II = ON. 102/III; die Angaben des Zollamtsvertreters in der Hauptverhandlung vom 14. Juli 1980, ON. 106

S. 103 und 140 unten/III sowie, neuerlich die Werte mehrmals reduzierend, in der Hauptverhandlung vom 8.September 1980, ON. 135

S. 175/III in Verbindung mit dem Inhalt der Beilagen I und II zu ON. 135, letztlich S. 208/209/III).

Diese Wertermittlungen veranlaßten übrigens die Staatsanwaltschaft zu einer (allerdings nur zum Teil konformen) Minderung der in der Anklageschrift angenommenen Schätzwerte und Verkürzungsbeträge (S. 103 und 175/III; siehe aber auch S. 209 Mitte/III). Anderseits hat die Finanzstrafbehörde ihre Wertermittlungen und Berechnungen überhaupt nicht substantiiert; zu einer Aufklärung hätte möglicherweise eine zielstrebige Befragung des Vertreters des Zollamts in der Hauptverhandlung beitragen können, zumal dessen Anwesenheit (§ 200 Abs 1 FinStrG.) unzweifelhaft auch den Zweck hat, dem Gericht mit Auskünften zur Verfügung zu stehen. An dieser Stelle muß freilich mit allergräßtem Nachdruck klargestellt werden, daß Edelsteine, geschliffen oder ungeschliffen, gemäß der Zolltarif-Nr. 71.02 (Abschnitt XIV des Zolltarifs, Beilage zum ZolltarifG.

BGBl. Nr. 74/1958 i.d.g.F.) zollfrei in Österreich eingeführt werden können (s. a. § 9 Abs 1 ZolltarifG.). Bei der Einfuhr von nicht gefaßten Diamanten kommen daher als Eingangsabgaben nur die Einfuhrumsatzsteuer und der Außenhandelsförderungsbeitrag in Betracht (anders bei gefaßten Edelsteinen, die als Schmuck zu verzollen sind). Des weiteren sollte nicht erklärungsbedürftig sein, daß Verspätungszuschläge (§ 135 BAO.) und Säumniszuschläge (§§ 217 ff.

BAO) keine Abgaben, sondern, wie schon die gesetzlichen Benennungen aussagen, zusätzlich zu irgendwelchen Abgabenschuldigkeiten auferlegte Leistungen sind. Verspätungsund Säumniszuschläge können darum niemals in einen Abgabenverkürzungsbetrag einfließen. Wegen der sonach in den Grundlagen zur Bestimmung der Geldstrafe und der Wertersatzstrafe in Erscheinung getretenen Feststellungsmängel ist die Aufhebung der bezüglichen Strafaussprüche und die Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang unvermeidbar. Im zweiten Rechtsgang wird das Schöffengericht die in Betracht kommenden Abgaben- und Verkürzungsberechnungen mit einläßlicher Sorgfalt an Hand der abgabenrechtlichen Vorschriften zu prüfen und zu zergliedern haben. Mit ihren außerdem erhobenen Berufungen werden die Staatsanwaltschaft - die auch die zusätzliche Verhängung einer Freiheitsstrafe nach dem Schlußsatz des § 35 Abs 4 FinStrG. anstrebt - und der Angeklagte A auf die kassatorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs verwiesen.

2. Unter der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO. wendet sich der Nichtigkeitswerber gegen die Beschränkung der Vorhaftanrechnung auf die Zeit vom 16.Juli 1979, 14,45 Uhr, bis zum 8.September 1980, 18,00 Uhr (S. 213/III). Er weist zutreffend darauf hin, daß er sich auch in dem bis jetzt nicht abgeschlossenen Verfahren 12 Vr 303/79 des Landesgerichts für Strafsachen Graz in Untersuchungshaft befand:

Laut dem dort im zweiten Rechtsgang gefällten Urteil vom 12.Dezember 1979, ON. 71 (§ 229 Abs 1 StGB., Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 80 S, ev. 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), wurden gemäß § 38 Abs 1 StGB. Vorhaftzeiten vom 24.Jänner 1979, 22,00 Uhr, bis 25.Jänner 1979, 15,00 Uhr, und vom 2.Februar 1979, 20,00 Uhr, bis 16.Juli 1979, 12,00 Uhr, angerechnet. Das Urteil wurde aber vom Obersten Gerichtshof am 26.Juni 1980, 13 Os 59/80, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht zurückverwiesen, wo bislang eine neue Hauptverhandlung noch nicht stattgefunden hat.

