TE OGH 1982/12/2 12Os161/82

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Veröffentlicht am 02.12.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Dezember 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schroth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Karl A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2

StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. April 1982, GZ. 5 e Vr 9821/81-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Walter Riedl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.September 1945 geborene Dipl.Ing. Karl (Michael) A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe sowie gemäß § 20 Abs. 2 StGB zur Zahlung eines Betrages von S 2.000 verurteilt. Ihm liegt zur Last, am 19.Dezember 1977 in Wien als Beamter, nämlich als leitendes Bauaufsichtsorgan der Bundesgebäudeverwaltung I für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete B einen Vermögensvorteil in Form eines Bargeldbetrages in der Höhe von S 2.000 angenommen zu haben.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 4, 5, 9 lit. a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt er darin, daß das Erstgericht seinen in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen auf Zuziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen, auf Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen und auf zeugenschaftliche Vernehmung der Tochter (Ingrid) der Margarete B (S 63, 64/II) nicht entsprochen hat. Er wurde jedoch durch das bezügliche abweisliche Zwischenerkenntnis (S 65, 66/II in Verbindung mit S 76, 77/II) in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt:

Der Antrag auf Zuziehung eines (weiteren) psychiatrischen Sachverständigen zielte auf den Nachweis, daß die Zeugin Margarete B nicht 'handlungsunfähig' (S 63/II) - gemeint wohl nicht verhandlungsunfähig oder vernehmungsunfähig - sei. Hiezu wurde jedoch ohnedies der Sachverständige Primarius Dr. C gehört (S 61 ff/II), der schlüssig und widerspruchsfrei darlegte, daß zur Zeit der Hauptverhandlung die Verhandlungsfähigkeit der Zeugin nicht gegeben war und daß es fraglich sei, ob und wann eine solche in Zukunft eintreten werde. Für die Zuziehung eines zweiten Sachverständigen bestand daher - zumal es sich auch nicht etwa um eine besonders schwierige Begutachtung (§ 118 Abs. 2 StPO) handelte - mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 126 Abs. 1 StPO kein Anlaß. Insbesonders begründete auch der Umstand, daß der vernommene Sachverständige den zukünftigen Eintritt der Vernehmungsfähigkeit der Margarete B nicht abschließend beurteilen wollte oder konnte, keine Mangelhaftigkeit seines Gutachtens, da es in der Natur psychischer Erkrankungen, die oft einen überraschenden Verlauf nehmen, liegt, daß sie sich einer exakten Vorausberechnung und Prognose entziehen. Vielmehr bot das eingeholte Gutachten dem zur Erledigung der Strafsache in angemessener Frist (Art. 6 Abs. 1 MRK) verpflichteten Erstgericht eine ausreichende Grundlage dafür, von einer Ladung der Zeugin Margarete B Abstand zu nehmen und sich mit entsprechenden Verlesungen zu begnügen (so auch schon 12 Os 116/82).

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend ist aber auch die im Zwischenerkenntnis im Zusammenhang mit der Abweisung des Begehrens auf Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen gegebene Begründung. Denn dieses Gutachten sollte inhaltlich der sich auf das 'blaue Buch' - mag mit diesem nun das Kassabuch, das daneben geführte Schmierheft oder beides gemeint gewesen sein - beziehenden Antragstellung (S 63/II) jedenfalls nur der Überprüfung der zeugenschaftlichen Angaben der Ilse D (S 58 ff./II) dienen, wobei in keiner Weise zu erkennen ist, was für den Beschwerdeführer hiedurch (Ilse D hatte angegeben, daß die Bucheintragungen teils von ihr nach Diktat der Margarete B, teils von Margarete B selbst vorgenommen worden seien) zu gewinnen wäre.

Schließlich konnte auch die beantragte zeugenschaftliche Einvernahme der Tochter der Margarete B unterbleiben, die zum Beweis dafür geführt wurde, 'ob es richtig ist, daß ihre Mutter zu ihr gesagt hat, sie werde dieses Geld zusammenkratzen, damit sie ein schöneres Leben hat' (S 64/II). Stünde doch eine solche öußerung der Bezahlung eines Betrages von S 2.000 an den Beschwerdeführer durchaus nicht entgegen, zumal das Geschenk nach den Urteilsannahmen ja der Sicherung der Geschäftsverbindungen der Margarete B und damit der Erhaltung der Basis für weitere Vermögensbildung dienen sollte (vgl. im Urteil ON 22 S 65/II).

