TE OGH 1981/7/16 12Os73/81

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Veröffentlicht am 16.07.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Juli 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Garai als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB.

und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 13. Jänner 1981, GZ. 29 Vr 169/80-51, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Otto Ackerl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf vier Jahre und vier Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.August 1937 geborene beschäftigungslose Johann A des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB., sowie der Vergehen der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB., der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs 1 StGB., der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach dem § 215 StGB. und der Zuhälterei nach dem § 216

StGB. schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, A/ von Mai 1979 bis Juni 1979 in Staasdorf ca. 20 mal mit der am 21. Juli 1967 geborenen unmündigen Regina B den außerehelichen Beischlaf unternommen zu haben;

B/ von Mai 1979 bis Juni 1979 in Staasdorf zu wiederholten Malen die Regina B durch die Äußerung, wenn sie ihn wegen der zu A/ angeführten Straftaten anzeige, komme sie in ein Heim, sohin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich der Abstandnahme von der Anzeigeerstattung, genötigt zu haben;

C/ Ende September 1973 in Tulln die Rosita C dadurch, daß er sie in einem PKW. auf einen abgelegenen Feldweg brachte, sie festhielt und mit den Fingern deflorierte, auf eine andere als die in den §§ 201 bis 203 StGB. erwähnte Weise mit Gewalt zur Unzucht genötigt zu haben;

D/ in Wien die Waltraud B der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt zu haben, und zwar I/ im Herbst 1974 durch Vermittlung des Gassenstriches in Wien 15., Goldschlagstraße;

II/ anfangs 1975 und im Februar 1976 jeweils durch Vermittlung von Bordelladressen und Anstiftung zur Bordellprostitution in Steyr;

III/ im März 1977 durch Vermittlung einer 'Prostituierten-Arbeitswohnung' in Wien 4., Belvederegasse 24, und durch Aufgabe von Kontaktinseraten;

IV/ im Sommer 1977 durch Vermittlung und Mithilfe beim Ausbau einer Wohnung in Wien 15. ('Studio I') und neuerlich durch Aufgabe von Kontaktinseraten;

E/ von Herbst 1974 bis 13. August 1975 und von Ende Dezember 1975 bis 29. Jänner 1980 seinen Unterhalt vorwiegend ganz und vereinzelt zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Waltraud B durch deren Ausbeutung zu gewinnen gesucht zu haben, indem er ihr den Schandlohn entweder ganz oder zum Teil abnahm.

Von den weiteren Vorwürfen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs 1 StGB.

und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB. wurde Johann A rechtskräftig freigesprochen.

Seinen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit

Berufung an.

In seiner Verfahrensrüge nach dem § 281 Abs 1 Z. 4 StPO. behauptet er, durch die Abweisung verschiedener Beweisanträge in seinen Verteidigungsrechten verletzt worden zu sein; diese Behauptung erweist sich jedoch aus folgenden Gründen als unrichtig:

Die Einvernahme der Zeugen Hermann D und Walter E sollte dem Nachweis dienen, daß der Angeklagte unangemeldet gearbeitet und auf diese Weise genügend verdient habe, wodurch der Vorwurf der Zuhälterei seiner Meinung nach entkräftet worden wäre (S. 376). Diesen Beweisantrag hat das Schöffengericht wegen Klärung der Sachund Rechtslage aus der Erwägung abgewiesen, daß die Einkommensverhältnisse des Zuhälters nicht Tatbestandsmerkmal seien (S. 376 und 399).

Rechtliche Beurteilung

Diese Begründung ist insofern zutreffend, als das Vergehen der Zuhälterei schon dadurch begangen werden kann, daß ein nicht gänzlich unerheblicher Teil des Lebensunterhalts aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person gezogen wird. Davon konnte das Schöffengericht auf Grund der von ihm für glaubwürdig erachteten Aussage der Zeugin Waltraud B (S. 398) auf jeden Fall ausgehen, ohne daß es noch weiterer Beweise über die Höhe des vom Angeklagten allenfalls außerdem bezogenen eigenen Einkommens bedurfte.

