TE OGH 1982/5/25 10Os194/81

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Veröffentlicht am 25.05.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Mai 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stolfa als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. September 1982, GZ 11 Vr 750/81-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Niebauer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1

und 2 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in Wildon, Radkersburg und Mureck Bestandteile seines Vermögens (richtig: sein Vermögen) wirklich verringerte und hiedurch die Befriedigung seiner Gläubiger schmälerte, indem er auf ihm gehörenden Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten seiner Ehegattin Helga A einverleiben ließ, und zwar (1.) am 16. Jänner 1979 jeweils auf seiner Hälfte der EZ 71 der KG Laafeld, EZ 91 der KG Sicheldorf und EZ 66 der KG Mureck sowie (2.) am 30. Jänner 1979 auf den ganzen EZ 5 der KG Haslach und EZ 214 der KG Badendorf, wobei er durch die Taten einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil - die allein nach Zurückziehung der von ihm gleichfalls angemeldeten, jedoch nicht ausgeführten Berufung durch den Verteidiger beim Gerichtstag Gegenstand der öffentlichen Verhandlung und dieser Entscheidung war -

kommt keine Berechtigung zu.

Verfehlt ist zunächst die Rechtsansicht des Beschwerdeführers (Z 9 lit a), ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sei schon auf Grund seiner rechtlichen Tragweite niemals als eine Vermögensverringerung im Sinn des § 156 StGB anzusehen, weil es nur die 'Belastung und zwangsweise Veräußerung' einer Liegenschaft, nicht aber auch eine anderweitige exekutive Befriedigung der Gläubiger daraus, wie etwa durch Zwangsverwaltung oder durch Zwangsverpachtung, ausschliesse. Denn zum einen vermengt er damit rechtsirrig die Tatbestandsmerkmale einer (wirklichen oder scheinbaren) Verringerung des Schuldnervermögens einerseits sowie einer (vollständigen oder teilweisen) Vereitelung der Gläubigerbefriedigung anderseits und zum anderen erweisen sich seine solcherart vorgebrachten Argumente auch bei einer in bezug auf die vorerwähnten Prämissen gesonderten Beurteilung teils als unzutreffend und teils als nicht zielführend. Als ein von der relevierten Strafbestimmung erfaßter Bestandteil des Schuldnervermögens ist nämlich die zur Tatzeit vorhandene (wirtschaftliche) Substanz eines Grundstücks durchaus nicht ident mit dessen allenfalls künftighin abreifenden Früchten oder sonstigen Erträgnissen; sie kann daher sehr wohl auch für sich allein Gegenstand einer Vermögensminderung sein, wie eben dann, wenn lediglich sie durch eine Veränderung der rechtlichen Gegebenheiten (hier: durch die Verbücherung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots;

vgl Leukauf-Steininger, Komm2, RN 5 zu § 156 StGB) dem exekutiven Zugriff der Gläubiger entzogen wird.

In Ansehung der Gläubigerforderungen aber wird der Eintritt einer Befriedigungsvereitelung keineswegs etwa dadurch in Frage gestellt, daß trotz einer derartigen Verringerung der zur Tatzeit existenten Substanz des Schuldnervermögens weiterhin die (vom Angeklagten reklamierte) Möglichkeit einer ('zumindest' - hier aber: höchstens) 'schrittweisen' Anspruchsbefriedigung aus allenfalls später (im Weg einer Zwangsbewirtschaftung) neu zuwachsenden Vermögenswerten bestehen bleibt: in Fällen einer (auch solcherart) wirklichen Verringerung der Vermögenssubstanz beim Schuldner tritt nämlich der daraus resultierende Schaden der Gläubiger - unter Umständen anders als bei einer vorerst nur scheinbaren Vermögensminderung, wie etwa durch bloßes Verbergen (vgl SSt 6/60) oder Verschweigen (vgl EvBl 1971/47) von Vermögensbestandteilen, während eines anhängigen Insolvenzverfahrens (vgl allerdings selbst hiezu SSt 13/102) - bereits damit ein, daß das betreffende Objekt auf diese Weise tatsächlich aus dem exekutiv erfaßbaren Schuldnervermögen ausscheidet und hiedurch der zur Tatzeit existente Befriedigungsfonds der Gläubigerschaft nicht mehr zur Abdeckung von deren Forderungen hinreicht oder ein ohnedies schon unzulänglicher Befriedigungsfonds noch weiter geschmälert wird (vgl E Nr 22 zu § 156 bei Mayerhofer-Rieder, StGB2, SSt 45/2 ua; Liebscher im WK, RN 22 zu § 156); auf die Vollstreckbarkeit der Gläubigeransprüche sowie auf die Anhängigkeit oder (gegebenenfalls) auf den Stand von Exekutionsoder Insolvenzverfahren kommt es dabei nicht an (vgl EvBl 1971/74, Leukauf-Steininger, aaO, RN 10; Kienapfel, BT II, RN 5, 6 zu § 156, Liebscher, aaO, RN 8; Foregger-Serini, StGB2, Anm I zu § 156).

