TE OGH 1983/3/23 11Os25/83

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Veröffentlicht am 23.03.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. März 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wanke-Czerwenka als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Dezember 1982, GZ 4 c Vr 10.005/82- 12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schneider und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB in eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 80 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, umgewandelt wird. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. Februar 1949 geborene Fensterputzer Herbert A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 129

Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 2. Juni 1982 in Wien fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Brieftasche mit 3.000 S Inhalt sowie insgesamt 286 Briefmarken im Gesamtwert von S 790,60, dem Alexander

B durch Einbruch in dessen Büroräume mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt.

In Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes und eingangs der Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO unternimmt der (des objektiven Tatablaufes geständige) Angeklagte nach Art einer Schuldberufung den im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde unzulässigen Versuch, die schöffengerichtliche Beweiswürdigung in Ansehung der Urteilsannahme, derzufolge er zur Tatzeit (nur) 'etwas alkoholisiert' war (S 58), zu bekämpfen, ohne aber insoweit dem Urteil anhaftende formelle Begründungsmängel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO konkret aufzuzeigen. Denn die (bloße) Behauptung des Beschwerdeführers, die Begründung des Schöffengerichtes für diese, die Annahme einer vollen Berauschung zur Tatzeit ausschliessende Feststellung sei undeutlich, unvollständig und unrichtig, in Verbindung mit der Widerholung seiner insoweit für unglaubwürdig befundenen (S 59 ff d.A) Verantwortung reicht für eine gesetzmäßige Ausführung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes nicht hin.

Im Ergebnis Gleiches gilt für die Argumentation, das Erstgericht hätte im Hinblick auf eine 'freiwillige Rückgabe' der Diebsbeute nicht auf ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz schließen dürfen. Auch der weitere Beschwerdeeinwand, es wäre 'von Amts wegen' die Anregung des Sachverständigen Dr. C (S 51) aufzugreifen und der Polizeibeamte 'über Art und Durchführung der Vernehmung' (die im übrigen erst am 30. Juli 1982 /S 17/ stattfand, sodaß der Beamte jedenfalls keinen persönlichen Eindruck über die angebliche Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit haben konnte) zu befragen gewesen, geht fehl. Der Sache nach wird mit diesem Vorbringen Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 4

StPO releviert, doch fehlt es zur erfolgreichen Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes schon an der formellen Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung prozeßordnungsgemäß gestellten, darauf abzielenden Beweisantrages (SSt 41/10).

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, das Erstgericht hätte, wenn es schon eine (unverschuldete) tiefgreifende Bewußtseinsstörung im Sinn des § 11 StGB verneinte, das Täterverhalten doch unter dem Gesichtspunkt einer (verschuldeten) vollen Berauschung als Vergehen nach dem § 287 Abs 1 StGB beurteilen müssen. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert indes das Festhalten an dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den daraus abzuleitenden Vorwurf rechtsunrichtiger Beurteilung. Die diesen Grundsatz außer acht lassenden Ausführungen in der Beschwerde können daher keine Beachtung finden.

Der Beschwerdeführer ist schließlich nicht im Recht, soweit er mit Berufung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ausführt, er habe das Diebsgut vom 2. Juni 1982 bis 30. Juli 1982 weder verwertet noch verbraucht, sodaß es am diebstahlsspezifischen Bereicherungsvorsatz mangle. Er übersieht dabei, daß mit Bereicherungsvorsatz nicht nur derjenige handelt, dessen (erweiterter) Vorsatz auf Verwertung oder verbrauchenden Gebrauch der Sache gerichtet ist, sondern auch derjenige, dessen Vorsatz auf das Behalten der weggenommenen Sache für sich abzielt (EvBl 1978/109 = ZVR 1978/194). Gerade davon geht aber das Erstgericht - wie den Entscheidungsgründen in Verbindung mit dem Urteilsspruch mit hinlänglicher Deutlichkeit zu entnehmen ist - aus, weil der Angeklagte nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen am 2. Juni 1982 nach dem Scheitern des Versuches, einen Gehaltsvorschuß zu erlangen, den Entschluß faßte, sich durch Einbruch in die Büroräume seines Arbeitgebers Bargeld anzueignen (S 58), in der Folge Bargeld und Briefmarken an sich nahm und bei sich verwahrte, wo das Diebsgut am 30. Juli 1982 nach seiner Ausforschung und polizeilichen Vernehmung im Zug einer Hausdurchsuchung sichergestellt werden konnte (S 58, 59).

Dem weiteren Beschwerdeeinwand, unrechtmäßige Bereicherung liege deshalb nicht vor, weil der Angeklagte 'am 30. Juni 1982 Anspruch auf Urlaubsgeld' in einer den Schadensbetrag übersteigenden Höhe hatte, kommt keine Bedeutung zu, weil der Angeklagte unbestritten ließ, daß er zur Tatzeit (am 2. Juni 1982) noch keinen Anspruch auf Urlaubsgeld hatte (sondern bei seinem Arbeitgeber wegen eines Gehaltsvorschusses vorstellig werden wollte). überdies verantwortete er sich in erster Instanz nie in dieser Richtung. Das Beschwerdevorbringen ist somit als unbeachtliche Neuerung zu werten. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht vehängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und den Diebstahl am Dienstgeber, als mildernd die doch grundsätzlich vorhandene Schuldeinsicht, die Tatsache, daß die Diebsbeute an den Geschädigten zurückgestellt werden konnte, sowie die offensichtlich schwache geistige Begabung des Angeklagten und nahm darüber hinaus auf die Schwerfälligkeit und Kritikarmut des Angeklagten, die auf eine seinerzeit durchgemachte schwere Gehirnhautentzündung zurückzuführen ist, sowie den 'doch eher geringen Wert des Diebsgutes' Bedacht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafermäßigung an. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig angeführt. Bei der Bewertung der Schuld des Angeklagten darf aber nicht vernachlässigt werden, daß er sich durch mehr als fünf Jahre vor der Tat wohlverhielt und - wie auch gegenwärtig - einer geregelten Beschäftigung nachging. überdies kommt in diesem besonderen Fall wegen der schon in erster Instanz berücksichtigten außergewöhnlichen psychischen Verfassung des Angeklagten zur Tatzeit der Beeinträchtigung in der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit infolge Alkoholkonsums strafmildernde Bedeutung zu. Unter diesen erweiterten Aspekten kann aber mit einer Strafsanktion, die dem gesetzlichen Mindestmaß entspricht, das Auslangen gefunden werden.

Angesichts des Umstandes, daß sich der Berufungswerber - von der hier zu behandelnden kriminellen Entgleisung abgesehen - seit Jahren sozial integriert zeigt (er ist verheiratet und führt einen arbeitsamen Lebenswandel), besteht Grund zur Annahme, daß es weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf. Mithin war auch dem Strafumwandlungsgebot des § 37 StGB zu entsprechen. Die Höhe des Tagessatzes ist der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten angepaßt.

Somit war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04086

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00025.83.0323.000

Dokumentnummer

JJT_19830323_OGH0002_0110OS00025_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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