TE OGH 1984/1/26 13Os203/83

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Veröffentlicht am 26.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführers in der Strafsache gegen Othmar A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 und 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 24. August 1983, GZ. 3 a Vr 8160/82-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Hauptmann, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Piffl-Lambert zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gemäß § 362 Abs. 1 StPO wird insoweit die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt, als das im übrigen unberührt bleibende Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 24.August 1983, GZ. 3 a Vr 8160/82-39, in dem Ausspruch, dem Angeklagten seien die Umstände, welche eine fünf Jahre erreichende Strafdrohung begründen, nämlich die Herkunft des verhehlten Guts aus einem Einbruchsdiebstahl, bekannt gewesen, und in der Unterstellung der Tat unter § 164 Abs. 3, zweiter (richtig: dritter) Fall, StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben wird.

Gemäß § 362 Abs. 2 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Othmar A hat durch den unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs das Vergehen der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür nach § 164 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9

(neun) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 15.Jänner 1948 geborene Othmar A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 und 3, zweiter (richtig: dritter = letzter) Fall, StGB schuldig erkannt und gemäß § 164 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Ihm liegt zur Last, im Juni 1982 in Wien ein Fernsehgerät und einen Videorecorder der Marke 'B & O' im Wert von rund 50.000 S, welche Geräte die abgesondert verfolgten Emmerich B und Peter C durch Einbruchsdiebstahl, sohin durch eine (aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung) mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, erlangt hatten, dadurch an sich gebracht zu haben, daß er die Geräte von Peter C übernahm, in die Wohnung seiner (damaligen) Lebensgefährtin, der abgesondert verfolgten Irene D, brachte, dort benützte und (zum Teil) gegen Schulden einsetzte, wobei ihm die diese Strafdrohung begründenden Umstände bekannt waren. Der Angeklagte bekämpft das Urteil im Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

In seiner Rechtsrüge wendet sich der Angeklagte gegen die Annahme des (zumindest bedingten) Vorsatzes hinsichtlich seiner Kenntnis, daß es sich bei dem Fernsehempfänger und dem Videorecorder um solche Sachen handelte, die der Vortäter Peter C durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte. Der Beschwerdeführer behauptet, der - in der maßgebenden beweismäßigen Konklusion des Urteils (S. 221) in dieser Form gar nicht aufscheinende -

Ausspruch des Erstgerichts, er 'hätte wissen müssen', es handle sich um widerrechtlich erworbene Sachen, genüge nicht zur auch durch sonstige Beweisergebnisse nicht gedeckten Annahme des bedingten Vorsatzes.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Vorbringen übergeht der Beschwerdeführer die für die (zumindest in den bedingten Vorsatz aufgenommene) Kenntnis der diebischen Herkunft der Sachen vom Schöffengericht in Ausübung freier Beweiswürdigung auf der Basis der Verfahrensergebnisse ohne Verstoß gegen die Denkgesetze gegebene Begründung (S. 220 bis 222) zur Gänze, sodaß er die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt. Das eben bezeichnete Rechtsmittel läuft vielmehr auf einen unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung hinaus; es war daher zu verwerfen.

Der Oberste Gerichtshof hegt jedoch erhebliche Bedenken gegen diese Urteilsannahmen zur inneren Tatseite und gegen die ihnen zugrundeliegende Würdigung der Verfahrensergebnisse insoweit, als das Erstgericht dem Angeklagten angelastet hat, dessen Vorsatz habe nicht nur die Herkunft der Geräte aus einem Diebstahl (und den 5.000 S übersteigenden Wert dieser Sachen), sondern auch die Begehung dieser Tat durch Einbruch umfaßt. Eine Begründung letzterer Annahme läßt das Urteil vermissen (ohne daß dieser Mangel vom Angeklagten unter § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO gerügt worden ist). Aus der Aktenlage ließe sich diese Feststellung auch nicht begründen: Die bedenklichen Umstände der übernahme der Ware (Ausnützung der Nachtzeit für die Lieferung, Zustellung in Originalverpackung, Mißverhältnis zwischen Kaufpreis und Wert der Ware) weisen nur allgemein auf deren Herkunft aus einem Vermögensdelikt, nicht aber auf einen bestimmten Typus oder auf eine spezifische Begehungsform (Einbruchsdiebstahl) einer solchen Straftat hin. Sie könnten nach allgemeiner Lebenserfahrung und forensischer Praxis auch beim Verkauf von durch Dienstdiebstähle, Ratenbetrügereien oder Veruntreuungen erlangter, neuwertiger Ware vorliegen (vgl. 11 Os 145/83).

Angesichts dieser Vielzahl von Möglichkeiten ergibt sich aus dem Umstand, daß die abgesondert verfolgte Irene D zugegebenermaßen die Herkunft der Geräte aus einem Einbruch in einen Lagerplatz bedachte (S. 113, 115), noch keineswegs, daß auch der Angeklagte überlegungen gerade in dieser Richtung anstellte. Hinweise darauf, daß Irene D ihre dahingehende Vermutung dem Angeklagten mitgeteilt hat, sind im Akteninhalt nicht gegeben. Daß die vom Erstgericht nicht ausgeschlossene Absprache zwischen den Lebensgefährten über den Ankauf auch die Preisgabe ihrer Vermutung durch D umfaßte, ist angesichts der Vorwürfe, welche der Zeugin D vom Angeklagten schon wegen des Ankaufs der Geräte unter bedenklichen Umständen gemacht wurden (Urteilsbegründung S. 222 in Verbindung mit der Aussage D S. 211), nicht wahrscheinlich. Schließlich fehlt es an aktenkundigen Anhaltspunkten dafür, daß der Angeklagte bereits früher Anlaß hatte, den ihm nur flüchtig bekannten (S. 43, 79, 100, 177 f., 180, 201 f.) Peter C als Einbrecher anzusehen.

Daß die aufgezeigten erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsannahme des auch die Herkunft der verhehlten Gegenstände aus einem Einbruchsdiebstahl umfassenden Vorsatzes des Angeklagten auf Grund allfälliger weiterer Erhebungen beseitigt werden könnten, ist nach der Lage des Falls nicht zu erwarten.

Es war daher anläßlich der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Angeklagten Othmar A anzuordnen und mit Zustimmung des Generalprokurators (§ 362 Abs. 2 StPO) wie aus dem Urteilsspruch ersichtlich zu erkennen.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen, auf § 164 Abs. 2 StGB zu stützenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof - gleich dem Erstgericht die zahlreichen (acht) auf gleicher schädlicher Neigung, nämlich Angriffen auf das Rechtsgut des Eigentums, beruhenden Vorstrafen (§ 33 Z. 2; 71 StGB) als erschwerend, hingegen die (objektive) Schadensgutmachung als mildernd. Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von neun Monaten als angemessen.

Das neue Urteil (§ 362 Abs. 2 StPO) wurde in öffentlicher Verhandlung geschöpft, weil spätestens seit der Novellierung der § 294 Abs. 5, 296

Abs. 3 und 471 Abs. 3 StPO durch das StrafverfahrensänderungsG. 1983, BGBl. Nr. 168, das Recht des Angeklagten, von jedem in der Straffrage erkennenden Gericht gehört zu werden, unzweifelhaft ist.

Anmerkung

E04784

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00203.83.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19840126_OGH0002_0130OS00203_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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