TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/25 2005/09/0052

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Veröffentlicht am 25.05.2005
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §112 Abs3;
BDG 1979 §51 Abs2;
SMG 1997 §27 Abs1;
SMG 1997 §35 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des K in H, vertreten durch Dr. Albin Walchshofer, Rechtsanwalt in 4060 Leonding, Mühlweg 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. Februar 2005, Zl. 133/7-DOK/04, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 2005 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 112 Abs. 3 BDG vom Dienst suspendiert.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus:

"Indem der Disziplinarsenat darstellte, worauf sich der Verdacht der dem Berufungswerber angelasteten Dienstpflichtverletzung gründet, nämlich auf den Konsum von Suchtmitteln, hat er die Sachverhaltselemente dargelegt und gewürdigt, die für den Verdacht und die Einordnung des dem Beamten vorgeworfenen Verhaltens als Dienstpflichtverletzung maßgebend gewesen sind. Für die Begründung dieses Verdachtes reichte nämlich - unabhängig davon, ob dies zu einer Verurteilung des Berufungswerbers im gerichtlichen Strafverfahren führen wird oder nicht - die Feststellung aus, dass der Beamte Suchtmittel konsumiert habe. Ob und inwieweit die Aussagen des Disziplinarbeschuldigten vor den erhebenden Beamten der Bundespolizeidirektion Linz richtig und vollständig protokolliert wurden, wird im gerichtlichen Strafverfahren zu klären sein. Der aus der Anzeigeerstattung der Bundespolizeidirektion Linz ableitbare und vom Berufungswerber lediglich hinsichtlich der Häufigkeit bestrittene wiederholte Drogenkonsum ist jedoch für sich geeignet, die Maßnahme der Suspendierung zu rechtfertigen. Gemäß § 20 Abs. 1 StVG besteht der Zweck des Strafvollzuges vornehmlich darin, dem Strafgefangenen zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung zu verhelfen, die ihn abhalten soll, schädlichen Neigungen nachzugehen, und den Unwert des der Verurteilung zu Grunde liegenden Verhaltens aufzuzeigen. Gerade die im Bereich des Strafvollzugs gebotene besondere Sensibilität erfordert somit, dass Justizwachebeamte Strafgefangene nicht nur zu überwachen, sondern auch erzieherisch dabei zu unterstützen haben, alles zu unterlassen, was die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder sonst die Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzugs gefährden könnte. Mit dieser Aufgabenerfüllung ist untrennbar die Verpflichtung des Justizwachebeamten verbunden, die rechtlich geschützten Werte - auch außerdienstlich - zu beachten und durch sein eigenes Verhalten Vorbildwirkung zu üben. Stellt schon der Genuss von Suchtmitteln durch einen Strafgefangenen eine gemäß § 107 Abs. 1 Z. 10 StVG zu ahndende Ordnungswidrigkeit dar (VwGH 24.11.1982 81/09/0049; 11.12.1997 97/20/0140; Drexler, Strafvollzugsgesetz, § 26 Rz 2), so wird durch das dem Berufungswerber angelastete Verhalten unabhängig von dessen strafrechtlicher Beurteilung nach dem Suchtmittelgesetz das in ihn gesetzte Vertrauen des Dienstgebers schwer erschüttert und die Gewährleistung eines sicheren und geordneten Strafvollzugs in Frage gestellt. Darüber hinaus besteht auch die Gefahr, dass in der Bevölkerung der Eindruck entstehen könnte, Justizwachebeamte unterhielten den von ihnen zu vertretenden rechtlich geschützten Werten zuwider teils gute private Kontakte zur Suchtgiftszene, wodurch das Ansehen der Einrichtungen des Strafvollzugs und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche und korrekte Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wesentlich beeinträchtigt würde (vgl. DOK 20.11.2001 120/5-DOK/01; 10.4.2000 22/5-DOK/00 u.a.). Schließlich ist der Berufungswerber gemäß § 43 Abs. 2 BDG zur Vertrauenswahrung in seinem gesamten Verhalten - also auch in seinem Verhalten außer Dienst - verpflichtet (vgl. VwGH 4.9.2003, 2000/09/0202).

