TE OGH 1983/4/29 10Os48/83

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Veröffentlicht am 29.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 1982, GZ 6 f Vr 3838/82-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Windhopp, und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 4. Oktober 1952 geborene beschäftigungslose Ernst A des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil er in Wien in der Zeit von Dezember 1981 bis Ende März 1982

vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr setzte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er ca 750 Gramm Haschisch an Heinz Peter B verkaufte. Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Rechtliche Beurteilung

Seine Ausführungen zur Mängelrüge erschöpfen sich in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung. Begründungsmängel betreffend entscheidungswesentliche Tatsachenfeststellungen zeigt er darin nicht auf. Dies gilt entgegen der (formell im Rahmen der Rechtsrüge zur Darstellung gebrachten) Meinung des Beschwerdeführers auch für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, weil das Erstgericht seine Annahme, der Angeklagte habe die Gefährlichkeit einer derart großen Menge Suchtgift gekannt, unmißverständlich auf die - durch zahlreiche Darstellungen in Massenmedien bewirkte - Notorietät dieser Tatsache stützte, und dieser Ausspruch mithin keiner weiteren Begründung bedarf. Das Schöffengericht hat ferner ausführlich dargelegt, warum es die den Angeklagten belastenden, in der Hauptverhandlung verlesenen (S 155) Angaben des Zeugen B vor Polizei und Untersuchungsrichter, nicht aber dessen geänderte Aussage in der Hauptverhandlung seiner Entscheidung zugrundegelegt hat und sich auch mit allen sonstigen entscheidungswesentlichen Ergebnissen des Beweisverfahrens auseinandergesetzt (S 167-171).

Der Mängelrüge muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Zu der aus der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Rechtsrüge ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß bei Beurteilung der Frage, ob die Urteilsfeststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite zur (rechtlichen) Annahme der Herbeiführung der im § 12 Abs 1 SuchtgiftG vorausgesetzten abstrakten Gemeingefahr ausreichen, vom Urteilssachverhalt auszugehen ist, wonach er eine Haschischmenge von ca 750 Gramm, welche dem 7 1/2fachen der zur Herbeiführung einer solchen Gefahr ausreichenden sogenannten 'Grenzmenge' - die bei Haschisch bei ca 100 Gramm erreicht wird - entspricht, an eine andere Person weiterverkauft und der Abnehmer das Suchtgift nicht nur für sich verwendet, sondern (auch) an einen nicht mehr bestimmbaren, größeren Personenkreis weitergegeben hat, was von der subjektiven Tatseite des Angeklagten umfaßt war (S 166, 171, 172). So besehen kann es aber keinem Zweifel unterliegen, daß der Angeklagte das Tatbild des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht hat. Dem steht der Meinung des Beschwerdeführers zuwider auch nicht der Umstand entgegen, daß nach den getroffenen Feststellungen die übergabe des Suchtgiftes in sieben bis acht Teilmengen von je 50-100 Gramm über einen Zeitraum von etwa 4 Monaten erfolgte, weil der Angeklagte nach der Aussage des Zeugen B im Vorverfahren (S 44, 59), auf die das Gericht den Schuldspruch stützt, in einem Fall, nämlich am 31. März 1982 dem B Haschisch in einem die Grenzmenge erreichenden Gewicht von 100 Gramm überlassen hat.

Im übrigen sind die Suchtgiftmengen mehrerer Tathandlungen zu addieren und ist die Eignung zur Tatbildverwirklichung nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG an der Gesamtmenge zu messen, wenn - was sich vorliegend mit gerade noch hinreichender Deutlichkeit aus den Urteilsfeststellungen über die Weitergabe des Suchtgiftes in Teilmengen und den darauf bezüglichen bedingten bösen (Gesamt-)Vorsatz des Angeklagten (S 166) ergibt - im Sinne einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung die betreffenden Einzelakte objektiv mit einer am einheitlichen Gefahrenbegriff orientierten Kontinuität gesetzt werden und auf der subjektiven Seite der (zumindest bedingte) Tätervorsatz jeweils auch den an die bewußt kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt mitumfaßt (ÖJZ-LSK 1979/287; Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze, E Nr 19 zu § 6 SuchtgiftG /aF/).

