Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und Peter B wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) und 15 StGB.
sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Peter A sowie die Berufung des Angeklagten Peter B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 12. März 1981, GZ. 20 Vr 4075/80-52, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kubac und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stäger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden Peter A und Peter B der Verbrechen (I) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB. sowie (III) des verbrechischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB. und (IV) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 (erster Fall) StGB. sowie Peter A ferner (II) des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB. und (V) des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffG. schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Nur den Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes ficht der Angeklagte A mit einer auf '§ 345 Abs 1
Ziff. 11a (281 Abs 1 Ziff. 9a und b) StPO.' gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, indessen zu Unrecht.
Insoweit liegt ihm zur Last, am 22. Oktober 1980 in Inzing in Gesellschaft des abgesondert verfolgten Helmut C als Beteiligter (§ 12 StGB.) und unter Verwendung einer Waffe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB.) den Bediensteten des Postamtes Inzing fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, dadurch wegzunehmen versucht zu haben, daß sie in Ausführung des zuvor gefaßten Planes, einen bewaffneten Überfall durchzuführen, mit einer scharf geladenen Pistole den Schalterraum des Postamtes betraten (Punkt II des Urteilssatzes). Verfehlt ist der primäre Einwand des Beschwerdeführers, in diesem - mit dem Wahrspruch der Geschwornen (zur Hauptfrage 3) als erwiesen angenommenen - Tatverhalten sei nicht schon ein strafbarer Versuch, sondern noch eine straflose Vorbereitungshandlung zu erblicken. Denn das Betreten des Tatorts mit einer scharf geladenen Pistole in Ausführung, also zur unverzüglichen (nicht mehr durch zeitliche, örtliche oder manipulative Zwischenetappen zu verzögernden) Verwirklichung des zuvor gefaßten Planes, dort einen Raubüberfall durchzuführen, stand mit der vorgesehenen Tat bereits in einem derart sinnfälligen Zusammenhang, daß es direkt auf sie ausgerichtet, nach den Zielvorstellungen der Täter ihrer Realisierung unmittelbar vorgelagert und (damit) auch schon in einem Deliktsstadium gelegen war, in dem letztere die (aus objektiver Sicht) entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden hatten. Infolge dieser (zeitlich, örtlich und spezifisch tatbildbezogen) unmittelbaren Nähe (zwar nicht zur Vollendung, wohl aber) zum Beginn der Tatbestandsverwirklichung wurde das in Rede stehende Täterverhalten mit Recht (zwar nicht als Ausführungshandlung, wohl aber) als eine der Ausführung des geplanten Raubes unmittelbar vorangehende Handlung im Sinn des § 15 Abs 2 StGB. beurteilt; daß die Täter in weiterer Folge dann doch noch von der Tatausführung Abstand nahmen, ändert daran nichts. Die geltend gemachte Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z. 11 lit a StPO. haftet dem angefochtenen Schuldspruch demnach nicht an.
Die Zusatzfrage (4) nach (freiwilligem) Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB.) - zur vorerwähnten Hauptfrage (3) - aber haben die Geschwornen verneint. Dieser (in der Beschwerde völlig ignorierte) Wahrspruch in Ansehung eines materiellrechtlichen Strafaufhebungsgrundes hätte nur im Weg einer Anfechtung der bezüglichen Rechtsbelehrung (§ 345 Abs 1 Z. 8 StPO.), nicht aber mit einer - sei es auf lit a oder sei es auf lit b des § 345 Z. 11 StPO.
gestützten (insoweit darin gar nicht vorgesehenen) - Rechtsrüge bekämpft werden können. Mit den darauf bezogenen, bloß gegen die (faktische und/oder rechtliche) Richtigkeit des Verdikts argumentierenden Einwänden des Beschwerdeführers wird daher kein im Gesetz vorgesehener Nichtigkeitsgrund zur Darstellung gebracht (§§ 285 Abs 1, 285 a Z. 2, 344
StPO.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB. Peter A zu zehn Jahren und Peter B zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es die (bei A sehr schweren) einschlägigen Vorstrafen beider Angeklagten, ihren raschen Rückfall innerhalb der ihnen bei ihrer bedingten Entlassung aus ihrer letzten Strafhaft gesetzten Probezeit, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die jeweils zweifache Qualifikation des (schweren) Raubes und des unbefugten Fahrzeuggebraucos sowie die große Höhe des Schadens am tatgegenständlichen Fahrzeug und bei A außerdem seine führende Rolle beim Zusammenwirken mit B sowie die Wiederholung des Raubes als erschwerend, hingegen die reumütigen Geständnisse beider Angeklagten, die zur Wahrheitsfindung beitrugen, die teilweise objektive Schadensgutmachung und überdies bei A den Umstand, daß der (schwere) Raub in einem Fall beim Versuch geblieben ist, sowie bei B sein Alter unter einundzwanzig Jahren, seine Erziehungsmängel, seine Verwahrlosung und seine bloß untergeordnete Rolle beim Zusammenwirken mit A als mildernd.
Den Berufungen, mit denen die Angeklagten eine Strafherabsetzung anstreben, kommt keine Berechtigung zu.
Zusätzliche Milderungsgründe vermögen die Berufungswerber nicht aufzuzeigen.Der Umstand, daß A nach seiner letzten Haftentlassung wieder zu arbeiten begann, könnte die ihm zur Last fallenden Straftaten selbst dann, wenn er in der Folge ungerechtfertigt entlassen worden sein sollte, ebensowenig in einem milderen Licht erscheinen lassen wie seine Neigung zur Resignation, Haltlosigkeit und Willensschwäche; auch eine drückende Notlage im Sinn des § 34 Z. 10 StGB. (als Tatmotiv) kann ihm (nach Lage des Falles) nicht zugutegehalten werden.
Insgesamt hat das Geschwornengericht die in Ansehung beider Angeklagten vorliegenden Strafzumessungsgründe durchaus zutreffend gewürdigt. Unter Bedacht auf den hohen Unrechtsgehalt der von ihnen begangenen Taten sowie auf ihr schwer belastetes Vorleben werden die über sie verhängten Freiheitsstrafen sowohl absolut als auch im Verhältnis zueinander ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB.) vollauf gerecht, sodaß den Berufungen ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Anmerkung
E03213European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00068.81.0623.000Dokumentnummer
JJT_19810623_OGH0002_0100OS00068_8100000_000