TE OGH 1983/12/20 5Ob306/82 (5Ob307/82)

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Veröffentlicht am 20.12.1983
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Norm

KO §103
KO §110
ZPO §405

Kopf

SZ 56/196

Spruch

Im Prüfungsprozeß nach § 110 KO kann eine unbedingt angemeldete Forderung als aufschiebend bedingte Forderung festgestellt werden

OGH 20. 12. 1983, 5 Ob 306, 307/82 (OLG Graz 1 R 85, 86/82; LGZ Graz 9 Cg 408, 409/80)

Text

Die R KG, deren persönlich haftender Gesellschafter Anton R war, mietete von der Klägerin eine Fernsprechanlage. Über das Vermögen dieser Gesellschaft und des Anton R wurde am 12. 3. 1980 das Ausgleichsverfahren und am 6. 6. 1980 der Anschlußkonkurs eröffnet.

Die Klägerin begehrte mit den beiden am 1. 9. 1980 eingebrachten Klagen die Feststellung, daß ihr in den genannten Konkursen in der dritten Klasse der Konkursgläubiger zusätzlich zusätzlich zu einer anerkannten und festgestellten Forderung von 61 330.17 S noch eine weitere Forderung von 103 449.56 S zustehe (9 Cg 409/80 und 9 Cg 408/80 des LGZ G). Die Kommanditgesellschaft und deren persönlich haftender Gesellschafter schuldeten ihr für die Überlassung der Telefonanlage für rückständige Miete den Betrag von 61 330.17 S und für Konventionalstrafe laut Rechnung vom 10. 6. 1980 103 449.56 S, zusammen daher 164 779.73 S. Sie habe in den beiden Konkursverfahren diese Forderung von 164 779.73 S in der dritten Klasse der Konkursgläubiger angemeldet. Die ursprünglich in den beiden Ausgleichsverfahren erfolgte Anmeldung eines Betrages von 74 636.61 S sei im Konkursverfahren auf den Betrag von 167 712.92 S berichtigt worden. Der Beklagte habe von dem Betrag von 164 779.73 S nur einen Teilbetrag von 61 330.17 S anerkannt und den Restbetrag von 103 449.56 S bestritten. Bei diesem Betrag handle es sich um die nach den allgemeinen Überlassungsbedingungen für die Vermietung von Fernsprechnebenstellenanlagen vereinbarte Restmiete (Pönale) infolge vorzeitiger Vertragsauflösung. Die vom Masseverwalter anerkannten Beträge in der Höhe von 61 330.17 S stellten hingegen offene Restmieten dar.

Die Klägerin habe "der geklagten Partei" mit Schreiben vom 10. 6. 1980 die Möglichkeit eingeräumt, bis 31. 12. 1980 einen Raumnachfolger namhaft zu machen. Sollte dies gelingen, müßte sie die vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe nicht bezahlen. Diese Lösungsbefugnis ändere nichts an der Fälligkeit der "befristeten Forderung". Die Klägerin beantragte daher die Ergänzung ihres Urteilsantrages dahin, daß die "geklagten Parteien" sich von dieser Verpflichtung befreien könnten, wenn sie bis 31. 12. 1980 einen Raumnachfolger fänden, der die Telefonanlage der Klägerin übernehme.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in beiden Rechtssachen ab.

