TE OGH 1982/9/9 12Os66/82

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Veröffentlicht am 09.09.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon. Prof. Dr.Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stortecky als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 zweiter Deliktsfall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22. Jänner 1982, GZ 16 Vr 292/81-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Stanonik und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des unter Punkt 1 des Schuldspruchs beschriebenen Tatverhaltens als das Verbrechen des (gewerbsmäßig begangenen) Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 zweiter Deliktsfall StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung zu Recht erkannt:

Karl A hat durch die unter Punkt 1 des erstgerichtlichen Schuldspruchs beschriebene Tat das Verbrechen des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 erster Deliktsfall StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm weiter zur Last fallende Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1

StGB nach § 28, 217 Abs. 1 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Jahr sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 29-jährige Gastwirt Karl A des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 (zweiter Deliktsfall) StGB (Punkt 1 des Schuldspruchs) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Schuldspruchs) schuldig erkannt, weil er 1. in der Zeit vom November 1980 bis 15. Jänner 1981

in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit weiteren unbekannten Mittätern als Beteiligter die thailändischen Staatsangehörigen Nittaja B und Toy C dadurch, daß er sie zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution in der 'X-BAR' in Badgastein veranlaßte, der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besaßen, zugeführt und 2. am 2. März 1981 den Duro D durch Versetzen von Faustschlägen in das Gesicht und Würgen am Hals am Körper verletzt hat.

Vom weiteren Anklagevorwurf wegen Vergehens der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs. 1 StGB wurde Karl A unter einem (rechtskräftig) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gegen den Schuldspruch wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung der Verfahrensrüge bekämpft der Angeklagte die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge auf Vernehmung des Zeugen Piasl E zum Beweis dafür, daß die (das Objekt des ihm angelasteten Menschenhandels darstellenden) beiden 'Thai-Mädchen' anläßlich ihrer ersten Einvernahme vor der Gendarmerie keine Äußerung in bezug auf 'Eingesperrtsein' oder auf 'Nötigung zur Prostitution' oder ähnliches getätigt hatten, ferner auf Vernehmung der Zeugen Alfred F und Kurt G zum Beweis dafür, daß der Gendarmeriebeamte H mit einem dieser 'Thai-Mädchen' intime Kontakte hatte und der Barbetrieb des Angeklagten nicht schlecht beleumundet sei, sowie auf Beischaffung des bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau aufliegenden Aktes betreffend ein Verfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gegen die beiden Thailänderinnen (S 185, 186).

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt. Denn ob die beiden Thailänderinnen bei ihrer ersten Vernehmung durch die Gendarmerie ausdrücklich von 'Eingesperrtsein', 'Nötigung zur Prostitution' oder ähnlichem gesprochen haben oder nicht, ist im Hinblick darauf, daß der Tatbestand des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB - entgegen der auch an anderer Stelle der Beschwerde zum Ausdruck kommenden irrigen Rechtsansicht des Beschwerdeführers - weder ein 'Eingesperrtsein' des Opfers der Tat, noch dessen 'Nötigung' zur Prostitution voraussetzt, nicht entscheidungswesentlich. Ebenso ist es - wie schon das Erstgericht in seinen Urteilsgründen (S 202) zutreffend festhielt - für die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat irrelevant, ob der Gendarmeriebeamte H mit einem der Mädchen intime Kontakte hatte und ob der Betrieb des Angeklagten gut oder schlecht beleumundet ist. Die Abweisung des Antrages auf Beischaffung des Aktes der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau betreffend ein Verfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gegen die beiden Thailänderinnen schließlich kann schon deshalb nicht wirksam im Rahmen der Verfahrensrüge angefochten werden, weil diesbezüglich kein Beweisthema genannt worden war und sich ein solches auch nicht implicite aus den Zusammenhängen ergibt (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, Nr 16 und 18 zu § 281 Z 4 StPO). Soweit der Beschwerdeführer nunmehr aber auch weitere - in der Hauptverhandlung nicht als Beweisthema genannte - Umstände anführt, deren Nachweis die vorerwähnten beantragten Beweismittel ebenfalls hätten dienen sollen, handelt es sich um unzulässige Neuerungen, auf die im Rahmen der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzugehen ist. Die in der Verfahrensrüge genannten Beweisanträge des Angeklagten verfielen sohin zu Recht und ohne Verletzung von Verteidigungsrechten der Abweisung.

Mit seiner Mängelrüge wirft der Angeklagte dem Erstgericht zunächst vor, es habe die Feststellung getroffen, die beiden Thailänderinnen seien vom Angeklagten wiederholt mit den Worten 'go sleep' dazu animiert worden, mit Gästen auf ihrem Zimmer den Geschlechtsverkehr auszuüben, sich dabei aber nicht mit der Zeugenaussage eines der beiden Mädchen (Toy C) vor dem Untersuchungsrichter auseinandergesetzt, wonach sie der englischen Sprache nicht mächtig sei und sohin - nach Meinung des Angeklagten - gar nicht wissen konnte, was die Worte 'go sleep' bedeuten.

