TE OGH 1982/4/27 9Os53/82

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Veröffentlicht am 27.04.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführer in der Strafsache gegen Azis Aho A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer Delikte nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Azis Aho A und die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Wien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 16. Dezember 1981, GZ 12 b Vr 1343/81-34, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Azis Aho A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt I in Ansehung dieses Angeklagten und gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen auch bezüglich des Angeklagten Dieter B sowohl im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG als auch in dem darin enthaltenen Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und demzufolge im gesamten Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und der Angeklagte Azis Aho A mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das unzweckmäßigerweise die mehreren Taten, deren die Angeklagten schuldig befunden wurden, samt den (nur bei einzelnen von ihnen) einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumständen (§ 260 Abs. 1 Z 1 StPO) jeweils in einem Urteilspunkt zusammenfaßt - wurden der am 25. Juni 1956 geborene Maschinenarbeiter Azis Aho A, ein libanesischer Gastarbeiter, und der am 22. Juni 1961 geborene beschäftigungslose Dieter B, ein österreichischer Staatsbürger, im Punkt I des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und des (Finanz-)Vergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, Dieter B weiters in den Punkten II und III des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 1 und 2, 3. und 4. Fall SuchtgiftG und im Punkt II (verfehlt nochmals) des (Finanz-)Vergehens nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt, weil sie zu I) am 13.9.1981 in Traiskirchen und Möllersdorf im einverständlichen Zusammenwirken vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in solchen Mengen, daß daraus eine Gefahr in größerer Ausdehnung für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, nach vorangegangener Verabredung zur Begehung von im § 12 SuchtgiftG genannten strafbaren Handlungen dadurch in Verkehr gesetzt hatten, daß Azis Aho A 3 Gramm Heroin, sohin eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an Dieter B zwecks Weiterveräußerung übergab und dieser es nach Entnahme einer geringen Menge für den Eigenbedarf an Christian C, Helmut und Marina D, Erich E und Gerhard H weiterveräußerte; wobei es ihm (gemeint wohl: ihnen) darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen;

Dem Dieter B lastete das Gericht überdies an, daß er zu II)in der Zeit von Juni 1981 bis 10.9.1981 in Möllersdorf dem Helmut und der Marina D, dem Erich E, Christian C, Gerhard H, Karl I, Antonios A und der Ulla B Suchtgift, nämlich insgesamt 40 g Heroin, sohin eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, zu dessen Bezug sie nicht berechtigt waren, überlassen hatte, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen; und daß er weiters zu III)in der Zeit von 1977 bis 13.9.1981 unbefugt Suchtgift, nämlich eine unbekannte Menge Cannabisharz sowie ca 10 g Heroin, erworben und besessen hatte.

Die ihn betreffenden Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte A mit einer auf die Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Gegen den Strafausspruch richten sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz - die hinsichtlich beider Angeklagter die Verhängung einer einzigen, im Spruch zwar nur auf § 12 Abs. 4 SuchtgiftG und auf § 19 FinStrG, in den Entscheidungsgründen (S 340 d.A) aber auch auf § 38 Abs. 1 FinStrG gestützten Geldstrafe und die unrichtige Berechnung der Wertersatzstrafe als Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO geltend macht -

und die Berufung des Angeklagten A, der eine Herabsetzung der über ihn verhängten Strafen und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht anstrebt.

