TE OGH 1982/3/18 13Os28/82

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Veröffentlicht am 18.03.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kießwetter, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Kliment als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 27. November 1981, GZ. 12 Vr 1769/81-13, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (3 des Urteilssatzes) sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang dieser Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.September 1932 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Hilfsarbeiter Franz A (zu 1) des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB, (zu 2) des Vergehens der Beleidigung nach § 115 Abs. 1 StGB, (zu 3) des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, erstem Fall, StGB und (zu 4) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Villach (zu 1) am 29.Juni 1981 den Polizeibeamten Heribert B durch Faustschläge gegen den Oberkörper an seiner Festnahme und Abführung zu hindern getrachtet, (zu 2) damals den genannten Beamten durch die Ausdrücke 'Drecksau' und 'Arschloch' öffentlich beschimpft, (zu 3) am 26.Februar 1981 ebendiesen Beamten dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er ihn der Verletzung einer Amts- und Standespflicht wissentlich falsch verdächtigte, indem er anderen Polizeibeamten gegenüber behauptete, Inspektor Heribert B habe ihm beim Urinieren in der Toilette des Hauptbahnhofs (anläßlich einer Festnahme) auf das Glied gegriffen, und (zu 4) am 30.April 1981 den Rudolf C durch zwei Faustschläge ins Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt (Platzwunde am linken Auge). Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte (inhaltlich seines Rechtsmittels nur zu 1, 3 und 4) mit einer auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Mängelrüge bezeichnet den Schuldspruch zu 1 und 4 als undeutlich, unvollständig und unzureichend begründet, unternimmt aber in Wahrheit mit den darauf bezogenen Ausführungen nicht einmal den Versuch, formelle Begründungsmängel der Entscheidung im Sinn des relevierten Nichtigkeitsgrunds aufzuzeigen, sondern wendet sich nur dagegen, daß den Aussagen der Belastungszeugen Heribert B, Rudolf C und Arnold D mehr Glauben geschenkt wurde als der Verantwortung des Angeklagten, die übrigens zu 4 weitgehend als Geständnis aufzufassen ist (S. 54). Damit erschöpft sich das Beschwerdevorbringen in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffensenats. In diesem Umfange war die Beschwerde daher als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen (§§ 285 a Z. 2, 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Mit Recht behauptet dagegen der Nichtigkeitswerber mit seinen auf den Grund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1

StPO gestützten Ausführungen zum Schuldspruch wegen § 297 Abs. 1, ersten Falls, StGB (3) der Sache nach einen Feststellungsmangel dahin, ob der verleumdete Polizeibeamte Heribert B der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt worden ist. Diese Gefahr der behördlichen Verfolgung muß kausal aus der falschen Verdächtigung hervorgehen. Sie ist dann gegeben, wenn es nach der Lage des Falls wahrscheinlich ist, daß irgendeine Behörde den Verdächtigten verfolgen werde. Es muß sich dabei nicht um die förmliche Einleitung eines Verfahrens handeln, auch bloß der Aufklärung des Verdachts dienende Vorerhebungen reichen hin, wobei hinsichtlich dieses Umstands auf der inneren Tatseite dolus eventualis genügt; daß es zur behördlichen Verfolgung wirklich kommt, wird vom Gesetz nicht verlangt (vgl. SSt. 47/19). Abgesehen vom substanzlosen Gebrauch der verba legalia im Urteilsspruch enthält das Ersturteil einerseits keine Feststellungen darüber, daß die Anschuldigung nicht richtig war und sich der Angeklagte dieser Unrichtigkeit auch bewußt war, andererseits darüber, daß B durch sie der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt worden sei. Daß die Anschuldigung 'zum Anlaß einer Untersuchung dienen könnte' (S. 61), zeigt bloß eine abstrakte Möglichkeit auf (die als solche nie auszuschließen ist), besagt aber noch nichts über die für den Tatbestand nach § 297 Abs. 1 StGB vorausgesetzte konkrete Gefahr einer solchen behördlichen Verfolgung im gegebenen Fall (Leukauf-Steininger2 § 297 StGB, RN. 11). Besteht doch nach der Aktenlage durchaus die Möglichkeit, daß diese (falsche) Anschuldigung von vornherein unglaubhaft war und nicht an ein behördliches Einschreiten gegen B gedacht wurde (13 Os 11/80). Wegen dieses zutreffend geltend gemachten Feststellungsmangels nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO war der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit gemäß § 285 e StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung teilweise Folge zu geben, der Schuldspruch wegen Vergehens der Verleumdung (und demgemäß auch der Strafausspruch) zu kassieren und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an den Gerichtshof erster Instanz zurückzuverweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03594

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00028.82.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19820318_OGH0002_0130OS00028_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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