Dem ist zu erwidern, daß der Angeklagte damit insoweit einzelne Angaben der erwähnten Zeugin vor dem Untersuchungsrichter aus dem Zusammenhang reißt, als Toy C damals zwar angegeben hatte, daß sie der englischen Sprache nicht mächtig sei, in weiterer Folge aber bei derselben Vernehmung aussagte: 'Falls ein Gast mit mir geschlechtlich verkehren wollte, unterhielt sich dieser mit A, der mich dann ganz einfach mit den Worten aufforderte 'go sleep'. Ich bin immer der Aufforderung 'go sleep', weil diese in barschem Ton zu mir gesprochen wurde' (zu ergänzen offensichtlich: 'gefolgt'. Das Satzende fehlt im Protokoll;

S 126). Daraus ergibt sich aber unzweifelhaft, daß die genannte Zeugin jedenfalls die englischen Worte 'go sleep' verstanden und ihren Sinn bei den gegebenen Anlässen auch richtig gedeutet hat, was keinen Widerspruch dazu bedeutet, daß sie der englischen Sprache nicht 'mächtig' ist, dh sie nicht schlechthin in vollem oder doch weitgehendem Umfang beherrscht. Das Erstgericht brauchte sich daher mit diesem Teil der Aussage der Zeugin Toy C nicht eigens auseinanderzusetzen. Vollends keinen inneren Widerspruch vermag - entgegen den weiteren Ausführungen des Angeklagten zur Mängelrüge - der Umstand zu begründen, daß die zweite Thailänderin (Nittaya B) vor dem Untersuchungsrichter angab, der Angeklagte habe ihr 'nicht direkt' gesagt, daß sie mit den Gästen geschlechtlich verkehren müsse (sondern dies nur ihrer Freundin) und an anderer Stelle ihrer Vernehmung bekundete, sie sei vom Angeklagten angewiesen worden, 'alles zu machen, was die Gäste von ihr verlangten'. Diese beiden Stellen der erwähnten Zeugenaussage ergänzen einander vielmehr entgegen der Meinung des Beschwerdeführers geradezu, da die letzteren Angaben der Zeugin ersichtlich zum Ausdruck bringen sollten, daß der Angeklagte sie eben zumindest mit umschreibenden Worten - deren Bedeutung sie aber voll erfaßte - zum Geschlechtsverkehr mit seinen Kunden aufforderte (S 121, 125); dies umsomehr, als die Zeugin B auch an anderen Stellen ihrer Aussage klar zum Ausdurch brachte, daß sie vom Angeklagten zum Geschlechtsverkehr mit den Männern (und zwar sogar während der Regel) angehalten wurde.

Soweit sich der Angeklagte in seiner Mängelrüge gegen Schlußfolgerungen wendet, welche das Erstgericht aus der Tatsache gezogen hat, daß die Zeugin Elisabeth I vor der Gendarmerie angegeben hatte, sich zur Frage der Ausübung des Geschlechtsverkehrs zwischen ihr, bzw den beiden Thailänderinnen und den Gästen des Angeklagten nicht äußern zu wollen, in einem Brief an das Gericht dann aber behauptete, vor der Gendarmerie durch Drohungen zu ihrer protokollarischen Aussage gezwungen worden zu sein, versucht er in Wahrheit bloß in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, ohne damit einen echten Begründungsmangel im Sinne der herangezogenen Gesetzesstelle aufzuzeigen.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich bezüglich des Punktes 2) des Schuldspruches (§ 83 Abs. 1 StGB) die Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit der Tatzeit bemängelt und darauf verweist, daß der (nach dem Urteilsspruch von ihm verletzte) Zeuge Duro D bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie ursprünglich (später im Protokoll ausgebessert) die Nacht vom 2. zum 3. März 1981 als Tatzeit angegeben habe, wogegen sich aus dem Gendarmeriebericht eine um 4,30 Uhr des 2. März 1981 erfolgte Anzeigeerstattung ergebe und der Zeuge in der Hauptverhandlung ausgesagt habe, er wisse nicht so genau, an welchem Wochentag der Vorfall war (vgl ON 6 d.A und S 163), so kommt auch dieser Rüge keine Berechtigung zu. Denn in welcher Form sich das Erstgericht mit der am 22. Jänner 1982 abgelegten Aussage des Zeugen hätte 'auseinandersetzen' sollen, er wisse nicht mehr, wann im März 1981 (nämlich ob in der Nacht vom 1. zum 2. März oder vom 2. zum 3. März 1981) ein bestimmter Vorfall stattgefunden hat, muß unerfindlich bleiben, und ob sich der Zeuge bei seiner früheren Vernehmung vor der Gendarmerie am 6. März 1981 bezüglich des vier bis fünf Tage zurückliegenden Vorfalles zunächst im Datum geirrt hat, ist völlig belanglos. Den in der Hauptverhandlung verlesenen (S 186) Gendarmeriebericht vom 25. März 1981, wonach sich aus dem Dienstplan ergebe, daß D tatsächlich jedenfalls schon am 2. März 1981 gegen 4,30 Uhr am Posten Anzeige erstattet haben muß (und der Vorfall folglich nicht erst in der Nacht vom 2. zum 3. März 1981 stattgefunden haben kann, für welche der Angeklagte laut ON 6 des Aktes ein Alibi anbot), als Urteilsgrundlage heranzuziehen, war das Erstgericht im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung berechtigt.

