TE OGH 1982/10/20 11Os114/82

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Veröffentlicht am 20.10.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Mai 1982, GZ 1e Vr 12.642/81-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kremslehner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Presslauer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. September 1929 geborene Vertragsbedienstete Hans A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er seit dem Jahre 1977 in mindestens 20 Fällen als Hausinspektor der Magistratsabteilung 52

der Stadt Wien, sohin als Beamter, indem er sich für die Erteilung von Reparaturaufträgen an den Installateurmeister Josef B 10 % des jeweiligen Rechnungsbetrages geben ließ, für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäftes von Josef B für sich einen Vermögensvorteil annahm.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

Der Beschwerdeführer erblickt den erstgenannten Nichtigkeitsgrund in der Abweisung seines Antrages auf Vernehmung des Alfred C zum Beweis dafür, daß dieser Zeuge 'weder vor noch nach der Ausstellung der Rechnung 10 %

verlangt oder genommen hat' (S 86 d.A). Das Erstgericht wies diesen Beweisantrag mit der Begründung ab, daß die Befragung des Zeugen Alfred C zur Wahrheitsfindung in der gegenständlichen Strafsache nichts beitragen könne (S 87 d.A). Dieser Erwägung hält der Beschwerdeführer entgegen, daß es für die Frage der Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Josef B von Bedeutung gewesen wäre, ob dessen Angaben zutreffen, denen zufolge der Hausinspektor Alfred C in gleicher Weise wie der Angeklagte Franz A Geldgeschenke genommen haben soll.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist klarzustellen, daß das Ziel des Beweisantrages nicht die Erweiterung der gerichtlichen Erkenntnisgrundlage über die unter Anklage gestellten Tathandlungen, sondern die überprüfung eines vom Verfahrensgegenstand gesonderten und in einem anderen Strafverfahren (gegen Alfred C - siehe den Ausscheidungsbeschluß S 2 d. A) behandelten Sachverhaltes war. Bei dieser Fallgestaltung ging das Erstgericht mit Recht davon aus, daß die Angaben des beantragten Zeugen keine die Frage der Tatverübung durch den Angeklagten betreffende Feststellungen oder Folgerungen zugelassen hätten. Das angestrebte Ergebnis der Vernehmung des Zeugen Alfred C, nämlich die Bekräftigung seiner ohnehin aktenkundigen Angaben, daß er keine Geldgeschenke genommen habe (S 31 d.A), wäre nicht geeignet gewesen, die dem Gericht durch die Gesamtheit der Verfahrensergebnisse vermittelte Beweislage maßgebend zu verändern (ÖJZ-LSK 1979/ 82) und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Josef B zu beeinflussen, welche aus ganz anderen, mit der begehrten Beweisaufnahme in keiner Verbindung stehenden und durch deren Beweiszweck nicht zu widerlegenden Verfahrensumständen abgeleitet wurde (S 99 f d.A).

Der in Rede stehende Beweisantrag konnte somit vom Erstgericht ohne Verletzung von die Verteidigung sichernden Verfahrensgrundsätzen abgelehnt werden.

In der auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Mängelrüge macht der Angeklagte eine Widersprüchlichkeit des erstgerichtlichen Ausspruches über die Höhe der jeweils im Einzelfall angenommenen Geldgeschenke geltend und darüber hinaus eine Unvollständigkeit der Begründung für die Annahme der Deliktsverübung mangels Erörterung des Umstandes, daß er nicht in jedem in Betracht gekommenen Fall einen Vermöensvorteil anstrebte.

Die Mängelrüge versagt jedoch ebenfalls.

Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß die vom Erstgericht an die Höhe der vom Angeklagten an den Zeugen Josef B bezahlten Rechnungen zwischen rund 160 S und rund 800 S anknüpfende Feststellung, der vom Angeklagten im Einzelfall erlangte Vermögensvorteil (im Ausmaß von 10 % des Rechnungsbetrages) habe 'daher' zwischen rund 60 S und rund 150 S betragen, mit diesem Wortlaut einer schlüssigen Ableitung entbehrt. Allerdings betrifft diese (durch die vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage herangezogenen Angaben des Zeugen Josef B /siehe S 42 d.A/ ohnehin gedeckte) Konstatierung - wie der Beschwerdeführer selbst durch seinen Hinweis auf Belange der Strafzumessung konkludent einräumt - weder eine für das Erkenntnis in der Schuldfrage oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes maßgebende Tatsache, noch war sie Grundlage für die Verhängung einer Nebenstrafe nach dem § 20 StGB (siehe hiezu ÖJZ-LSK 1980/134), sodaß ein Begründungsmangel in der Bedeutung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes nicht vorliegen kann.

