TE OGH 1981/11/18 11Os169/81

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Veröffentlicht am 18.11.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.November 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schlögl als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 2 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 17.August 1981, GZ. 3 d Vr 7.181/81-20, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.September 1954 geborene Schlosser Wolfgang A des Verbrechens des schweren Diebstahls (durch Einbruch) nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 2 StGB. schuldig erkannt. Ihm wird angelastet, am 18.Mai 1981 in Wien der Elisabeth B fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich 1.000 S Bargeld, eine Goldkette mit Anhänger (einen Krebs darstellend) im Wert von ca. 2.500 S, sowie eine weitere Goldkette mit Anhängern (ein Stierbild, ein Kleeblatt und einen kleinen Schlüssel darstellend) im Wert von 2.500 S durch Aufbrechen eines Behältnisses, nämlich eines Aktenkoffers, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer die Z. 9 lit a und c sowie 10 des § 281 Abs 1

StPO. anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde.

Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. - sachlich damit allerdings jenen der Z. 10 ausführend - macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, dem Ersturteil mangle es an Feststellungen darüber, inwieweit der Wert der beiden Goldketten tatsächlich jeweils 2.500 S 'überschritten' habe. Nur durch die (ersichtlich gemeint: nicht näher begründete) Annahme dieses - überhöhten - Wertes des Schmucks unter Hinzurechnung des Bargeldbetrages von 1.000 S, der außerdem gestohlen wurde, komme das Gericht zu einer 5.000 S übersteigenden Schadenssumme. Dies entspreche jedoch nicht dem wahren Wert der beiden Goldketten, die einen Wert von höchstens je 1.500 S repräsentieren.

Rechtliche Beurteilung

Der Einwand geht fehl.

Das Erstgericht ging - wie die Beschwerde selbst einräumt - von einem Wert der beiden Goldketten samt Anhängern von jeweils ca. 2.500 S aus (S. 113). Es stützte sich hiebei erkennbar auf die von ihm für glaubhaft erachteten Angaben der Bestohlenen in der Anzeige (S. 17), in denen der Wert der beiden Goldketten mit je 2.500 S beziffert wurde. Ein allenfalls in diesem Zusammenhang aus dem Grund der Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. relevierbarer Verfahrensmangel wegen Unvollständigkeit der Wertermittlungen liegt schon mangels einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht vor. Der Annahme eines Wertes der Diebsbeute von mehr als 5.000 S haftet somit weder ein Feststellungs- noch ein formeller Begründungsmangel an.

Sowohl unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO., wie auch jenen der Z. 9 lit c leg. cit. - sachlich damit allerdings nur den letztgenannten Nichtigkeitsgrund ausführend -

bringt der Beschwerdeführer weiter vor, es fehle dem Urteil auch an einer genauen Feststellung der für die Frage eines allfälligen Familiendiebstahls (§ 166 StGB.) infolge Vorliegens einer Lebensgemeinschaft mit der Bestohlenen erheblichen Tatzeit. Auch diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Das Schöffengericht stellte ausdrücklich fest, daß der Diebstahl am 18. Mai 1981 begangen, von Elisabeth B jedoch erst am 21.Mai 1981 bemerkt wurde. Es sprach weiter aus, daß zu dieser Zeit zwischen dem Beschwerdeführer und Elisabeth B keine Lebensgemeinschaft mehr bestand, sondern dieses eheähnliche Verhältnis seit April 1981 (vorübergehend) aufgelöst war.

Dies schloß das Schöffengericht nicht nur aus der Tatsache der polizeilichen Abmeldung des Beschwerdeführers durch Elisabeth B, sondern auch daraus, daß die Bestohlene anläßlich der Anzeigeerstattung vor der Polizei erklärte, den derzeitigen Aufenthalt ihres früheren Lebensgefährten nicht zu kennen, und weiters aus dem Eingeständnis des Beschwerdeführers vor dem Untersuchungsrichter, daß zur Tatzeit die Lebensgemeinschaft nicht bestand. Dies alles wertete das Gericht dahin, daß - trotz gelegentlicher Kontakte zwischen den früheren Lebensgefährten - das zwischen ihnen bestehende eheähnliche Verhältnis aufgehoben war. Es ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß eine bloß vorübergehende Abwesenheit aus der gemeinsamen Wohnung, ein zeitweiliges getrenntes Verbringen der Freizeit für sich allein betrachtet nicht hinreichen, um eine Lebensgemeinschaft, die als eheähnliches Verhältnis eine Beziehung von einiger Stabilität und Dauer darstellen muß, aufzuheben. Vorliegend aber war die Lebensgemeinschaft nicht bloß durch vorübergehende Trennung aufgehoben, sondern es waren auch alle formellen Schritte (Abmeldung) unternommen worden, um den Behörden gegenüber zu dokumentieren, daß die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und Elisabeht B beendet war, woran auch die vom Erstgericht ohenhin festgestellten gelegentlichen und flüchtigen persönlichen und telefonischen Kontakte nichts änderten (vgl. Leukauf-Steininger2, § 72 StGB., RN. 15).