Die Klägerin habe erst in den vorliegenden Klagen ihre Forderungen nach Höhe und Rechtsgrunden spezifiziert, weshalb ihre Forderungsanmeldung nicht der Voraussetzung des § 103 KO entspreche. Sie habe ihr Begehren gegenüber der Forderungsanmeldung mit diesen Klagen um 1682.64 S erweitert. Sie habe auch ihre Ansprüche unbedingt angemeldet, obwohl ihr nur bedingte Forderungen zustunden.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Da nach den zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen die Konventionalstrafe von 103 449.56 S nur für den Fall zu bezahlen gewesen wäre, daß es nicht gelungen wäre, bis 1. 1. 1981 einen Raumnachfolger zu finden, habe es sich zum Zeitpunkt der Anmeldung dieser Forderung in den Konkursen nicht um betagte, sondern um bedingte Forderungen iS des § 16 KO gehandelt; denn wenn ein Raumnachfolger rechtzeitig gefunden worden wäre, wäre die Gesellschaft von einer Zahlungspflicht zur Gänze befreit worden. In den Konkursverfahren seien die Ansprüche der Klägerin jedoch unbedingt angemeldet worden. Auch das Begehren in den vorliegenden Klagen nehme auf eine vereinbarte Bedingung keine Rücksicht, obwohl die Forderungen der Klägerin nur als Konkursforderungen bedingt für den Fall, als ein Raumnachfolger zeitgerecht nicht gefunden worden wäre, hätten festgestellt werden können. Die von der Klägerin eingeräumte alternative Ermächtigung trage der Vereinbarung der Parteien, daß die Forderungen bei Anmeldung im Konkurs bedingt gewesen seien, keine Rechnung. Sie stehe mit der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nicht im Einklang. Da gemäß § 110 Abs. 1 zweiter Satz KO das Klagebegehren nur auf den Grund gestützt werden könne, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden sei, im vorliegenden Fall also auf den Bestand einer unbedingten Forderung zum Zeitpunkt der Anmeldung, könne der Umstand, daß bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz der zunächst aufschiebend bedingte Anspruch der Klägerin nach dem 1. 1. 1981 zu einem unbedingten geworden sei, keine für die Klägerin günstigere Entscheidung im Prüfungsprozeß herbeiführen. Die im Konkursverfahren angemeldeten und in den vorliegenden Rechtsstreiten zu prüfenden Forderungen der Klägerin entsprächen somit nicht den zum Zeitpunkt der Forderungsanmeldung bestandenen Ansprüchen. Hinsichtlich eines Teilbetrages von 1682.64 S sei überdies eine Forderung geltend gemacht worden, die in den Konkursverfahren nicht angemeldet gewesen sei. Das Erstgericht habe daher mit Recht das Klagebegehren abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin teilweise Folge und änderte die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"Der klagenden Partei steht im Konkurs über das Vermögen der R KG (20 S 31/80 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz) und im Konkurs über das Vermögen des Anton R, persönlich haftender Gesellschafter dieser Gesellschaft (20 S 32/80 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), in der dritten Klasse der Konkursgläubiger zusätzlich zu der festgestellten Forderung von 61 330.17 S noch eine weitere bedingte, seit 1. 1. 1981 unbedingte Forderung von 101 766.92 S zu. Die Mehrbegehren auf Feststellung einer unbedingten Forderung für die Zeit bis 31. Dezember 1980 und einer weiteren Forderung von 1682.64 S werden abgewiesen."

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gegenstand des Prüfungsprozesses ist der Teilnahmeanspruch, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung gewesen ist (Petschek - Reimer

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Schiemer, Insolvenzrecht 580, 586; EvBl. 1980/146). Das Klagebegehren lautet auf Feststellung der Forderung in der angemeldeten Höhe bzw. des in Anspruch genommenen Ranges; es kann nur auf den in der Anmeldung der Forderung angegebenen Rechtsgrund (§ 103 Abs. 1 KO) gestützt werden und darf nicht über den Umfang der Anmeldung hinausgehen (Petschek - Reimer - Schiemer aaO 586; Bartsch

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Heil, Grundriß des Insolvenzrechts[4], Rdz. 299; SZ 39/76; EvBl. 1968/427; EvBl. 1980/146). Nach § 103 Abs. 1 KO sind in der Anmeldung der Betrag der Forderung und die Tatsachen, auf die sie sich grundet, sowie die in Anspruch genommene Rangordnung anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden können. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in beiden Ausgleichsverfahren am 22. 4. 1980 eine Forderung von 74 636.61 S - darin Zinsen im Betrag von 4174.62 S und Prozeßkosten von 1224.80 S - unter dem Rechtsgrund "offene Mieten" angemeldet, wovon vom Ausgleichsverwalter ein Betrag von 61 330.17 S anerkannt und der Restbetrag von 13 306.44 S bestritten wurde. Da am 23. 5. 1980, also nach dieser Forderungsanmeldung, der Mietvertrag einvernehmlich aufgelöst und gleichzeitig der Klägerin das aufschiebend bedingte Recht auf Zahlung der im Mietvertrag vereinbarten Konventionalstrafe eingeräumt wurde, hat die Klägerin in beiden Konkursen mit Recht eine weitere Forderungsanmeldung vorgenommen. Wenn sie dabei eine Forderung geltend machte, in der die bereits anerkannte Forderung aus offenen Mieten im Betrag von 61 330.17 S enthalten war, und als Rechtsgrund ua. abermals "offene Mieten" anführte, so kann ihr dies nicht zum Nachteil gereichen. Da die Klägerin - abgesehen von den Zinsen und Prozeßkosten - in beiden Konkursen eine Forderung von 163 097.09 S angemeldet und als Rechtsgrund dafür - abgesehen von "offenen Mieten" - auch "Montage-Rechnungen sowie offene Restmieten (= vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe)" angeführt hat, muß gesagt werden, daß sich die von der Klägerin in den beiden Prüfungsprozessen erhobenen Klagen, mit welchen sie die Feststellung begehrte, es stunde ihr in beiden Konkursen abgesehen von der bereits anerkannten Forderung von 61 330.17 S aus dem Titel der Konventionalstrafe eine weitere Forderung von 103 449.56 S zu, im Rahmen des in der in den Konkursverfahren vorgenommenen "berichtigten" Forderungsanmeldungen geltend gemachten Rechtsgrundes hielten, zumal sich aus diesen Forderungsanmeldungen ergibt, daß die Klägerin einen Teil der angemeldeten Forderung auf den Titel einer vertraglich vereinbarten Konventionalstrafe grundet. Ein Vergleich der Höhe der zum Gegenstand der Prüfungsprozesse gemachten Forderung mit der in den Konkursen letztlich angemeldeten Forderung ergibt allerdings - wie die Vorinstanzen auch zutreffend erkannten -, daß die Klägerin die in den Prüfungsprozessen für den Teilnahmeanspruch geltende Obergrenze der Forderung um 1682.64 S überschritten hat, was von Amts wegen zu beachten ist (SZ 39/76). Eine Verminderung der in den Konkursen angemeldeten Hauptforderung von 163 097.09 S um den bereits anerkannten Forderungsbetrag von 61 330.17 S für offene Mieten ergibt eine Restforderung von bloß 101