Die Verfahren 12 Vr 303/79 und 12 Vr 624/79 des Landesgerichts für Strafsachen Graz stehen zueinander im Verhältnis des § 56 StPO. Darnach wären die Vorhaften aus beiden Verfahren im angefochtenen Urteil zur Gänze anzurechnen gewesen; faktisch in Anschlag gebracht werden in solchen Fällen die angerechneten Haftzeiten erst im Strafvollzug (Leukauf-Steininger RN. 1 und 7 zu § 38 StGB. und die dort zitierte Judikatur). Da die über A gemäß § 128 Abs 2 StGB. verhängte Freiheitsstrafe im Nichtigkeitsverfahren unbekämpft ist und dieser Strafausspruch nicht aufgehoben wird, muß in Stattgebung des bezüglichen Teils der Beschwerde des Angeklagten A die unterbliebene Anrechnung der Vorhaft aus dem Parallelverfahren hiemit nachgetragen werden; das freilich nur betreffend den aufrecht bleibenden Freiheitsstrafausspruch. Gemäß § 23 Abs 4 FinStrG. werden alle Vorhaftzeiträume (aus beiden Verfahren) im zweiten Rechtsgang auf die dort nach dem Finanzstrafgesetz über A zu verhängenden Strafen anzurechnen sein.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch der Angeklagten B:

1. Die Staatsanwaltschaft hält zwar den ursprünglichen Anklagevorwurf, Liselotte B habe zur Ausführung des Diebstahls der 16 Brillanten am 19.Jänner 1979

in Zürich-Kloten vorsätzlich beigetragen und außerdem mit Robert A beim Schmuggel dieser Brillanten nach Österreich als Mittäterin zusammengewirkt, nicht mehr aufrecht;

sie strebt aber mit der auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde im Ergebnis eine Urteilsaufhebung unter dem Gesichtspunkt der Verhehlung des der Zweitangeklagten von A geschenkten Diamanten (§ 164 Abs 1 Z. 2 und Abs 3 StGB. sowie, damit eintätig zusammentreffend, § 37 Abs 1 lit a bzw. Abs 3 FinStrG.) an: B habe diesen mit einer Weißgoldfassung versehenen Brillanten im Wert von 728.685 S (S. 175/III) nach Herausbrechen aus der Fassung vom 6. bis 16.Februar 1979 (in Salzburg) bei sich verborgen.

Die Mängelrüge der Staatsanwaltschaft ist berechtigt. Die Urteilsannahme, B sei hinsichtlich der Herkunft des ihr geschenkten Steins, dessen hohen Wert sie nicht erkannt und den sie 'offen getragen habe', gutgläubig gewesen und sie habe außerdem keine für den Tatbestand der (Abgaben-) Hehlerei erforderliche aktive Tätigkeit (Verheimlichen) entfaltet (S. 238 unten, 239/240/III), ist unvollständig begründet.

In der Anklageschrift war bereits darauf hingewiesen worden (S. 33- 36/III), daß B nach der Verhaftung A am 2.Februar 1979 (der wie ein Lebensgefährte, wenn er in Salzburg war, bei der Zweitangeklagten 'im Haushalt mitlebte': I. Bd. S. 309) und nach einer in ihrer Salzburger Wohnung durchgeführten polizeilichen Hausdurchsuchung (nach den gestohlenen Brillanten) sowie nach einem Zusammentreffen mit dem von ihr zuvor telefonisch angerufenen Juwelier Maricio L am 5. Februar 1979 in München den noch in ihrem Besitz befindlichen Diamanten aus seiner Weißgoldfassung gebrochen und bei sich zu Hause bis zum 16.Februar 1979 verborgen habe.

An diesem Tag habe sie den (beschädigten) Stein dann im Zug der sicherheitsbehördlichen Erhebungen an die Polizei herausgegeben. Eine färmliche Inkriminierung auch dieses Tatgeschehens gemäß § 207 Abs 2 Z. 2 und 3

StPO. als Hehlerei (§ 164 Abs 1 Z. 2 und Abs 3 StGB.) kam angesichts dessen, daß die Staatsanwaltschaft der Liselotte B die Beihilfe zum Diebstahl der Brillanten anlastete (ON. 109/III), nicht in Betracht.

Das Erstgericht hingegen, das eine Beihilfe der Angeklagten B an dem Diebstahl nicht als erwiesen annahm, hätte in Beachtung der §§ 262, 267 StPO. den insgesamt von der Anklage umfaßten Sachverhalt auch dahin prüfen und erärtern müssen, ob er etwa in bezug auf das Verhalten der Zweitangeklagten hinsichtlich des von A als Geschenk übernommenen Brillanten bis zum 16.Februar 1979

den Tatbestand der Hehlerei verwirkliche (vgl. SSt 48/66, LSK 1978/343 u.a.m.).

