TE OGH 1982/11/18 13Os170/82

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Veröffentlicht am 18.11.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zvonko A u.a. wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubs nach § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2 Z. 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Zvonko A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 21.April 1982, GZ. 3 a Vr 2/82-52, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Der Akt wird zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.Juli 1965 geborene Zvonko A (neben dem Verbrechen des versuchten schweren Raubs nach § 15, 142 Abs. 1, 143 StGB) des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 und 2 Z. 2 StGB schuldig erkannt, weil er zusammen mit dem rechtskräftig abgeurteilten Josip B am 28.Dezember 1981 in Wien in verabredeter Verbindung mit den abgesondert verfolgten Simo A und Wilhelm C drei Personen, und zwar Karl D, Eleonore E und Franz F durch Faustschläge und Fußtritte am Körper verletzte, wobei diese Verletzungen teilweise an sich schwer waren und eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatten (Punkt B des Urteilssatzes).

Die auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich lediglich gegen die Zurechnung der der Eleonore E (nach den Urteilsfeststellungen nur von Simo A durch einen Faustschlag) zugefügten Verletzung im Rahmen der Verabredung.

Daß auch Eleonore E im Zug des vom Angeklagten und seinen Mittätern gefaßten gemeinsamen Tatentschlusses verletzt wurde, nahm das Erstgericht deshalb als erwiesen an, weil Josip B, Simo A und Wilhelm C unmittelbar vor dem Beginn der Tätlichkeiten auf einen Ruf des Beschwerdeführers zum Tatort eilten, dort unverzüglich an den Angriffen gegen Karl D und Eleonore E teilnahmen und damit - wie das Gericht daraus erschloß - in Willensübereinstimmung mit dem Nichtigkeitswerber handelten und die Verletzung der Opfer beabsichtigten. Das Schöffengericht hat auch die Aussage der Zeugin E in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen und begründet, weshalb es deren Darstellung, lediglich Simo A habe sie gezielt attackiert, nicht gefolgt ist.

Rechtliche Beurteilung

Wenn die Mängelrüge dennoch eine solche verabredete Verbindung als unzureichend begründet bezeichnet und auf diese (vom Gericht abgelehnte) Aussage der E mit der Behauptung verweist, ein Nachweis für die Mitwirkung des Angeklagten an der Verletzung der Genannten sei nicht erbracht, so zeigt sie keinen Begründungsfehler in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO auf, sondern bekämpft lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Der (unter beiden Nichtigkeitsgründen vorgebrachte) Hinweis auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9.Juni 1982, 2 d E Vr 261/82-67, mit welchem Simo A wegen der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB, begangen an Eleonore E, schuldig gesprochen, eine verabredete Verbindung (§ 84 Abs. 2 Z. 2

StGB) aber nicht angenommen wurde, betrifft zunächst eine im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerung, weil der Oberste Gerichtshof seiner Entscheidung die Tatsachen zugrunde zu legen hat, die der Gerichtshof erster Instanz ohne überschreitung der Anklage festgestellt hat (§ 288 Abs. 2 Z. 3 StPO), die Entscheidung des Landesgerichts aber nach der Fällung des angefochtenen Urteils (21.April 1982) erging. Der Einwand der abweichenden Beurteilung desselben Sachverhalts in einer anderen Entscheidung könnte übrigens nur unter den - hier nicht gegebenen - formellen Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO zum Tragen gebracht werden (SSt. XLIII/41).

Darüber hinaus ergibt sich aus der Strafprozeßordnung zwingend, daß die Verurteilung eines Angeklagten keine Rechtskraftwirkung für ein Strafverfahren hat, das wegen derselben Tat gegen einen anderen Angeklagten geführt wird (Nowakowski, Die materielle Rechtskraft des Schuldspruchs, ÖJZ. 1948, 550). Das in einer Sache erkennende Gericht hat ungeachtet der den nämlichen Sachverhalt betreffenden Entscheidung eines anderen Gerichts zufolge § 3 StPO mit eigenen Mitteln und selbständig die Wahrheit zu finden (SSt. 26/68, 43/41). Eine wechselseitige Präjudizialität ist dem österreichischen Prozeßsystem fremd. Davon aber, daß sich die Schuldfeststellungen der beiden Urteile gegenseitig ausschlössen (vgl. § 353 Z. 3 StPO: 'die Nichtschuld ... notwendig anzunehmen ist'), kann nicht die Rede sein; dies umso weniger, als auch im angefochtenen Urteil als erwiesen angenommen ist, daß E nur von Simo A wuchtig ins Gesicht und zu Boden geschlagen wurde (S. 319). Indes entläßt diese Konstatierung den Beschwerdeführer nicht aus der Haftung für die in verabredeter Verbindung begangene schwere Körperverletzung an der Frau, weil hiefür (§ 84 Abs. 2 Z. 2 StGB) nicht erfordert wird, daß alle Verabredeten Hand anlegen (LSK. 1976/267, 1977/192, 1979/104). Die Rechtsrüge erschöpft sich, genau besehen, in der Behauptung, daß ein Sachverhalt für strafbar erklärt und Gegenstand eines Schuldspruchs wurde, 'den es an sich mit Bezug auf den Angeklagten gar nicht hätte geben sollen' und ist damit, jeglicher Substantiierung eines rechtlichen Fehlers entbehrend, einer sachlichen Erledigung nicht zugänglich.

Mangels prozeßordnungsgemäßer Ausführung der angerufenen oder irgendeines anderen der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe war die Beschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Die Zuleitung des Akts zur Entscheidung an das Oberlandesgericht Wien beruht darauf, daß eine (die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufung begründende) Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt (RZ. 1970 S. 17, 18, 1973 S. 70 u.v.a.).

Anmerkung

E03914

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0130OS00170.82.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19821118_OGH0002_0130OS00170_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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