Eine spätere Gläubigerbefriedigung in einem auch den Wert des entzogenen Vermögensbestandteils umfassenden Ausmaß kann daher nur noch als eine nachträgliche Schadensgutmachung (vgl § 167 StGB) beurteilt werden, an der bereits eingetretenen Deliktsvollendung aber - gleichermaßen wie etwa die erfolgreiche Anfechtung einer Vermögensverringerung (vgl SSt 45/2; Kienapfel, aaO, RN 16) - nichts mehr ändern (vgl SSt 13/102). Von einer bloßen Verzögerung der Befriedigung kann demnach in einem solchen Fall keine Rede sein; der nur auf diese Ansicht gestützte Eventualeinwand (sachlich Z 10), insoweit komme allenfalls (lediglich) Vollstreckungsvereitelung (§ 162 StGB) in Betracht, geht daher ebenfalls fehl.

Nicht stichhältig ist ferner die weitere Rechtsrüge des Angeklagten (Z 9 lit. a, sachlich Z 10), zwischen den inkriminierten Tathandlungen, also der jeweiligen Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbots, und der tatsächlich erfolgten Schmälerung der Gläubigerbefriedigung sei kein Kausalzusammenhang gegeben, womit er - unter Bedacht darauf, daß er die Feststellung, er habe mit diesen Verboten (auch) eine Benachteiligung seiner Gläubiger jedenfalls beabsichtigt, ausdrücklich unbekämpft läßt - im Ergebnis auf eine Beurteilung seiner Tat bloß als Versuch einer betrügerischen Krida (§§ 15, 156 StGB) abzielt.

Denn dabei stellt er, wie insbesondere aus der Verfahrensrüge erhellt, nicht auf jenen (wie dargelegt allein maßgebenden) Forderungsausfall ab, den die Gläubiger im Hinblick auf seine hohe überschuldung bereits durch die Belastung seiner Liegenschaften und Liegenschaftsanteile mit dem Verbot und durch das damit verbundene Ausscheiden der betreffenden Vermögenswerte aus dem ihnen bis dahin zur Verfügung gestandenen (ohnedies schon unzulänglichen) Befriedigungsfonds (noch zusätzlich) erlitten haben, sondern vielmehr - indem er eben dieses Substrat der (sowohl kausal als auch temporal bereits mit der Vermögensverringerung verknüpften) Befriedigungsvereitelung verkennt - auf denjenigen, der ihnen (erst) in dem etwa vier Monate später eingeleiteten und nach weiteren sieben Monaten beendeten Ausgleichsverfahren dadurch erwuchs, daß sie sich in Ansehung der nicht bevorrechteten Forderungen mit einer 40 %-igen Quote begnügten; dieses Ergebnis des Insolvenzverfahrens ist aber nach dem oben Gesagten, mag es nun zu einer Perpetuierung oder zu einer Gutmachung des schon vorher durch die Verringerung des Schuldnervermögens entstandenen Schadens der Gläubiger geführt haben, für die Tatbestandsverwirklichung ohne Belang. Feststellungen darüber, ob sich die Gläubiger zu ihrem teilweisen Forderungsverzicht im Ausgleich nicht ohnehin gerade durch das inkriminierte Belastungs- und Veräußerungsverbot veranlaßt sahen, waren daher ebenso entbehrlich wie zur Frage, ob sich die Firma B & Cie allenfalls dadurch der Chance auf eine spätere Erstattung ihres Schadens begab, daß sie ein dahingehendes Angebot von Seiten der Gattin des Beschwerdeführers unbeachtet ließ.

Teils nicht gesetzmäßig ausgeführt und teils unbegründet ist die Beschwerde (Z 5, sachlich jedoch abermals Z 10) mit der Behauptung von Feststellungsmängeln darüber, ob sowie allenfalls in welcher (insbesondere in bezug auf die Wertgrenze von 100.000 S aktuellen) Höhe die Gläubiger, und zwar welche von ihnen, durch die Einräumung des in Rede stehenden Verbots einen Schaden erlitten haben. Den Entscheidungsgründen (S 399 f, 404 f) ist nämlich jedenfalls unmißverständlich zu entnehmen, daß durch das Ausscheiden der mit dem Verbot belasteten Realitäten aus dem exekutiv verwertbaren Vermögen des Angeklagten alle seine nicht bücherlich abgesicherten (und nicht bevorrechteten) Gläubiger geschädigt wurden, und zwar um den die hypothekarischen Belastungen übersteigenden Wert der betreffenden Liegenschaften und Liegenschaftsanteile; weil ihm schon bei der Veräußerung eines Teiles jener Grundstücke im Ausgleich nach der Abdeckung der pfandrechtlich sichergestellten Forderungen ein Betrag von weit mehr als 100.000 S (sei es zur Erfüllung des Ausgleichs oder sei es für sich selbst) verblieb und darüber hinaus - abgesehen vom Wert des ihm nach der Ausgleichserfüllung erhalten gebliebenen, zum Teil unbelasteten Liegenschaftsvermögens - bei einem weiteren Teil-Abverkauf kurze Zeit nach der Beendigung des Ausgleichs abermals 400.000 S zuflossen, nahm das Erstgericht den vorerwähnten Netto-Wert, um den die Gläubiger durch die inkriminierte (ursprüngliche) Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbots geschädigt wurden, mit jedenfalls mehr als 100.000 S an (S 396).

