TE OGH 1981/7/8 3Ob104/80

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Veröffentlicht am 08.07.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix, Dr. Hule, Dr. Huber und Dr. Warta als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Siegmund Kleifel, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Alfred M*****, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn und Dr. Michael Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen 11.994,65 US-Dollar sA, infolge Revision der verpflichteten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1980, GZ 11 R 60/80-20, womit infolge Berufung der verpflichteten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Dezember 1979, GZ 47 d Nc 265/78-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 6.001,44 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 373,44 USt und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei mit Beschluss vom 2. 6. 1978, ON 2, auf Grund des Schiedspruches des Schiedsgerichtes der Handelskammer der Sozialistischen Republik Rumänien mit dem Sitz in Bukarest vom 28. 12. 1974, GZ 85 (837/1973) die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Forderung von 11.994,65 US-$ samt Anhang. Als Vollzugsgericht schreitet das Bezirksgericht Liesing ein, bei dem das Verfahren zu E 3719/78 anhängig ist.

Mit Urteil ON 18 hat das Erstgericht den gegen diese Exekutionsbewilligung erhobenen Widerspruch abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat dieses Urteil des Erstgerichtes bestätigt.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die vorliegende Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Widerspruch stattgegeben werde; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die betreibende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Die verpflichtete Partei erhebt zunächst das Vorbringen in ihrer Berufung auch zu ihrem Revisionsvorbringen. Auf dieses Vorbringen - und damit auf die behauptete Mangelhaftigkeit - ist nicht weiter einzugehen, weil es nicht zulässig ist, sich bei Ausführung einer Revision auf die Ausführungen in einem anderen Schriftsatz, wie etwa in der Berufung, zu beschränken (SZ 35/66 ua.).

Im Übrigen wird - als Schwerpunkt der Revision - der nach Ansicht der verpflichteten Partei den ordre public verletzende Umstand hervorgehoben, dass das Schiedsgericht das Verfahren über die Forderung der betreibenden Partei einerseits und über die Gegenforderung der verpflichteten Partei (die sowohl aufrechnungsweise eingewendet als auch mit Widerklage geltend gemacht wurde) anderseits trennte; auf diese Weise habe das Schiedsgericht die Durchsetzung dieser Gegenforderung der verpflichteten Partei auch nur im Aufrechnungsweg vereitelt, obwohl die Gegenforderung sogar innerhalb der Verjährungsfrist aufrechnungsweise eingewendet worden sei. Die verpflichtete Partei als Geklagte im Schiedsverfahren habe somit ihre Verteidigungsmittel, nämlich die gerechtfertigte Aufrechnungseinrede im Sinne des Art. V Abs. 1 lit b des Übereinkommens BGBl Nr. 200/1961 bzw. Art. IX Z l lit b des Übereinkommens BGBl Nr. 107/1964 nicht geltend machen können, weil das Schiedsgericht über diese Aufrechnungseinrede nicht verhandelt und entschieden habe, sodass dem der gegenständlichen Exekution zugrundeliegenden Schiedsspruch schon aus diesem Grunde die Anerkennung und Vollstreckung im Inland zu versagen sei.

Diesen Rechtsausführungen ist nicht beizupflichten.

Zunächst ist zu bemerken, dass Art. IX Z l lit b des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, BGBl Nr. 107/1964, hier nicht anzuwenden ist, da es nicht um die Aufhebung eines Schiedspruches, sondern um dessen Vollstreckbarkeit geht.

Art V Abs 1 lit b des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche, BGBl Nr. 200/1961, bestimmt, dass die Vollstreckung des Schiedspruches auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, versagt werden darf, wenn diese Partei den Beweis erbringt, dass die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder dass sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können. Wie das Berufungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ist keiner dieser Versagungsgründe im vorliegenden Fall gegeben. Nach den übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes und nach dem eigenen Vorbringen in der Revision war der Verpflichtete im Titelverfahren sehr wohl in der Lage, seine Verteidigungsmittel geltend zu machen, insbesondere das Erlöschen, bzw. den Nichtbestand der Klagsforderung infolge Aufrechnung mit einer höheren Gegenforderung. Darüber hinaus hat die verpflichtete Partei diese Gegenforderung mit Widerklage beim im Titelverfahren erkennenden Schiedsgericht geltend gemacht. Der Umstand, dass das Schiedsgericht über die Gegenforderung abgesondert verhandelt und entschieden hat, vermag daran nichts zu ändern, dass die verpflichtete Partei im Titelverfahren durchaus in der Lage war, ihre Verteidigungsmittel vorzubringen. Auch nach österreichischem Zivilprozessrecht kann nach § 391 Abs 3 ZPO unter bestimmten Voraussetzungen zunächst nur über die Klagsforderung entschieden werden, wobei die Frage des Vorliegens der prozessualen Voraussetzungen nicht von Amts wegen zu prüfen ist (SZ 37/96 ua). Auch nach den österreichischen Verfahrensgesetzen kann vor der Entscheidung über die eingewendete Gegenforderung gegen den Beklagten ein Exekutionstitel zur Leistung der Klagsforderung geschaffen und zur Hereinbringung dieses Anspruches Exekution geführt werden (vgl. Fasching III, 586 JBl 1980, 548 u.a.). Es kann daher nicht gesagt werden, dass die gleichartige Vorgangsweise im gegenständlichen Titelverfahren gegen den österreichischen ordre public verstößt, ohne dass näher erörtert werden müsste, ob der gegenständliche Exekutionstitel überhaupt als "Teilurteil" zu werten ist. Eine über diese Frage im Zusammenhang mit der Erlassung der "Teilentscheidung" durch das Schiedsgericht hinausgehende Überprüfung des ausländischen Titels in materiell-rechtlicher Hinsicht ist im Übrigen ausgeschlossen, wie das Berufungsgericht ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt hat.

Das Berufungsgericht hat sohin ohne Rechtsirrtum das über den Widerspruch der verpflichteten Partei vom Erstgericht gefällte Urteil bestätigt.

Es war daher auch der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E74459

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0030OB00104.8.0708.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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