TE OGH 1981/8/21 13Os105/81

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Veröffentlicht am 21.08.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.August 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Larcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Harald A u.a. wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 12, 15, 142 Abs 1, 143 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die von dem Angeklagten Manfred B gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 31.März 1981, GZ. 11 Vr 2012/80-66, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers DDr. Peter Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Manfred B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wurde u.a. der am 25.April 1951 geborene Kraftfahrer Manfred B des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 12 (dritter Fall), 15, 142 Abs 1, 143, erster Fall, StGB. und des Verbrechens des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB. schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt dieser Schuldsprüche trug der Angeklagte B einerseits zur Ausführung des von den Mitangeklagten Harald Anton A und Josef Franz C am 10.Juli 1980 im Postamt Allerheiligen bei Wildon in Gesellschaft unter Verwendung von Waffen unternommenen Versuchs, der Postbeamtin Maria D durch Drohung Geld abzunötigen, indem sie zwei mit scharfer Munition geladene Trommelrevolver gegen sie in Anschlag brachten, dadurch vorsätzlich bei, daß er dem A die beiden Trommelrevolver mit zwälf dazu passenden scharfen Patronen zwecks Durchführung eines (für den gleichen Tag in Allerheiligen bei Wildon) geplanten Bankraubes überließ (A 2 a).

Andererseits verabredete er Anfang Juni 1980 in Feldkirchen mit Harald Anton A und Josef Franz C die gemeinsame Ausführung eines für den 30.Juni 1980 geplanten, mit Faustfeuerwaffen durchzuführenden Raubüberfalls auf die Raiffeisenkasse St. Bartholomä (B). Die Geschwornen hatten die beiden, B betreffenden Hauptfragen II und V bejaht und die zur Hauptfrage V gestellte Zusatzfrage VII in Richtung tätiger Reue gemäß § 277 Abs 2 StGB. verneint. Manfred B stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde auf § 345 Abs 1 Z. 6, 8 und 12 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung erblickt der Beschwerdeführer in der Hauptfrage II: 'Ist der Angeklagte Manfred B schuldig, zur Ausführung der unter der Hauptfrage I geschilderten Tat beigetragen zu haben, indem er Anfang Juli 1980 in Feldkirchen dem Harald A zwei Trommelrevolver mit zwälf dazu passenden scharfen Patronen für die Durchführung eines geplanten Bankraubes überließ?'

Diese Formulierung stelle zum einen auf den von den Mitangeklagten A und C tatsächlich unternommenen Raubversuch im Postamt Allerheiligen, zum anderen aber - im Widerspruch dazu - auf einen geplanten Raubüberfall auf eine Bank (die Raiffeisenkasse Allerheiligen) ab, der nicht den Gegenstand der Anklage gebildet habe. Die den Geschwornen hiezu erteilte Rechtsbelehrung wird als unrichtig bezeichnet (§ 345 Abs 1 Z. 8 StPO.), weil sie so allgemein gehalten sei, daß die Laienrichter zur irrigen Ansicht gelangen konnten, es handle sich bei dem geplanten Raub und bei dem tatsächlich begangenen Raubversuch um eine und dieselbe Tat, und es stünde der Annahme der Tatbeteiligung des Beschwerdeführers an dem im Postamt Allerheiligen unternommenen Raubversuch nicht entgegen, wenn sein Vorsatz nur auf die Verübung eines Raubüberfalls auf die Raiffeisenkasse Allerheiligen gerichtet gewesen sei. Der Beschwerdeeinwand versagt.

