TE OGH 1983/3/22 9Os16/83

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Veröffentlicht am 22.03.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jackwerth als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB über die vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. November 1982, GZ 2 a Vr 9786/81-17, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Martin Riedl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

II. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, der Ausspruch über die Abweisung des Verfallsantrages aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Gemäß § 20 Abs 2 StGB wird der Angeklagte Johann A zur Zahlung eines Geldbetrages von 6.500 S verurteilt.

III. Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9. Jänner 1937 geborene Bundesbeamte Johann A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien in den Jahren 1978 und 1979 als Hilfsbauleiter der Bundesgebäudeverwaltung I, sohin als Beamter, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete B in insgesamt vier Fällen Vermögensvorteile, nämlich Geldbeträge, in der Gesamthöhe von 6.500 S angenommen hatte. Der Antrag der Staatsanwaltschaft, den Angeklagten gemäß § 20 Abs 2 StGB auch in die Zahlung eines Geldbetrages zu verfällen, der dem Wert der angenommenen Vermögensvorteile entspricht, wurde abgewiesen.

Gegen dieses Urteil richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten, wobei die Anklagebehörde mit der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO die Abweisung des Verfallsantrages anficht, der Angeklagte hingegen mit der Z 5 und 9 lit a der angeführten Gesetzesstelle seinen Schuldspruch bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Beschwerde des Angeklagten:

Der auf den erstangeführten Nichtigkeitsgrund gestützten Mängelrüge zuwider, hat das Schöffengericht die Tatsache, daß die Krankheit der Margarete B in Phasen verläuft, ausführlich gewürdigt (S 446 f). Detaillierte Einlassungen darüber, wann die einzelnen Phasen der Krankheit stattgefunden haben und in welchem zeitlichen Zusammenhang sie zu den Eintragungen über die geleisteten Zahlungen standen, waren in diesem Zusammenhang nicht vonnöten, weil die Tatrichter, fußend auf dem Gutachten des gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. C (vgl S 433 f in Verbindung mit S 448) und dem sachbezogenen Inhalt der schriftlichen Unterlagen (S 447) mit denkrichtiger und lebensnaher Begründung zur Annahme gelangt waren, daß die Genannte im Zeitpunkt der Vornahme ihrer Eintragungen (im Kassabuch und im 'Schmierheft') trotz ihrer geistigen Erkrankung in der Lage war, Richtiges und Unrichtiges zu unterscheiden, dh die historische Wahrheit zu erkennen und sie in Form entsprechender Eintragungen in die genannten Unterlagen auch festzuhalten bzw daß der Angeklagte die eingetragenen Geldzuwendungen tatsächlich erhalten hatte.

Das Erstgericht war aber entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nicht gehalten, sich mit der in der Hauptverhandlung verlesenen, in einem anderen Strafverfahren abgelegten Aussage des Zeugen Mag D auseinanderzusetzen, wonach Margarete B ihre ursprünglichen Angaben über Zahlungen an den Beschwerdeführer widerrufen und dessen Namen nicht als Zahlungsempfänger genannt habe.

Genug daran, daß sich der erkennende Senat der Sache nach mit den (den Angeklagten entlastenden) Versionen, welche Margarete B in anderem Zusammenhang (so auch vor der Polizei) zur Darstellung gebracht hatte, ohnedies beschäftigte und eingehend begründete, weshalb er diesen Angaben keinen Glauben zu schenken vermochte (vgl insbesondere S 449 f). Es bedurfte daher keines speziellen Eingehens auf den Inhalt des erwähnten Protokolls, welches bloß die Wiedergabe einer vom Erstgericht mit hinreichender Begründung abgelehnten Sachverhaltsdarstellung der Margarete B durch eine dritte Person enthält.

Die Mängelrüge des Angeklagten erweist sich daher insgesamt als

nicht berechtigt.

Fehl geht aber auch seine die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO relevierende Rechtsrüge, in der er Feststellungsmängel in Richtung des Tatbestandsmerkmals 'für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes' moniert. Denn das Erstgericht hat sich nicht etwa mit der allgemeinen Feststellung begnügt, daß die Hingabe der Geldbeträge durch Margarete B an den Angeklagten erfolgte, um sich die Geschäftsverbindung ihrer Firma zur Bundesgebäudeverwaltung und das Wohlwollen der damit befaßten Beamten - so auch des Angeklagten - zu sichern (S 444); vielmehr ist es darüber hinaus davon ausgegangen, daß die Zahlungen erfolgten, um die pflichtgemäße Vornahme der dem Angeklagten übertragenen, in ihrem Umfang global umschriebenen Amtsgeschäfte in seiner Eigenschaft als Hilfsbauleiter in der Abteilung II/6, Höhere Schulen, in bezug auf die von der Firma B in diesem Bereich durchzuführenden Arbeiten, und zwar insbesondere in den Schulen 'Anton Kriegergasse' und 'Mayergasse' (Bundes-Taubstummen-Institut) sicherzustellen (vgl S 443 - 446), wobei sich der Angeklagte dieses Zweckes der Zahlungen auch bewußt war (S 445 unten f). Damit hat das Schöffengericht aber alle erforderlichen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite über die Art der Tätigkeit des Angeklagten, ihre Beziehung auf die von der Firma B für die Bundesgebäudeverwaltung durchgeführten Arbeiten und den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Hingabe des Vermögensvorteils und der (pflichtgemäßen) Vornahme der Amtsgeschäfte getroffen. Einer detaillierten Bestimmung, der den Anlaß für die jeweilige Geschenkhingabe bietenden Tätigkeiten bedurfte es dabei nicht; denn unter der Voraussetzung der Identität des Geschenkgebers mit einer Partei, deren Angelegenheiten vom das Geschenk annehmenden Beamten zur selben Zeit dienstlich zu bearbeiten sind, sowie des Fehlens von Anhaltspunkten für eine andere Motivierung dieser Vorgänge indiziert allein schon das Geben und Annehmen von keineswegs unterhalb der Schwelle der Rechtserheblichkeit bleibenden Geschenken, den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem gewährten Vermögensvorteil und der konkreten Amtsführung (vgl Leukauf-Steininger, Komm2, RN 6 zu § 304 StGB; LSK 1980/194 zu § 304 StGB = RZ 1981/11 und die dort zitierte weitere Judikatur).

