TE OGH 1983/11/17 12Os152/83

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Veröffentlicht am 17.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak-Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst Albert A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 29.September 1983, GZ. 13 a Vr 873/83-14, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst Albert A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. schuldig erkannt, weil er am 26.Jänner 1983 in Feldkirch vor dem Exekutionsrichter des Bezirksgerichtes anläßlich der Ablegung des Offenbarungseides im Verfahren E 11.874/82 durch die eidliche Angabe, kein Grundstück zu besitzen (und zwar durch Nichtangabe der Eigentumswohnung in Tisis, Münzweg Nr. 3, 272/4132 Anteile an der EZ. 1012 KG. Tisis), einen in den Gesetzen vorgesehenen Eid vor Gericht falsch geschworen hat.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z. 5), mit welcher der Angeklagte einen Begründungsmangel in bezug auf die innere Tatseite geltend macht, ist berechtigt.

Das Erstgericht nahm zwar den Vorsatz des Angeklagten als erwiesen an, einen falschen Eid zu schwören; die hiefür gegebene Begründung ist jedoch unzureichend. Denn das Urteil spricht im Rahmen der Beurteilung der Wissenkomponente auch davon, daß der Angeklagte wissen mußte, daß spätestens bei teilweiser Abdeckung der Hypothekarschulden der weitere den Offenbarungseid veranlassende Gläubiger nach Eintragung eines Pfandrechts zum Zuge kommen hätte können und daß weiters der Angeklagte die Liegenschaft hätte angeben können. Mit dieser - in Judikatur und Literatur (vgl. hiezu nur SSt. 36/2, LSK.

1978/142 u.v.a. sowie Leukauf-Steininger, StGB. 2, RN. 18 zu § 5) schon wiederholt als zur Dartuung eines bedingten Vorsatzes ungeeignet bezeichneten - Formulierung wird aber die Möglichkeit offen gelassen, daß der Beschwerdeführer in Ansehung des normativen Tatbildmerkmales 'falsch' i.S. § 288 Abs. 2 StGB. (nur) bewußt fahrlässig gehandelt hat.

Die Entscheidung ist aber auch i.S. der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. unvollständig begründet, weil sich die Urteilsgründe nicht - wie die Rüge mit Recht hervorhebt - mit der (sinngemäß wiedergegebenen) Verantwortung des Angeklagten auseinandersetzen, er habe dieses Objekt deshalb nicht angegeben, weil ihm anläßlich des Ausgleichsverfahrens vom Ausgleichsverwalter mitgeteilt worden sei, daß er diesen Vermögenswert im Hinblick auf die bücherlichen Belastungen nicht angeben müsse. Zwar sind beim Offenbarungseid ohne Rücksicht auf ihre konkrete Verwertbarkeit im Einzelfall alle effektiven Bestandteile des wirtschaftlichen Schuldnervermögens zur Zeit der Eidesleistung anzugeben, also auch bedingte, betagte, uneinbringliche und zweifelhafte Ansprüche (10 Os 183/82). Ist jedoch der Täter - wie hier nach seinem Vorbringen der Angeklagte - irrtümlich der Meinung, daß die verschwiegene Tatsache für den Offenbarungseid ohne Bedeutung sei und er deshalb nicht falsch schwört, so mangelt es ihm insoweit am Tatbestandsvorsatz (RZ. 1976/61, 10 Os 183/82, Pallin im WK. § 288 RN. 25). Die in Rede stehende Verantwortung des Angeklagten könnte daher Bedeutung dafür haben, ob ihm ein den Vorsatz ausschließender Irrtum unterlaufen ist, womit der subjektive Tatbestand nicht erfüllt wäre. Schon deswegen war der Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigung zuzuerkennen und ihr wegen des Begründungsmangels gemäß § 285 e StPO. bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und eine Verfahrenserneuerung anzuordnen, ohne daß es einer Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens bedurfte, wozu nur am Rande bemerkt sei, daß das Erstgericht nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls - der Anordnung des § 238 Abs. 2 StPO. zuwider - über den Antrag auf Einholung des Akts S 33/81 (des Landesgerichtes Feldkirch) nicht mit Zwischenerkenntnis entschieden und eine Begründung für die Nichtaufnahme des begehrten Beweises auch nicht im Urteil nachgetragen hat, wenngleich eine Relevanz dieses - im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen nur auf Aktenbeischaffung lautenden - Antrages in der im Protokoll festgehaltenen Form nicht zu entnehmen ist.

Was die Behauptung der Rüge betrifft, daß der Offenbarungseid nicht entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen abgelegt wurde, so ist darauf hinzuweisen, daß sich der Richter grundsätzlich auf die globale überprüfung der Richtigkeit der Angaben beschränken kann, die zuvor einem mit der detaillierten Vernehmung beauftragten, zu deren eigenständiger Durchführung jedoch nicht befugten gerichtlichen Hilfsorgan gegenüber abgegeben werden und die mit der Bestätigung seitens des Vernommenen, damit wahrheitsgemäß ausgesagt zu haben, von der Sanktion nach § 288 StGB. unmittelbar erfaßt werden (vgl. SSt. 17/74 u. a.); insoweit macht es demnach keinen Unterschied, ob ein Zeuge - oder wie hier im Rahmen des Offenbarungseidverfahrens der Verpflichtete - eine vor einem unbefugten Organ abgelegte und protokollierte Aussage nachträglich vor dem Richter zur Gänze wiederholt oder nur pauschal in ihrer Richtigkeit bestätigt (a.M. Pallin WK. RN. 4 zu § 288) und unterfertigt (10 Os 134/82). Da somit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285 e StPO.), war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruche zu erkennen.

Anmerkung

E04439

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00152.83.1117.000

Dokumentnummer

JJT_19831117_OGH0002_0120OS00152_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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