Der Vorsatz des Gehilfen (§ 12, dritter Fall, StGB.) muß zwar auf eine individuell bestimmte und vorgestellte Haupttat gerichtet sein (LSK 1976/138). Dazu reicht aber aus, daß der Gehilfe die Umstände der Haupttat mit ihren wesentlichen Merkmalen, gewissermaßen skizzenhaft, in seinen Vorsatz aufgenommen hat; nicht erforderlich, ja vielfach gar nicht möglich ist, daß er den durch das - wenigstens ausführungsnahe - Handeln des Haupttäters in Gang gesetzten verbrecherischen Geschehensablauf in allen Einzelheiten voraussieht (13 Os 115/80). Aus diesem Grund sind solche Abweichungen der Haupttat (Versuch oder Vollendung) von der Vorstellung des Gehilfen, die keine wesentlichen, den Deliktstypus und dessen individuelle Verwirklichung betreffenden Merkmale einschließen (siehe oben), unerheblich. Wird die Haupttat an einem anderen als dem ursprünglich vorgesehenen, aber gleichartigen Tatobjekt verübt, so schließt eine derartige Abweichung des tatsächlichen Geschehens vom Tatplan folgerichtig die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gehilfen für seinen Tatbeitrag nicht aus, wenn es ihm auf die Individualität des Tatobjekts nicht ankommt (LSK 1981/2).

All dies auf den vorliegenden Fall angewendet, zeigt, daß bei der Fragestellung und bei der Rechtsbelehrung als für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Manfred B unwesentlich unberücksichtigt bleiben konnte, daß die Mitangeklagten A und C den Raubüberfall nicht auf die Raiffeisenkasse Allerheiligen, sondern, als sie erkannten, daß diese geschlossen war, auf das im selben Gebäude untergebrachte Postamt Allerheiligen unternahmen. Nach den - insoweit übereinstimmenden - Verfahrensergebnissen ging es den Angeklagten ja nur um einen Raubüberfall, um sich Geld zu verschaffen, wofür ihnen primär ein Geldinstitut geeignet erschien. Das Tatobjekt war dem Nichtigkeitswerber, auch wenn man dessen eigenen Angaben zugrundelegt, letztlich gleichgültig; er wurde nach seiner Schuld bestraft (§ 13 StGB.).

So gesehen haftet weder dem Wahrspruch der Geschwornen ein innerer Widerspruch (§ 345 Abs 1 Z. 9 StPO.) an, noch beruht auf Grund der darin getroffenen Tatsachenfeststellungen die Verurteilung des Rechtsmittelwerbers wegen §§ 12, 15, 142 Abs 1, 143, erster Fall, StGB. auf einer unrichtigen Gesetzesanwendung (§ 345 Abs 1 Z. 12 StPO.).

Auch das weitere, unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen Rechtsbelehrung erstattete Beschwerdevorbringen erweist sich als unzutreffend: Die in der schriftlichen Rechtsbelehrung enthaltene Bemerkung, die Förderung einer strafbaren Handlung eines anderen könne nicht nur in einem aktiven Tun, sondern auch in einer Unterlassung bestehen, ohne gleichzeitigen Hinweis auf die Bestimmung des § 2 StGB. konnte die Geschwornen bei ihrem Wahrspruch nicht beirren; dies schon deshalb, weil als Beihilfe des Beschwerdeführers in concreto nur ein aktives Tun, nämlich die Überlassung von Faustfeuerwaffen zur Begehung eines Raubes, in Betracht kam. Die Kriterien des § 15 Abs 1 StGB. für einen strafbaren Versuch wurden in der Rechtsbelehrung ausführlich, richtig und in einer für Laien verständlichen Art dargelegt. Ein HInweis auf die Möglichkeit eines freiwilligen strafbefreienden Rücktritts war in diesem Zusammenhang nicht erforderlich; einerseits, weil bezüglich des Raubversuchs eine Frage in der Richtung des § 16 StGB. mangels indizierender Verfahrensergebnisse zu Recht nicht gestellt wurde, andererseits, weil zur Zusatzfrage VII die Voraussetzungen für die Straflosigkeit eines verbrecherischen Komplotts wegen tätiger Reue gemäß § 277 Abs 2 StGB.

ohnehin erläutert wurden.