Was den Hinweis betrifft, ein Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG könne eine Suspendierung nicht rechtfertigen, so ist zu bemerken, dass die DOK im Suspendierungsverfahren bei der Beurteilung der Gewichtigkeit der Dienstpflichtverletzung (iSd § 112 Abs. 1 BDG) keine Prognose darüber anzustellen hat, ob damit voraussichtlich die Verhängung einer bestimmten Disziplinarstrafe verbunden sein wird; so hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich die Auffassung verworfen, die Voraussetzungen für eine Suspendierung lägen nur vor, wenn wegen der Dienstpflichtverletzung die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen sein werde (VwGH 24.11.1982, 81/09/0049; 8.11.1995, 94/12/0208).

Mit der in der Berufung geltend gemachten Behauptung, aus der vorgelegten ärztlichen Bestätigung ergebe sich der Nachweis, dass der Berufungswerber derzeit keine Suchtmittel konsumiere, vermag er keinen Umstand darzulegen, der in diesem Verfahrensstadium beachtlich wäre. Gibt er doch gleichzeitig zu erkennen, dass er sich nach wie vor in einer psychischen Ausnahmesituation befindet, die ihn eben bereits (zumindest) zweimal dazu veranlasst habe, Suchtmittel zu konsumieren. Die Möglichkeit der Wiederholung kann daher - auf das eigene Vorbringen des Berufungswerbers gestützt - keineswegs ausgeschlossen werden.

Auch mit dem Hinweis auf die psychische Ausnahmesituation und seine Krankheitssymptome kann der Berufungswerber nicht mit Erfolg gegen die auf einen bloßen (konkreten und begründeten) Verdacht gestützte Suspendierung ankämpfen. Ob der Berufungswerber schuldhaft vorgegangen ist oder ob seine Fehlleistung Folge einer von ihm nicht verschuldeten Erkrankung gewesen ist, wird im Disziplinarverfahren zu klären sein (siehe auch VwGH 12.12.1984, 84/09/0137). Es sagt dies über bzw. gegen das Vorliegen eines begründeten Verdachtes schuldhaften Verhaltens nichts aus, weil eben in diesem Verfahrensstadium nicht abschließend zu beurteilen ist, ob der Tatbestand einer Dienstpflichtverletzung tatsächlich erfüllt ist und ob das dem Berufungswerber angelastete Fehlverhalten von diesem schuldhaft (§ 91 BDG) gesetzt worden ist oder nicht. Der Umstand, dass der Berufungswerber - gerechtfertigt oder nicht - seit geraumer Zeit vom Dienst abwesend ist, vermag an der Erforderlichkeit der Suspendierung nichts zu ändern. Vielmehr fehlt es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an jeglichem rechtlichen Anhaltspunkt für die Rechtsansicht, eine Suspendierung während eines Krankenstandes sei unzulässig (VwGH 24.5.1995 93/09/0024; Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, S. 384). Andernfalls hätte ein sich auf das Vorliegen einer Erkrankung berufender Beamter es selbst in der Hand, durch Fernbleiben vom Dienst eine derartige Maßnahme zu unterlaufen. Schließlich stützt der Disziplinarsenat die Suspendierung zu Recht auf die Gefährdung des Ansehens der Verwaltung durch das außerdienstliche Verhalten des Disziplinarbeschuldigten. Es würde in der Öffentlichkeit kaum auf Verständnis stoßen, wenn ein Beamter in den Zeiten seiner durch Erkrankung gerechtfertigten Dienstabwesenheit in Lokalen Suchtmittel konsumieren könnte, ohne dass dies Konsequenzen nach sich zöge."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor:

"Tatsächlich habe ich mit Ausnahme einer Konsumation vor rund einem halben Jahr vor dem 19.9.2004, also im Frühjahr 2004, und der Konsumation vom 19.9.2004 niemals Suchtgift konsumiert. In beiden Fällen habe ich lediglich eine geringe Menge an Speed konsumiert, und zwar aus folgendem Grund:

Ich befinde mich in einer psychischen Ausnahmesituation und bin aus diesem Grund schon seit längerer Zeit - obwohl arbeitswillig - nicht in der Lage, den mir zugewiesenen Dienst in der Justizanstalt Linz zu verrichten.

