TE OGH 1983/11/22 10Os136/83

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Veröffentlicht am 22.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 3, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Satz StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. Februar 1983, GZ 3a Vr 12.902/82-65, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 3, 128 Abs. 2, 129

Z 1 und 2, 130 2. Fall (richtig: zweiter Satz) StGB, der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, 2. Fall StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO:

Als Verleumdung liegt dem Angeklagten im Schuldspruch Punkt B zur Last, den Gerhard B, einen deshalb sogar in Haft genommenen Angestellten der Firma 'C GesmbH' am 27. Oktober 1980 gegenüber Beamten des Sicherheitsbüros der Polizeidirektion Wien wissentlich fälschlich als Täter bezeichnet zu haben, um den Verdacht des von ihm am 25. August 1980 tatsächlich allein zum Nachteil dieser Firma verübten Diebstahls von 100 kg Feinsilbergranulat im Wert von mindestens 840.000 S (Punkt A II des Schuldspruches) von sich abzulenken.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem Einwand, das Gericht habe zu Unrecht die Feststellung unterlassen, daß die Anschuldigung des B durch ihn nur eine nicht ernst gemeinte und auch nicht glaubhafte Ausrede bzw ein 'Wortüberschwang' sei, setzt sich der Beschwerdeführer über die gegenteilige Urteilsannahme hinweg, daß er B vor der Polizei - in Kenntnis des Umstandes, daß dieser auf Grund seiner Ausage 'überprüft' wird und 'mit Schmalz' rechnen müsse, wie er bei seiner Befragung am 27.Oktober 1980 einräumte (Band II S 273) - als Täter bezeichnete, um jeden weiteren Verdacht von sich selbst abzulenken (Bd III S 264 und 286). Insoweit ist daher die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig dargestellt.

Feststellungen darüber aber, daß der Angeklagte den 'Tatvorwurf' im Rahmen der Vernehmung vor dem Sicherheitsbüro 'unter dem heftigen und sehr massiven Druck des (gegen ihn erhobenen) Schuldvorwurfs' zunächst auf eine andere Person 'schob' (und solcherart Erhebungen gegen diese veranlaßte), mußte das Schöffengericht nicht treffen, weil dieser Aspekt des Sachverhalts nicht relevant ist. Denn es überschreitet im allgemeinen auch ein Täter einer strafbaren Handlung, der einen anderen zur Abwendung eines wegen dieser Tat gegen ihn gerichteten dringenden Verdachts gegenüber einer zur Strafverfolgung zuständigen Behörde wissentlich fälschlich der Täterschaft bezichtigt, damit die Grenzen gerechtfertigter Verteidigung und setzt solcherart eine Rechtsgutverletzung. Der rechtlichen Unterstellung des im Ersturteil festgestellten Verhaltens des Angeklagten unter den Verleumdungstatbestand nach dem

2. Fall des § 297 Abs. 1 StGB haftet demnach kein Fehler an.

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO:

Nach dem Urteilsspruch zu Punkt A I hat der Angeklagte außer dem bereits erwähnten (mit der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nicht behafteten) Diebstahl von Feinsilbergranulat zum Nachteil der 'C GesmbH' (A II) in Gesellschaft der abgesondert verfolgten weiteren Beteiligten Walter D und Alois E als Diebsgenossen in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in der Zeit vom 27. Februar 1980 und dem 13. April 1980 insgesamt 6

Einbruchsdiebstähle, teils in Wohnungen, teils in Geschäftslokale verübt und dabei insbesondere Bargeld, Schmuck und Sparkassenbücher erbeutet, wobei sich der Mindestgegenwert der gestohlenen Gegenstände auf rund 874.000 S belief (A I 1-6 des Schuldspru. Zur Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit der Einbruchsdiebstähle stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte Franz A (und der abgesondert verfolgte Alois E) angesichts des Umstandes, daß die von ihnen gemeinsam betriebene und ohne wesentliches Anfangskapital gegründete 'Installations-Gebrechensdienst Alois E GesmbH' Anfang 1980 bereits erheblich verschuldet war, beschlossen hatten, sich das zur Weiterführung der Firma benötigte Geld aus der fortlaufenden Begehung von Einbruchsdiebstählen zu beschaffen.