Der Beschwerde des Angeklagten A kommt Berechtigung zu. Mit Recht rügt der Beschwerdeführer, daß sowohl der (das Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG betreffende) Ausspruch, er habe mit (dem zu diesem Delikt gehörigen) Gefährdungsvorsatz gehandelt, als auch die (für die Qualifikation des Finanzvergehens nach § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG bedeutsame) Feststellung, er habe das geschmuggelte Suchtgift in der Absicht verhandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen, mangelhaft begründet sei. Denn es hat sich das Gericht - das sich im Urteilsspruch auf eine zwischen den Angeklagten getroffene Verabredung über einen sich künftig wiederholenden Suchtgiftverkauf berief - in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht mit den (hier zusammengefaßt wiedergegebenen) Angaben des Angeklagten B auseinandergesetzt, er habe dem Angeklagten A keine Zusage betreffend eine Weiterveräußerung von Heroin (an Zwischenhändler oder einen größeren Personenkreis) und bezüglich weiterer - über die verfahrensgegenständlichen, von ihm für den Eigenverbrauch und die im Urteilsspruch namentlich bezeichneten Endverbraucher (S 330, 334 d. A) bestimmten 3 g Heroin hinausgehenden - Suchtgiftmengen gemacht und könne auch nicht angeben, ob A ihm nur einmal oder öfter 5 g Heroin liefern wollte (S 51, 95 ff und 316 d. A). Weiters wurden im Urteil - wworauf die Beschwerde gleichfalls zutreffend verweist - nicht jene Beweismittel angeführt, auf die das Gericht die (sowohl für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit als auch des Gefährdungsvorsatzes wesentliche) Feststellung gründet, der Angeklagte A habe über die entsprechenden Lieferanten verfügt, die ihm die 'für das Geschäft' benötigten Suchtgiftmengen bereitstellen konnten; letztlich wurde auch nicht begründet, worauf sich die auch insoweit mit der Verantwortung des Angeklagten B - er habe das Heroin vom Angeklagten A wegen des Ausfalles seines bisherigen Lieferanten für sich und seine (im Urteil ausdrücklich als Endverbraucher bezeichneten und namentlich angeführten fünf) Freunde gekauft (S 316, 330, 334 d.A) - in Widerspruch stehende Annahme stützt, er und B hätten zufolge der geplanten Weitergabe von jeweils größeren Mengen des Suchtgiftes nicht die Möglichkeit besessen, die Weiterverbreitung des Heroins zu kontrollieren (S 336 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Aus den angeführten Gründen war - ohne daß es eines Eingehens auf die übrigen Beschwerdepunkte bedurfte - das Urteil in Ansehung des Angeklagten A gemäß § 285 e StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung in den Schuldsprüchen wegen § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und wegen gewerbsmäßiger Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG aufzuheben. Da nach dem Gesagten dieselben Gründe, auf denen die Verfügung hinsichtlich des Beschwerdeführers beruht, bezüglich der unter Punkt I ergangenen Schuldsprüche auch dem Angeklagten B zustatten kommen, der eine Beschwerde nicht erhoben hat, hatte der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen so vorzugehen, als wäre der in Frage kommende Nichtigkeitsgrund auch vom Angeklagten B geltend gemacht worden. Dabei wurde nicht übersehen, daß der dem Erstgericht bei der Begründung des Ausspruches über die Gewerbsmäßigkeit des im Punkt I des Urteilsspruches beschriebenen deliktischen Verhaltens des Angeklagten B unterlaufene Fehler für die Unterstellung seiner Taten unter den § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht entscheidungswesentlich ist, weil die Annahme, der Angeklagte B habe in der Absicht gehandelt, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hinsichtlich der unter Punkt II des Urteilsspruches abgeurteilten, als Vergehen nach § 16 Abs. 1, Z 1 und 2 SuchtgiftG und als Finanzvergehen nach §§ 37 Abs. 1 lit. a und 38 Abs. 1 lit. a FinStrG qualifizierten Delikte (durch den auf dem Geständnis dieses Angeklagten beruhenden Hinweis auf seine Tendenz, den eigenen Konsum durch den Verkauf des von Unbekannten geschmuggelten Suchtgiftes zu finanzieren) mängelfrei begründet ist, bei einer Vielzahl von gewerbsmäßig begangenen Taten die gewerbsmäßige Absicht nicht für jede Tat gesondert dargelegt werden muß (12 Os 61/79) und es im übrigen zur Annahme der Qualifikation der Abgabenhehlerei als gewerbsmäßig genügt, wenn bei mehreren Fakten auch nur eines (oder einige) gewerbsmäßig begangen ist (sind) (so schon 9 Os 144/77, 10 Os 14/80, 9 Os 46/81).

Dennoch erachtete der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall eine Aufhebung auch der unter dem Punkt I des Urteils erfolgten Schuldspruches des Angeklagten B nach dem Finanzstrafgesetz unter dem Gesichtspunkt des § 289

StPO für erforderlich. Denn es besteht zwischen den Delikten nach §§ 12 Abs. 1 bzw 16 SuchtgiftG und §§ 37 Abs. 1

lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG (trotz § 22 Abs. 1 FinStrG) im Sanktionenbereich ein untrennbarer Zusammenhang; kann doch im Falle eines Schuldspruches wegen Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und wegen Finanzvergehens nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG ein Verfallsausspruch auf § 12 Abs. 3 SuchtgiftG und auf § 17 FinStrG, sohin auf beide Gesetzesstellen gestützt werden, was auch bezüglich der nach § 12 Abs. 4 SuchtgiftG und nach § 19 FinStrG zu verhängenden (Wertersatz-)Geldstrafen zutrifft, soweit sie sich trotz der unterschiedlichen Berechnungsvorschriften im § 12 Abs. 4 SuchtgiftG einerseits und im § 19 Abs. 3 FinStrG andererseits decken (siehe dazu die Entscheidung des verstärkten Senates vom 17. Februar 1981, AZ 10 Os 151/80 = RZ 1981/45; anders allerdings müßte im Falle eines (auch beim Angeklagten B) in Ansehung des Urteilsfaktums I in Betracht zu ziehenden Schuldspruches wegen des Vergehens nach § 16 SuchtgiftG vorgegangen werden, weil diese Gesetzesstelle nur den Verfall des Suchtgiftes und keine § 12 Abs. 4 SuchtgiftG bzw § 19 FinStrG entsprechende Geldstrafe vorsieht, der Ausspruch einer solchen Strafe demnach nur auf die letztgenannte Gesetzesstelle gegründet und das Strafmaß insoweit nur nach § 19 Abs. 3 FinStrG gefunden werden kann. Demzufolge ist letztlich - da vorliegend nur mehr ein Teil des den Gegenstand des Schuldspruchfaktums I bildenden Suchtgiftes ergriffen worden ist - die zu den Punkten I und II wegen Abgabenhehlerei zu verhängende einheitliche Strafe (auch) vom rechtlichen Schicksal des Schuldspruches nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG im zweiten Rechtsgang abhängig, weshalb in Bezug auf dieses Faktum wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen war.

Zufolge der Aufhebung sämtlicher Strafaussprüche erübrigt sich ein meritorisches Eingehen auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Wien und auf die Berufung des Angeklagten.

Anmerkung

E03652

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00053.82.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19820427_OGH0002_0090OS00053_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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