In Ausführung des weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe wesentliche Urteilsfeststellungen unvollständig, aktenwidrig und offenbar unzureichend begründet.

Soweit er zunächst auf verschiedene, ihm merkwürdig scheinende Eintragungen im Kassabuch hinweist und meint, das Erstgericht hätte dieselben bei der Feststellung, Margarete B sei zur Zeit der Eintragungen in das 'minutiös' geführte Kassabuch bzw. in das Schmierheft nicht geisteskrank gewesen, nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen, übersieht er, daß die Entscheidungsgründe gemäß der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO in 'gedrängter Darstellung' abzufassen sind. Eine detaillierte Erörterung der vom Beschwerdeführer zitierten Eintragungen war daher entbehrlich, zumal diese für das vorliegende Verfahren nicht unmittelbar relevant sind, zu anderen Zeitpunkten erfolgten und mithin keine konkreten Rückschlüsse auf die Geistesverfassung der Margarete B zur Zeit der hier entscheidenden Aufzeichnungen zulassen. Im übrigen hat sich aber das Erstgericht mit den psychischen Besonderheiten der Margarete B an Hand der - nicht nur schriftlich (ON 11, 19 und 20), sondern auch mündlich in der Hauptverhandlung (S 61 ff./II) eingeholten - Gutachten des Sachverständigen Prim.Dr. C (vgl. in diesem insbes. auch S 513/I) ohnedies ausführlich auseinandergesetzt.

Einzuräumen ist dem Beschwerdeführer lediglich, daß die Feststellung (sh. ON 22, S 66/II), im Kassabuch (vgl. S 93/I) sei am 19.Dezember 1977 (anstatt richtig mit dem Datum 12.Dezember 1977) eine Zahlung an den Angeklagten in der Höhe von S 2.000 vermerkt, aktenwidrig ist. Dieser - ersichtlich auf einen Schreib-, Lese- oder übertragungsfehler zurückgehende, sich auch im Urteilsspruch niederschlagende - Umstand betrifft jedoch keine entscheidende Tatsache, da die angelastete Tat jedenfalls hinlänglich und verwechslungssicher individualisiert erscheint und daher der (genauen) Tatzeit keine Bedeutung zukommt (vgl. ÖJZ-LSK 1977/353; 1978/304).

Schließlich wurde der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider im Urteil auch die Konstatierung zureichend begründet, daß der Betrag von S 2.000 von Margarete B an den Angeklagten übergeben und von diesem angenommen wurde. Das Erstgericht hat sich hiebei durchaus schlüssig auf die Eintragung im Kassabuch (S 93/I) berufen, aus dem ein entsprechender Ausgang ersichtlich ist, daneben aber vor allem auch auf die korrespondierende Eintragung im Schmierheft (S 275/I) und auf das Verhalten der Margarete B nach der Beschlagnahme dieser Unterlagen, nämlich insbes. ihre gegenüber dem Mag. E abgegebene Erklärung, an Beamte der Bundesgebäudeverwaltung (wenn auch ohne ausdrückliche Nennung des Namens des Angeklagten) Provisionszahlungen geleistet zu haben (vgl. S 72, 73/II). Der erkennende Senat hat aber auch die leugnende Verantwortung des Angeklagten berücksichtigt und diese - indem er ihr den Glauben versagte (vgl. S 69, 70/II) - sehr wohl als unrichtig erklärt. Keinen Anlaß hatte das Erstgericht, eine - in der Beschwerde vermißte, vom Beschwerdeführer in erster Instanz aber selbst nicht beantragte - Überprüfung in der Richtung vorzunehmen oder im Urteil zu erörtern, ob Margarete B gerade am 12.Dezember 1977 weitere Zahlungen an andere Beamte leistete. Daß es an sich möglich wäre, an einem Tag auch mehrere solche Zahlungen durchzuführen, liegt auf der Hand, läßt aber jedenfalls keine brauchbaren Rückschlüsse darauf zu, wie es sich im vorliegenden Fall verhielt, und war daher für diesen ohne Belang.

Somit muß auch die Mängelrüge in jeder Beziehung versagen. Mit seiner zunächst den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO anrufenden Rechtsrüge behauptet der Beschwerdeführer, das Urteil ermangle ausreichender Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite.

