TE OGH 1983/8/25 12Os78/83

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Veröffentlicht am 25.08.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.August 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Raimund A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28.April 1983, GZ 8 Vr 545/83- 18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Verlesung der Rechtsmittelschriften des Angeklagten und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Raimund A des Verbrechens des versuchten Diebstahls (durch Einbruch) nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Ihm wird angelastet, am 24.Februar 1983 in Klagenfurt versucht zu haben, der Firma B OHG durch Einbruch und Einsteigen in deren Geschäftsräumlichkeiten Bargeld und Wertgegenstände mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1

StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Angeklagte hat ferner eine Berufung wegen Schuld und Strafe ausgeführt, ohne diese Rechtsmittel rechtzeitig angemeldet zu haben.

Als einen den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer die Unterlassung der Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Psychologie. In der Hauptverhandlung vom 7.April 1983, die innerhalb der Monatsfrist des § 276 a StPO. am 28.April 1983

fortgesetzt und mit Urteil beendet wurde (ON. 17), hat der Angeklagte einen Antrag auf Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Psychologie gestellt, ohne jedoch ein Beweisthema anzugeben. Auch nicht im Zusammenhang mit seiner Verantwortung, er habe sich nach der Einnahme einer Tablette in einem Zustand befunden, indem ihm alles egal gewesen sei (S. 62), läßt sich diesem Antrag entnehmen, zu welchem Thema der Sachverständige vernommen werden sollte. Das in der Nichtigkeitsbeschwerde angeführte Beweisthema, der Psychologe sei zu der Frage zu vernehmen, ob der Angeklagte zur Tatzeit unter der Einwirkung einer Droge gestanden sei und daß ein solcher Zustand von einem Laien gar nicht erkannt werden mußte, wurde in der Hauptverhandlung nicht angegeben. Zwar hat das Gericht entgegen der Vorschrift des § 238 Abs 1 StPO. nicht in einem Zwischenerkenntnis über diesen Beweisantrag entschieden, sondern nur im Urteil seine Erwägungen für die Unterlassung der Beiziehung eines Psychologen dargetan (S. 82, 83). Dennoch war unzweifelhaft erkennbar, daß diese Formverletzung auf die Entscheidung keinen den Angeklagten benachteiligenden Einfluß ausüben konnte, denn der Beweisantrag enthielt kein Beweisthema und war somit für eine sachgemäße Entscheidung nicht geeignet. Die Unterlassung der Anführung jener Umstände, die durch ein beantragtes Beweismittel erwiesen werden sollen, schließt die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 4 StPO. von vornherein aus (Mayerhofer-Rieder § 281 Z. 4 StPO. E.Nr. 1 u. 16 f.). Im übrigen hat das Erstgericht im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung festgestellt, daß das Beweisverfahren keinerlei Anhaltspunkte für eine psychische Verwirrtheit des Angeklagten zur Tatzeit ergeben hat, sodaß es auch nicht der Beiziehung eines - gar nicht beantragten - Sachverständigen aus dem Gebiete der Psychiatrie bedurfte.

Auch die Mängelrüge hält einer überprüfung nicht stand: Den Beschwerdeausführungen zuwider finden die aus dem Grunde der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bekämpften Feststellungen, wonach der Angeklagte, nachdem er über eine 4 m hohe Mauer in den Hof des Hauses Bahnhofstraße 26 gelangt war, von Walter C beobachtet worden ist, wie er bei einem Fenster der Geschäftsräumlichkeiten der Firma B OHG mit einem Schraubenzieher hantierte, beim Eintreffen der Polizei sich bei einem zweiten Fenster zu schaffen gemacht und sodann versucht hat, über die Mauer zu flüchten, sowohl in den Aussagen der Zeugen Walter C (vgl. S. 41, 71 f.d.A.) und Inspektor Karl D (vgl. S. 72 d.A.), als auch in den Angaben des Angeklagten selbst im Vorverfahren (vgl. S. 18, 28 d.A.) Deckung. Die Annahme, daß der Angeklagte nicht bloß mit der Zielsetzung, etwas zu zerstören, sondern mit Diebstahlsvorsatz gehandelt hat, wurde vom Erstgericht mit dem Hinweis auf sein bezügliches Geständnis vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter, sowie auf die Aussagen der vernommenen Zeugen gleichfalls schlüssig und zureichend begründet (vgl. S. 81 f.d.A.). Das Beschwerdevorbringen, der gegenteiligen Darstellung des Angeklagten in der Hauptverhandlung sei zu Unrecht kein Glauben geschenkt worden, erschöpft sich demnach in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen ein schöffengerichtliches Urteil unzulässigen und solcherart unbeachtlichen Bekämpfung der Beweiswürdigung.