Auch insoweit erweist sich die Beschwerde demnach als nicht zielführend.

Unter Heranziehung des Nichtigkeitsgrundes der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO bekämpft der Beschwerdeführer schließlich die gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG erfolgte Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 45.000 S mit der Begründung, daß diese Bestimmung im Zusammenhalt mit Abs 3 l c lediglich einen Wertersatz für nicht mehr vorgefundene Suchtgiftmengen statuiere und es sich dabei um keine Strafe, sondern um eine Maßnahme zum Zwecke des Schadenersatzes handle, weshalb das Erstgericht durch die Verhängung einer 'Geldstrafe' den Strafrahmen (gemeint wohl: seine Strafbefugnis) überschritten habe.

Dem ist bloß zu erwidern, daß das Gesetz selbst in § 12 Abs 4 SuchtgiftG von der Verhängung einer 'Geldstrafe' in der Höhe des Wertes der an sich gemäß § 12 Abs 3

SuchtgiftG dem Verfall unterliegenden Sachen oder ihres Erlöses spricht, wenn diese Sachen oder ihr Erlös nicht ergriffen werden oder nicht auf Verfall erkannt wird. Es handelt sich demnach bei einer Geldstrafe im Sinne des § 12 Abs 4 SuchtgiftG um eine Wertersatzstrafe, welcher ebenso wie dem Verfall im Sinne des § 12 Abs 3 SuchtgiftG der Charakter einer Nebenstrafe - und nicht etwa einer vorbeugenden Maßnahme - zukommt (vgl Foregger-Litzka, Anm VII zu § 12 SuchtgiftG mit Judikaturzitaten; Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze, RN 47 zu § 6 SuchtgiftG /aF/). Zu Recht hat das Erstgericht daher - weil die verfahrensgegenständliche Menge von ca 750 Gramm Haschisch, die bereits in Verkehr gesetzt worden war, nicht beim Angeklagten ergriffen werden konnte - auch eine Geldstrafe gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG verhängt und diese unter Zugrundelegung des festgestellten Preises von mindestens 60 S pro Gramm richtig mit insgesamt 45.000 S bemessen.

Es kann demnach auch vom Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO nicht die Rede sein, weshalb die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG zu einem Jahr Freiheitsstrafe sowie gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG zu einer Geld- (als Wertersatz-)Strafe in der Höhe von 45.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 2 Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Soweit Suchtgiftreste sichergestellt worden waren, wurden sie gemäß § 12 Abs 3 SuchtgiftG für verfallen erklärt. Bei der Strafbemessung legte das Erstgericht weder einen erschwerenden noch einen mildernden Umstand zugrunde. Im Hinblick auf die nicht allzu große Suchtgiftmenge fand das Erstgericht daher mit einer Freiheitsstrafe an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens das Auslangen, erachtete jedoch wegen des erheblich getrübten Vorlebens des Angeklagten die Voraussetzungen für die Gewährung bedingter Strafnachsicht für nicht gegeben. In der auf die Herabsetzung der Freiheitsstrafe nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG (unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 41 StGB) sowie auf die Gewährung bedingter Nachsicht nach § 43 StGB abzielenden Berufung werden keinerlei Umstände vorgebracht, welche geeignet sein könnten, einen bei der Strafzumessung zu berücksichtigenden Milderungsgrund darzustellen. Es steht aber auch das - wenngleich nicht einschlägig, aber doch nicht unerheblich - getrübte Vorleben des Angeklagten einer Ermäßigung der Freiheitsstrafe - unter das gesetzliche Mindestmaß - ebenso entscheidend entgegen wie dem Begehren um bedingte Strafnachsicht. Diesem konnte schon deswegen nicht näher getreten werden, weil nach dem bisherigen Vorleben des Angeklagten nicht angenommen werden kann, daß bei ihm die bloße Androhung der Vollziehung genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen (lege non distinguente welcher Art auch immer) abzuhalten. Auch sprechen angesichts der immer noch erschreckend hohen Suchtgiftkriminalität generalpräventive Erwägungen gegen eine derartige Maßnahme.

Es mußte daher auch der - auf die Freiheitsstrafe nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG beschränkten - Strafberufung ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E04256

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00048.83.0429.000

Dokumentnummer

JJT_19830429_OGH0002_0100OS00048_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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