Hiebei könnte entgegen der vom Erstgericht im Urteil (S. 239/III) und von der Angeklagten B in deren Gegenausführungen ON. 145 vertretenen Meinung ein strafloses 'bloß passives Verhalten' nicht mehr angenommen werden, wenn B, in Kenntnis der Verhaftung A wegen Brillantendiebstahls, nach einer im Zusammenhang damit bei ihr am 2. Februar 1979 durchgeführten polizeilichen Hausdurchsuchung und nach dem Gespräch am 5.Februar 1979

mit L in München den Brillanten mit einer Beißzange aus der Weißgoldfassung herausgebrochen und den dabei beschädigten Stein, den sie bis dahin offen trug, nunmehr in ein Etui gegeben und im Nachtkästchen A verwahrt haben sollte. Unter diesen Umständen könnte von einem bloßen 'Beibehalten des status quo' nicht mehr gesprochen werden (Kienapfel BT. II, RN. 22 zu § 164 StGB.). Was insbesonders die subjektive Tatseite anlangt, so konnte der als Dauerdelikt zu verstehende Tatbestand der Hehlerei durch Verheimlichen (§ 164 Abs 1 Z. 2 StGB., § 37 Abs 1

lit a FinStrG.) auch dadurch verwirklicht werden, daß ein bereits bestehender Zustand (Verwahrung an sich gebrachter, gestohlener bzw. geschmuggelter Sachen durch einen zunächst Gutgläubigen) ab und trotz nachfolgender Kenntnis ihrer kriminellen Provenienz vorsätzlich - etwa durch Weiterverwahren - aufrechterhalten wurde (Leukauf-Steininger RN. 14 zu § 164 StGB.; EvBl 1980/211 u.a.). In diese Richtung wiesen aber, worauf die Staatsanwaltschaft zutreffend Bezug nimmt, die von B am 16.Februar 1979 bei der Polizeidirektion Salzburg gemachten Angaben (S. 199 ff/I). Diesem zufolge hat sie nach der Verhaftung A am 2.Februar 1979 wegen Brillantendiebstahls, nach der in ihrer Wohnung (ergebnislos) durchgeführten Hausdurchsuchung und nach einem Gespräch am 5.Februar 1979 in München mit Mauricio L, bei dem dieser erklärte, überzeugt zu sein, daß die Brillanten aus dem Diebstahl in Zürich stammten, selbst den Verdacht gehegt, daß der ihr von A geschenkte Stein eventuell aus der Beute des in Zürich verübten Diebstahls stammen könnte. Zu Hause angekommen, hat sie nun den Stein aus der Fassung gebrochen, das Ketterl mit der Fassung weggeworfen, den Stein in ein Plastiketui gegeben und offen (?) im Nachtkästchen von Robert A (nicht in ihrem eigenen) verwahrt (S. 201/203/I; vgl. auch S. 315 b unten, 315 verso, 315 e verso und 315 f/I).

Dieses Verfahrensergebnis hätte das Erstgericht in Befolgung des § 270 Abs 2 Z. 5 StPO. bei der Begründung des Freispruchs der Angeklagten B erärtern und würdigen müssen, zumal es davon ausging, daß auch gegen diese Angeklagte 'gewisse Verdachtsmomente vorlagen' (S. 236/III). Nun wird im angefochtenen Urteil zwar die Tatsache des Herausbrechens des Diamanten aus der Fassung durch B erwähnt (sh. S. 240/III); der für die Frage ihrer weiteren Gutgläubigkeit relevante Zeitpunkt dieser nach forensischen Erfahrungen unter Umständen als vorsätzliches Verheimlichen eines suspekten Gegenstands deutbaren Tätigkeit, nämlich das Herauslösen des Steins aus der Fassung und dessen geänderte Weiterverwahrung nach einer ergebnislos verlaufenen Hausdurchsuchung, nach der Verhaftung des Geschenkgebers unter dem Verdacht des Brillantendiebstahls und nach der Erklärung des Juweliers L, er sei von der diebischen Herkunft der Diamanten überzeugt, blieb indes völlig unerärtert. So hat das Erstgericht den von der Anklage in der Richtung der Hehlerei mitumfaßten Sachverhalt überhaupt bloß unter dem Gesichtspunkt der Abgabenhehlerei, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der Entgegennahme des gefaßten Brillanten von A am 30.Jänner 1979 (S. 215 oben und S. 238 ff/ III), in Verbindung mit dem angenommenen 'offenen Tragen' des Diamanten seitens B - also nur bis längstens 5.Februar 1979 - geprüft. Die gemäß den §§ 262, 267 StPO.

gebotene weitere Prüfung und Erärterung auch des nachfolgenden Verhaltens der Angeklagten bis zur Herausgabe des Steins (in beschädigtem Zustand) am 16.Februar 1979

(S. 181, 197/I; S. 315 f/I in Verbindung mit S. 127, 132/133/III, S. 186 ff. und 190/III), ist hingegen unterblieben.

