TE OGH 1983/6/30 12Os26/83

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Elisabeth A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 29. Oktober 1982, GZ. 7 Vr 763/82- 11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, sowie nach Verlesung der Gegenausführung des Verteidigers Dr. Anzenberger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 31. Jänner 1941 geborene Landwirtin Elisabeth A von der gegen sie erhobenen Anklage, sie habe in der Zeit von 1979 bis 1981 in Messenbach, Gemeinde Lambrechten, vorsätzlich veterinärmedizinische Präparate, nämlich Eisen- und Wurmmittel im Gesamtwert von etwa 10.000 S, die von einem Unbekannten aus der Bundesrepublik Deutschland ins Inland geschmuggelt worden waren, somit Sachen, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. begangen worden ist, von dem abgesondert verfolgten Walter B gekauft und habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. begangen, gemäß § 259 Z. 4 StPO. freigesprochen.

Das Erstgericht gelangte - abweichend vom Anklagevorwurf - zur überzeugung, daß die Angeklagte nicht vorsätzlich, sondern (bloß) mit unbewußter Fahrlässigkeit gehandelt und daß der Wert der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Eisenpräparate und Wurmmittel den Betrag von 10.000 S nicht erreicht habe, zumal sich unter den von Walter B bezogenen Waren auch andere - nicht geschmuggelte - Produkte, wie Desinfektionsmittel und dergl. befanden, deren Wert(- anteil) jedoch nicht mehr ermittelt werden könne (S. 71). Es erachtete die Voraussetzungen des § 42 StGB. für gegeben und gelangte dementsprechend zu einem Freispruch nach § 259 Z. 4 StPO. Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Insoweit die Anklagebehörde die Nichtannahme vorsätzlichen Handelns der Angeklagten durch das Erstgericht rügt, bringt sie den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung; sie bekämpft vielmehr der Sache nach in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und die zur subjektiven Tatseite getroffenen Tatsachenfeststellungen. Die Staatsanwaltschaft ist aber auch nicht im Recht, wenn sie die Voraussetzungen des § 42 StGB. nicht für gegeben erachtet. Denn wie das Erstgericht zutreffend darlegt, ist die Schuld der Angeklagten im Hinblick darauf, daß sie nur mit unbewußter Fahrlässigkeit handelte, im Zusammenhalt mit dem relativ geringen Wert des Schmuggelgutes, dessen Ankauf als erwiesen angenommen werden kann - worauf im folgenden noch einzugehen sein wird - gering (§ 42 Abs. 1 Z. 1 StGB.), woran der Meinung der Anklagebehörde zuwider auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß sich die Käufe auf einen längeren Zeitraum verteilten. Zutreffend wurde vom Erstgericht ferner die Ansicht vertreten, daß die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich zog (§ 42 Abs. 1 Z. 2 StGB.); zwar beträgt der vom Zollamt Linz (vgl. S. 11) unter Zugrundelegung eines Wertes der gekauften Waren von 10.000 S ermittelte strafbestimmende Wert-(Verkürzungs-)Betrag 3.718 S, doch hat das Erstgericht jedenfalls nicht als erwiesen angenommen, daß geschmuggelte Waren in diesem Wert von der Angeklagten auch tatsächlich gekauft wurden. Es ging vielmehr davon aus, daß die Angeklagte zum einen nach den vorhandenen Belegen in Wahrheit überhaupt nur 3.910 S an Walter B bezahlt hat und daß sich zum anderen unter den gekauften Waren außerdem auch noch andere (nicht geschmuggelte) Produkte befanden, 'deren Wert jedoch nicht mehr ermittelt werden kann' (vgl. S. 71). Solcherart hat das Erstgericht letztlich zum Ausdruck gebracht, daß es bloß von einem geringeren - als dem vom Zollamt bezeichneten - der Höhe nach allerdings nicht mehr feststellbaren und demzufolge zu den mit den Kriterien für die Annahme eines 'geringen Wertes' in allgemeinen Strafsachen (vgl. §§ 141 Abs. 1; 142 Abs. 2 StGB.) nicht im Widerspruch stehenden Verkürzungsbetrag an Eingangsabgaben (im Sinn des § 258 Abs. 2 StPO.) überzeugt ist. Begründungsmängel (Z. 5) in Ansehung der in Rede stehenden (Wert-)Feststellung des Schöffengerichts wurden von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht.

Der Beschwerdeeinwand, die inzwischen im Zusammenhang mit der Verfütterung der in Rede stehenden Präparate zum AZ. U 819/81 des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis wegen des Vergehens nach § 58 Abs. 2 LMG. (seit 7. Dezember 1981) rechtskräftig verurteilte Angeklagte habe während eines längeren Zeitraumes die Konsumenten mit Fleisch von Tieren beliefert, die unsachgemäß behandelt worden waren, weshalb insoweit entsprechend zu beachtende Folgen der Tat eingetreten seien, vermag gleichfalls nicht durchzuschlagen, weil dieser Umstand im Strafverfahren wegen des bezeichneten Vergehens nach dem Lebensmittelgesetz seinen Niederschlag finden mußte. Vom geringen Schuldgehalt der Tat, dem untadeligen Wandel der Angeklagten zur Tatzeit, von der ihr zur Warnung dienenden Verurteilung nach dem Lebensmittelgesetz und der doch relativ geringen Höhe des (überhaupt zweifelsfrei als erweislich anzunehmenden) Verkürzungsbetrages abgesehen erscheint eine Bestrafung auch nicht geboten, um die Angeklagte selbst von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 42 Abs. 1 Z. 3 StGB.). Der Umstand, daß vom abgesondert verfolgten Walter B weite Teile Oberösterreichs und der Steiermark mit geschmuggelten veterinärmedizinischen Präparaten versorgt wurden, kann gleichfalls keinen Anlaß dafür bieten, der Angeklagten A die Anwendung des § 42 StGB. aus Gründen der Generalprävention zu verweigern. Derartige Erwägungen (wie auch solche der Spezialprävention) sind vielmehr (bei der Strafbemessung) im Verfahren gegen die Importeure (Schmuggler) und Großverteiler solcher Präparate entsprechend zu berücksichtigen. Im Hinblick auf das Handeln der Angeklagten mit unbewußter Fahrlässigkeit kann schließlich aus der Begehung der inkriminierten Handlungen über mehrere (nämlich zwei bis drei) Jahre hinweg die Notwendigkeit der Verhängung einer Strafe aus Erwägungen der Spezialprävention nicht abgeleitet werden.

Ohne Rechtsirrtum billigte sohin das Erstgericht - dessen Zuständigkeit auf § 53 Abs. 4 FinStrG. beruht - der Angeklagten mangelnde Strafwürdigkeit der Tat im Sinn des § 42

StGB. zu und sprach sie gemäß § 259 Z. 4 StPO. zutreffend von der gegen sie erhobenen Anklage frei (vgl. § 25 Abs. 3 FinStrG.).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen.

Anmerkung

E04254

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00026.83.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19830630_OGH0002_0120OS00026_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten