TE OGH 1983/5/31 9Os84/83

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Veröffentlicht am 31.05.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.

Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vogel als Schriftführer in der Strafsache gegen Krsto A und andere wegen des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB., 12 Abs. 1

SuchtgiftG. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Krsto A und Stevan B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Februar 1983, GZ. 6 g Vr 9004/82-44, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das erstgerichtliche Urteil, das im übrigen als unangefochten unberührt bleibt, in dem die Angeklagten Krsto A und Stevan B betreffenden Schuldspruch (Punkt I des Urteilsspruches) und demzufolge auch in dem diese Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) sowie in dem auf § 12 Abs. 3 SuchtgiftG. gestützten Verfallsausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten A und B auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben einem weiteren Angeklagten, dessen Schuldspruch nicht bekämpft wird - die Angeklagten Krsto A und Stevan B des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB., 12 Abs. 1

SuchtgiftG. schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt; das sichergestellte Suchtgift ('zumindest 163 Gramm Heroin') wurde für verfallen erklärt.

Nach dem Inhalt des die beiden genannten Angeklagten betreffenden Teiles des erstgerichtlichen Urteilssatzes fällt ihnen zur Last, als Mittäter vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr zu setzen versucht zu haben, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem sie am 18.Juli 1982 zumindest 163 Gramm Heroin, welches teilweise bereits verkaufsgerecht portioniert war, in dem von ihnen benützten PKW. zwecks späterer Weitergabe in Verstecken verwahrten.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen dieses Urteil gerichteten, jeweils auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden genannten Angeklagten kann Berechtigung nicht versagt werden. Zwar trifft das Beschwerdevorbringen des Angeklagten B nicht zu, die Feststellung des Erstgerichtes, wonach dieser Angeklagte den PKW. in Verwendung gehabt habe, sei deshalb aktenwidrig, weil B lediglich eine Verwahrung des Autos eingeräumt habe: Mit dieser Beschwerdebehauptung wird nur ein Teil der Aussagge dieses Beschwerdeführers herausgegriffen und übergangen, daß der Angeklagte B auch ein wiederholtes Fahren mit dem Fahrzeug - somit eine Verwendung - eingestanden hatte (S. 61, 127, 288 d.A.), mag er auch dabei mangels eines Führerscheins bloß 'Beifahrer' gewesen sein. Soweit beide Nichtigkeitsbeschwerden - jene des Angeklagten A gänzlich unsubstantiiert - gegen die Feststellung des Erstgerichtes, wonach die Beschwerdeführer vom versteckten Suchtgift Kenntnis hatten, remonstrieren, unternehmen sie einen im Nichtigkeitsverfahren gegen Schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, das ohne formalen Begründungsmangel darlegte, aus welchen Erwägungen es zu dieser Tatsachenannahme gelangte.

Das Erstgericht beschränkte sich jedoch darauf, nach Schilderung der Verstecke des Suchtgiftes im PKW. zu konstatieren, daß die beiden Angeklagten um 'diese Tatmodalitäten' wußten (S. 313 d.A.), daß ihnen bewußt war, daß im PKW. portioniertes Heroin 'versteckt und zum Verkauf bereit gehalten wurde' (S. 314 d.A.) und sie 'um das im PKW. versteckte Suchtgift, dessen Menge und Portionierung jedenfalls Kenntnis hatten' (S. 316 d.A.), und vermeint, daß die Beschwerdeführer durch 'die gegebene Verfügungsmöglichkeit über das Suchtgift und die vorliegende subjektive Tatseite' das 'versuchte Verbrechen gegen die Volksgesundheit' verwirklicht hätten (S. 316 d. A.).

Den Nichtigkeitsbeschwerden ist einzuräumen, daß das Wissen um ein Suchtgiftversteck, verbunden mit einer Zugriffsmöglichkeit (allein diese Umstände konstatierte das Erstgericht und nicht mehr, obwohl weitergehende Tatsachenfeststellungen naheliegend gewesen wären) nicht zu einer Verurteilung wegen versuchten Inverkehrsetzens von Suchtgift ausreicht.

Die (bisherigen) Feststellungen könnten allenfalls die Annahme unberechtigten Suchtgiftbesitzes (§ 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG.) tragen, nicht jedoch die Beurteilung der Tat als versuchtes Inverkehrsetzen des Suchtgiftes.

Denn hiefür ist eine Feststellung dahingehend erforderlich, daß das Suchtgift nach Art und Gepflogenheit bei Durchführung solcher Geschäfte in naher Zeit abgesetzt werden sollte - wofür das verkehrsgerechte Zurichten in Portionen ein Indiz abgeben kann - und daß auch der (zumindest bedingte) Vorsatz des Täters darauf gerichtet war (vgl. SSt. 46/22 = EvBl. 1975/283; ZfRV. 1976, 147; EvBl. 1979/73; EvBl. 1981/104 u.a.); eine bloße Bevorratung durch Verstecken (oder Versteckthalten) des Suchtgiftes mit dem Vorsatz, es zu einem noch ungewissen - entfernt liegenden - Zeitpunkt abzusetzen, wäre (in Bezug auf das Inverkehrsetzen) nur als Vorbereitungshandlung zu beurteilen (vgl. erneut EvBl. 1979/73 sowie 11 Os 103/77).

Das Erstgericht unterließ - ersichtlich von der unzutreffenden Rechtsansicht ausgehend, zur Tatbestandsverwirklichung des versuchten Inverkehrsetzens genüge bereits eine Zugriffsmöglichkeit zu portioniertem Suchtgift - Konstatierungen über einen nach dem Vorsatz der beiden Beschwerdeführer vorzunehmenden Absatz des Suchtgiftes. Dieser Mangel zwingt den Obersten Gerichtshof, den angefochtenen Schuldspruch sogleich bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 e StPO. zu kassieren und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit ihren Berufungen waren beide Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04237

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00084.83.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19830531_OGH0002_0090OS00084_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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