Eine sichtbare Anomalie am Geschlechtsteil des Angeklagten hat das Schöffengericht auf Grund eines ihm vorliegenden ärztlichen Zeugnisses ohnehin ausdrücklich festgestellt (S. 393), ebenso aber, daß diese Anomalie den Zeuginnen Regina B und Rosita C aus verschiedenen Gründen (Mangel an Erfahrung, Aufregung) nicht auffallen mußte und hieraus Rückschlüsse auf mangelnde Glaubwürdigkeit dieser Zeuginnen nicht gezogen werden können (S. 393, 395). Durch die vom Angeklagten begehrte Einholung eines weiteren ärztlichen Gutachtens über die betreffende Veränderung an seinem Geschlechtsteil hätte sich an dieser Auffassung nichts ändern können.

Ob Regina B über die Mißbrauchshandlungen des Angeklagten, die jener vor dem Untersuchungsrichter zum Teil sogar zugegeben hatte (S. 50, 392) den Zeugen Karl F und Berta G gegenüber Angaben gemacht hat oder nicht, kann, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, auf sich beruhen, weil Regina B die Unzuchtshandlungen des Angeklagten zunächst sogar ihrer Mutter gegenüber bestritten hatte, ohne daß hieraus nach Auffassung des Schöffensenats Schlußfolgerungen gezogen werden konnten, die die Glaubwürdigkeit des Kindes beeinträchtigt hätten (S. 392, 393, 394).

Die Einvernahme des Zeugen Viktor H sollte nach dem Antrag des Angeklagten der Erforschung des Umstandes dienen, daß die Fahrt der Zeugin Waltraud B nach Graz (wo sie Arbeit in einer Bar annahm), nur in Begleitung dieses Zeugen und ohne den Angeklagten erfolgte (S. 376). Wenn in der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt wird, durch die Aussage dieses Zeugen wäre erwiesen worden, daß es keiner Einflußnahme des Angeklagten auf Waltraud B bedurfte, um sie zur Ausübung der Prostitution zu veranlassen, so fehlt es insoweit bereits am formellen Erfordernis entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung, weil dort der Zeuge zu einem anderen Beweisthema geführt wurde. Es erscheint aber auch darum unerheblich, ob damals nur Viktor H oder auch der Angeklagte in Begleitung der Zeugin Waltraud B nach Graz fuhr, weil, wie das Schöffengericht in den Etnscheidungsgründen zur Abweisung des Beweisantrages darlegt, die Fahrt der Waltraud B nach Graz und die Annahme einer Beschäftigung als Animierdame dortselbst gar nicht Gegenstand der Anklage waren (S. 397, 398). Ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten konnte auch die Einvernahme des Zeugen Heinz I unterbleiben, dessen Angaben höchstens mittelbar für die Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin Waltraud B von Bedeutung hätten sein können. Der Schöffensenat hat aber schon aus anderen Umständen und letztlich auch auf Grund des von der in der Hauptverhandlung ausführlich vernommenen Zeugin gewonnenen persönlichen Eindrucks mit zureichendem Grund auf die Verläßlichkeit ihrer Aussage schließen können (S. 396 bis 399). Zur Frage, ob der Angeklagte einen Beitrag zur gemeinsamen Lebensführung geleistet hat, war die Aussage des Zeugen I gleichfalls entbehrlich, da selbst wenn dies zutreffen sollte, der Vorwurf der Zuhälterei damit nicht entkräftet wäre. Es bestand auch kein Grund zur Beiziehung eines jugendpsychiatrischen Sachverständigen zur Frage der Aussagefähigkeit und Aussageehrlichkeit der Zeugin Regina B, weil die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Zeugenaussage letztlich immer Sache der Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes ist (S. 394) und die Verteidigung konkrete Umstände, welche - ausnahmsweise - die Einvernahme eines solchen Sachverständigen hätten geboten erscheinen lassen, nicht aufzuzeigen vermocht hat.

Daß der Angeklagte schon vor der inkriminierten Unzuchtshandlung gegenüber Rosita C zudringlich geworden ist, hat das Gericht ohnehin angenommen; einer Einvernahme des in diesem Zusammenhang beantragten Zeugen Friedrich C jun. bedurfte es demnach nicht mehr (S. 395, 396).

Der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs 1

StPO. ist daher durch die Abweisung der vom Angeklagten gestellten

Beweisanträge nicht verwirklicht worden.

