TE OGH 1983/3/29 10Os20/83

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Veröffentlicht am 29.03.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Hon.Prof.

Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführer in der Strafsache gegen Ludmilla A wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1

lit a und c PornG. über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16.Dezember 1982, GZ. 4 Vr 3522/82-9, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 10.September 1924 geborene Ludmilla A des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG. schuldig erkannt, weil sie am 6.Oktober 1982 in Graz in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Laufbilder, nämlich die Videokassettenfilme mit den Titeln 'Fantasy' und 'Diamond Collection', welche Darstellungen intensiver gleichgeschlechtlicher Unzuchtsakte zwischen Frauen beinhalten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig hielt und diese Laufbilder in ihrem Cafe 'X' anderen Personen vorführte.

Den Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5

und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den Verfahrensmangel (Z. 4) erblickt die Beschwerdeführerin in der Abweisung der von ihrem Verteidiger in der Hauptverhandlung (S. 48 f.) gestellten Anträge auf Vernehmung der Zeugen Engelbert B, Anita C und Anton D zum Beweis dafür, daß sie nicht wußte, daß in ihrem Lokal ein Pornofilm der sogenannten 'harten Pornographie' vorgeführt werde und dies auch nicht beabsichtigte.

Das Schöffengericht lehnte die Beweisanträge 'wegen mangelnder Konkretisierung der aus den beantragten Beweisaufnahmen sich ergebenden positiven Ergebnisse für die Wahrheitsfindung' und der weiteren Begründung ab, daß 'insbesondere der Angeklagten nicht angelastet werde, bei Engelbert B vorsätzlich Kassetten mit harter Pornographie begehrt zu haben und die Frage, ob sich die Angeklagte vor der gegenständlichen Vorführung Kenntnis vom Inhalt der Kassette beschafft hat, für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes irrelevant ist'.

Rechtliche Beurteilung

Berechtigt ist die Verfahrensrüge schon, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Vernehmung der Zeugen Engelbert B und Anita C richtet. Der Antrag zielt im Zusammenhalt mit der - in den Urteilsgründen allerdings nicht immer aktengetreu wiedergegebenen - Verantwortung der Angeklagten eindeutig erkennbar auf den Nachweis ab, daß sie zur Tatzeit keine Kenntnis vom Inhalt der Videokassetten gehabt habe. Die Begründung des abweisenden Zwischenerkenntnisses geht daran vorbei, daß die Angeklagte die in Rede stehenden Videokassetten über Anraten ihrer Serviererin Anita C, wonach derartige Laufbilder in anderen Lokalen gezeigt würden, beim Inhaber der Firma Radio-B, Engelbert B (erst) am Tag der Beanstandung (6.Oktober 1982) gekauft hat; zudem ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob es sich bei der im Lokal der Angeklagten von den Kriminalbeamten E und F beobachteten Vorführung (eines der beiden Filme) um die (auch für die Beschwerdeführerin) erste Vorführung handelte; auch stellt das Urteil nicht klar, ob die Angeklagte die auf der Hochglanzverpackung der Videokassetten (u.a.) enthaltenen (vom Erstgericht ersichtlich als Hinweis auf absolut verbotene Pornographie des Inhalts gewertete) Darstellung eines Zungenkusses zweier Frauen tatsächlich gesehen hat. Die Eventualbegründung des Erstgerichtes aber, es sei die Frage, ob sich die Angeklagte vor der gegenständlichen Vorführung Kenntnis vom Inhalt 'der Kassette' beschafft habe, für die gegenständliche Sachverhaltsbeurteilung ohne Belang, ist schon wegen der einen zur Tatzeit vorgelegenen Irrtum behauptenden Verantwortung der Beschwerdeführerin verfehlt.

Begründet ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsrüge (Z. 9 lit a), mit welcher die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, dem Ersturteil mangle es an tragfähigen Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Denn die Urteilsgründe enthalten insoweit bloß die (zudem nicht ohne weiteres verständliche) Passage: 'Daß die Angeklagte daher diese Filme nicht auf ihren unzüchtigen Inhalt überprüfte, führt daher zum Schluß, daß die Angeklagte diese Prüfung entweder vorgenommen hat und sie nunmehr bestreitet oder aber daß sie ernstlich einen Inhalt für möglich gehalten hat, der bei richtiger rechtlicher Beurteilung als unzüchtig zu qualifizieren ist'. Abgesehen davon, daß solcherart dem Urteil nicht zu entnehmen ist, ob die Beschwerdeführerin eine Prüfung des Inhalts der Videokassetten vorgenommen hat oder nicht, hat das Schöffengericht solcherart zur subjektiven Tatseite lediglich festgestellt, daß die Beschwerdeführerin die 'Eigenschaften der Tatgegenstände', die diese als unzüchtig (und damit als absolut verbotene Pornographie) erscheinen lassen, 'ernstlich für möglich gehalten hat' (S. 57). Damit hat es jedenfalls nicht mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, ob es der Angeklagten den insoweit (zumindest) erforderlichen bedingten Vorsatz oder allenfalls nur Fahrlässigkeit anlastet. Für die Annahme eines darauf bezogenen dolus eventualis (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) mußte die Angeklagte den unzüchtigen Charakter der in Rede stehenden Videokassettenfilme nämlich ernstlich für möglich gehalten (demnach als naheliegend angesehen) sowie sich - auch - damit abgefunden haben (vgl. SSt. 46/8, EvBl 1975/251; 10 Os 8/80, 74/81, 103/81; Leukauf/Steininger Kommentar2 § 5 RN. 16 bis 18 und die dort jeweils zitierte Judikatur); eindeutige Konstatierungen in diese Richtung läßt das angefochtene Urteil vermissen, weil die tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen Fahrlässigkeit nicht ausschließen. Auf Grund der aufgezeigten Verfahrens- und Begründungsmängel ist die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unumgänglich, sodaß in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO), ohne daß es der Erörterung des sonstigen Beschwerdevorbringens bedarf.

Anmerkung

E04119

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00020.83.0329.000

Dokumentnummer

JJT_19830329_OGH0002_0100OS00020_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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