TE OGH 1981/6/11 12Os65/81

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Veröffentlicht am 11.06.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Garai als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard Johann A und Karl B wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1

und 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Karl B erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung hinsichtlich des Genannten und des Angeklagten Gerhard Johann A und die Berufung des Angeklagten Gerhard Johann A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 3. April 1981, GZ 7 Vr 153/81-17, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft, Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky und der Ausführungen des Verteidigers der Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Achim Maurer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten Karl B wird Folge gegeben und die über diesen Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Monate erhöht.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten Gerhard Johann A und jener dieses Angeklagten wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 20. September 1961 geborene, beschäftigungslose Angeklagte Karl B des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt, weil er und der am 13. Februar 1959 geborene, gleichfalls beschäftigungslose Mitangeklagte Gerhard Johann A am 24. Februar 1981 in Ried im Innkreis in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) durch Einbruch und Einsteigen in das Betriebsgebäude der Firma C, wo sie einen Wandverbau gewaltsam äffneten, sohin ein Behältnis aufbrachen, fremde bewegliche Sachen in einem S 5.000,-- nicht übersteigenden Wert, nämlich mindestens S 350,-- Bargeld Angestellten der genannten Firma, sowie einen Anorak, eine Haarbürste und eine Brieftasche dem Nikolaus D mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht beim Angeklagten Karl B als erschwerend die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorverurteilung, den raschen Rückfall und die Intensität des kriminellen Vorsatzes (ersichtlich aus den gescheiterten Versuchen der beiden Angeklagten, auch noch zwei Getränkeautomaten aufzubrechen) sowie die mehrfache Qualifikation als Einbruchsdiebstahl, als mildernd hingegen die vernachlässigte Erziehung, den geringen Wert des Diebsgutes, das reumütige Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und die Tatbegehung noch vor Vollendung des 21. Lebensjahres, unter Einwirkung des Mitangeklagten A.

Rechtliche Beurteilung

Mit der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, macht die Staatsanwaltschaft dem Erstgericht die - Nichtigkeit bewirkende - Unterschreitung des im § 129 normierten Strafsatzes von sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe durch die Verhängung einer bloß viermonatigen Freiheitsstrafe zum Vorwurf.

Dies zu Unrecht:

Nach dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO ist das Urteil ua dann nichtig, wenn der Gerichtshof bei Ausmessung der Strafe seine Strafbefugnis oder die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes, soweit dieser durch namentlich im Gesetz angeführte Erschwerungs- und Milderungsumstände begründet wird, oder aber die Grenzen der ihm zustehenden außerordentlichen Strafmilderung unterschritten hat. Eine Nichtigkeit begründende Strafüberschreitung liegt mithin vor, wenn die verhängte Strafe entweder höher als das gesetzliche Hächstmaß oder niedriger als das bei Anwendung der ao Strafmilderung (§ 41 StGB) zulässige Mindestmaß ist (vgl SSt 26/34). Im letztangeführten Fall ist eine unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit des Strafausspruches relevante Unterschreitung der zulässigen Grenzen des Strafmilderungsrechtes daher nur gegeben, wenn das Gericht das Vorliegen von die angenommenen Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegenden Milderungsgründen, in Verbindung mit der begründeten Aussicht auf künftiges Wohlverhalten des Angeklagten, anerkannt und die Strafe unter dem im § 41 StGB bestimmten Maß festgesetzt hat (vgl EvBl 1949/113). Hingegen kann daraus, daß die die (angewendete) ao Strafmilderung begründende Gesetzesstelle (§ 41 StGB) - so wie vorliegend - im Urteil nicht ausdrücklich bezogen wurde, der Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO nicht abgeleitet werden (vgl schon KH 3503). Vielmehr ist, vom Fall der Überschreitung der Grenzen der dem Gericht zustehenden Strafmilderung abgesehen, die Frage der Anwendung oder Nichtanwendung des § 41 StGB nur mit Berufung bekämpfbar (LSK 1977/7 zu § 41 StGB;

vgl im übrigen die bei Mayerhofer/Rieder, StPO, unter Nr 26; 72 - 77, und bei Gebert-Pallin-Pfeiffer, StPO, Bd III/2 unter Nr 57 ff und Nr 71, jeweils zu § 281 Abs 1 Z 11, enthaltenen weiteren Hinweise und Entscheidungsauszüge).

Vorliegend ermöglichte die Bestimmung des § 41 Abs 1 Z 5 StGB, die gesetzliche Strafgrenze des § 129 StGB (Strafdrohung: sechs Monate /bis zu fünf Jahren/ Freiheitsstrafe) bis zu einer Freiheitsstrafe von einem Tag zu unterschreiten. Durch Ausmessung der Freiheitsstrafe mit (bloß) vier Monaten hat das Schöffengericht daher im Falle des Angeklagten Karl B die Strafe unter der Grenze des gesetzlichen Mindestmaßes bestimmt und damit die ao Strafmilderung - ohne Widerspruch zu den angenommenen Erschwerungs- und Milderungsgründen - angewendet; die offensichtlich nur versehentlich unterbliebene Zitierung des § 41 StGB im Urteil vermag daran nichts zu ändern.

Da mithin die Strafe im gegebenen Fall noch innerhalb des durch das ao Strafmilderungsrecht (nach unten) erweiterten Strafrahmens bemessen wurde, liegt mangels Überschreitung der Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes, bzw mangels Unterschreitung der - vorliegend möglichen - ao Strafmilderung keine Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 11 StPO vor. Der betreffende Strafausspruch kann vielmehr nur mit Berufung bekämpft werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war deshalb zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten Gerhard Johann A und Karl B nach § 129

StGB, den ersteren unter Anwendung des § 28 StGB, letzteren auch - wie in der Nichtigkeitsbeschwerde dargetan -

unter Anwendung des (wenn auch nicht ausdrücklich genannten) § 41 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von 10 bzw 4 Monaten. Bei der Strafzumessung ging das Erstgericht von den bereits bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten Karl B angeführten Erschwerungs- und Milderungsgründen aus, welche auch beim Angeklagten Gerhard Johann A mit der Maßgabe zutreffen, daß bei ihm als erschwerend die Urheberschaft beim Diebstahl und die Begehung von strafbaren Handlungen verschiedener Art hinzukommen, hingegen als mildernd das Alter unter 21 Jahren nicht in Betracht kam.

Diese Strafen bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten als zu gering, der Angeklagte A als zu hoch bemessen, jeweils mit Berufungen, von denen allein jener der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten Karl B Berechtigung zukommt.

Der geringe Wert der Diebsbeute im Zusammenhang mit teilweiser Schadensgutmachung wurde vom Erstgericht im Gegensatz zur Auffassung der Staatsanwaltschaft zu Recht als mildernd berücksichtigt (§ 32 Abs 3 StGB), welcher Umstand auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB beim Erstangeklagten weitgehend kompensiert. Die Straftat des Diebstahls an sich weist keinen besonderen sozialen Stärwert auf, sodaß das Strafausmaß bei Gerhard Johann A nicht als überhöht, aber auch nicht als zu gering bemessen, anzusehen ist, weil die von diesem Angeklagten ins Treffen geführte angebliche finanzielle Notlage von ihm selbst verschuldet war und ihm zum Zeitpunkte der Straftat im übrigen auch Geldmittel zur Verfügung standen (S 15 d.A). Ein Verschulden der Umwelt an seinen Straftaten, wie der Berufungswerber behauptet, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen. Bei seiner Person entspricht die vom Erstgericht gefundene Strafe durchaus dem Unrechts- und Schuldgehalt der Straftaten wie auch der Täterpersönlichkeit.

Hingegen erweist sich die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB beim Angeklagten Karl B als verfehlt. Der Genannte wurde mit Urteil des Kreisgerichtes Ried vom 20.1.1981, AZ 6 e Vr 955/80 wegen §§ 127 Abs 1, 129 Abs 1, 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt, wobei die Vollstreckung der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Etwa einen Monat später wurde B durch Begehung der in Rede stehenden Tat rückfällig, woraus sich die völlige Wirkungslosigkeit der erwähnten Verurteilung trotz Gewährung bedingter Strafnachsicht ergibt. Zufolge der sich hiedurch ergebenden ungünstigen Zukunftsprognose ist nicht anzunehmen, daß er sich in Hinkunft wohl verhalten werde, sodaß die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nicht als gegeben erachtet werden können. Die Strafe war demnach als schuld- und tatangemessen an der Untergrenze des Strafrahmens festzusetzen und in diesem Umfange der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, im übrigen wie im Spruche zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E03186

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00065.81.0611.000

Dokumentnummer

JJT_19810611_OGH0002_0120OS00065_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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