TE OGH 1982/1/28 13Os188/81

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Veröffentlicht am 28.01.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Franz als Schriftführers in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach § 15, 127 f. StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 6.Oktober 1981, GZ. 5 Vr 2428/81-17, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht rückverwiesen.

Die Schuldberufung wird zurückgewiesen.

Mit seiner Strafberufung wird der Angeklagte auf die obige Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 20.April 1931 geborene, zuletzt beschäftigungslose Ernst A wurde des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach § 15, 127 Abs. 1, 128

Abs. 1 Z. 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 21.Juli 1981 in Graz dadurch, daß er mittels eines Feuerzeugs in zwei Opferstöcke der Franziskanerkirche leuchtete, um festzustellen, ob sich darin Geld befinde, wobei er zwei Kupferdrahtstücke und eine Rolle Wundpflaster als Diebswerkzeug mit sich führte, in einem der Religionsausübung dienenden Raum Bargeld zu stehlen versucht zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Seine - irrig als 'Berufung wegen Vorliegens von Nichtigkeitsgründen' bezeichnete - Nichtigkeitsbeschwerde stützt der Angeklagte auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b und 10 StPO Zur Subsumtionsrüge bringt der Beschwerdeführer vor, ihm werde zur Last gelegt, in einen Opferstock hineingeleuchtet und (zwei) Kupferdrähte sowie eine Leukoplastrolle mitgeführt zu haben. Zur Durchführung des angeblich geplanten Diebstahls wäre es aber nötig gewesen, ein noch abzutrennendes Leukoplaststück am Draht zu befestigen (was einen gewissen Zeitaufwand erfordert hätte). Sein Verhalten stelle sich daher nicht als Versuch, sondern als straflose Vorbereitungshandlung dar.

Mit diesem Vorbringen wird der Sache nach nicht der angerufene Nichtigkeitsgrund (Z. 10), sondern jener der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht, weil nicht etwa unrichtige strafrechtliche Beurteilung eines an sich strafbaren Verhaltens, sondern Straflosigkeit schlechthin behauptet wird. In diesem Punkt kann der Beschwerde aber nicht gefolgt werden.

Die Annahme strafbaren Versuchs setzt voraus, daß der Täter seinen Entschluß, die Tat auszuführen oder einen anderen dazu anzustiften, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Diese Ausführungsnähe ist in objektiver Beziehung gegeben, wenn das Verhalten des Täters im nahen Vorfeld der Erfolgsverwirklichung liegt, d.h. jenes Ereignisses oder Zustands, das bzw. der aus dem Tätigkeitswort des Tatbestands als Wirkung hervorgeht; in subjektiver Beziehung ist das Verhalten ausführungsnah, wenn der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Verwirklichung des verpönten Erfolgs überwunden hat (13 Os 176/80). Beide Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, weil der Angeklagte sich mit entsprechendem Werkzeug an den Tatort begeben und dort in Opferstöcke hineingeleuchtet hat, um sich Gewißheit über deren Inhalt zu verschaffen.

Dieses Verhalten sollte ersichtlich, unterbrochen nur durch die kurze Zeitspanne, die für das Befestigen des Leukoplasts am Draht erforderlich gewesen wäre, unmittelbar in das Herausangeln des Opferstockinhalts übergehen.

Der Beschwerdeführer handelte sonach bereits im nahen Vorfeld der Erfolgsverwirklichung, nämlich der Geldwegnahme; die entscheidende Hemmstufe vor dem Wegnehmen (Herausangeln) hatte er schon überwunden, waren zum Erreichen seines Ziels doch nur mehr wenige Handgriffe erforderlich.

Den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm nicht freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch (siehe LSK. 1976/277) zugebilligt wurde, zumal anzunehmen sei, daß sich im Opferstock Geld befand, wenngleich entsprechende Feststellungen nicht getroffen worden seien. Für die Annahme, daß der Angeklagte sich durch den Zeugen B oder andere Personen gestört gefühlt hätte, biete das Beweisverfahren keine Anhaltspunkte, sodaß dem Angeklagten der allgemeine Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch zustatten komme. Diesen Ausführungen kann Berechtigung insofern nicht abgesprochen werden, als unbeschadet der für den Angeklagten kompromittierenden Sachlage (Mitführen von Diebswerkzeugen und Hineinleuchten in zwei Opferstöcke) zumindest nicht auszuschließen ist, daß der Angeklagte - ohne zu merken, daß er vom Zeugen B beobachtet wurde - die Ausführung seiner Tat aus freien Stücken aufgegeben hat. Ebenso wäre es freilich denkbar, daß er die Vollendung des Diebstahls nur deshalb unterlassen hat, weil er sich entdeckt fühlte oder weil ihm wegen der Anwesenheit mehrerer Personen die Verwirklichung der Tat seinem Plan gemäß zu riskant erschien, oder auch, weil sich in den Opferstöcken tatsächlich kein Geld befunden hatte, in welchen Fällen von einem strafaufhebenden freiwilligen Rücktritt vom Versuch nicht die Rede sein könnte.

Das Erstgericht hat darüber keine Feststellungen getroffen, sondern nur als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer mit einem Feuerzeug in einen in der Antoniuskapelle befindlichen Opferstock hineingeleuchtet, dann aber die Kirche verlassen hat und vor dieser von dem ihn beobachtenden Zeugen B perlustriert worden ist (S. 99). Diesen Konstatierungen, die sich auch mit dem Akteninhalt decken (S. 13, 15, 90), ist aber nicht zu entnehmen, welcher Grund nach Ansicht des Erstgerichts dafür maßgebend war, daß der Angeklagte die Tat (allenfalls nur vorläufig) aufgegeben hat.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben, das angefochtene Urteil bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285 e StPO) aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zu verweisen.

Die Schuldberufung war zurückzuweisen, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile der Kollegialgerichte nicht vorgesehen ist. Mit seiner Strafberufung war der Angeklagte auf die über seine Nichtigkeitsbeschwerde getroffene Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03524

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00188.81.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19820128_OGH0002_0130OS00188_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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