Soweit der Beschwerdeführer diese Konstatierungen übergeht, bringt er daher den (der Sache nach) geltend gemachten (materiellrechtlichen) Nichtigkeitsgrund nicht zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Nähere Feststellungen über die genaue Höhe des Gesamtschadens sowie über dessen Aufgliederung auf einzelne Gläubiger, insbesondere auf die Firma B & Cie, hingegen waren entbehrlich, weil dadurch weder die Erfüllung des Tatbestands (Abs. 1) noch die Anwendung des höheren Strafsatzes (Abs. 2) des § 156

StGB in Frage gestellt werden könnte.

Bereits deshalb versagen auch alle jene Beschwerdeeinwände (Z 5 und 9 lit a, der Sache nach jedoch wie schon gesagt Z 10), mit denen der Angeklagte Konstatierungen darüber vermißt, ob und in welcher Höhe gerade der zuvor namentlich genannte Gläubiger durch die inkriminierten Tathandlungen einen Schaden erlitt oder überhaupt erleiden konnte; genug daran, daß hiedurch jedenfalls zahlreiche (von seiner hohen überschuldung betroffene) Gläubiger geschädigt wurden, wobei nach dem Gesetz schon die Schmälerung der Befriedigung eines einzigen Gläubigers zur Tatbestandsverwirklichung hinreicht. In Ansehung des oben erörterten Netto-Werts hat allerdings der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung die Beiziehung eines Schätz-Sachverständigen zum Beweis dafür beantragt, daß wegen des Bestands hoher Hypothekarverbindlichkeiten zur Zeit der Einräumung des Belastungs- und Veräußerungsverbots aus einer Zwangsversteigerung der betreffenden Liegenschaften ein Mehrerlös nicht zu erzielen gewesen wäre, sodaß durch die ihm angelastete Veräußerungssperre eine Vermögensverringerung sowie eine damit verbundene Gläubigerschädigung gar nicht habe eintreten können (S 391 f); in der Abweisung dieses Antrags mit der Begründung, das Gericht könne aus den bisher aufgenommenen Beweisen und aus der Verantwortung des Angeklagten ausreichende Feststellungen zu den Anklagevorwürfen und zur rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts treffen (S 392 f), erblickt er eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 4), indessen zu Unrecht.

Gegen die Richtigkeit der im Urteil (S 404 f) nachgetragenen - und im Gegensatz zu der im Hauptverhandlungsprotokoll ersichtlich gemachten (§ 238 Abs. 2 StPO) vorerwähnten Leerformel einer überprüfung im Rechtsmittelverfahren zugänglichen - Begründung des abweisenden Zwischenerkenntnisses, mit der das Schöffengericht (wie schon zuvor wiedergegeben) aus dem Ergebnis von innerhalb Jahresfrist vorgenommenen späteren Abverkäufen einen Rückschluß auf den für die Gläubigerbefriedigung maßgebenden wirtschaftlichen (Netto-)Wert des urteilsgegenständlichen Realvermögens zur Zeit der Tatbegehung zog, vermag nämlich der Beschwerdeführer nichts Stichhältiges vorzubringen. Weder seinem Beweisantrag noch seiner Verfahrensrüge ist die Behauptung konkreter Umstände zu entnehmen, auf Grund deren ein Schätzgutachten zur Annahme eines die bücherlichen Lasten nicht oder um immerhin nicht mehr als 100.000 S übersteigenden Gesamtwertes der in Rede stehenden Liegenschaften und Liegenschaftsanteile hätte führen können; auch der - auf dem bereits erörterten Verkennen der rechtlichen Relevanz einer späteren Schadensgutmachung im Ausgleich beruhende - Beschwerdehinweis auf einen aus dem Bericht des Ausgleichsverwalters hervorgehenden Netto-Wert von mehr als 425.000 S zeigt vielmehr ganz im Gegenteil gleichfalls, daß aus der vom Angeklagten gewünschten Beweisführung ein derartiges Ergebnis nicht zu erwarten war. Durch die Abweisung des dementsprechend auf die Durchführung eines unzulässigen reinen Erkundungsbeweises hinauslaufenden relevierten Antrags des Beschwerdeführers sind folglich dessen Verteidigungsrechte nicht verletzt worden.

Die deshalb in jede Richtung hin unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Anmerkung

E03692

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00194.81.0525.000

Dokumentnummer

JJT_19820525_OGH0002_0100OS00194_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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