Als nicht zielführend erweist sich auch der auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO. gestützte Beschwerdeeinwand des Angeklagten, ihm komme strafbefreiender Rücktritt vom Versuch zustatten. Den - auch insoweit mängelfrei begründeten - Urteilsfeststellungen zufolge hat der Angeklagte beim Eintreffen der Polizei versucht, über die Mauer zu flüchten. Nach der überzeugung des Gerichtes hat er mithin nicht aus eigenem Antrieb, sondern wegen Entdeckung seines Vorhabens durch die Polizei von der Tatausführung Abstand genommen. Soweit der Beschwerdeführer diese Konstatierungen des Erstgerichtes negiert, mangelt es schon an einer gesetzmäßigen Ausführung des von ihm in diesem Zusammenhang geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Soferne er aber in seiner Rechtsrüge zum Ausdruck bringen will, er sei schon deshalb nicht wegen versuchten Diebstahls durch Einbruch zu bestrafen, weil er weder durch den Zeugen Walter C, noch durch die eintreffende Polizei an der Tat gehindert worden sei, verkennt er, daß Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch im Sinne des § 16 StGB. nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. ÖJZ-LSK 1975/163 u.a.) voraussetzt, daß sich der Handelnde sagt, er könnte die Tat vollenden, wolle dies aber (überhaupt oder wenigstens jetzt) nicht. Ergreift der Täter hingegen die Flucht, weil er erkennt, daß er bereits entdeckt worden ist, so nimmt er von der Tatverübung auch dann nicht aus freien Stücken Abstand, wenn er an der Fortführung der Tat nicht direkt durch tätiges Eingreifen Dritter gehindert wird. Dem Rücktritt des Angeklagten vom Versuch fehlte es demnach am Merkmal der Freiwilligkeit.

Bei seinen Ausführungen zur Z. 10 des § 281 Abs 1

StPO., ihm wäre bloß versuchte Sachbeschädigung anzulasten, weil er nur in 'Zerstörungswut' und nicht mit dem Vorsatz gehandelt habe, sich durch Wegnahme und Zueignung von Bargeld oder Wertgegenständen unrechtmäßig zu bereichern, setzt sich der Beschwerdeführer abermals über die anderslautenden, ein Handeln des Angeklagten mit Diebstahlsvorsatz bejahenden Tatsachenfeststellungen des Schöffengerichtes hinweg, weshalb es auch an einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes fehlt. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Raimund A war daher zu verwerfen.

Eine Berufung hat der Angeklagte nicht angemeldet.

Die am 1.Juni 1983 ausgeführte Berufung wegen Schuld und Strafe (ON. 21) ist verspätet (§§ 284 Abs 1, 294 Abs 1 StPO.). Im übrigen ist gegen Urteile der Schöffengerichte nur die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche möglich. Eine Berufung wegen Schuld ist hingegen unzulässig (§ 283 Abs 1 StPO).

Die Berufung war daher als verspätet, zum Teil aber auch als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E04302

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00078.83.0825.000

Dokumentnummer

JJT_19830825_OGH0002_0120OS00078_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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