Damit zeigt sich aber, daß die rechtliche Beurteilung der Tat als Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch zutreffend war und eine Beurteilung des Täterverhaltens als im Familienkreis (§ 166 StGB.) begangenes Privatanklagedelikt nicht in Betracht kam. Wenn der Beschwerdeführer, damit den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. ausführend, meint, es fehle dem Ersturteil auch an einer Feststellung über eine Bereicherungstendenz, zumal in der Hauptverhandlung hervorgekommen sei, daß er die Gegenstände wegen momentaner Geldknappheit bloß verpfändet und sie später wieder ausgelöst und zurückgestellt habe, so ist ihm zu erwidern, daß das Schöffengericht ausdrücklich eine Bereicherungsabsicht (gemeint: einen Bereicherungsvorsatz) des Angeklagten feststellte und hiebei keinem Rechtsirrtum unterlag. Denn auch die nach der Vorstellung des Täters bloß vorübergehende Zueignung und Verwertung von Gegenständen - wie hier durch Verpfändung - ist ein Indiz für Bereicherungsvorsatz, der keineswegs darauf gerichtet sein muß, die Sachen für immer dem Gewahrsam des Berechtigten zu entziehen. Es genügt, wenn die Tat begangen wird, um wenigstens vorübergehenden wirtschaftlichen Nutzen aus ihr zu ziehen. Dies aber räumt der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel selbst ein.

Unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z. 10 StPO. bekämpft der Angeklagte schließlich die Annahme der Einbruchsqualifikation nach dem § 129 Z. 2 StGB. und bringt hiezu vor, das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß der Aktenkoffer versperrt gewesen sei. Daß eines der beiden Schlösser gewaltsam aufgebrochen wurde, lasse noch nicht den auch in den Verfahrensergebnissen nicht gedeckten Schluß zu, daß ein Sperrverhältnis bestanden habe, weil bekannt sei, daß Kofferschlösser sehr oft klemmen.

Auch insoweit kann dem Beschwerdeführer nicht beigepflichtet werden. Das Erstgericht ging - wie die Beschwerde auch hier einräumen muß - ausdrücklich davon aus, daß der Angeklagte eines der beiden Schlösser gewaltsam aufbrach (S. 117), um an die im Koffer verwahrten Wertsachen heranzukommen. Damit überwand er aber die Sperrfunktion des Schlosses und verwirklichte auf diese Weise den Qualifikationsumstand nach dem § 129 Z. 2 StGB. Daß den Schlössern eine tatsächliche Sperrfunktion zukam und sie nicht nur klemmten, erschloß das Gericht ersichtlich aus der insgesamt für glaubwürdig erachteten Aussage der Zeugin Elisabeth B vor der Polizei (S. 18). Auch dieser vom Angeklagten gegen das Urteil erhobene Einwand erweist sich sohin nicht als stichhältig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und sah demgegenüber ein Teilgeständnis des Angeklagten und die Verzeihung durch die Bestohlene als mildernd an. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte bekämpfen den Strafausspruch mit Berufung.

Während Wolfgang A ersichtlich eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe anstrebt, begehrt die Staatsanwaltschaft, die verhängte Freiheitsstrafe schuldangemessen zu erhöhen.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die erstgerichtlichen Strafzumessungsgründe bedürfen zwar insofern einer Ergänzung, als die zweifache Qualifikation des Diebstahls zum Verbrechen einen weiteren Erschwerungsgrund darstellt und andererseits dem Angeklagten die volle Schadensgutmachung als zusätzlicher Milderungsumstand zugutekommt; dessen ungeachtet erweist sich jedoch das in erster Instanz gefundene Strafmaß als tatschuldadäquat, vor allem dann, wenn man auch das besondere Verhältnis der Bestohlenen zum Angeklagten und ihr Verzeihen entsprechend in Rechnung stellt.

Die Gewährung der vom Angeklagten begehrten bedingten Strafnachsicht kam jedoch im Hinblick auf die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen schon aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Für eine Korrektur des schöffengerichtlichen Strafausspruches besteht sohin in keiner Richtung ein Anlaß.

Den beiderseitigen Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03462

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00169.81.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19811118_OGH0002_0110OS00169_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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