Für unvollständig im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 5

StPO. erachtet der Beschwerdeführer das Urteil deshalb, weil es sich nicht damit auseinandersetze, daß Waltraud B einerseits behaupte, aus der Prostitution im Laufe mehrerer Jahre insgesamt ein Einkommen von ca. 2,000.000 S bezogen zu haben, andererseits aber auch angebe, hievon gut gelebt (S. 356, 357) und dem Beschwerdeführer (dennoch) etwa 2,000.000 S gegeben zu haben (S. 360). Es könne daher nicht zutreffen, daß der Beschwerdeführer, wie das Erstgericht feststelle, der Zeugin Waltraud B fast ihr ganzes Geld abgenommen habe. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß das Schöffengericht naturgemäß keine ziffernmäßig genauen Feststellungen über die Höhe der Beträge treffen konnte, die dem Angeklagten vom Einkommen der Waltraud B aus der Prostitution zugeflossen sind. Es genügt aber, daß dies nach den betreffenden Feststellungen erhebliche Summen waren und der Angeklagte jedenfalls den überwiegenden Teil der Einnahmen von Waltraud B für sich verwendet (S. 398). Diese Feststellungen sind auch in den Ergebnissen des Beweisverfahrens gedeckt (S. 354 bis 357).

Gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen wendet der Angeklagte ein, das Gericht stütze sich hiebei auf die Aussagen der Regina B, befasse sich jedoch nicht mit den Angaben ihrer Schwester Gabriele, aus denen sich die Wahrheitswidrigkeit der Angaben der Regina B ergebe. Auch hierin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Daß Gabriele B, mit deren Angaben sich das Gericht ohnehin befaßt (S. 392), sich an Details der Vorfälle nicht erinnert, ist im Hinblick auf das Alter der Zeugin zur Tatzeit (elf Jahre) durchaus kein Indiz gegen die Glaubwürdigkeit der Aussage ihrer Schwester Regina, der die näheren Tatumstände als unmittelbarem Tatopfer jedenfalls besser in Erinnerung bleiben mußten als ihrer Schwester.

Im übrigen hat der Angeklagte, worauf das Erstgericht ausdrücklich hinweist, zumindest vor dem Untersuchungsrichter den geschlechtlichen Mißbrauch an Regina B zugegeben (S. 50), wenngleich er dieses Geständnis in der Folge widerrufen hat. Daß aber die Ursache für die Verängstigung des Mädchens, die auch dem Zeugen J, einem Gendarmeriebeamten, aufgefallen ist, in der vom Angeklagten gegenüber Regina B geäußerten Drohung, sie komme in ein Heim, wenn sie etwas über die Unzuchtshandlungen verlauten lasse, lag (S. 387, 388, 394), stellt eine unter den gegebenen Umständen durchaus naheliegende Schlußfolgerung dar.

Daß die Zeugin Rosita C den Annäherungsversuchen des Angeklagten im Auto Widerstand entgegengesetzt und der Angeklagte auch die Ernstlichkeit dieses Widerstandes erkannt hat (S. 395), konnte das Schöffengericht auf Grund der Aussage dieser Zeugin feststellen (S. 371); was in der Nichtigkeitsbeschwerde dagegen vorgebracht wird, erschöpft sich in einer unzulässigen und damit unbeachtlichen Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung. Daß aber die Zeugin die etwa erbsengroße Mißbildung am Geschlechtsteil des Angeklagten nicht bemerkt hat, wurde vom Schöffengericht ohnehin festgestellt, welches diesen Beobachtungsfehler aber schlüssig mit der Aufregung der Zeugin Rosita C erklärt und ihm keine Bedeutung beigemessen hat, welche die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin beeinträchtigen könnte (S. 395).

Gegen den Vorwurf, Waltraud B der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt zu haben, wendet der Beschwerdeführer ein, selbst nach der Aussage dieser Zegin habe er nur die Idee hiezu gehabt, sonst aber auf den Willen der Zeugin zur Ausübung der Prostitution nicht weiter eingewirkt. Daß er sich mit ihr gemeinsam den Standplatz in der Goldschlagstraße angesehen habe, sei eine unter Lebensgefährten im Rahmen ihrer gegenseitigen Beistandspflicht nicht unübliche Vorgangsweise, das Bordell in Steyr habe Waltraud B nur deshalb aufgesucht, weil es ihr im Winter für den Gassenstrich zu kalt gewesen sei und die Inserate, durch die die Tätigkeit der Waltraud B gefördert werden sollte, seien zum Teil nicht von ihm, sondern von der Zeugin selbst aufgegeben worden. Er habe ihr auch den Standplatz in der Goldschlagstraße nicht verschafft und die Idee zum Studio I, das der Ausübung der Prostitution diente, sei von der Zeugin und nicht vom Angeklagten ausgegangen.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Angeklagte keinen formalen Begründungsmangel auf. Als Zuführen im Sinne des § 215 StGB. ist jede Tätigkeit zu verstehen, die darauf abzielt, das Opfer mittels gezielter Einflußnahme zur Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht zu veranlassen, sodaß dessen gesamte Lebensführung in jene einer Prostituierten umgewandelt wird. Ein bloßer Ratschlag etwa genügt hiezu nicht, der Täter muß vielmehr auf das Opfer gezielt einwirken (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN 4 zu § 215). Dies aber hat der Beschwerdeführer nach den in den Ergebnissen des Beweisverfahrens entsprechende Deckung findenden Feststellungen des Schöffengerichtes schon dadurch getan, indem er Waltraud B bei der Beschaffung der Kontrollkarte behilflich war, Schwierigkeiten beseitigte, die sie auf ihrem Standplatz Goldschlagstraße hatte, ihr Bordelladressen vermittelte, Wohnungen zur Ausübung der Prostitution verschaffte und einrichtete und für sie auch Inserate aufgab (S. 389, 390).