Der vom Erstgericht ausdrücklich festgestellte Umstand, daß der Angeklagte nicht jedesmal bei Bezahlung einer Rechnung des Zeugen Josef B ein Geldgeschenk in der Höhe von 10 % des Rechnungsbetrages für sich beanspruchte, ist mit der Annahme der Deliktsverübung in den anderen Fällen vereinbar und fand in der Aussage des Zeugen Josef B, wonach die Vorgangsweise regelmäßig von einem diesbezüglichen, nicht immer gestellten Verlangen des Angeklagten abhängig war (S 77 f d.A), eine ausreichende Aufklärung, weshalb seine gesonderte Erörterung bei der gebotenen gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe im Ersturteil (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht erforderlich war.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO wendet der Angeklagte vorerst ein, daß er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Betreuung von Miethäusern der Gemeinde Wien in der Privatwirtschaftsverwaltung tätig gewesen sei, wobei hie verwalteten Angelegenheiten außerdem nicht zum spezifischen Aufgabenbereich einer Gemeinde zählten, und sein Arbeitsbereich daher nicht die Vornahme von Amtsgeschäften im Sinn des § 304 StGB umfaßt habe.

Darauf ist zu erwidern, daß der Begriff Amtsgeschäft - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - jede Verrichtung umschreibt, die der Erfüllung von Vollziehungsaufgaben einer Gebietskörperschaft oder eines anderen im § 74 Z 4 StGB bezeichneten Rechtsträgers dient und solcherart Gegenstand der Tätigkeit eines Beamten im strafrechtlichen Sinn bildet, wobei auch der Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zur Gänze erfaßt wird (siehe hiezu Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2 RN 13 zu § 74, RN 21 zu § 302 und RN 7 sowie 10 zu § 304). Es kommt hiebei nicht darauf an, ob eine inhaltliche Beziehung des privatwirtschaftlichen Verwaltungsbereiches zu anderen Aufgaben des Rechtsträgers besteht und ob die übernahme der jeweiligen Vollziehungsaufgaben für einen bestimmten Rechtsträger üblich oder typisch ist. Lediglich im Fall einer - vorliegend nicht gegebenen -

Führung wirtschaftlicher Geschäfte der öffentlichen Hand im Rahmen sogenannter selbständiger Wirtschaftskörper läge staatliche Verwaltung im engeren Sinn nicht vor, weshalb die Bediensteten derartiger Betriebe keine Beamten sind und demgemäß keine Amtsgeschäfte vornehmen (siehe ÖJZ-LSK 1980/137).

In der Beurteilung, daß der Angeklagte als mit der Verwaltung von Gemeindebauten befaßter Beamter der Gemeinde Wien durch die pflichtgemäße Erteilung von Reparaturaufträgen an Gewerbetreibende Amtsgeschäfte im strafrechtlichen Sinn vornahm, ist jedoch ein Rechtsirrtum nicht zu erblicken.

Schließlich erweist sich auch der weitere Einwand der Rechtsrüge, der Angeklagte habe die Vermögensvorteile nicht für die pflichtgemäße Vornahme der Amtsgeschäfte, nämlich die Erteilung von Reparaturaufträgen an den Installationsunternehmer Josef B, sondern dafür angenommen, daß der genannte Gewerbebtreibende - und nicht ein anderer -

die jeweiligen 'Geschäfte erhielt', als nicht zielführend. Mit diesem Vorbringen wird nur mit jeweils anderen Worten ein identes Geschehen umschrieben, nicht aber wird damit aufgezeigt, daß der essentielle Konnex zwischen vorgenommenem Amtsgeschäft und Motiv der Geschenkhingabe gefehlt hätte. Die Argumentation unterstreicht vielmehr, daß der geschenkweise erlangte Vermögensvorteil ohne die das Amtsgeschäft bildende Auftragserteilung vom Installationsunternehmer nicht eingeräumt worden wäre und das betreffende Amtsgeschäft demgemäß den einzigen Beweggrund der Schenkung darstellte, weshalb der für die Tatbestandserfüllung notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen der Beamtentätigkeit und der Geschenkannahme keinem Zweifel unterliegen kann. Soweit der Beschwerdeführer seinem als Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO erstatteten Vorbringen jeweils abschließend hinzufügt, daß er vorsichtshalber diese Einwände auch unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend mache, ist darin keine gesetzmäßige Ausführung des letztgenannten Nichtigkeitsgrundes zu ersehen, weil der behauptete Subsumtionsirrtum nicht konkretisiert wird (§ 285 Abs 1 und 285 a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 304 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend den längeren Zeitraum (über den sich das deliktische Verhalten erstreckte), als mildernd die bisherige Unbescholtenheit. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine schuldangemessene Herabsetzung der Geldstrafe an.

Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Geht man davon aus, daß mit dem Erschwerungsgrund des 'längeren Zeitraumes' die Wiederholung der Straftat erfaßt werden sollte, dann wurden die Strafzumessungsgründe in erster Instanz richtig und auch vollständig angeführt. Daß sich der Angeklagte - entgegen seinem Berufungsvorbringen -

der Rechtswidrigkeit der ihm angelasteten Vorgangsweise durchaus bewußt war, ergibt sich schon aus den Angaben anläßlich seiner ersten Vernehmung durch die Magistratsdirektion der Stadt Wien (S 29 d. A).

Die vom Erstgericht verhängte Anzahl der Tagessätze - und nur gegen diese ist das Berufungsbegehren mit seiner Bezugnahme auf die Schuld sachlich gerichtet - entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat.

Mithin konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03888

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00114.82.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19821020_OGH0002_0110OS00114_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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