Diesbezüglich geht zunächst der sachlich als Vorwurf eines Begründungsmangels im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zu wertende Einwand der Beschwerde fehl, dieser Feststellung 'scheine' die weitere Annahme des Gerichtes zu widersprechen, daß der Angeklagte zuletzt aus dem Unternehmen ein Monatseinkommen von 50.000 S bezog. Denn beide Tatsachen schließen einander weder logisch noch in wirtschaftlicher Hinsicht aus. Kann doch gerade der Bezug eines derart hohen Einkommens aus einem Unternehmen die Ursache dessen überschuldung sein und solcherart das Motiv für die Eröffnung weiterer durch längere Zeit fließender (unredlicher) Einnahmequellen bilden.

Die eingangs erwähnte dazu getroffene Feststellung ist zudem, entgegen dem bezüglichen Beschwerdevorbringen, in sachverhaltsmäßiger Beziehung durchaus ausreichend substantiiert und durch die Bezugnahme auf das Geständnis des Angeklagten (S 235 ff/III) im Urteil (S 258 f/III) zureichend und mängelfrei begründet. Von der bloßen 'Zitierung' des Gesetzestextes kann somit keine Rede sein.

Es schlägt aber auch der weitere Einwand in der Rechtsrüge nicht durch, es könne wegen der Kürze des deliktischen Zeitraums und der Höhe des eigenen Einkommens gewerbsmäßiges Handeln nicht angenommen werden; kann doch - bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen (deren Annahme durch das Erstgericht unbekämpft blieb) - schon eine einzige (auch nur versuchte) Tat zur Annahme dieser Qualifikation ausreichen (Leukauf-Steininger2, RN 6 zu § 70 StGB;

Bertel im Wiener Kommentar, Rz 7 zu § 130 StGB; Kienapfel, BT II RN 9 zu § 130 StGB, sämtliche mit Judikatur- und teils auch weiteren Literaturzitaten) und steht auch ein anderweitiges Einkommen der Annahme dieser Qualifikation nicht entgegen (Leukauf-Steininger2, RN 3 zu § 130 StGB, Bertel im Wiener Kommentar, Rz 9 zu § 130 StGB ua).

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO:

Aus diesem Nichtigkeitsgrund reklamiert der Beschwerdeführer die Anrechnung von Vorhaftzeiträumen (§ 38 StGB), und zwar vom 28.10.1978 - 22.12.1978, 21.10.1980 - 27.11.1980

und 27.11.1980 - 8.3.1981.

Nach dem Inhalt der (nunmehr mit Beschluß vom 19.September 1983, GZ 3 a Vr 12.902/82-73, dem verkündeten Urteil angeglichenen) Urteilsausfertigung rechnete das Erstgericht gemäß § 38 Abs. 1 StGB die Vorhaft vom 21.10.1980, 17 Uhr, bis 27.11.1980, 12 Uhr, sowie die Auslieferungshaft in Jugoslawien vom 19.10.1982, 10 Uhr, bis 19.11.1982, 12

Uhr 45, auf die Strafe an.

Bezüglich des erstgenannten Zeitraumes (21.10. - 27.11. 1980) ist somit der Beschwerde durch die Urteilsangleichung die Anfechtungsgrundlage entzogen.

Das übrige Beschwerdevorbringen aber geht fehl. Denn in der Zeit vom 27.11.1980, 12 Uhr bis zu seiner am 8.3. 1981, 23,20 Uhr, erfolgten Flucht hatte der Beschwerdeführer einen Teil der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.11.1979, AZ 8 c E Vr 8671/78, über ihn verhängten Freiheitsstrafe von 10 Monaten (vgl auch Punkt 9 der Strafregisterauskunft Bd III ON 63 d.A und Urteilsseite 10) verbüßt, auf welche die Vorhaft vom 20.10.