Daß es ihm allenfalls nicht besonders schwergefallen ist, Waltraud B in diesem Sinne zu beeinflussen und daß auch von ihr Aktivitäten in dieser Richtung entfaltet worden sind, ändert an der Beurteilung seines Verhaltens als einem Zuführen zur Prostitution im oben beschriebenen Sinne nichts (S. 396, 397). Aber auch die Feststellung, daß der Angeklagte die Zeugin ausgebeutet habe (S. 398, 399), findet im Akteninhalt ausreichende Deckung (S. 354 bis 357).

Ob die Zeugin dieser Ausbeutung dadurch hätte entgehen können, wenn sie den gemeinsamen Haushalt verlassen haben würde, kann dahingestellt bleiben, kommt es doch beim Tatbestand der Zuhälterei nicht darauf an, ob das Opfer der Ausbeutung auch Widerstand entgegensetzen könnte oder ob ihm dies nicht möglich ist. Wesentlich allein ist, daß ein nicht unerheblicher Teil des Lebensunterhaltes des Täters durch die Ausbeutung der Prostituierten bestritten wird, worunter aber nicht nur die Befriedigung notwendiger Lebensbedürfnisse, sondern auch Luxusausgaben zu verstehen sind. Entsprechende Feststellungen hat das Erstgericht getroffen.

Von einem bezüglichen Begründungs- oder auch Feststellungsmangel des Urteils kann somit gleichfalls nicht die Rede sein. Mit seiner Rechtsrüge bekämpft der Angeklagte gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. zunächst den Schuldspruch wegen Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB. und meint hiezu, die vom Erstgericht festgestellte Äußerung, Regina B werde, falls sie den Angeklagten wegen der an ihr durchgeführten Unzuchtshandlungen anzeige, in ein Heim kommen, stelle sich nicht als Drohung mit einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre oder Vermögen im Sinn des § 74 Z. 5 StGB. dar, weil sie nur darauf abgestellt gewesen sei, der Zeugin die Möglichkeit einer Trennung von ihrer Schwester Gabriele vor Augen zu führen. Eine behördliche Erziehungsmaßnahme, wie sie die Einweisung in ein Heim darstelle, könne auch nicht als 'Übel' gewertet werden. Diesem Vorbringen zuwider stellt die Einweisung in ein Erziehungsheim eine Maßnahme dar, die, wenn sie einem Kind gegenüber angedroht wird, das in einigermaßen geordneten familiären Bindungen aufwächst, wie dies bei Regina B der Fall war, sehr wohl begründete Besorgnisse zu erwecken vermag, zumal damit nicht nur ein Verlassen der gewohnten Umgebung, sondern auch eine erhebliche Einschränkung der persönlichen Freizügigkeit verbunden wäre (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, RN. 18 und 19 zu § 74). Eine solche Äußerung ist jedenfalls anders zu verstehen wie die Bemerkung, man werde ein durchgegangenes Kind wieder zu seinen Eltern zurückbringen, was im Regelfall keine gefährliche Drohung darstellt (EvBl 1977/223). Außerdem muß bei der Beurteilung der Eignung von Drohungen gegenüber Kindern, Besorgnis einzufläßen, ein strengerer Maßstab angelegt werden als bei Drohungen gegenüber Erwachsenen (10 0s 121/78). So gesehen erscheint die Drohung des Angeklagten, sie werde in ein Heim kommen, durchaus geeignet, in Regina B begründete Besorgnisse zu erwecken, die sie auch tatsächlich zu der vom Angeklagten verlangten Unterlassung einer Anzeige veranlaßt haben. Hinzu kommt, daß der Angeklagte auf das von Regina B geforderte Verhalten keinerlei Recht hatte. Dem Erstgericht ist daher bei Beurteilung der inkriminierten Äußerung als gefährliche Drohung kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Wenn der Beschwerdeführer unter Anrufung desselben Nichtigkeitsgrundes weiters meint, er habe seiner Lebensgefährtin Waltraud B zunächst nur geraten, die Prostitution auszuüben und sie in der Folge bei dieser Tätigkeit bloß geringfügig unterstützt, worin keinesfalls ein tatbildliches 'Zuführen' zur Unzucht erblickt werden könne, so wird auf die bereits bei der Behandlung der Mängelrüge vorgenommene Erörterung dieses Begriffes hingewiesen. Den Urteilsfeststellungen zufolge ist Waltraud B jedenfalls vom Angeklagten gezielt zur gewerblichen Unzucht veranlaßt und somit im Sinne des Gesetzes derselben zugeführt worden.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer, der Zeugin Waltraud B sei nicht so viel Geld weggenommen worden, daß sie sich in ihren Bedürfnissen auf das Notwendigste einschränken habe müssen, weshalb von einem für den Tatbestand der Zuhälterei notwendigen 'Ausbeuten' auch aus diesem Grunde nicht gesprochen werden könne. Diesbezüglich ergibt sich jedoch aus den Gründen des angefochtenen Urteils, daß der Angeklagte seine Lebensgefährtin rücksichtslos ausgenützt, ihr den Großteil ihrer Einkünfte weggenommen und das Geld für sich verwendet hat (S. 391, 398).