766.92 S, weshalb die Klägerin ihre Forderung aus dem Titel der Konventionalstrafe nur mehr mit diesem Betrag in den Prüfungsprozessen geltend machen kann. Daß die Klägerin in den Forderungsanmeldungen die Hauptforderung nicht dahin aufgegliedert hat, welche Teilbeträge auf die einzelnen Rechtsgrunde entfallen und sie dazu auch keine Beweismittel angeführt hat, stellt kein Hindernis für den Prüfungsprozeß dar, weil es sich bei dieser Unterlassung nur um ein der Forderungsanmeldung, die die Formerfordernisse eines Schriftsatzes nach § 75 ZPO zu erfüllen hat (§§ 102, 104 KO; vgl. Petschek - Reimer - Schiemer aaO 563 f.), anhaftendes Formgebrechen handelt, auf dessen Verbesserung schon der Konkurskommissär hätte drängen müssen. Dieses Formgebrechen konnte daher noch im Zuge des Prüfungsprozesses behoben werden. Das Fehlen einer Aufgliederung der einzelnen Teilforderungen der angemeldeten Hauptforderung und der Anführung von Beweismitteln in den Forderungsanmeldungen in den beiden Konkursen wurde daher von den Vorinstanzen zu Unrecht als Grund für die Klagsabweisung herangezogen. Der Klägerin stand zur Zeit der Forderungsanmeldung in den Konkursen im Zusammenhang mit der vereinbarten Konventionalstrafe nur eine - von einer negativen Bedingung, nämlich vom Nichterfolg des Ereignisses abhängige - bedingte Forderung zu (§ 696 ABGB). Bei aufschiebend bedingten Forderungen hat der Gläubiger im Konkurs zwar schon während der Schwebe der Bedingung einen Teilnahmeanspruch, dieser steht aber hinter dem Teilnahmerecht einer unbedingten Forderung umfänglich zurück. So geht der Anspruch - wie die Vorinstanzen auch richtig erkannten -, soweit er sich auf Zahlung bezieht, nur auf Sicherstellung mittels gerichtlichen Erlages (§§ 16, 133 Abs. 2 KO). Der Teilnahmeanspruch darf während der Schwebe der Bedingung auch nur mit dieser Beschränkung ausgeübt und festgestellt werden (Petschek - Reimer - Schiemer, aaO 117). Die Klägerin hätte daher in ihren Forderungsanmeldungen und in den Prüfungsprozessen auf diese Einschränkung ihres Konkursteilnahmeanspruches Bedacht nehmen müssen. Daß sie dies unterließ, rechtfertigt allerdings - unabhängig von der Tatsache, daß im Zuge des Prüfungsprozesses der während der Bedingtheit des Anspruches herrschende Schwebezustand wegfiel und der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Konventionalstrafe zu einem unbedingten wurde - nicht die Abweisung der Klagebegehren. Ein Vergleich des in dem von der Klägerin in den Prüfungsprozessen tatsächlich gestellten Klagebegehren zum Ausdruck kommenden Konkursteilnahmeanspruches mit jenem auf Grund einer bloß aufschiebend bedingten Forderung ergibt, daß sich das von der Klägerin - vorerst allerdings zu Unrecht - gestellte Begehren von dem anfänglich rechtlich nur möglichen wesensmäßig nicht, sondern bloß hinsichtlich des Umfanges des Anspruches, also der Ausübung nach nur quantitativ unterscheidet. Das der Klägerin während des Schwebezustandes der Bedingung zustehende Konkursteilnahmerecht stellt daher gegenüber dem in den Prüfungsprozessen begehrten kein "aliud", sondern bloß ein "minus" dar. Da auch bei Feststellungsklagen der Zuspruch eines "minus" zulässig ist (vgl. Fasching III 75 und die dort angeführte Rechtsprechung), bestand von Anfang an kein Anlaß, den von der Klägerin in beiden Prozessen erhobenen Begehren schon deshalb die Berechtigung zu versagen, weil bei der Klagserhebung auf die Bedingtheit des der Klägerin zustehenden Anspruches nicht Bedacht genommen wurde. Stellt das Klagebegehren in den Prüfungsprozessen aber kein "aliud" dar, sondern geht es über das berechtigte Begehren bloß umfänglich hinaus, so ist dem Umstand, daß dem Konkursgläubiger bloß eine aufschiebend bedingte Forderung zusteht, entsprechend Rechnung zu tragen und über das Begehren der tatsächlichen Rechtslage entsprechend zu erkennen. Das Verfahren hat ergeben, daß der Anspruch der Klägerin auf Bezahlung der vereinbarten Konventionalstrafe mit Ablauf des 31. 12. 1980 zu einem unbedingten geworden ist. Damit hat sich ab diesem Zeitpunkt der vorerst umfänglich eingeschränkte Konkursteilnahmeanspruch in einem unbeschränkten verwandelt. Daraus folgt, daß dem Klagebegehren iS des unbeschränkten Konkursteilnahmeanspruches - beträgsmäßig allerdings bloß im Rahmen der Forderungsanmeldung - nur für die Zeit ab 1. 1. 1980 stattzugeben und für die Zeit der Schwebe der Bedingung die Bedingtheit der geltend gemachten Forderung zum Ausdruck zu bringen war.

Anmerkung

Z56196

Schlagworte

Konkurs, s. a. Prüfungsprozeß, Prüfungsprozeß (§ 110 KO): Feststellung einer unbedingt angemeldeten, Forderung als aufschiebend bedingt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00306.82.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19831220_OGH0002_0050OB00306_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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