1978, 22 Uhr, bis 22.12.1978, 14 Uhr 45, angerechnet worden war (Bd II, S 405, Bd III, S 7 ff d.A). Die Anrechnung dieser Zeiträume im vorliegenden - mit jenem nicht im Verhältnis des § 56 StPO bzw der §§ 31, 40 StGB stehenden - Verfahren wird daher vom Beschwerdeführer zu Unrecht begehrt.

Die zur Gänze unbegründete, teils auch nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Anwendung des § 28

StGB und unter Bedachtnahme auf ein Urteil des Gerichtes in Ada (Serbien) vom 23. Dezember 1981, Zl K 60/81 - mit dem er wegen Einbruchsdiebstahles zu achtzehn Monaten (Freiheitsentzug) verurteilt worden war - gemäß §§ 31, 40 StGB zu dreieinhalb Jahren Zusatzfreiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es die Vorverurteilungen (ersichtlich gemeint: soweit sie wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten erfolgt sind), die mehrfachen Angriffe (einschränkend zu ergänzen: beim Diebstahl und bei der Urkundenunterdrückung), den hohen Schaden und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis und eine teilweise objektive Schadensgutmachung.

Die Berufung, mit der der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebt, ist nicht begründet.

Abgesehen davon, daß das Erstgericht das Vorliegen mehrerer Qualifikationen beim Diebstahl und einer solchen bei der Verleumdung als weitere Erschwerungsgründe anzunehmen übersehen hat, hat es im übrigen die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt und gewürdigt; solcherart hat es ein Strafmaß gefunden, das angesichts der vorliegend sehr hohen tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld keineswegs als überhöht angesehen werden kann. Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch beim Verbrechen der Verleumdung der Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftat äußerst hoch; hat der Angeklagte doch in seinem Bestreben, sich selbst zu schützen, die Schuld auf einen anderen abgeschoben, der wegen des Verdachtes, in den er sohin geraten war, sogar in Haft genommen wurde.

Es trifft ferner nicht zu, daß die über den Berufungswerber verhängte 'Gesamtstrafe' (von fünf Jahren) im Verhältnis zu seinen Mittätern - die nach seinem Vorbringen zu Freiheitsstrafen von drei bzw viereinhalb Jahren verurteilt wurden - nicht in entsprechender Relation stünde; denn er hat über die mit diesen gemeinsam verübten Diebstähle und Urkundenunterdrückungen hinaus noch einen weiteren Diebstahl mit einem Schadensbetrag von mindestens 840.000 S und die bereits erwähnte qualifizierte Verleumdung zu verantworten und (trotzdem) nur eine nicht wesentlich höhere Strafe als einer seiner Komplizen erhalten, wobei bei ihm überdies eine Verurteilung gemäß §§ 31, 40 StGB berücksichtigt worden ist. Erörterungen über den Umfang jener Straftat, die dem Urteil des serbischen Gerichtes zugrunde liegen, auf das gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen wurde, sind daher schon unter diesem Aspekt nicht zielführend. Schließlich kann auch keineswegs von einer untergeordneten Rolle bei den Diebstählen gesprochen werden, hat der Angeklagte doch - zumindest beim Faktum I 1 - sein Fahrzeug zur Verfügung gestellt und außerdem als Lenker fungiert. Letztlich ist auch, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, in einigen Fällen (der Faktengruppe A) die Initiative zur Tat vom Berufungswerber ausgegangen.

Insgesamt gesehen ist also die über den Angeklagten verhängte Zusatzfreiheitsstrafe allein schon im Hinblick auf die Art und den Umfang der ihm im gegenständlichen Strafverfahren zur Last liegenden Straftaten keineswegs überhöht, weshalb auch der unbegründeten Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Anmerkung

E04431

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00136.83.1122.000

Dokumentnummer

JJT_19831122_OGH0002_0100OS00136_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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