In diesem angenommenen Verhalten ist aber ein Ausbeuten zu erblicken, welches entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht erst dann vorliegt, wenn das Opfer zu einer Einschränkung seiner Lebenshaltung auf das Notwendigste gezwungen wird, sondern schon dann, wenn dem Opfer der Verdienst zu einem erheblichen Teil rücksichtslos weggenommen wird und hiedurch vitale Interessen des Opfers beeinträchtigt werden (Leukauf-Steininger Komm. zum StGB.2, RN. 6 und 7

zu § 215). Somit kann dem Ersturteil auch insoweit kein Fehler in der rechtlichen Beurteilung vorgeworfen werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 206 Abs 1 StGB. unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 30. Jänner 1980, GZ. 29 E Vr 631/79, abgeändert mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 22. April 1980, AZ. 25 Bs 124/80 (acht Monate Freiheitsstrafe wegen des Vergehens der Unterschlagung als Beteiligter nach §§ 12, 134 Abs 1 und 3, erster Fall, StGB.), zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren und nahm bei der Strafzumessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen wegen Gewaltdelikten und das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit drei Vergehen (richtig: ein Verbrechen mit vier Vergehen), als mildernd hingegen das Teilgeständnis vor dem Untersuchungsrichter an.

Die Berufung des Angeklagten, welche Strafminderung begehrt, ist im Ergebnis berechtigt.

Zwar vermögen die von ihr ins Treffen geführten Argumente mit der Ausnahme, daß das an Rosita C begangene Vergehen nach § 204 Abs 1 StGB. (Faktum C des Urteilssatzes) tatsächlich Jahre zurückliegt, nicht zu überzeugen, zumal dem Angeklagten als erschwerend zusätzlich noch die Wiederholung der Unzuchtshandlungen und der Drohungen, sowie die lange Dauer der Ausbeutung der Waltraud B zur Last fällt.

Bei gemeinsamer Aburteilung der in Rede stehenden strafbaren Handlungen mit jener, welche der oben angeführten gesonderten Verurteilung durch das Kreisgericht St. Pölten bzw. durch das Oberlandesgericht Wien zugrundeliegt, muß aber angenommen werden, daß nach Lage des Falles wie auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters und des Unrechtsgehaltes der einzelnen Straftaten keine höhere als eine fünfjährige Freiheitsstrafe verhängt worden wäre.

Allein aus diesem Grunde war daher in Stattgebung der Berufung des Angeklagten das Strafausmaß wie im Spruche zu reduzieren. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03296

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00073.81.0716.000

Dokumentnummer

JJT_19810716_OGH0002_0120OS00073_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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