TE OGH 1983/11/17 13Os177/83

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.11.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, Dr. Friedrich, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Puschnig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bruno A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Korneuburg als Schöffengerichts vom 25. August 1983, GZ 11 a Vr 142/83-31, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch zu I 1, daß der Diebstahl durch gewaltsames Öffnen, sohin durch Einbruch geschah sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

II. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld zurückgewiesen.

III. Mit seiner Berufung gegen den Strafausspruch wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.August 1952 geborene beschäftigungslose Bruno A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. (I), des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1 und 15 StGB.

(II) und des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs 1 StGB. (III) schuldig erkannt. Darnach hat er am 7.Februar 1983 in Wien den (in der Garage des Allgemeinen Krankenhauses versperrt abgestellt gewesenen) Personenkraftwagen der Margarete B (Wert ca. 30.000 Schilling) durch gewaltsames Öffnen, sohin durch Einbruch (I 1) und am 10.Februar 1983 in Großengersdorf aus dem Lastkraftwagen (im Urteil unrichtig: PKW.) des Rudolf C nach Aufbrechen eines Seitenfensters, sohin durch Einbruch, eine Stabtaschenlampe (Wert ca. 100 Schilling - I 2) gestohlen. Weiters liegt ihm zur Last, am 10. Februar 1983 in Großengersdorf den Personenkraftwagen des Reinhard D ohne dessen Einwilligung in Gebrauch genommen (II 1), (kurz darauf in Deutsch-Wagram) den Personenkraftwagen des Erich E ohne dessen Einwilligung in Gebrauch zu nehmen getrachtet (II 2) und vom 7. bis 10.Februar 1983 den zu I 1 genannten (gestohlenen) Personenkraftwagen, mit einem für ein anderes Fahrzeug ausgegebenen Kennzeichen versehen, im Verkehr verwendet und dadurch versucht zu haben, den Staat in seinem (konkreten) Recht auf Kontrolle des Verkehrs und Ausschluß unrechtmäßiger Kraftfahrzeugbesitzer absichtlich zu schädigen (III).

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch wegen Diebstahls (I) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ('volle Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld'), der teilweise Berechtigung zukommt.

Die Feststellung des Erstgerichts, der Angeklagte habe den Personenkraftwagen der Margarete B durch gewaltsames Öffnen, somit durch Einbruch, weggenommen (I 1), entbehrt jeder Begründung und steht überdies mit den in den Entscheidungsgründen enthaltenen diesbezüglichen Konstatierungen im Widerspruch, sodaß dem Ersturteil insoweit der geltendgemachte Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) inhaltlich aber auch ein materieller Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs 1 Z. 10 StPO.) anhaftet. Die im Urteilsspruch nämlich als Einbruch (gewaltsames Öffnen) qualifizierte Begehungsweise des Fahrzeugdiebstahls wird in der Urteilsbegründung damit beschrieben, daß der Angeklagte den in der Garage ordnungsgemäß versperrt abgestellten Personenkraftwagen 'vermutlich mit einem Nachschlüssel' - Genaueres habe in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden können - in Betrieb genommen und gestartet habe, ohne aber Beschädigungen an der Lenkradsperre oder am Zündschloß herbeizuführen (S. 215). Damit räumt das Schöffengericht selbst ein, daß es diese, mit dem Urteilsspruch nicht übereinstimmende, in der Anklage auch nicht vorhandene (S. 143) Urteilsannahme nicht zu begründen vermag. überdies läßt diese Urteilskonstatierung in bezug auf die in Frage stehende Qualifikation des Diebstahls nach § 129 Z. 1 StGB. keine eindeutige rechtliche Subsumtion zu. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter 'Nachschlüssel' sowohl ein zu einem vorhandenen Schloß zufällig passender als auch ein widerrechtlich angefertigter Schlüssel verstanden (vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, 17. Auflage, 13.Band, S. 158). Hatte sich der Angeklagte aber bei der (gewaltsamen ?) Öffnung und Inbetriebnahme des Autos eines in seinem Besitz befindlichen, zufällig passenden Schlüssels bedient - eine Vorgangsweise, die ihm nicht fremd ist (siehe S. 79 in ON. 6) - käme ein Schuldspruch (auch) wegen § 129 Z. 1 StGB. jedenfalls nicht in Betracht (RZ. 1977/72). Gegen die Möglichkeit, der Angeklagte könnte sich die Fahrzeugschlüssel widerrechtlich besorgt haben, sprechen die polizeilichen Ermittlungen, wonach die Geschädigte nach dem Diebstahl noch im Besitz des Originalund des Reserveschlüssels ihres Fahrzeugs war (S. 106, 110 in ON. 6). Mit der Urteilsannahme einer gewaltsamen Öffnung stehen aber wieder die Feststellungen, daß entsprechende Beschädigungen gefehlt haben, im Widerspruch. Es zeigt sich somit, daß diese unbegründeten, widersprüchlichen und mehrdeutigen Feststellungen nicht ausreichen, um verläßlich beurteilen zu können, ob dem Angeklagten hinsichtlich des zu I 1 gefällten Schuldspruchs wegen §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. auch die Qualifikation nach § 129 Z. 1 StGB. anzulasten ist. Es war daher gemäß § 285 e StPO. der Schuldspruch zu I 1 im Ausspruch, daß der Diebstahl durch gewaltsames Öffnen, sohin durch Einbruch, geschah, und auch der Strafausspruch aufzuheben und dem Erstgericht die Erneuerung des Verfahrens im Umfang der Aufhebung aufzutragen. Mit seiner Berufung gegen den Strafausspruch war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Hingegen trifft die weitere, im Rahmen der 'Berufung wegen Schuld' aufgestellte, ausdrücklich aber auch als Mängelrüge nach § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. deklarierte Behauptung, für das Aufbrechen des Seitenfensters beim Lastkraftwagen des Rudolf C (I 2) gebe es 'im Beweisverfahren keine direkte Grundlage', nicht zu. Diesbezüglich konnten sich die Tatrichter sehr wohl auf die Zeugenaussage des Rudolf C in der Hauptverhandlung (S. 190) über die Art der Eröffnung des Seitenfensters und die vom Sachverständigen hieraus gezogenen unbedenklichen Schlüsse (S. 193) stützen (S. 219, 220). Diese Ausführungen stellen sich daher ebenso wie das übrige im Rahmen der 'vollen Berufung ...

wegen Schuld' enthaltene Vorbringen, mit dem auch die Unterstellung des unter I 1 erfaßten Sachverhalts unter den Tatbestand des § 136 StGB. begehrt wird, als im schöffengerichtlichen Verfahren, dem eine Berufung wegen Schuld überhaupt fremd ist (§§ 280, 283 Abs 1 StPO.), unzulässige Angriffe auf die gerichtliche Beweiswürdigung dar, was im Resumee dieser Ausführungen, im Zweifel hätte man bei beiden zu I abgeurteilten Taten Einbruchsdiebstahl nicht annehmen dürfen, auch einen sprachlich eindeutigen Ausdruck findet. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher, soweit sie sich auf I 2 des Schuldspruchs bezieht, gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. ebenso wie die unzulässige Schuldberufung schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Anmerkung

E04414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00177.83.1117.000

Dokumentnummer

JJT_19831117_OGH0002_0130OS00177_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten