TE OGH 1981/6/11 13Os62/81

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Veröffentlicht am 11.06.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Juni 1981 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Eleonore A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 130, erster Fall, StGB. über die gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 20.Februar 1981, GZ. 3 a Vr 11911/80-29, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten Monika B und die Berufung der Angeklagten Eleonore A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Doczekal und Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Monika B wird verworfen.

Ihrer Berufung und derjenigen der Angeklagten Eleonore A wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den beiden genannten Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (u.a.) die am 27.November 1955 geborene Eleonore A und die am 28.Juni 1958 geborene Monika B sowie die am 19.Mai 1959 geborene Angelika C des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 130, erster Fall, StGB. schuldig erkannt, weil sie in wiederholten Angriffen in der Zeit von Juni bis Mitte Dezember 1980 in Wien und Niederösterreich gewerbsmäßig in Gesellschaft als Beteiligte in wechselnder Zusammensetzung mit Bereicherungsvorsatz Bargeld, A und C einmal auch einen goldenen Ring, stahlen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte Monika B mit Nichtigkeitsbeschwerde, die sie auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z. 5 und 10 StPO. stützt. Sie bekämpft damit die Zurechnung eines Gesamtschadens von mindestens 19.420 S und der gewerbsmäßigen Begehung des Diebstahls.

In der Mängelrüge nach der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bezeichnet sie die Urteilsfeststellung der Wegnahme eines Geldbetrags von 3.900 S zum Nachteil des Rudolf D als unvollständig und offenbar unzureichend begründet. Das Erstgericht habe sich nicht mit allen Beweisergebnissen auseinandergesetzt, weil es ihr Geständnis, dem Genannten (nur) 800 S gestohlen zu haben, seinen Feststellungen nicht zugrundegelegt und die Ablehnung dieser Verantwortung allein mit dem Hinweis auf einen möglichen Irrtum nicht ausreichend begründet habe. Da die Einvernahme des Geschädigten in der Hauptverhandlung unterblieb, sei die Diskrepanz zwischen dessen Angaben vor der Polizei und denen der Beschwerdeführerin vor Gericht nicht aufgeklärt worden. Der geltend gemachte Begründungsmangel liegt jedoch nicht vor. Die Beschwerdeführerin versucht vielmehr nur auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichts anzugreifen. Sie hat die gerichtliche Vernehmung des im gegenständlichen Faktum geschädigten Zeugen Rudolf D nicht beantragt und könnte daher das Unterbleiben dieser Beweisaufnahme auch nicht erfolgreich aus dem (sachlich an sich hier in Betracht kommenden) Grund der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. rügen. Es wurden nämlich nach einverständlichem Verzicht auf zeugenschaftliche Vernehmung des Rudolf D in der Hauptverhandlung (S. 229) dessen polizeiliche Angaben (S. 133, 229) verlesen; sie waren damit gemäß dem § 258 Abs 1 StPO. als Entscheidungsgrundlage geeignet. Wenn das Erstgericht seine Feststellungen auf diese gründete und der Verantwortung der Beschwerdeführerin, sie habe nur einen geringeren Betrag gestohlen - entgegen dem Beschwerdevorbringen konnte sie sich an das Ausmaß der Diebsbeute in diesem Faktum zunächst gar nicht erinnern (S. 224) und hat erst nach Verlesung der Angaben des Geschädigten behauptet, diesem nur 800 S gestohlen zu haben (S. 229) - den Glauben versagte, so liegt darin ein Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.). Die vom Erstgericht dafür gegebene Begründung, diese der Aussage des Geschädigten widersprechende Verantwortung der Angeklagten könne entweder in einem Irrtum oder im Vorliegen eines 'Betruges' (um einen Teil der Beute heimlich behalten zu können) unter den beiden Mittäterinnen (A und B) seine Erklärung finden (S. 246, 247), entspricht den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung. Die gerügte Feststellung ist daher weder mit einem Begründungsmangel noch einem sonstigen Nichtigkeitsgrund behaftet.

Gestützt auf den § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. bekämpft die Beschwerdeführerin die Zurechnung der gewerbsmäßigen Begehung des Diebstahls und damit dessen Unterstellung auch unter den § 130 StGB. mit dem Einwand, daß sie während des - übrigens relativ kurzen - Deliktszeitraums einem Beruf nachgegangen sei und nur wegen der Krankheit ihres Kinds einen erhöhten Geldbedarf gehabt habe. Aus der geringen Zahl ihrer Diebstähle könne daher nicht auf gewerbsmäßiges Handeln, sondern nur auf die gelegentliche Ausnützung sich bei der Berufstätigkeit ergebender Diebsgelegenheiten geschlossen werden. Dem ist zu erwidern, daß die Kürze der Zeit, in der die einzelnen Angriffe in relativ rascher Aufeinanderfolge gesetzt wurden (hier fünf Diebstähle zum Nachteil bekannter Geschädigter sowie noch einige weitere mit einem Schadensbetrag von mindestens 2.000 S zum Nachteil Unbekannter in der Zeit vom Oktober bis Mitte Dezember 1980) die Gewerbsmäßigkeit nicht ausschließt (12 Os 74/77). Zu deren Zurechnung genügt sogar die Begehung einer einzigen Tat, sofern nur das inkriminierte Verhalten unter Berücksichtigung seiner Begleitund Nebenumstände die - vorliegend als erwiesen angenommene - Absicht des Täters, durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu erschließen, klar, sinnfällig und unmißverständlich zum Ausdruck bringt (Leukauf-Steininger2, RN. 6 zu § 70 mit Judikaturzitaten). Daß die angestrebten Einkünfte aus Diebstählen die einzigen des Täters wären und er seinen Unterhalt ausschließlich aus diesen bestreitet bzw. bestreiten will, ist gleichfalls nicht erforderlich; es genügt vielmehr auch das Anstreben eines - fortlaufenden - Zuschusses zu den - vorliegend nach den Urteilsfeststellungen durch eine 'eher gelegentliche' Arbeitstätigkeit erzielten -

redlichen Einkünften, um die Verübung von Diebstählen in gewerbsmäßiger Absicht anzunehmen.

Schließlich hat die Beschwerdeführerin zwar auf den erhöhten Geldbedarf wegen der Krankheit ihres Kinds hingewiesen (S. 230), aber selbst nicht behauptet, deshalb nur vorübergehend Einkünfte aus Diebstählen zur Deckung dieses Bedarfs angestrebt zu haben. Auf dieses Detail ihrer Verantwortung mußte das Erstgericht daher nicht eingehen; es haftet wegen dieser Unterlassung seinem Urteil daher auch insoweit keine Unvollständigkeit durch stillschweigendes Übergehen derselben an und auch kein Feststellungsmangel durch rechtsirrige Nichtberücksichtigung von Verfahrensergebnissen, welche der Zurechnung gewerbsmäßigen Diebstahls entgegenstehende Feststellungen indiziert hätten, zumal sich die Beschwerdeführerin im Sinn der ihr auch gewerbsmäßiges Handeln anlastenden Anklage schuldig bekannt hatte (S. 221).

Rechtliche Beurteilung

Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Monika B war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten A und B nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB. Freiheitsstrafen von je achtzehn Monaten.

Erschwerend wertete es bei beiden die mehrfachen Angriffe, überdies bei Eleonore A die einschlägige Vorstrafe, bei Monika B die Tatbegehung innerhalb einer ihr gesetzten Probezeit, als mildernd hingegen das (bei A sogar umfassende) Geständnis. Diese Strafen wurden auch in Berücksichtigung des Schadens, bei Eleonore A von über 40.000 S, bei Monika B von ca. 20.000 S, festgesetzt (S. 249, 250).

Mit ihren Berufungen streben die beiden genannten Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Strafen, Eleonore A überdies die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.

Die Berufungen erweisen sich jedoch nicht als berechtigt. Bei dem den Berufungswerberinnen konkret zur Last liegenden Umfang der in Gewerbsmäßigkeit verübten Kriminalität kommt zwar weder der Wiederholung der diebischen Angriffe, noch dem raschen Rückfall oder der einschlägigen Vorkriminalität eine eigenständige erschwerende Bedeutung zu (Leukauf-Steininger2, RN. 13 zu § 32 StGB.; RN. 5 zu § 33 StGB.). Der Unterschied der Beute, die sie jeweils zu verantworten haben, kann für sich auch zu keiner Differenzierung im Strafausmaß führen, zumal die Werte betragsmäßig derselben Größenordnung angehören. Verfehlt ist schließlich der Hinweis des Erstgerichts, daß die festgestellte Schadenshöhe eine lediglich teilweise sei, weil zahlreiche ältere Menschen zwar einen Verlust erlitten, diesen aber nicht angezeigt hätten, sodaß er nicht Gegenstand des Verfahrens werden konnte, die Dunkelziffer gerade dieses geschädigten Personenkreises demnach enorm hoch sei (S. 247); denn ein Einfluß dieser Dunkelziffer auf die Strafbemessung (siehe S. 250) liefe letztlich auf eine Strafverhängung ohne Schuldspruch hinaus.

Dennoch erachtet der Oberste Gerichtshof bei einem bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatz eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten für vertretbar, wenn man das planmäßige Vorgehen der Angeklagten in arbeitsteiliger Weise und die rücksichtslose Tatausführung gegen ältere, nicht besonders agile Personen bedenkt, die unter Ausnützung eines den Angeklagten entgegengebrachten Vertrauens in der Sphäre ihres engen, häuslichen Lebensbereichs zu Schaden kamen (S. 245).

Schließlich steht auch die Art der Tatbegehung und das nicht untadelige Vorleben der Angeklagten Eleonore A der von ihr begehrten bedingten Strafnachsicht entgegen.

Anmerkung

E03181

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00062.81.0611.000

Dokumentnummer

JJT_19810611_OGH0002_0130OS00062_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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