Nach dem Gesagten war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen.

II. Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Mit ihrer auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich die Anklagebehörde allein gegen die urteilsmäßige Abweisung ihres Antrages, den Angeklagten gemäß § 20 Abs 2 StGB zur Zahlung eines dem Wert der verfahrensgegenständlichen Zuwendungen entsprechenden Geldbetrages zu verurteilen.

Die Rüge ist berechtigt.

Daß der Verfall eines Geschenkes oder einer anderen Zuwendung von

Geldeswert (und damit in den Fällen des § 20 Abs 2 StGB auch die Verurteilung zur Zahlung eines Geldbetrages, falls der Täter die Zuwendung nicht mehr besitzt) nicht nur zwingend vorgeschrieben ist, wenn der Täter das Geschenk oder die Zuwendung für eine andere strafbare Handlung erhielt, sondern auch dann, wenn diese Leistungen - wie im Fall des § 304 Abs 2 StGB - für eben jenes Verhalten erbracht werden, welches seinerseits erst durch ihr Annehmen (oder Fordern oder Sichversprechenlassen) strafbar wird, also auch 'für die (eben deswegen) strafbare Handlung' in der damit erfaßten Bedeutung, wird im Schrifttum und von der Rechtsprechung uneingeschränkt bejaht (vgl Dokumentation zum StGB, S 74, letzter Absatz; Leukauf-Steininger2, RN 5 zu § 20 StGB; LSK 1980/134; 13 Os 128/82 ua).

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts findet demnach diese Auslegung im möglichen Wortsinn des § 20 StGB durchaus Deckung, so daß von einem nach § 1 StGB unzulässigen Analogieschluß keine Rede sein kann.

In Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde war daher das bekämpfte Erkenntnis zu kassieren und spruchgemäß zu erkennen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 37, 304 Abs 2 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Tagessätzen (für den Fall der Uneinbringlichkeit 75 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), wobei sie den einzelnen Tagessatz mit 150 S bemaß. Hiebei wertete es als erschwerend die Wiederholung der deliktischen Handlungen, als mildernd hingegen den bisherigen untadeligen Wandel des Angeklagten. Bei der Festsetzung des Tagessatzes ging es von einem monatlichen Nettoeinkommen von 13.000 S und Sorgepflichten für die Ehefrau und ein Kind aus.

Die Anklagebehörde begehrt mit ihrer Berufung das Ausmaß der Tagessätze und den einzelnen Tagessatz zu erhöhen.

Der Angeklagte hingegen strebt eine Reduzierung der Tagessatzanzahl

sowie die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Keines der beiden Rechtsmittel ist begründet.

Der Meinung des Angeklagten zuwider kann nach den Akten - namentlich angesichts der Tatwiederholung - keine Rede davon sein, er habe die Tat nicht mit vorgefaßter Absicht begangen, sondern sei durch eine besonders verlockende Gelegenheit dazu veranlaßt worden. Die vom Erstgericht angeführten Strafzumessungsgründe bedürfen daher keiner Korrektur. Auf deren Basis und unter dem Aspekt der allgemeinen Strafbemessungsrichtlinien des § 32 StGB erscheint jedoch die Anzahl der verhängten Tagessätze als durchaus tat- und tätergerecht.

Entgegen der Ansicht der Anklagebehörde entspricht aber auch der einzelne Tagessatz der wirtschaftlichen Leistungskraft des Angeklagten und seinen Sorgepflichten, wobei hervorzuheben ist, daß seine Ehefrau kein Einkommen bezieht und im Haushalt tätig ist (S 28).

Was endlich die vom Angeklagten begehrte bedingte Strafnachsicht anlangt, stehen einer solchen Maßnahme angesichts der in der jüngsten Vergangenheit aufgedeckten Korruptionsaffären an den Nahtstellen von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand massive generalpräventive Bedenken zwingend entgegen. Daß das Erstgericht keine derartigen Gründe für die Erforderlichkeit der Verhängung einer Freiheitsstrafe aufzufinden vermochte, ist in diesem Zusammenhang belanglos, weil die Anwendbarkeit des § 43 StGB im Konnex mit der tatsächlich ausgesprochenen Unrechtsfolge gesondert zu prüfen ist.

Es mußte mithin beiden Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04101

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00016.83.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19830322_OGH0002_0090OS00016_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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