Zum Beweis dafür verweise ich in diesem Zusammenhang auf den Inhalt meines Personalaktes (beim Oberlandesgericht Linz), dessen Beischaffung ausdrücklich beantragt wird.

Mir wurden dienstrechtliche Maßnahmen angedroht, insbesondere die Einstellung meiner Bezüge, was mich erneut massiv psychisch belastet hatte. Gerade in der Zeit dieser massiven psychischen Zusatzbelastung wurde mir Speed angeboten, ich habe mir erwartet, bei Konsumation einer geringen Menge meine psychischen Probleme verdrängen zu können, sodass ich dem Angebot nicht widerstehen konnte.

Da die beruflich angespannte Situation und die damit verbundene psychische Belastung andauerten, konnte ich auch am 19.9.12004 dem Angebot, erneut eine geringe Menge Speed zu konsumieren, nicht widerstehen, zumal sich die erleichternde Wirkung bei der 1. Konsumation eingestellt hatte. Ich betonte ausdrücklich, dass ich kein ständiger Drogenkonsument bin und auch nicht vorhabe, erneut Speed oder andere Suchtgifte zu konsumieren, ich betonte auch ausdrücklich, dass von mir nur zweimal eine geringfügige Menge an Speed konsumiert worden ist. Es handelte sich jeweils um geringe Mengen, was auch der Strafanzeige entnommen werden kann."

Schon dieses Vorbringen des Beschwerdeführers zeigt die Notwendigkeit der Suspendierung auf. Dass Angehörige von Wachkörpern (deren Aufgaben unter anderem darin bestehen, die Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen zu verhindern bzw. verurteilte Straftäter zu bewachen), welche Suchtmittel konsumieren und solcher Art selbst gerichtlich strafbare Taten begehen, das Ansehen dieser Wachkörper und wesentliche Interessen des Dienstes verletzen, kann wohl nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden und wurde von der belangten Behörde in zutreffender Weise begründet. Gerade die "beruflich angespannte Situation und die damit verbundene psychische Belastung", auf welche der Beschwerdeführer seine Taten zurückführt, bestünde weiter, würde der Beschwerdeführer im Dienst belassen, sodass sich aus obigem Vorbringen des Beschwerdeführers die Gefahr des weiteren Suchtmittelkonsums bei Belassung im Dienst ergibt.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass er "auf unbestimmte Dauer im Krankenstand war" (und nach wie vor sei) und die gegen ihn erstattete Strafanzeige gemäß § 35 Abs. 1 SMG vorläufig zurückgelegt worden sei.

Der Hinweis des Beschwerdeführers, er befände sich im Krankenstand, kann an der Notwendigkeit der Suspendierung nichts ändern. Einerseits ist die Suspendierung trotz Krankenstand zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 93/09/0024), andererseits handelt es sich bei der Suspendierung um eine sichernde Maßnahme der Dienstbehörde durch Fernhaltung des Beamten vom Dienst, beim Krankenstand aber um die Dienstunfähigkeit des Beamten auf Grund einer Gesundheitsstörung, deren Art und Dauer nicht von der Dienstbehörde beeinflussbar ist.

Die vorläufige, für eine Probezeit von zwei Jahren gemäß § 35 Abs. 1 SMG erfolgte Zurücklegung der gegen den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 SMG erstatteten Anzeige durch die Staatsanwaltschaft Linz hat keine Auswirkung auf die gemäß § 112 Abs. 1 BDG vorzunehmende Wertung des Verhaltens des Beschwerdeführers.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 25. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005090052.X00

Im RIS seit

27.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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