TE OGH 1984/1/12 13Os213/83

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Veröffentlicht am 12.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Jänner 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführers in der Strafsache gegen Klaus A und Reinhard B wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Klaus A gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Jugendschöffengerichts vom 8.August 1983, GZ 24 Vr 3134/82-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Brachtel und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 16.März 1965 geborene Betriebselektrikerlehrling Klaus A wurde der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A) sowie der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er am 18.September 1982 in Windischgarsten die Gabriele SCH***, indem er sie vom Auto des Reinhard B aus am rechten Arm erfaßte und festhielt, während Reinhard B mit dem Personenkraftwagen anfuhr, gewaltsam zum Mitlaufen neben dem Fahrzeug genötigt (A) und dadurch Gabriele SCH***, die in der Folge stürzte und Hautabschürfungen am linken Unterarm und linken Handballen erlitt, fahrlässig am Körper verletzt (B).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Schuldsprüche wendet sich der Angeklagte A mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zunächst hält er die Konstatierungen, wie oft der von B gelenkte Kraftwagen rückwärtsgefahren sei, bevor es zum Ergreifen des Arms des außerhalb des Wagens befindlichen Mädchens durch den im Auto sitzenden Angeklagten kam, welchen Inhalt ferner das zwischen diesem und dem Mädchen geführte kurze Gespräch gehabt habe und ob B aus eigenem Antrieb oder über Aufforderung des Beschwerdeführers den Wagen habe zurückrollen lassen, um wieder auf gleiche Höhe mit Gabriele C (und ihren beiden Begleiterinnen) zu gelangen, für mangelhaft begründet. Da jedoch hier 'entscheidende Tatsachen' (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) nicht betroffen werden, kann das Vorbringen auf sich beruhen.

Daß der im Fond des Fahrzeugs sitzende Angeklagte die hintere rechte Wagentür öffnete und Gabriele C am rechten Handgelenk erfaßte, wird in der Beschwerde nicht bestritten. Daß dies deshalb geschah, um das Mädchen doch noch zum Mitfahren zu veranlassen und daß die Intensität dieser Bestrebung soweit ging, daß der Angeklagte - jedenfalls mit bedingtem Vorsatz handelnd -

das Mädchen auch beim darauffolgenden Anfahren des Wagens nicht sogleich, sondern erst nach Zurücklegen einer Strecke von einigen Metern losließ und dadurch insoweit zum Mitlaufen mit dem fahrenden Kraftwagen nötigte, stellt sich als ein Ergebnis der Beweiswürdigung dar, welche weder den Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen widerstreitet und folglich keiner wirksamen Anfechtung zugänglich ist.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist es ferner ohne Belang, ob die Wegstrecke, welche Gabriele C mitlaufen mußte, um einen Meter länger oder kürzer war, zumal das Gericht hier ohnehin der Verantwortung des Beschwerdeführers ('etwa eine Wagenlänge', S. 80 in Beziehung auf S. 53) folgte. Zwar hat sich der Gerichtshof mit der Verantwortung des Angeklagten, er habe beim Anfahren das Handgelenk der Gabriele C nur deshalb nicht sogleich losgelassen, weil das Starten des Motors für ihn überraschend gekommen und er dadurch geschockt gewesen sei ('Schrecksekunde'), nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Diese Verantwortung wurde aber keineswegs übergangen, sondern in den Urteilsgründen zitiert (S. 81) und damit der Sache nach der Darstellung des Beschwerdeführers zur subjektiven Tatseite der Glauben versagt. Die Erwägung des Senats, daß die Hautabschürfungen der Gabriele C am rechten Handrücken vom Vorfall stammen, was darauf schließen lasse, daß C mit dem Festhalten 'nicht einverstanden' war (S. 81, 82), zeigt nämlich mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß das Gericht in freier Beweiswürdigung im Hinblick auf den Tathergang und die zurückgebliebenen Spuren von der solcherart zureichend begründeten Annahme eines vorsätzlichen Festhaltens ausgegangen ist. In seiner Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß im Tatbestand des § 105 StGB zwar der Einsatz des Nötigungsmittels mit dolus eventualis genüge, für die Erzwingung der Handlung, Duldung oder Unterlassung jedoch absichtliches Handeln (§ 5 Abs 2 StGB) vorausgesetzt werde. Ein solches aber sei nicht festgestellt worden. Dieser Rechtsmeinung kann nicht beigepflichtet werden, weil sie im Wortlaut des § 105 Abs 1 StGB (im Gegensatz etwa zum Tatbestand des § 107 Abs 1 StGB: '... um zu ...') keine Deckung findet. Es reicht daher bedingter Vorsatz (§ 5 Abs 1, zweiter Halbsatz, StGB) zur Erfüllung des Tatbestands aus. Diese Schuldform wurde vom Erstgericht festgestellt. Zwar bringt die Konstatierung, daß der Angeklagte den tatbildmäßigen Erfolg 'für möglich halten mußte', für sich allein den bedingten Vorsatz noch nicht zum Ausdruck. Das verschlägt aber nichts, weil sich der Beschwerdeführer, den weiteren Urteilsannahmen zufolge, mit dem Erfolgseintritt abgefunden (diesen also auch bedacht) und (so ausdrücklich:) mit 'dolus eventualis im Sinne des § 5 Abs 1, zweiter Halbsatz', StGB gehandelt hat (S. 83).

Wenn der Angeklagte in weiterer Ausführung seiner Rechtsrüge neuerlich ein Handeln mit Vorsatz bestreitet, bringt er damit weder den geltend gemachten, noch einen anderen materiellen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er von urteilsfremden Prämissen ausgeht. Das gleiche gilt für die Bestreitung des schweren Verschuldens (§ 88 Abs 2 StGB). Diesen Verschuldensgrad hat das Gericht im Hinblick auf die zu den Nötigungshandlungen getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen. Die Rechtsmittelausführungen gehen auch hier wieder nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von den urteilsfremden Beschwerdebehauptungen aus und damit ins Leere.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Anmerkung

E04648

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00213.83.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19840112_OGH0002_0130OS00213_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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