Auch die Mängelrüge erweist sich demnach als unbegründet. In Ausführung seiner auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge meint der Angeklagte schließlich, daß der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt nicht den Tatbestand des Verbrechens nach § 217 Abs. 1 StPO erfülle, zumal dieser in objektiver Hinsicht das Zuführen einer Person aus einem Staat in einen anderen Staat, dessen Staatsangehörigkeit diese Person nicht besitzt, mit dem Ziele voraussetze, diese Person in diesem genannten Staat der Prostitution zuzuführen; dahingehende Feststellungen lasse das angefochtene Urteil aber vermissen.

Auch insoweit ist die Beschwerde nicht im Recht.

Das Verbrechen des Menschenhandels ist nämlich nur nach dem zweiten

Absatz des § 217 StGB - der hier nicht vorliegt -

ein Absichtsdelikt im weiteren Sinn (Delikt mit überschiessender Innentendenz), und zwar ein kupiertes Erfolgsdelikt (siehe hiezu Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 21 bis 24 zu § 7), bei dem die Tat im Rechtssinn (formell) vollendet ist, sobald der Täter sein Opfer unter den übrigen im Tatbestand genannten Voraussetzungen verleitet oder genötigt hat, sich in einen 'anderen Staat' zu begeben oder es dorthin befördert hat, wogegen die materielle Vollendung der Tat ('Vollbringung') erst mit der Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht im 'anderen Staat' eintritt, auf die freilich der Vorsatz des Täters gerichtet gewesen sein muß (vgl ÖJZLSK 1981/188, 189, 190 zu § 217 Abs. 2 StGB; abweichend Pallin im WK, Rz 8 zu § 217 StGB, jedoch ohne gebotene Differenzierung in Ansehung des Zeitpunktes der Tatvollendung zwischen den Deliktsfällen des Absatzes 1 und 2 der genannten Gesetzesstelle). Das Verbrechen nach § 217 Abs. 1 StGB hingegen setzt nicht voraus, daß der Täter die das Tatobjekt bildende Person - mit dem Vorsatz, sie gewerbsmäßiger Unzuchtsausübung zuzuführen - 'aus einem Staat in einen anderen, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzt, zuführt' - also von Ort zu Ort verbringt oder ihren Ortswechsel mit bestimmten Mitteln veranlaßt -, sondern nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, daß er sie in einem 'anderen' Staat im obigen Sinne der gewerbsmäßigen Unzucht zuführt (oder sie hiefür anwirbt).

Das Delikt ist daher dann, wenn der Täter sein Opfer im Sinne des § 217 Abs. 1 StGB der gewerbsmäßigen Unzucht zuführt, erst vollendet, wenn die gewerbsmäßigen Unzuchtshandlungen in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit das Tatopfer besitzt oder in dem es seinen gewähnlichen Aufenthalt hat, begonnen haben. Bis dahin ist sowohl Mitwirkung an der Tatausführung (in Form sogenannter 'sukzessiver Mittäterschaft') als auch sonstiger Tatbeitrag möglich (vgl ÖJZ-LSK 1981/26 zu § 217 StGB, insoweit auch im Einklang mit Pallin im WK, Rz 8 zu § 217 StGB). Mittäterschaft am Verbrechen nach § 217 Abs. 1 StGB liegt daher - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat - auch dann vor, wenn andere (als Mittäter mit dem entsprechenden Vorsatz handelnde) Personen den Ortswechsel des Tatopfers von einem Staat in den vom Gesetz näher umschriebenen 'anderen' Staat bewirkt haben und die (ebenfalls) auf das Zuführen des Tatopfers zur gewerblichen Unzucht gerichteten Ausführungshandlungen des in Rede stehenden Täters erst unmittelbar darnach - entsprechend dem gemeinsamen Tatplan aller Beteiligten - im 'anderen Staat' einsetzen.

