TE OGH 1983/9/13 9Os34/83

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Veröffentlicht am 13.09.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. September 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Lidwina A wegen des Finanzvergehens nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 29. Oktober 1983, GZ 7 Vr 773/82-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 19. August 1941 geborene Landwirtin Lidwina A von der gegen sie erhobenen Anklage, sie habe in der Zeit von Jänner 1978 bis Dezember 1980 in St. Willibald Eisenpräparate im Wert von S 9.000,--, hinsichtlich welcher von Unbekannten ein Schmuggel und eine Verkürzung von Eingangsabgaben begangen wurde, gekauft und habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG begangen, gemäß § 259 Z 4 StPO freigesprochen.

Das nach der Aktenlage (S 5) gemäß § 53 Abs 4 FinStrG für die Durchführung des Verfahrens zuständige Erstgericht ging bei seiner Entscheidung - abweichend vom Anklagevorwurf -

davon aus, daß die Angeklagte nicht mit (bedingtem) Vorsatz, sondern bloß mit unbewußter Fahrlässigkeit gehandelt habe und daß sie von Walter B neben den gegenständlichen Eisenpräparaten noch andere (nicht geschmuggelte) Waren bezog, weshalb eine zweifelsfreie Feststellung, daß der Angeklagten Eisenpräparate im Werte einer bestimmten Summe geliefert wurden, nicht getroffen werden könne. Es erachtete die Voraussetzungen des § 42 StGB für gegeben und gelangte dementsprechend zu einem Freispruch nach § 259 Z 4 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Soweit die Anklagebehörde fordert, das Erstgericht hätte der Angeklagten 'bei richtiger rechtlicher Beurteilung' vorsätzliches Handeln im Sinne des § 37 Abs 1 FinStrG anlasten müssen, bringt sie den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sondern versucht sie der Sache nach lediglich in unzulässiger Weise die vom Erstgericht zur subjektiven Tatseite getroffenen Tatsachenfeststellungen zu bekämpfen. Die Staatsanwaltschaft ist aber auch nicht im Recht, wenn sie die Voraussetzungen des § 42 StGB nicht für gegeben hält. Denn wie das Erstgericht zutreffend darlegt, ist die Schuld der Angeklagten im Hinblick darauf, daß sie nur mit unbewußter Fahrlässigkeit gehandelt hat, im Zusammenhalt mit dem relativ niedrigen Wert des gekauften Schmuggelgutes als gering (§ 42 Abs 1 Z 1 StGB) zu veranschlagen, woran der Meinung der Anklagebehörde zuwider auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß sich die Ankäufe über einen längeren Zeitraum verteilt haben. Zutreffend wurde vom Erstgericht ferner die Ansicht vertreten, daß die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat (§ 42 Abs 1 Z 2 StGB), zumal es sachverhaltsmäßig - siehe oben - keine genauen Feststellungen bezüglich der Menge und des Wertes der von der Angeklagten bezogenen Eisenpräparate zu treffen vermochte (S 49), sohin ein exakter, mit den Kriterien für die Annahme eines 'geringen Wertes' in allgemeinen Strafsachen (§§ 141 Abs 1, 142 Abs 2 StGB) unvereinbarer Verkürzungsbetrag nicht vorliegt.

Der Beschwerdeeinwand, die inzwischen im Zusammenhang mit der Verfütterung der in Rede stehenden Eisenpräparate rechtskräftig wegen Vergehens nach § 58 Abs 2 LMG verurteilte Angeklagte (vgl den angeschlossenen Akt U 820/81 des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis) habe solcherart offenbar einen größeren Konsumentenkreis minderwertiges Fleisch verabreicht und eine 'derartige Tat' habe sehr wohl entsprechende Folgen nach sich gezogen, vermag nicht durchzuschlagen, weil dieser Umstand wohl im Strafverfahren wegen des erwähnten Vergehens nach dem Lebensmittelgesetz zu berücksichtigen war, aber nichts mit dem der Angeklagten nunmehr vorgeworfenen Finanzvergehen zu tun hat. Im Hinblick auf den geringen Schuldgehalt der Tat, den untadeligen Wandel der Angeklagten bis zur Tatzeit, die ihr zur Warnung dienende zwischenweilige Verurteilung zu einer Geldstrafe nach dem Lebensmittelgesetz im sachlichen Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhaltskomplex und die geringe Höhe des Verkürzungsbetrages erscheint eine Bestrafung auch nicht geboten, um die Angeklagte selbst von strafbaren Handlungen abzuhalten. Daß - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - der Verkauf derartiger geschmuggelter veterinärmedizinischer Präparate in ganz Oberösterreich und teils auch in der Steiermark 'sicherlich fast allen Landwirten bekannt gewesen' sei, ist eine Vermutung, die keinen Anlaß dafür bieten kann, die Vorschrift des § 42 StGB gegenüber der Angeklagten A aus Gründen der Generalprävention nicht anzuwenden. Zu berücksichtigen werden derartige Erwägungen der Generalprävention (wie auch solche der Spezialprävention) vielmehr bei der Strafbemessung im Verfahren gegen die Importeure (Schmuggler) und Großverteiler solcher Präparate sein.

Ohne Rechtsirrtum hat das Erstgericht sohin der Angeklagten Lidwina A mangelnde Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 42 StGB (vgl § 25 Abs 3 FinStrG) zugebilligt und sie gemäß § 259 Z 4 StPO von der gegen sie erhobenen Anklage freigesprochen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war demnach zu verwerfen.

Anmerkung

E04317

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00034.83.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19830913_OGH0002_0090OS00034_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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