Für nichtig gemäß der Z. 12 - der Sache nach Z. 4

(in bezug auf § 260 Abs 1 Z. 2 StPO.) - des § 345 Abs 1 StPO. hält der Beschwerdeführer das Urteil schließlich deshalb, weil in der Bezeichnung der ihm angelasteten strafbaren Handlung das Wort 'versucht' fehlt. Allein mittels des den Versuch verkörpernden Teils des Urteilssatzes wurde gemäß §§ 260 Abs 1 Z. 1, 270 Abs 2 Z. 4, 342 StPO. die Haupttat eindeutig als versuchter schwerer Raub inkriminiert und damit, jedoch nur damit die Nichtigkeit abgewendet. Das Zitat '§ 15 StGB.' gemäß § 260 Abs 1 Z. 4 StPO. und gar erst die Anführung des mildernden Umstands des § 34 Z. 13 StGB. in den Entscheidungsgründen könnten das Fehlen eines gemäß § 260 Abs 1 Z. 1-3 StPO. bei sonstiger Nichtigkeit verlangten Bestandteils des Urteilsspruchs niemals ersetzen ! Hinzugefügt sei, daß die Z. 2 des § 260 Abs 1 StPO. lediglich den Ausspruch des verwirklichten Tatbestands des Besonderen Teils ('strafbare Handlung'), nicht aber dessen Verwirklichungsstadium (Versuch oder Vollendung) verlangt; Z. 1 hingegen umgreift die ganze 'Tat', folglich auch deren Entwicklungsstufe.

Die Beschwerde war nach dem Gesagten zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten B nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. unter Anwendung des § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Jahren. Es wertete bei dieser Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden (vier) Vorstrafen wegen leichter Körperverletzung und den Umstand, daß B der Urheber des verbrecherischen Komplotts und des von den Mitangeklagten Harald Anton A und Josef Franz C versuchten schweren Raubes war, hingegen berücksichtigte es als mildernd das teilweise reumütige Geständnis, die Tatsache, daß der eben bezeichnete schwere Raub beim Versuch blieb und kein Schaden entstand, sowie den nachteiligen Leumund.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte B die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (unter Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung) an.

Die Berufung scheitert letzten Endes an den Erfordernissen des § 41 Abs 1 StGB.

Das Erstgericht stellte mit der Ausnahme, daß - wie sich aus § 34 Z. 2 StGB. ergibt - bei acht (davon vier auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden) Vorstrafen ein nicht nachteiliger Leumund als Milderungsumstand nicht herangezogen werden kann, die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest. Es unterzog sie auch einer zutreffenden Würdigung, verhängte die Mindeststrafe und gelangte zu dem richtigen Ergebnis, daß beim Berufungswerber die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anwendung der im § 41 StGB. geregelten außerordentlichen Strafmilderung nicht vorliegen. Es überwiegen nämlich die Milderungsgründe die Erschwerungsumstände nicht beträchtlich und auch den spezialpräventiven Erfordernissen wird vom Berufungswerber nicht entsprochen. So besehen erweist sich das Berufungsvorbringen als verfehlt:

Vorsätzliche Körperverletzungen beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung wie Raub, stellt sich doch dieses Verbrechen nicht nur als Eigentums-, sondern auch als Aggressionsdelikt dar. Daß der Angeklagte B Urheber des verbrecherischen Komplotts und des beschriebenen, bis ins Versuchsstadium gediehenen Raubes war, ergibt sich u.a. aus den Angaben der Mitverurteilten A (S. 123/I. Bd.) und C (S. 289/I. Bd., 325/I. Bd. und 475/I. Bd.) und ist daher - im Gegensatz zur Meinung des Berufungswerbers - aktenmäßig gedeckt. Daß der - trotz Vorstrafen (auch einschlägiger Natur) - nicht nachteilige Leumund des Angeklagten B als Milderungsumstand nicht in Frage kommt, wurde bereits erörtert. Die Richtigkeit der Annahme des (nur) teilweise reumütigen Geständnisses ergibt sich aus dem Inhalt der Angaben des Berufungswerbers bei der Polizei, vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung. Schließlich vermögen Sorgepflichten einen im Strafgesetzbuch vorgesehenen Milderungsgrund nicht herzustellen.

Anmerkung

E03287

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00105.81.0821.000

Dokumentnummer

JJT_19810821_OGH0002_0130OS00105_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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