Vorliegend hat das Erstgericht festgestellt, daß der Angeklagte in der Zeit vom November 1980 bis 15. Jänner 1981

im bewußten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) mit weiteren unbekannten Mittätern als Beteiligter die thailändischen Staatsangehörigen Nittaya B und Toy C zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution in der 'X-BAR' in Badgastein, sohin in einem anderen Staat, als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, veranlaßte, nachdem er sich im Herbst 1980 mit zwei thailändischen Staatsangehörigen in Verbindung gesetzt hatte, um thailändische Mädchen in sein Lokal 'X-BAR' zu bringen, diese beiden Thailänder tatsächlich am 13. November 1980 die beiden genannten thailändischen Mädchen in das Lokal des Angeklagten brachten und ihm ihre Reisepässe und Flugtickets ausfolgten (welch letztere der Angeklagte durch übergabe von 70.000 S in bar bezahlte), worauf sie der Angeklagte als 'Tänzerinnen' anwarb und ihnen pro Monat 5.000 S für das Tanzen, 10 % Beteiligung am Getränkeumsatz und 'for Room 1.000 S, 50 % for House' bot, womit das zur Hälfte abzuliefernde Entgelt für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs mit Kunden gemeint war, zu dem sie der Angeklagte in der Folge wiederholt aufforderte, wobei sich die Mädchen der Aufforderung fügten, weil sie Angst vor ihm hatten und über keine sonstigen Einnahmen verfügten (S 197). Damit hat der Angeklagte aber entgegen seiner in der Beschwerdeausführung vertretenen Rechtsmeinung die beiden thailändischen Mädchen in Österreich (für sie daher in einem ausländischen Staat) der gewerbsmäßigen Unzucht zugeführt und hiedurch nach dem oben Gesagten den Tatbestand des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB erfüllt, weshalb ihn das Erstgericht ohne Rechtsirrtum dieses Deliktes schuldig erkannt hat. Auch den Ausführungen zur Rechtsrüge kann sohin nicht gefolgt werden, weshalb die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil insoweit mit einer vom Angeklagten nicht geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeit behaftet ist, als die zu Punkt 1 des Schuldspruchs beschriebene Tat als das Verbrechen des gewerbsmäßig begangenen Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 zweiter Deliktsfall StGB beurteilt und die Strafe nach dem zweiten Strafsatz der genannten Gesetzesstelle ausgemessen wurde, wiewohl eine gewerbsmäßige Begehung des Menschenhandels schuldspruchmäßig nicht festgestellt worden ist. Für die rechtliche Beurteilung der Tat sowie für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes kommt es ausschließlich auf den Inhalt des Schuldspruchs im Urteilssatz an, sodaß Qualifikationen, die nicht im Schuldspruch angeführt sind, weder der rechtlichen Beurteilung noch der Strafbemessung zugrundegelegt werden dürfen (vgl Mayerhofer/Rieder StPO Nr 14 zu § 260 sowie Nr 2 zu § 281 Z 11).

Der im urteilsmäßigen Schuldspruch fehlende Ausspruch über das Vorliegen einer strafsatzändernden Qualifikation kann nicht durch Ausführungen zu dieser Qualifikation in den Entscheidungsgründen ersetzt werden. Vorliegend hat das Erstgericht im urteilsmäßigen Schuldspruch nicht ausgesprochen, daß der Angeklagte den Menschenhandel gewerbsmäßig begangen hat. Daher war es unzulässig, die Tat dem zweiten Deliktsfall des § 217 Abs. 1 StGB zu unterstellen und die Strafe nach dem zweiten Strafsatz der eben genannten Strafvorschrift auszumessen. Die rechtliche Beurteilung der unter Punkt 1 des Schuldspruchs beschriebenen Tat war demnach von Amts wegen richtigzustellen und die Strafe nach dem ersten Strafsatz des § 217 Abs. 1 StGB auszumessen.

Bei der Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie zwei einschlägige Vorstrafen (wegen § 83 Abs. 1 StGB aus 1977 und 1981), als mildernd hingegen keinen Umstand.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und unter Bedachtnahme auf die allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß als schuldangemessen. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht konnte schon im Hinblick auf die beiden einschlägigen Vorstrafen wegen Körperverletzung nicht in Erwägung gezogen werden, zumal angesichts dieser Vorstrafen (und dem nach der letzten bezüglichen Verurteilung vom 13. Jänner 1981 zu U 514/80 des Bezirksgerichtes Badgastein erfolgten raschen Rückfall:

Körperverletzung an Duro D am 2. März 1981) künftiges Wohlverhalten bei bloßer Androhung der Strafvollstreckung nicht angenommen werden kann.

Mit seiner Berufung war der Angeklagten auf die getroffene Sachentziehung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03853

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00066.82.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19820909_OGH0002_0120OS00066_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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