Auch insoweit sind seine Ausführungen nicht zielführend. Das angefochtene Urteil läßt keinen Zweifel daran, daß die Amtsgeschäfte, für deren pflichtgemäße Vornahme der Angeklagte das Geldgeschenk annahm, in seiner Bauaufsichtstätigkeit bestanden, wobei er konkret die vom Unternehmen der Margarete B im Patentamt durchgeführten Arbeiten zu überwachen hatte (vgl. S 64, 67, 78/II). Da Margarete B der Bundesgebäudeverwaltung I Wien als Partei gegenübertrat und zur erfolgreichen Führung ihres Gewerbebetriebes u. a. auf die beanstandungsfreie Abnahme der geleisteten Arbeiten durch dieses Amt angewiesen war, indiziert im übrigen schon das Geben und das Annehmen des keineswegs unter der Schwelle der Rechtserheblichkeit gelegenen Geldgeschenks den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem gewährten Vermögensvorteil und der konkreten Amtsführung, zumal kein Anhaltspunkt für eine andere Motivierung des Geschenks gegeben ist (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, § 304 RN 6; SSt. 41/3, ÖJZ-LSK 1980/194 = RZ 1981/11).

Daß aber der Angeklagte vorsätzlich gehandelt und den Geldbetrag von S 2.000 auch subjektiv in dem Bewußtsein angenommen hat, damit für die pflichtgemäße Vornahme der erwähnten Amtsgeschäfte einen Vermögensvorteil zu erhalten, geht ebenfalls zweifelsfrei aus den Urteilskonstatierungen hervor (vgl. insbes. S 78/II). Es bleibt daher noch der mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO erhobene Einwand zu prüfen, der Angeklagte hätte nicht gemäß dem § 20 Abs. 2 StGB zur Zahlung eines Geldbetrages von S 2.000 verurteilt werden dürfen, weil das Geschenk aus der Straftat an ihn geflossen sei, wogegen § 20 StGB voraussetze, daß der Täter das Geschenk für die strafbare Handlung empfangen habe. Auch dieser Einwand ist jedoch nicht stichhältig. Wie der Oberste Gerichtshof bereits nochmals ausgesprochen hat, ist nämlich der Verfall eines Geschenkes oder einer anderen Zuwendung von Geldeswert (und damit in den Fällen des § 20 Abs. 2 StGB auch die Auferlegung eines Wertersatzes, falls der Täter die Zuwendung nicht mehr besitzt) - entsprechend einem einfachen (dem Analogieverbot durchaus nicht widersprechenden) Größenschluß - auch dann zulässig, wenn die Geschenkannahme wie im Falle des § 304 Abs. 2 StGB das strafbare Verhalten selbst darstellt (vgl. ÖJZ-LSK 1980/ 134 = EvBl. 1981/13 = JBl. 1981, 160; 12 Os 109/82, 12 Os 116/82; Leukauf-Steininger, § 20, RN 5; Dokumentation zum StGB, S 74, letzter Absatz zu § 20 StGB).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dipl.Ing. Karl A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 37, 304 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, wobei es die Höhe des Tagessatzes mit 200 S bestimmte. Bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel an.

Die Berufung des Angeklagten, welche die 'Höhe' der Geldstrafe (gemeint ersichtlich die Anzahl der verhängten Tagessätze und die bestimmte Höhe derselben) bekämpft und überdies bedingte Nachsicht der Strafe begehrt, ist nicht begründet.

Von einer verlockenden Gelegenheit, wie dies der Berufungswerber behauptet, kann vorliegend nicht die Rede sein, weil gerade auf den Mißbrauch eben dieses Gelegenheitsverhältnisses der spezielle Unrechtsgehalt der Tat besteht. Die Anzahl der Tagessätze entspricht durchaus dem Tatunwert und dem Schuldgehalt der Tat selbst, zumal sie eher im unteren Drittel des Strafrahmens liegt. Auch die Höhe des festgesetzten Tagessatzes wird den nach der Aktenlage vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten gerecht, der selbst in seiner Berufung keine konkreten Einwände gegen die Höhe des Tagessatzes vorbringen kann. Die erstrebte bedingte Nachsicht würde aber die Effektivität der Geldstrafe selbst bei Vorliegen einer guten Prognose beeinträchtigen, ganz abgesehen davon, daß es auch der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung gleichgelagerter strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Aus diesen Gründen mußte daher die Berufung zur Gänze erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

Anmerkung

E03998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00161.82.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19821202_OGH0002_0120OS00161_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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