Das von der Staatsanwaltschaft mit Recht gerügte Unterbleiben urteilsmäßiger Erärterungen wesentlicher einschlägiger Verfahrensergebnisse stellt einen Begründungsmangel dar, der entscheidende Tatsachen betrifft.

Das Erstgericht hätte anläßlich einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Beweisergebnisse im Sinn des § 258 Abs 2 StPO. zur Überzeugung von der Schuld der Zweitangeklagten gelangen können. Da mithin der Freispruch laut Punkt 1 und 3 des Urteilssatzes an einem Begründungsmangel leidet, der ihn gemäß § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. nichtig macht, war insoweit in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Beschwerde mit Urteilsaufhebung und Anordnung einer neuen Verhandlung vorzugehen.

2. Hingegen läuft das gegen den Freispruch der Liselotte B vom Anklagevorwurf der versuchten Anstiftung des Bankbeamten Franz E zur falschen Beweisaussage vor Gericht (Aussagethema: Hinterlegung dreier Sparbücher über insgesamt 6,180.000 S) gerichtete, gleichfalls den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. anrufende Beschwerdevorbringen der Staatsanwaltschaft im Ergebnis bloß auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichts hinaus, zeigt aber keinen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung dieses Nichtigkeitsgrunds auf. Das Gericht hat nämlich mit zwar knapper, nach der Lage des Falls aber zureichender Begründung (S. 240/241/III), namentlich mit dem entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft zutreffenden Hinweis auf Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben dieses Zeugen bei seinen Vernehmungen durch die Polizei (ON. 33/I S. 389 ff), beim Untersuchungsrichter (am 15. und am 25.Juni 1979: ON. 65/II S. 481 ff und S. 489/

490) sowie in der Hauptverhandlung vom 14.Juli 1980 (ON. 106/III S. 135 ff) etwa zu den Fragen 'Scheingeschäft' und Barauszahlung der Kreditvaluta in freier Beweiswürdigung nicht als erwiesen angenommen, daß B, wie dies E vor dem Untersuchungsrichter am 15.Juni 1979 angegeben hatte (S. 488 unten/II), versucht hat, den Zeugen zu falschen Angaben über die Herkunft der bei der Kreditaufnahme hinterlegten Sparbücher mit Millioneneinlagen anzustiften.

Insoweit war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft

der Erfolg zu versagen.

Zu den Berufungen:

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung zur Gänze auf die Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren zu verweisen, der Angeklagte A insoweit, als er die Strafaussprüche nach dem Finanzstrafgesetz mit seiner Berufung anficht. Mithin verbleibt der sachlichen Erledigung die Berufung A gegen den Freiheitsstrafausspruch.

Das Schöffengericht verhängte, wie schon eingangs erwähnt, über den Berufungswerber gemäß § 128 Abs 2 StGB.

eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfeinhalb Jahren. Dabei waren der hohe Schadensbetrag erschwerend, das Zustandebringen der Diebsbeute mildernd.

Der auf Herabsetzung der Freiheitsstrafe gerichteten Berufung des Angeklagten A kommt keine Berechtigung zu.

Weil die strafbestimmende Schuld wesentlich durch das (von ihr erfaßte) Gewicht der Tat und damit durch die Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung konstituiert wird (§ 32 Abs 3 StGB.), fällt bei Beantwortung der Frage nach der Angemessenheit der Strafe vorliegend der Diebstahlsschaden in der enormen Höhe von vielen Millionen Schilling besonders ins Gewicht. Im Hinblick auf die Sozialschädlichkeit des vom Angeklagten verkörperten Tätertyps - welche in der Durchtriebenheit der Planung und Ausführung des Verbrechens und in der Tatsache, daß er die ihm ergebene Liselotte B (unabhängig davon, ob sie sich selbst strafbar gemacht hat) dabei rücksichtslos ausnützte, ihren Ausdruck findet - ist die über den Berufungswerber verhängte Freiheitsstrafe keineswegs zu hoch ausgefallen. Der Angeklagte seinerseits vermag in der Berufung nichts aufzuzeigen, was eine Strafminderung rechtfertigen könnte, sodaß zusammenfassend gesagt werden muß, daß die ohnehin nur knapp die Hälfte des gesetzlichen Rahmens überschreitende Strafe der Unwertbedeutung des in Ausführung und Erfolg gleichermaßen außergewÄhnlichen Verbrechens durchaus gerecht wird.

Anmerkung

E03168

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00177.8.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19810521_OGH0002_0130OS00177_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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